Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 142. Sitzung / Seite 91

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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächste Rednerin gelangt Frau Abgeord­nete Dr. Baumgartner-Gabitzer zu Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


12.38.27

Abgeordnete Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsi­dentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerinnen! Sehr geehrte Kolleginnen und Kolle­gen! Mir fällt die Zustimmung zu diesem Gesetz außerordentlich schwer. – Das muss ich dazusagen. Ich werde aber zustimmen und werde auch erläutern warum.

Warum fällt mir das schwer? – Ich denke, das ist – viele Vorredner haben es auch bereits gesagt – die heikelste und schwierigste Entscheidung, die ich je in diesem Parlament getroffen habe. Es ist ein Gesetz, bei dem es letztendlich darum geht, dass wir die Patientinnen und Patienten darüber entscheiden lassen, ob ihnen ihr Leben noch wert erscheint oder unwert, und zwar zu einem Zeitpunkt, zu dem sie noch gar nicht wissen, wie es ihnen dann gehen wird, wenn sie nicht mehr darüber entscheiden können.

Das ist eine so unglaublich diffizile Materie, dass mir kein anderes Gesetz je so nahe gegangen ist wie diese Beschlussfassung. Wir geben mit diesem Gesetz den Patienten die volle Verantwortung. Ob wir damit auch die Autonomie der Patienten stärken, das ist die Frage. Das muss genau untersucht werden, und da stellen sich bei mir große Zweifel ein.

Die Patienten werden gemäß dem heute zu beschließenden Gesetz selbstverständlich begleitet, jedoch von Menschen, die selbst überhaupt nicht davon betroffen sind.

Ich habe das Hearing – im Gegensatz zu manch anderen – nicht so positiv erlebt, weil in erster Linie Dinge wie etwa die Kosten zur Sprache gekommen sind; auch Patien­tenanwalt Dr. Bachinger hat wörtlich gesagt, dass diese Regelung kein Minder­heitenprogramm sein darf. Es ist mir natürlich klar, dass er im Grunde etwas anderes gemeint hat. Er hat aber erst auf unsere Nachfrage ausgeführt, was er denn eigentlich mit seiner Aussage möchte, dass es kein Minderheitenprogramm sein darf. Ich kann ihm natürlich schon folgen, aber ich finde es höchst bedenklich, wenn sich ein Experte in einem Hearing hinstellt und bekundet, dass es sich um kein Minderheitenprogramm handeln darf. Das muss doch ein Minderheitenprogramm sein.

Es darf auch nicht in erster Linie die Frage der Kosten ausschlaggebend sein, ob das Gesetz tauglich ist oder nicht. Frau Kollegin Wurm, Sie machen es sich in Ihrer Ablehnung zu leicht. Die Kosten spielen nicht die große Rolle bei so einer Ent­scheidung. Zum anderen haben wir natürlich Hürden eingebaut – und für das Verhandlungsergebnis bin ich Maria Theresia Fekter und Frau Kollegin Partik-Pablé ausdrücklich dankbar. Wir haben Rechtsanwälte und Notare eingebaut, aber auch die Patientenanwälte, und die kosten nichts. Eine Patientenverfügung ist daher für alle leistbar. Selbstverständlich soll nicht ein elitäres Programm aus dem Ganzen gemacht werden. Insofern verstehe ich schon den Herrn Patientenanwalt, aber dass es kein Minderheitenprogramm bleiben darf, das kann es wohl nicht sein.

Ich habe mir in Vorbereitung dieses Gesetzes auch sehr genau angeschaut, was im Rahmen der Begutachtung gekommen ist, auch was von den Kirchen gesagt wurde, und das möchte ich hier kritisch hinterfragen.

Die österreichischen Bischöfe haben die Leitlinie „Leben in Fülle“ herausgegeben. Sie haben sich darin auch mit der Patientenverfügung auseinander gesetzt und tatsächlich formuliert: Die Idee einer Patientenverfügung, die auf der Anerkennung bestimmter Prinzipien wurzelt, nämlich der Unverfügbarkeit des menschlichen Lebens, wird grund­sätzlich begrüßt. – Aber wir verfügen mit der Patientenverfügung ja geradezu über Leben! Insofern verstehe ich das, was die österreichischen katholischen Bischöfe uns


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