Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 128. Sitzung / Seite 9

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Das geltende Staatsbürgerschaftsgesetz kann man vom Niveau her durchaus nicht europäisch nennen, weil die Fristen, die in Österreich gelten, im absolut untersten Drittel sind. Aber das wundert mich nicht, weil es ja in den letzten Jahren sozusagen Standard geworden ist, dass sich da niemand Sorgen macht. (Abg. Scheibner: Sind Sie jetzt für oder gegen die Fristsetzung?) Nicht ein einziger Punkt ist in dieser Novelle enthalten, Herr Klubobmann Molterer, der Sinn machen würde! Diese Novelle, die hier eingebracht wurde, ist ziemlich dick, und wird jetzt via Frist dem Nationalrat zur Be­handlung bis 5. Dezember zugewiesen. (Abg. Dr. Mitterlehner: In dem Gesetz steht mehr drin!)

Dieses Gesetz, Herr Klubobmann Molterer, strotzt nur so von Bestimmungen, die einen Geist tragen, nämlich gegenüber jenen, die gerne die österreichische Staatsbür­gerschaft erwerben möchten und die, zugegeben, nach den jetzigen Bestimmungen einige Hürden zu passieren haben. Wir haben den Integrationsgedanken drinnen, wir haben bestimmte Kenntnisse der deutschen Sprache als Voraussetzung. Menschen müssen hier selbstverständlich auch einen verfestigten Aufenthalt haben, um die Staatsbürgerschaft erwerben zu können, denn – und jetzt spreche ich in der Diktion der heutigen und auch damaligen Regierungspartei ÖVP, das ist nicht meine Diktion – „die österreichische Staatsbürgerschaft ist ein kostbares Gut“.

Jetzt gibt es eine Novelle, die überall die Daumenschrauben ansetzt! Sie setzt die Dau­menschrauben an gegenüber Kindern ab dem zehnten Lebensjahr, die mit ihren Eltern nach Österreich zugewandert sind, und sie sagt: Wenn du in Deutsch nicht eine posi­tive Note hast, dann wirst du nicht eingebürgert, dann darfst du nicht eingebürgert wer­den.

Herr Klubobmann Molterer! Haben Sie sich schon überlegt, was das für eine Familie heißt – denn Minderjährige werden immer gemeinsam mit ihren Eltern eingebürgert –, was das heißt, wenn Sie Kinder, weil sie in Deutsch keine positive Note haben, sozu­sagen in Geiselhaft nehmen für die Staatsbürgerschaft einer ganzen Familie? Haben Sie bis jetzt je ernsthaft darüber nachgedacht? (Abg. Gaál: Unchristlich!)

Ich meine – und so habe ich Sie als Minister für Landwirtschaft und Umwelt und eini­ges mehr kennen gelernt, auch als Mediensprecher der ÖVP (Präsidentin Mag. Pram­mer gibt das Glockenzeichen) –, dass Sie bis jetzt immer nachgedacht haben, aber diesmal nicht! Was heute passiert, ist die größte Farce, die ich in den letzten 15 Jah­ren, seit ich Mitglied des Hohen Hauses bin, erlebt habe. (Präsidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glockenzeichen.) Sie brechen alle Regeln, die es bisher gegeben hat! (Abg. Scheibner: Was ist mit der Glocke?) Und das werde ich Ihnen so schnell nicht vergessen, auch wenn ich noch ... (Oh-Rufe bei der ÖVP. – Beifall bei den Grü­nen und der SPÖ.)

22.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Abgeordnete, Ihre Redezeit ist erschöpft.

Als Nächster zu Wort gelangt Herr Klubobmann Mag. Molterer. Seine Redezeit beträgt, so wie die der folgenden Redner, 5 Minuten.

 


22.33.56

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Meine Damen und Herren! Frau Präsi­dentin! Manche Stellungnahmen richten sich von selbst; dies war eine solche. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Sie hat aber einen Vorteil: Es ist jetzt sehr klar geworden, warum die Fristsetzung notwendig ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Dieses neue Staatsbürgerschaftsgesetz ist eine der wich­tigsten Gesetzesmaterien, die wir hier zu beraten haben. (Abg. Binder-Maier: Wer glaubt ...!) Ich sage es sehr klar: Sie ist so wichtig, dass sie nicht verzögert und nicht


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