Warum ist das so? – Wenn man zurückschaut, wenn man sich die Daten anschaut – der freie Handel hat in etwa Ende der achtziger Jahre ganz stark begonnen; José Manuel Barroso hat das vor kurzem erklärt –, dann sieht man, dass der Anteil von Afrika am globalen Handel von 6 Prozent im Jahr 1980 auf 2 Prozent im Jahr 2002 zurückgegangen ist. Das heißt, die Länder des Südens haben an dieser gloriosen Entwicklung fast keinen Anteil, zumindest was Afrika betrifft. Wenn man Berechnungen der Weltbank zum Agrarhandel anschaut, dann kommen von den Benefits drei Viertel den industrialisierten Ländern zugute und ein Viertel den Entwicklungsländern. Also kann der freie Handel offensichtlich nicht für alle diese Benefits bewirken, die ihm aber zugeschrieben werden.
Damit komme ich zu einem dritten für uns absolut relevanten und in der politischen Debatte auch neu zu definierenden Begriff, das ist der Begriff Ernährungssouveränität. Viele Leute glauben, das betrifft so etwas wie einen Selbstversorgergrad, also den Acker, den man selbst vorm Haus hat, die Karotten, die man selbst ziehen kann, und das Obst, das man vom Nachbarbauern einkauft. Es ist aber etwas sehr viel Weitreichenderes. Die Ernährungssouveränität beschreibt die Möglichkeit aller Länder, aller Völker, aller Staaten, die ihrer Kultur entsprechenden Nahrungsmittel, Lebensmittel selbst zu erzeugen. Viele sagen in diesem Moment: No na! Wieso sollen die das nicht selbst erzeugen können?
Das hat sehr viel mit dem WTO-Regime zu tun. Wenn die USA Reis zu sehr viel günstigeren Bedingungen und niedrigeren Verbraucherpreisen verkaufen als zum Beispiel Japan und mit diesen Preisen auf den japanischen Markt gehen, dann ruinieren die USA den japanischen Reismarkt. So etwas kann passieren, weil die WTO den freien Handel sozusagen zum absoluten Heiligtum erklärt hat.
Für diesen Fall sagen wir: Alle Länder dieser Welt sollen die für sie althergebrachten Nahrungs-, Lebensmittel selbst erzeugen können, und kein WTO-Regime dieser Welt kann sie daran hindern. Es soll der landwirtschaftliche Markt hauptsächlich ein regionaler Markt sein, das soll auch ein Süd-Süd-Markt sein, die Einfuhr von landwirtschaftlichen Produkten beziehungsweise die Ausfuhr von landwirtschaftlichen Produkten in die industrialisierten Länder soll die Ausnahme sein.
Es wird also vom 13. bis 18. Dezember
die sechste WTO-Ministerkonferenz stattfinden. Dort wird wahrscheinlich keine
Welt verändert werden. Es gibt große Zweifel, ob es überhaupt zu einem
Abschluss kommen wird. Das hat aber nicht nur mit der Landwirtschaft zu tun,
das hat auch mit Themen wie Marktzugang für Industrieerzeugnisse,
Dienstleistungen und neue Regeln für Handelserleichterungen zu tun. Wir werden
dort die Welt nicht verändern, aber wir haben gemeinsam einen
Entschließungsantrag beschlossen, der einen sehr beachtlichen Ruck in Richtung
eines fairen und angemessenen Handels der Völker und Nationen untereinander
darstellt. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)
18.05
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll. – Bitte, Herr Bundesminister.
18.05
Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! In diesen Tagen und Wochen geht die Frage der WTO‑Entwicklungsrunde in eine ganz entscheidende Phase, und zwar sowohl in der Vorbereitung in den einzelnen Verhandlungsblöcken, also auch in Europa, als auch in der Frage der Zuspitzung: Kann es in Hongkong überhaupt noch ein Ergebnis geben oder kann es bestenfalls in Detailthemen Fortschritte geben?