Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 100

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18.46.57

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Debatte über die Dringliche Anfrage – ich nehme das nur als Beispiel – hat Ver­teidigungsminister Platter auf die erste Frage: „Durch welche Person beziehungsweise durch welche Personengruppe wurde seitens der Republik Österreich der Eurofighter­kaufvertrag vereinbart ...?“, eine einfache Antwort gegeben: Durch ein Team! Auf die mündliche Nachfrage, wer denn die Angehörigen dieses Teams gewesen seien, antwortete der Verteidigungsminister: Na ja, das war ein Team, und ich habe Ihnen schon früher bei der Beantwortung einer Dringlichen Anfrage gesagt, dass ich Ihnen nicht mehr sagen werde, als dass es ein Team war. (Abg. Großruck: Falsch!)

Wenn sich der österreichische Nationalrat damit zufriedengibt, dann ist das seine Sache. Bis heute, bis zur Konstituierung dieses Nationalrates, war es eine Minderheit, die sich damit nicht zufriedengegeben hat. Jetzt ist es erstmals eine Mehrheit, und jetzt gibt es erstmals Möglichkeiten, den Herrn Verteidigungsminister dazu zu bringen, dass er nicht nur sagt, wer die Angehörigen dieses Teams waren, die unter seiner und anderer politischer Leitung größten Schaden für die Republik Österreich angerichtet haben, sondern dass auch einige andere Fragen beantwortet werden müssen. Ich nenne an dieser Stelle nur einige in einer losen zeitlichen Abfolge:

Warum hat sich der Finanzminister in der Zeit der Ausschreibung regelmäßig hinter dem Rücken des Verteidigungsministers, ohne diesen zu informieren, mit Vertretern der Firma Eurofighter GmbH und der Firma EADS getroffen?

War er zuständig für Belange der Luftfahrtindustrie oder der Kampfflugzeuge in der öster­reichischen Bundesregierung – haben wir bei der Geschäftseinteilung etwas übersehen? –, oder hat er Interessen vertreten, die außerhalb seiner fachlichen und politischen Gestion lagen?

Was ist rund um die Typenentscheidung geschehen – und in dieser Sache werden uns der ehemalige Verteidigungsminister Herbert Scheibner und seine damaligen führen­den Beamten im Ministerium sicherlich sehr behilflich sein können –, als bereits eine fertige Typenentscheidung für den Gripen im Verteidigungsministerium getroffen war, der Akt fertig war und das Ministerium beschlossen hatte: Eurofighter ist ausge­schieden!? Wie konnte durch Intervention seitens des Finanzministers im Ministerrat am 25. Juni 2002 ermöglicht werden, dass das Ziel, in Verhandlungen eine andere Typenentscheidung durch ressortfremde Personen und Politiker mit Firmen im Hintergrund zu erzwingen, erreicht wurde? Es wurde erreicht!

Sie, Kollege Scheibner, der damalige Klubobmann und nun wieder Klubobmann – allerdings jetzt einer anderen Partei – Westenthaler und die damalige Vizekanzlerin werden uns erzählen und berichten können, wie vom Abendessen zum Heurigen tele­foniert wurde, wie mitgeteilt wurde, dass die Entscheidung der Spitze der Freiheitlichen Partei vom Gripen auf Eurofighter auf Intervention geändert wurde. Sie werden uns berichten, wo diese Treffen stattgefunden haben, was Westenthaler, was Riess-Passer, was Grasser in diesem Zusammenhang mit Industriellen verhandelt und dann auch durchgesetzt haben. Und Sie werden sich die Frage gefallen lassen müssen: Wem hat es genützt? – Der Republik nicht, der Sicherheit nicht und mit Sicherheit auch dem österreichischen Bundeshaushalt nicht! (Präsidentin Dr. Glawischnig-Piesczek übernimmt den Vorsitz.)

Wenn Sie uns heute sagen, dass alles sei transparent, dann darf ich Ihnen sagen: Das Einzige, was in diesem Zusammenhang transparent ist, ist Ihre Absicht, alles zu verschleiern und jede Aufklärung zu verhindern! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

 


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