Nationalrat, XXII.GPStenographisches Protokoll163. Sitzung / Seite 55

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lässt sich aufbauen, sodass die berechtigte Hoffnung besteht, dass in der kommenden Gesetzgebungsperiode in maßgeblichen Fragen eine Einigung aller Fraktionen in diesem Haus gelingen könnte.

Wir brauchen für unser Land eine moderne Bundesverfassung; deren Grundlagen wur­den im Österreich-Konvent und in den daran anschließenden Beratungen des Beson­deren Ausschusses erarbeitet. Ich möchte aber betonen, dass der Abschluss der Ar­beit des Besonderen Ausschusses nicht das Ende der Verfassungsdiskussion bedeu­tet, sondern dass damit vielmehr ein Zwischenschritt auf dem Weg zu einer neuen österreichischen Bundesverfassung gemacht wurde.

Lassen Sie mich einige Ziele explizit formulieren: ein übersichtliches, für die Bürger verständliches Verfassungswerk ohne die zahlreichen einzelnen Nebengesetze und Verfassungsbestimmungen zu schaffen. In einem umfassenden und zeitgemäßen Grundrechtskatalog sollten auch die sozialen Grundrechte nach dem Vorbild der Euro­päischen Grundrechtscharta gewährleistet werden. Die Einrichtung von Verwaltungs­gerichten in den Ländern soll eine sparsame, effiziente und bürgernahe Verwaltung so­wie eine Verbesserung des Rechtsschutzes bewirken. Eine zeitgemäße, an den Fähig­keiten der Länder und Gemeinden anknüpfende Aufgabenteilung soll das Freiheitsprin­zip des Föderalismus und die Gemeinden als Ort der bürgernahen Entscheidung stärken. Dazu braucht es Mut zur Veränderung, und zwar von allen Seiten.

Nach elf Jahren in der EU muss sich endlich die Einsicht durchsetzen, dass es hoch an der Zeit ist, die in ihrem Kern auf die zwanziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts zurückgehende Kompetenzverteilung im Lichte der Einbettung Österreichs in den europäischen Kontext neu zu überdenken, ja vielleicht in Teilen auch neu zu erfinden. Dabei sehe ich den Föderalismus nicht als Belastung, sondern als Anknüpfungspunkt für eine bürgernahe Politik und eine serviceorientierte Verwaltung. (Abg. Öllinger: Aber ohne Leidenschaft vorgetragen!) Es gilt, hier eine neue Balance zu finden, wobei freilich der Grundsatz vorherrschen muss, dass die Ebene, die eine Aufgabe über­nimmt, auch die Verantwortung dafür tragen sollte. Dass dies gut funktionieren kann, zeigt das Beispiel der Übertragung des Bereichs der Bundesstraßen an die Länder. (Abg. Öllinger: Etwas mehr Pathos, bitte!)

Ein Punkt, der mir mit Blick auf die bevorstehenden Nationalratswahlen auch wichtig erscheint, ist schließlich eine zeitgemäße Ausgestaltung des Wahlrechts. Die neue ös­terreichische Bundesverfassung muss auch in dieser Frage zeitgemäße Lösungen zur Verfügung stellen.

In diesem Sinne hoffe ich auf eine fruchtbare Fortsetzung der Diskussion über eine neue staatliche Grundordnung für unser Land. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

11.03


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeordne­ter Dr. Lopatka. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


11.03.17

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Debatte steht meiner Überzeugung nach stellvertretend für das Erscheinungsbild der sozialdemokratischen Fraktion in der abgelaufenen Legisla­turperiode. Die Sozialdemokratie hat ein zweifaches Problem (Abg. Heinzl: Das sagen gerade Sie): ein Glaubwürdigkeitsproblem und ein Problem, Verantwortung zu über­nehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

Was meine ich damit? – Es gehört eine Portion Unverfrorenheit dazu, sich hier ans Rednerpult zu stellen und von „zynischer Machtpolitik“ zu sprechen, wie das Kollege


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