Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 115. Sitzung / Seite 131

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

stieß. Ich bedanke mich ausdrücklich bei Frau Kollegin Jarmer, die diese Position ein­genommen hat.

Damit Schwerhörige und gehörlose Menschen in Zukunft nicht länger in ihrer Entwick­lung gefährdet sind, gilt es, eine Fülle von Bedingungen zu erfüllen. Zum Ersten ein frühes Erkennen der Hörschädigung. Verpflichtende Screening-Untersuchungen bei Neugeborenen sind genauso wichtig wie eine optimale technische Versorgung und eine beste Frühförderung.

Bei der Frühförderung ist zu entscheiden, in welchem Sprachsystem dem Kind am besten geholfen werden kann, und ich denke, dass man sich da nicht nach Dogmen, sondern nach der individuellen Situation orientieren sollte. Ich persönlich beziehungs­weise auch mein Projekt in St. Pölten-Stattersdorf bekennt sich ausdrücklich zum Prin­zip der Bilingualität, und wir haben damit auch die besten Erfahrungen gemacht.

Ich freue mich über den heutigen Gesetzesbeschluss; ich sehe in ihm eine Chance und eine Aufgabe zugleich. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

14.41


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.

 


14.41.49

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dem heutigen Gesetzesbeschluss betreffend die Anerkennung der Gebärdensprache ist eine sehr lange Diskussion vorangegangen. Diese Anerkennung ist ganz sicher im Sinne der etwa zehntausend Menschen, die die Gebärdensprache als Erstsprache benutzen.

Österreich ist aber auf diesem Gebiet nicht Vorreiter. Es gibt bereits sieben euro­päische Länder, die die Gebärdensprache als Minderheitensprache anerkannt haben.

Wir dürfen uns ganz sicher nicht mit dem Erreichten zufrieden geben, denn es ist eine symbolische Anerkennung, und es steht ja im Artikel 8 Absatz 3 drinnen, dass das Nähere die Gesetze bestimmen, und daher denke ich, dass eine Fristsetzung etwas sehr Positives für die betroffenen Menschen ist, dass in einem bestimmten Zeitraum eben die Gesetze geprüft werden müssen, damit die Gebärdensprache in allen Le­bensbereichen ausreichende Bedeutung erhält.

Wenn wir uns den Diskriminierungsbericht ansehen, können wir sehen, dass diese Menschen in sehr, sehr vielen Bereichen benachteiligt sind. Es ist heute schon sehr oft das Beispiel der Fahrschule gebracht worden. Auch in diesem Bericht können wir nachlesen, dass einer gehörlosen Frau von der Fahrschule beschieden wurde, keine Gebärdensprachdolmetscherin beiziehen und auch keine Computerprogramme, die Einspielungen von Gebärdensprache beinhalten, hinzuziehen zu dürfen. Diese Frau ist dann letztendlich bei der Prüfung durchgefallen, weil sie nicht ausreichend verstanden hat, was vorgetragen wurde. Daher denke ich, dass diese Schwierigkeiten, die – abge­sehen von den Kosten – da entstehen, dringend behoben werden müssen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die Präsidentin des Österreichischen Gehörlosenbundes meint ja, dass Gehörlose als Behinderte in einer speziellen Situation als Sprachminderheit leben, weil sie vor Barrie­ren stehen, und dass daher mit der Anerkennung der Gebärdensprache ein erster Schritt getan ist. Die Barrieren und Hürden für Hörbehinderte und Gehörlose für eine gleichberechtigte Teilhabe an unserer Gesellschaft müssen aber noch weggeräumt werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.44

 


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite