Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 127. Sitzung / Seite 185

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Warum ist das so? – Wenn man zurückschaut, wenn man sich die Daten anschaut – der freie Handel hat in etwa Ende der achtziger Jahre ganz stark begonnen; José Manuel Barroso hat das vor kurzem erklärt –, dann sieht man, dass der Anteil von Afri­ka am globalen Handel von 6 Prozent im Jahr 1980 auf 2 Prozent im Jahr 2002 zurück­gegangen ist. Das heißt, die Länder des Südens haben an dieser gloriosen Entwick­lung fast keinen Anteil, zumindest was Afrika betrifft. Wenn man Berechnungen der Weltbank zum Agrarhandel anschaut, dann kommen von den Benefits drei Viertel den industrialisierten Ländern zugute und ein Viertel den Entwicklungsländern. Also kann der freie Handel offensichtlich nicht für alle diese Benefits bewirken, die ihm aber zuge­schrieben werden.

Damit komme ich zu einem dritten für uns absolut relevanten und in der politischen De­batte auch neu zu definierenden Begriff, das ist der Begriff Ernährungssouveränität. Viele Leute glauben, das betrifft so etwas wie einen Selbstversorgergrad, also den Acker, den man selbst vorm Haus hat, die Karotten, die man selbst ziehen kann, und das Obst, das man vom Nachbarbauern einkauft. Es ist aber etwas sehr viel Weit­reichenderes. Die Ernährungssouveränität beschreibt die Möglichkeit aller Länder, aller Völker, aller Staaten, die ihrer Kultur entsprechenden Nahrungsmittel, Lebensmittel selbst zu erzeugen. Viele sagen in diesem Moment: No na! Wieso sollen die das nicht selbst erzeugen können?

Das hat sehr viel mit dem WTO-Regime zu tun. Wenn die USA Reis zu sehr viel güns­tigeren Bedingungen und niedrigeren Verbraucherpreisen verkaufen als zum Beispiel Japan und mit diesen Preisen auf den japanischen Markt gehen, dann ruinieren die USA den japanischen Reismarkt. So etwas kann passieren, weil die WTO den freien Handel sozusagen zum absoluten Heiligtum erklärt hat.

Für diesen Fall sagen wir: Alle Länder dieser Welt sollen die für sie althergebrachten Nahrungs-, Lebensmittel selbst erzeugen können, und kein WTO-Regime dieser Welt kann sie daran hindern. Es soll der landwirtschaftliche Markt hauptsächlich ein regiona­ler Markt sein, das soll auch ein Süd-Süd-Markt sein, die Einfuhr von landwirtschaft­lichen Produkten beziehungsweise die Ausfuhr von landwirtschaftlichen Produkten in die industrialisierten Länder soll die Ausnahme sein.

Es wird also vom 13. bis 18. Dezember die sechste WTO-Ministerkonferenz stattfin­den. Dort wird wahrscheinlich keine Welt verändert werden. Es gibt große Zweifel, ob es überhaupt zu einem Abschluss kommen wird. Das hat aber nicht nur mit der Land­wirtschaft zu tun, das hat auch mit Themen wie Marktzugang für Industrieerzeugnisse, Dienstleistungen und neue Regeln für Handelserleichterungen zu tun. Wir werden dort die Welt nicht verändern, aber wir haben gemeinsam einen Entschließungsantrag be­schlossen, der einen sehr beachtlichen Ruck in Richtung eines fairen und angemesse­nen Handels der Völker und Nationen untereinander darstellt. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

18.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll. – Bitte, Herr Bundesminister.

 


18.05.07

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! In diesen Tagen und Wochen geht die Frage der WTO‑Entwicklungsrunde in eine ganz entscheidende Phase, und zwar sowohl in der Vorbereitung in den einzelnen Verhandlungsblöcken, also auch in Europa, als auch in der Frage der Zuspitzung: Kann es in Hongkong überhaupt noch ein Ergebnis geben oder kann es bestenfalls in Detailthemen Fortschritte geben?

 


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