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Stenographisches Protokoll

 

 

 

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1. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIII. Gesetzgebungsperiode

 

Montag, 30. Oktober 2006

 

 


Stenographisches Protokoll

1. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXIII. Gesetzgebungsperiode                    Montag, 30. Oktober 2006

Dauer der Sitzung

Montag, 30. Oktober 2006: 11.00 – 20.10 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Angelobung der Abgeordneten

2. Punkt: Wahl der Präsidentin/des Präsidenten, der Zweiten Präsidentin/des Zweiten Präsidenten und der Dritten Präsidentin/des Dritten Präsidenten

3. Punkt: Wahl der Schriftführerinnen und der Schriftführer sowie der Ordnerinnen und der Ordner

4. Punkt: Wahl des Hauptausschusses

5. Punkt: Wahl von ständigen Ausschüssen (Unvereinbarkeitsausschuss, Immunitäts­ausschuss, Budgetausschuss)

6. Punkt: Wahl der vom Nationalrat zu entsendenden Mitglieder und Ersatzmitglieder des Ständigen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des § 9 Finanz-Verfassungsgesetz 1948

*****

Inhalt

Nationalrat

Einberufung der ordentlichen Tagung 2006/2007 ....................................................         7

1. Punkt: Angelobung der Abgeordneten ................................................................         8

2. Punkt: Wahl der Präsidentin/des Präsidenten, der Zweiten Präsidentin/des Zweiten Präsidenten und der Dritten Präsidentin/des Dritten Präsidenten .............      10

Beschluss auf Durchführung einer Debatte .............................................................      11

Redner/Rednerinnen:

Dr. Alfred Gusenbauer ...........................................................................................      11

Mag. Wilhelm Molterer ............................................................................................      13

Dr. Alexander Van der Bellen ................................................................................      15

Heinz-Christian Strache .........................................................................................      18


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 2

Ing. Peter Westenthaler ..........................................................................................      21

Dr. Josef Cap ...........................................................................................................      24

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter .............................................................................      26

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek ..............................................................................      28

Barbara Rosenkranz ...............................................................................................      29

Herbert Scheibner ...................................................................................................      30

Wahlergebnis:

Präsidentin: Mag. Barbara Prammer ......................................................................      35

Zweiter Präsident: Dr. Michael Spindelegger ........................................................      42

Dritte Präsidentin: Dr. Eva Glawischnig-Piesczek ...................................  94, 120

Abschiedsansprache des Präsidenten Dr. Andras Khol ....................................      35

Antrittsansprache der Präsidentin Mag. Barbara Prammer ...............................      38

3. Punkt: Wahl der Schriftführer und Ordner ...........................................................      94

Wahlergebnis:

Schriftführer: Gabriele Binder-Maier, Marianne Hagenhofer, Rainer Wimmer, Jakob Auer und Mag. Dr. Maria Theresia Fekter .................................................      94

Ordner: Gerhard Reheis, Ridi Steibl, Dieter Brosz, Mag. Dr. Martin Graf und Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ..........................................................................................      94

Geschäftsbehandlung

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung ...........................................................................      11

Antrag der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Dr. Peter Pilz, Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungs­ausschusses hinsichtlich der Beschaffung von Kampfflugzeugen gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung ...................................................................................      98

Bekanntgabe .............................................................................................................      23

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG ....................................................      23

Redner:

Dr. Peter Pilz ............................................................................................................    100

Mag. Kurt Gaßner ....................................................................................................    102

Dr. Wolfgang Schüssel ...........................................................................................    103

Mag. Werner Kogler ................................................................................................    105

Harald Vilimsky .......................................................................................................    107

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ..........................................................................................    108

Annahme des Antrages ............................................................................................    110

Antrag der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur näheren Untersuchung der


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 3

politischen und rechtlichen Verantwortung im Zusammenhang mit dem „BAWAG Skandal“ gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung ...............................................    111

Bekanntgabe .............................................................................................................      23

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG ....................................................      24

Redner:

Ing. Peter Westenthaler ..........................................................................................    114

Dr. Christoph Matznetter ........................................................................................    118

Mag. Wilhelm Molterer ............................................................................................    120

Mag. Werner Kogler ................................................................................................    122

Mag. Ewald Stadler .................................................................................................    123

Josef Bucher ...........................................................................................................    125

Ablehnung des Antrages ..........................................................................................    126

Antrag der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Dr. Günther Kräuter, Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Unter­su­chungs­ausschusses betreffend „Finanzmarktaufsicht, BAWAG, Hypo Alpe-Adria und weitere Finanzdienstleister“ gemäß § 33 Abs.1 der Geschäftsordnung ...........    127

Bekanntgabe .............................................................................................................      33

Annahme des Antrages ............................................................................................    130

Unterbrechung der Sitzung .................................................  34, 35, 41, 42, 93, 94

Verlesung der vorgesehenen Fassung eines Teiles des Amtlichen Protokolls dieser Sitzung durch Präsidentin Mag. Barbara Prammer ...................................    130

Genehmigung des verlesenen Teiles des Amtlichen Protokolls ............................    131

Bundesregierung

Schreiben des Bundeskanzlers Dr. Wolfgang Schüssel betreffend Amtsent­hebung der Bundesregierung und Staatssekretäre, Betrauung der Mitglieder der Bundesregierung bis zur Bildung einer neuen Bundesregierung mit der Fort­führung der Verwaltung und seiner Person mit dem Vorsitz in der einstweiligen Bundesregierung sowie Betrauung der Staatssekretäre bis zur Bildung einer neuen Bundesregierung mit der weiteren Wahrnehmung ihrer Funktionen durch den Bundespräsidenten ............................................................................................         7

Ausschüsse

4. Punkt: Wahl des Hauptausschusses ...................................................................      95

5. Punkt: Wahl von ständigen Ausschüssen (Immunitätsausschuss, Unverein­barkeitsausschuss, Budgetausschuss) (Anhang S. 132) ........................................      95

6. Punkt: Wahl der vom Nationalrat zu entsendenden Mitglieder und Ersatz­mitglieder des Ständigen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des § 9 Finanz-Verfassungsgesetz 1948 ............................      96

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Landesverteidigung betreffend Ausstieg aus dem Eurofightervertrag (1/J) ...........................................................................................................................      42


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 4

Begründung: Dr. Josef Cap .....................................................................................      45

Bundesminister Günther Platter ...........................................................................      51

Debatte:

Anton Gaál ...............................................................................................................      57

Dr. Werner Fasslabend ..........................................................................................      59

Mag. Werner Kogler ................................................................................................      62

Heinz-Christian Strache .........................................................................................      64

Herbert Scheibner ...................................................................................................      67

Dr. Günther Kräuter ................................................................................................      70

Walter Murauer ........................................................................................................      72

Dr. Peter Pilz ................................................................................................  74, 90

Mag. Ewald Stadler .................................................................................................      78

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ..........................................................................................      80

Mag. Christine Lapp ...............................................................................................      83

Dr. Reinhold Mitterlehner .......................................................................................      85

Dr. Gabriela Moser ..................................................................................................      86

Dr. Peter Fichtenbauer ...........................................................................................      88

Dr. Reinhold Lopatka ..............................................................................................      89

Dr. Josef Cap ...........................................................................................................      91

Entschließungsantrag der Abgeordneten Anton Gaál, Dr. Peter Pilz, Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Eurofighter-Ausstieg –Annahme (E 1) ..............................................................................................  58, 92

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Behebung der Bildungsmisere mit frei werdenden Mitteln aus der Stornierung des Eurofighter-Kaufvertrags – Ablehnung ......  76, 92

Eingebracht wurden

Anträge der Abgeordneten

Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Organisation der Universitäten und ihre Studien (Universitätsgesetz 2002) geändert wird (1/A)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Schulorganisationsgesetz geändert wird (2/A)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung eines Bun­desgesetzes über einen Zivilpakt (ZIP-G) (3/A)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (AlVG) geändert wird (4/A)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch geändert wird (5/A)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 (ALVG) geändert wird (6/A)

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Immissionsschutzgesetz-Luft geändert wird (IG-L-Novelle 2006) (7/A)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 5

Barbara Zwerschitz, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Wählerevidenzgesetz, das Bundes-Verfassungsgesetz, das Bundesgesetz über die Wahl des Nationalrates (Nationalratswahlordnung) sowie das Bundesgesetz über die Führung ständiger Evidenzen der Wahl- und Stimmberechtigten bei Wahlen zum Europäischen Parlament (Europa-Wählerevidenzgesetz) geändert werden (Senkung des aktiven Wahlalters bei Nationalratswahlen, Bundespräsidentenwahlen, Wahlen zum europäischen Parlament sowie bei Volksabstimmungen, -befragungen und ‑begeh­ren) (8/A)

Dr. Alexander Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz und das Bundesgesetz über die Geschäftsordnung des Nationalrates (Geschäftsordnungsgesetz 1975) geändert wer­den (9/A)

Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen betreffend raschest mögliche Senkung der KlassenschülerInnenzahlen an weiterführenden Schulen (10/A) (E)

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend „gläserne Partei­kassen“ (11/A) (E)

Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Sicherstellung des Wahlrechts der AuslandsösterreicherInnen (12/A) (E)

Mag. Ulrike Lunacek, Kolleginnen und Kollegen betreffend Novellierung des Entwicklungshelfergesetzes (13/A) (E)

Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung einer Grundsicherung (14/A) (E)

Michaela Sburny, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Parteiengesetz geändert wird (15/A)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz zur Ermächtigung der Bundesregierung zur Übernahme von Haftungen des Bundes anlässlich der Durchführung der Olympischen Winter­spiele 2014 (Olympia 2014-Ermächtigungsgesetz) geändert wird (16/A)

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur sozialen Absicherung von Künstlerinnen und Künstlern geschaffen und das Künstler-Sozialversicherungsfondsgesetz (K-SVFG), BGBl. I Nr. 131/2000 idF BGBl. I Nr. 136/2001, aufgehoben wird (17/A)

Karlheinz Kopf, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Emissionszertifikategesetz geändert wird (18/A)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend Ausstieg aus dem Eurofightervertrag (1/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Illegale Pflanzenschutzmittel in Österreich (z.B. Steiermark) – Gerichtliche Strafanzeigen und Gerichtsverfahren“ (2/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend „Ski- und Snowboarddiebstähle in Österreich – Daten Winter­saison 2005/2006“ (3/J)

DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend seine September-Tour (4/J)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 6

DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend seine Verwaltungskosten (5/J)

Mag. Christine Muttonen, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend A 10 – Altersbergbrücke (6/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend „Rückersatz von Ausbildungskosten: Anwendbarkeit auf SportlerInnen“ (7/J)

DDr. Erwin Niederwieser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Ursachen für doppelte Asphalt­auf­bringung bei einer Baustelle der Brenner Autobahn (8/J)

Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend „Eurofighter-Gegengeschäfte“ und Russland (9/J)

Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend mysteriöse Vorgänge um Heinz Zinners „Pulp Mill“ im Dunstkreis des BZÖ (10/J)

Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend geheimnisvolle Russenkontakte im Dunstkreis der Eurofighter-„Gegen­geschäfte“ (11/J)

Dr. Günther Kräuter, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend Sicherheit der Bevölkerung bei Abfangjägerflugbetrieb (12/J)

Mag. Ewald Stadler, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend „Russischer Meinungsaustausch“ am 2. Februar 2006 im Kursalon Hübner (13/J)

Bettina Hradecsni, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Klärschlammkom­postier­anlage in Kautzen im Waldviertel (14/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Weitergabe von ,Antiterror-Daten‘ – in den USA – Kein Datenschutz!“ (15/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend neue Dienststelle für die Polizeiinspektion Rennbahnweg (16/J)

Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Exekutivbeamte in Wien-Donaustadt im 1. Halbjahr 2006 (17/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Überflutungen in der Nordtiroler Gemeinde Bach (18/J)

Mag. Gerald Hauser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Fortbestand der KIAB (19/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend „Rückersatz von Ausbildungskosten: Anwendbarkeit auf SportlerInnen“ (20/J)

Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend „Rückersatz von Ausbildungskosten: Anwendbarkeit auf SportlerInnen“ (21/J)


11.00.19


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 7

Beginn der Sitzung: 11 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Zweiter Präsident Dr. Michael Spindelegger, Dritte Präsidentin Dr. Glawischnig-Piesczek.

*****


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Gemäß § 3 Abs. 2 der Geschäftsordnung obliegt es dem Präsidenten der vergangenen Gesetzgebungs­periode, die Sitzung zu eröffnen und bis zur Wahl der neuen Präsidentin bezie­hungsweise des neuen Präsidenten den Vorsitz zu führen.

In diesem Sinne eröffne ich die erste und konstituierende Sitzung des neu gewählten Nationalrates der XXIII. Gesetzgebungsperiode, die wir mit der Bundeshymne begin­nen.

(Das auf der Galerie befindliche Ensemble „The Art of Trumpet Vienna“ intoniert die österreichische Bundeshymne, die von den Versammelten stehend mitgesungen wird.)


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich begrüße alle Mitglieder des Hohen Hauses sehr herzlich, und zwar sowohl jene, die neuerlich in den Nationalrat gewählt wurden, als auch jene, die heute als neu gewählte Abgeordnete am Beginn ihrer parlamentarischen Tätigkeit stehen. Ich wünsche Ihnen allen viel Glück und Erfolg bei Ihrer Tätigkeit für unsere Republik. (Allgemeiner Beifall.)

Mit großem Respekt begrüße ich unseren Herrn Bundespräsidenten Dr. Heinz Fischer (allgemeiner Beifall), der uns die Ehre gibt, bei dieser Sitzung anwesend zu sein. Ich freue mich, auch den Herrn Altbundespräsidenten Dr. Kurt Waldheim bei uns zu begrüßen. Herzlich willkommen! (Allgemeiner Beifall.)

Meine Damen und Herren! Der ORF wird die Sitzung bis zur Bekanntgabe des Ergebnisses der Wahl der Dritten Präsidentin beziehungsweise des Dritten Präsi­denten übertragen. Die Photographen können jetzt noch drei Minuten lang Photos machen, dann bitte ich sie, den Saal zu verlassen.

11.03.28 Einberufung der ordentlichen Tagung 2006/2007


Präsident Dr. Andreas Khol: Der Herr Bundespräsident hat mit Entschließung vom 26. Oktober 2006 gemäß Artikel 27 Abs. 2 der Bundesverfassung den am 1. Oktober 2006 gewählten Nationalrat für den heutigen Tag zur XXIII. Gesetzgebungsperiode und gemäß Artikel 28 Abs. 1 der Bundesverfassung auch zu seiner ordentlichen Tagung 2006/2007 einberufen.

Auf Grund dieser Entschließung des Herrn Bundespräsidenten wurde die heutige Sitzung anberaumt.

11.04.02 Einlauf


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich darf dem Hohen Haus ferner von folgendem Schreiben des Herrn Bundeskanzlers vom 3. Oktober 2006 Mitteilung machen:

„An den Präsidenten des Nationalrates

Sehr geehrter Herr Präsident!

Ich beehre mich mitzuteilen, dass der Herr Bundespräsident mit Entschließung vom 3. Oktober 2006, GZ. 300.000/1-BEV/2006, die in der Sitzung des Ministerrates am


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 8

3. Oktober 2006 beschlossene Demission der Bundesregierung zur Kenntnis genom­men hat und die Bundesregierung und die Staatssekretäre gemäß Artikel 74 Absatz 3 des Bundes-Verfassungsgesetzes vom Amte enthoben hat.

Gleichzeitig hat der Herr Bundespräsident mich und die übrigen Mitglieder der Bundesregierung gemäß Artikel 71 des Bundes-Verfassungsgesetzes bis zur Bildung einer neuen Bundesregierung mit der Fortführung der Verwaltung und mich mit dem Vorsitz in der einstweiligen Bundesregierung betraut.

Ferner hat der Herr Bundespräsident auf meinen Vorschlag gemäß Artikel 70 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 78 Absatz 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes bis zur Bil­dung einer neuen Bundesregierung die Staatssekretäre Franz Morak, Mag. Karl Schweitzer, Dr. Hans Winkler, Dr. Alfred Finz, Sigisbert Dolinschek, Mag. Helmut Kukacka und Mag. Eduard Mainoni mit der weiteren Wahrnehmung ihrer Funktionen betraut.

Mit besten Grüßen

Dr. Wolfgang Schüssel.“

*****


Präsident Dr. Andreas Khol: Gemäß § 3 Abs. 3 der Geschäftsordnung berufe ich nun bis zur endgültigen Wahl der Schriftführerinnen und Schriftführer vier Abgeordnete zur vorläufigen Besorgung dieser Funktion, und zwar berufe ich nach Beratung in der Präsidialkonferenz: Frau Abgeordnete Gabriele Binder-Maier, Herrn Abgeordneten Jakob Auer, Herrn Abgeordneten Mag. Werner Kogler und Herrn Abgeordneten Dr. Reinhard Eugen Bösch.

Als verhindert gemeldet für die heutige Sitzung ist niemand.

 

11.06.07 Ankündigung einer Dringlichen Anfrage


Präsident Dr. Andreas Khol: Der Klub der sozialdemokratischen Parlamentsfraktion hat gemäß § 93 Abs. 2 der Geschäftsordnung das Verlangen gestellt, die vor Eingang in die Tagesordnung eingebrachte schriftliche Anfrage 1/J der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landesverteidigung betref­fend Ausstieg aus dem Eurofightervertrag dringlich zu behandeln.

Gemäß der Geschäftsordnung wird die Dringliche Anfrage nach Erledigung der Tagesordnung, spätestens aber um 15 Uhr behandelt werden.

11.06.51 1. Punkt

Angelobung der Abgeordneten


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein und gelangen zum 1. Punkt: Es ist dies die Angelobung der Abgeordneten. (Die Abgeord­neten der SPÖ tragen rote Rosen am Revers, jene der ÖVP weiße Rosen und jene der FPÖ blaue Kornblumen.)

Der Schriftführer, Herr Abgeordneter Mag. Werner Kogler, wird die Angelobungsformel verlesen; sodann werden die Abgeordneten über Namensaufruf durch den genannten


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 9

Schriftführer, der später von Frau Abgeordneter Gabriele Binder-Maier abgelöst wer­den wird, die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ zu leisten haben.

Ich darf nunmehr den Schriftführer Herrn Abgeordneten Mag. Werner Kogler bitten, die Angelobungsformel zu verlesen und anschließend mit dem Namensaufruf zu begin­nen. – Wir erheben uns zu diesem Zweck von den Plätzen.


11.07.32

Schriftführer Mag. Werner Kogler: „Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten.“

Über Namensaufruf durch den Schriftführer Mag. Kogler beziehungsweise durch die Schriftführerin Binder-Maier leisten die nachstehend angeführten Abgeordneten die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“:

Amon Werner, MBA; Aspöck Robert, Dr.; Aubauer Gertrude, Mag.; Auer Jakob; Auer Klaus Hubert, Dipl.-Ing.;

Bartenstein Martin, Dr.; Baumgartner-Gabitzer Ulrike, Dr.; Bayr Petra; Becher Ruth, Mag.; Belakowitsch-Jenewein Dagmar, Dr.; Binder-Maier Gabriele; Bösch Reinhard Eugen, Dr.; Brader Alfred, Mag. Dr.; Brinek Gertrude, Dr.; Brosz Dieter; Broukal Josef; Bucher Josef; Bures Doris;

Cap Josef, Dr.; Csörgits Renate;

Darabos Norbert, Mag.; Darmann Gernot, Mag.; Dobnigg Karl; Donabauer Karl; Donnerbauer Heribert, Mag.;

Eder Kurt; Eder Sebastian, Dr.; Eder-Gitschthaler Andrea, Dr.; Einem Caspar, Dr.; Einwallner Thomas; Eßl Franz;

Fasslabend Werner, Dr.; Faul Christian; Fazekas Hannes; Fekter Maria Theresia, Mag. Dr.; Fichtenbauer Peter, Dr.; Fleckl Anita; Franz Anna; Freund Karl; Fuhrmann Silvia; Füller Christian; Fürntrath Adelheid Irina;

Gaál Anton; Gahr Hermann; Gartlehner Kurt, Ing.; Gaßner Kurt, Mag.; Glaser Franz; Glawischnig-Piesczek Eva, Dr.; Gradauer Alois; Graf Martin, Mag. Dr.; Grander Maria; Grillitsch Fritz; Grossmann Elisabeth, Mag.; Großruck Wolfgang; Grünewald Kurt, Dr.; Gusenbauer Alfred, Dr.;

Haberzettl Wilhelm; Hagenhofer Marianne; Haidlmayr Theresia; Haimbuchner Manfred, Mag. Dr.; Hakl Karin, Mag.; Haubner Peter; Haubner Ursula; Hauser Gerald, Mag.; Heinisch-Hosek Gabriele; Heinzl Anton; Hlavac Elisabeth, Dr.; Hofer Norbert, Ing.; Höfinger Johann; Hörl Franz; Hornek Erwin; Hradecsni Bettina; Huainigg Franz-Joseph, Dr.;

Jarolim Johannes, Dr.;

Kainz Christoph; Kaipel Erwin, Ing.; Karl Beatrix, Mag. Dr.; Keck Dietmar; Kickl Herbert; Kirchgatterer Franz; Klement Karlheinz, Dipl.-Ing.; Köfer Gerhard; Kogler Werner, Mag.; Königsberger-Ludwig Ulrike; Kopf Karlheinz; Kößl Günter; Krainer Kai Jan; Kräuter Günther, Dr.; Krist Hermann; Kukacka Helmut, Mag.; Kuntzl Andrea, Mag.; Kurzmann Gerhard, Dr.; Kuzdas Hubert, Ing. Mag.;

Lapp Christine, Mag.; Lentsch Edeltraud; Lichtenecker Ruperta, Dr.; Lopatka Reinhold, Dr.; Lunacek Ulrike, Mag.;

Maier Ferdinand, Dr.; Maier Johann, Mag.; Mandak Sabine; Marek Christine; Marizzi Peter; Matznetter Christoph, Dr.; Mayer Elmar; Mayerhofer Leopold; Mikesch Herta; Missethon Hannes, Dipl.-Ing.; Mitterlehner Reinhold, Dr.; Molterer Wilhelm, Mag.;


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 10

Morak Franz; Moser Gabriela, Dr.; Muchitsch Josef; Murauer Walter; Muttonen Christine, Mag.;

Neubauer Werner; Neugebauer Fritz; Niederwieser Erwin, DDr.;

Oberhauser Sabine, Dr.; Obernosterer Gabriel; Öllinger Karl;

Parnigoni Rudolf; Pendl Otto; Pilz Peter, Dr.; Pirklhuber Wolfgang, Dipl.-Ing. Dr.; Plassnik Ursula, Dr.; Platter Günther; Prähauser Stefan; Prammer Barbara, Mag.; Praßl Michael; Prettenthaler Sylvia; Prinz Nikolaus; Pröll Josef, Dipl.-Ing.;

Rada Robert, Dr.; Rädler Johann; Rasinger Erwin, Dr.; Rauch-Kallat Maria; Reheis Gerhard; Riener Barbara; Riepl Franz; Rosenkranz Barbara; Rossmann Bruno, Mag.;

Sburny Michaela; Schalle Veit; Scharer Erika; Schasching Beate; Schatz Birgit, Mag.; Scheibner Herbert; Scheuch Uwe, Dipl.-Ing.; Schieder Andreas, Mag.; Schönpass Rosemarie; Schopf Walter; Schultes Hermann, Ing.; Schüssel Wolfgang, Dr.; Sieber Norbert; Silhavy Heidrun; Sonnberger Peter, Dr.; Spindelberger Erwin; Spindelegger Michael, Dr.; Stadlbauer Bettina; Stadler Ewald, Mag.; Stauber Peter; Steibl Ridi; Steier Gerhard; Steindl Konrad; Stoisits Terezija, Mag.; Strache Heinz-Christian; Stummvoll Günter, Dkfm. Dr.;

Themessl Bernhard; Trunk Melitta, Mag.;

Van der Bellen Alexander, Dr.; Vilimsky Harald;

Weinzinger Brigid, Mag.; Weinzinger Lutz; Westenthaler Peter, Ing.; Wimmer Rainer; Wittmann Peter, Dr.; Wöginger August; Wurm Gisela, Mag.;

Zach Alexander; Zanger Wolfgang; Zinggl Wolfgang, Mag. Dr.; Zwerschitz Barbara.

*****

(Abg. Mag. Terezija Stoisits leistet nach Aufruf ihres Namens die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ und „Zagovaram se“. – Abg. Mag. Melitta Trunk leistet nach Aufruf ihres Namens die Angelobung mit den Worten „Ich gelobe“ und „Jaz zaobljubim“.)

*****

Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren, ich darf Sie bitten, Platz zu nehmen.

Alle 183 Abgeordneten haben das Gelöbnis geleistet; die Angelobung ist damit been­det.

Meine Damen und Herren, Sie haben sich mit Ihrem Gelöbnis zur gesetzestreuen und gewissenhaften Ausübung Ihrer Funktionen verpflichtet. Ich darf Ihnen für Ihre verant­wortungsvolle parlamentarische Arbeit im Dienste unserer Republik den besten Erfolg wünschen, viel Freude und viel Erfolg bei der Arbeit!

11.18.162. Punkt

Wahl der Präsidentin/des Präsidenten, der Zweiten Präsidentin/des Zweiten Prä­sidenten und der Dritten Präsidentin/des Dritten Präsidenten


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir kommen nunmehr zum 2. Punkt der Tagesordnung.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 11

Es ist dies die Wahl der Präsidentin/des Präsidenten, der Zweiten Präsidentin/des Zweiten Präsidenten und der Dritten Präsidentin/des Dritten Präsidenten des National­rates.

Hiezu liegen schriftliche Wahlvorschläge vor, die ich bekannt gebe.

Der Vorschlag für die Präsidentin des Nationalrates lautet auf Frau Abgeordnete Mag. Barbara Prammer.

Zur Wahl des Zweiten Präsidenten liegt ein Wahlvorschlag lautend auf Herrn Abge­ordneten Dr. Michael Spindelegger vor.

Für die Wahl der Dritten Präsidentin liegt ein Wahlvorschlag des Grünen Klubs lautend auf Frau Abgeordnete Mag. Dr. Eva Glawischnig-Piesczek vor.

In Übereinstimmung mit der Präsidialkonferenz schlage ich zu diesem Tages­ord­nungspunkt die Durchführung einer Debatte vor und bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig beschlossen.

Redezeitbeschränkung


Präsident Dr. Andreas Khol: Gemäß § 57 Abs. 3 Z 2 der Geschäftsordnung wird für diese Debatte eine Blockredezeitbeschränkung von 15 Minuten pro Fraktion vorge­schlagen, wobei maximal zwei Redner pro Fraktion zu Wort gelangen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diese Redeordnung aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das geschieht einstimmig und ist daher ange­nommen.

Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Gusenbauer. Die Wunschredezeit ist auf 10 Minuten eingestellt. – Bitte.


11.20.01

Abgeordneter Dr. Alfred Gusenbauer (SPÖ): Herr Bundespräsident! Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Wir haben am 1. Okto­ber Nationalratswahlen gehabt, die die grundsätzliche Entscheidung der Öster­reicherinnen und Österreicher für die nächsten vier Jahre gebracht haben. Und wie immer kommt in einem solchen Wahlergebnis die Weisheit der Wählerinnen und Wähler zum Ausdruck. Und die Weisheit dieses 1. Oktober besteht darin, dass viele Menschen in unserem Land wollen, dass es eine Veränderung gibt, um die großen Herausforderungen unseres Landes zu bewältigen, aber eine Veränderung, die in Zusammenarbeit und Kooperation stattfindet.

Vor uns liegt der große Anspruch, in der Integrationspolitik dafür zu sorgen, dass es ein friedliches und konfliktfreies Zusammenleben gibt zwischen den Menschen, die in Österreich aufgewachsen sind, und denen, die nach Österreich kommen.

Vor uns liegt die große Herausforderung einer zukunftsorientierten, solidarischen Finanzierung unseres Gesundheitssystems.

Vor uns liegt die große Herausforderung, die Arbeitslosigkeit in Österreich zu bekämpfen und dafür zu sorgen, dass vor allem die jungen Menschen in unserem Land mehr Chancen haben.

Vor uns liegt die große Herausforderung, unseren Staat und unsere Gesellschaft fit zu machen für die kommenden Jahre, eine Staats- und Bürokratiereform durchzuführen,


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damit wir jene Mittel frei bekommen, die wir dringend für die Zukunftsinvestitionen brauchen.

Und vor uns liegt die große Herausforderung, eine große Offensive in der Bildungs­politik zu starten, damit mehr Kinder und Jugendliche bessere Chancen in unserem Land haben.

Wir wollen als Konsequenz des 1. Oktober dafür sorgen, dass es wieder mehr soziale Fairness, mehr soziale Ausgewogenheit in Österreich gibt, und ich lade alle im Parlament vertretenen Parteien und Abgeordneten ein, an der Beantwortung dieser großen Herausforderungen für Österreich mitzuarbeiten und mitzuwirken. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn wir nun die Verantwortung dafür tragen, aus dem Wahlergebnis das Beste für die nächsten Jahre zu machen, dann ist es, glaube ich, wichtig, dass wir ein gemeinsames parlamentarisches Verständnis entwickeln. Ich bin der Meinung, dass ein Parlament nicht dazu da ist, nur Regierungs­mehrheiten im Parlament nachzuvollziehen, sondern ganz im Gegenteil, ich bin der Meinung, dass das Parlament ein Ort der Aussprache und der Diskussion sein soll, wo es nicht darauf ankommt, wer der Absender eines Vorschlages ist, sondern wo es in erster Linie darauf ankommt, welche Qualität ein Vorschlag hat, um die künftigen Probleme auch lösen zu können. (Beifall bei der SPÖ.)

Daher plädiere ich dafür, dass man – egal, ob man sich in Zukunft in der Regierung oder in der Opposition wiederfindet – diesen autonomen Charakter des Parlamentes stärkt und gemeinsam zu besseren Lösungen kommt. Ich finde, wir würden Österreich einen guten Dienst erweisen, wenn das parlamentarische Gesprächsklima ein bes­seres wäre als in der Vergangenheit.

Ich sage ganz offen, ich kann mich nicht daran erinnern, dass in den letzten vier Jahren ein einziges Gesetz beschlossen worden wäre, das auf die Initiative eines Oppositionsabgeordneten zurückgegangen ist. Es wurden immer nur Gesetze beschlossen, die die Initiative von Regierungsabgeordneten waren, und ich würde mich freuen, wenn es in den nächsten Jahren gelingen würde, dass auch einmal ein Gesetz beschlossen wird, das auf die Initiative eines Oppositionsabgeordneten zurückgeht, weil es auch eine größere Freiheit des österreichischen Parlamentes dokumentieren würde. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Parlament ist der Ort der Diskussion, ist der Ort der Gestaltung der Zukunft, aber das Parlament ist auch der Ort der Kontrolle und der Ort der Transparenz. Und ich finde, ein Parlament darf sich in der Wahr­nehmung seiner Kontrollaufgaben nicht beirren lassen. Weder Drohungen noch Ein­schüchterungsversuche von außen sollten ein Parlament davon abhalten, das zu tun, was die Bürgerinnen und Bürger immer stärker verlangen, nämlich für transparente Verhältnisse in unserem Land zu sorgen.

Die Kontrolltätigkeit des Parlaments, auch in Zusammenarbeit mit dem Rechnungshof, ist eine der wesentlichsten Aufgaben, die das Parlament hat. Und daher haben sich eigentlich schon viele vor der letzten Nationalratswahl dafür ausgesprochen, dass die Kontrollrechte des Parlaments nicht eingeschränkt, sondern, ganz im Gegenteil, diese Kontrollrechte ausgeweitet werden und wir es gleichtun vielen Landtagen in Österreich, bei denen zum Beispiel die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen schon heute ein Minderheits- und kein Mehrheitsrecht darstellt. Das, glaube ich, sollten wir gemeinsam angehen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich glaube, dass es daher wichtig ist, dass wir heute erste Schritte in die Richtung setzen, dass das Parlament seine Aufgaben ernst


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nimmt, für klare Verhältnisse sorgt und auch den Kontrollauftrag durch die öster­reichische Bevölkerung ernst nimmt. Ich glaube, es ist ganz besonders wichtig, dass man bei der ersten Gelegenheit beweist, dass man glaubwürdig ist, und dass man dem Auftrag der Bevölkerung auch nachkommt.

Ich bin der Meinung, dass wir in den nächsten vier Jahren eine Reihe von großen Herausforderungen zu bewältigen haben und dass wir diese vier Jahre am besten gestalten können, wenn wir möglichst ein Präsidium des Parlaments haben, das Erfahrung hat, das klare weltanschauliche Positionen hat und das imstande ist, die manchmal sehr heftigen und hitzigen Debatten des Parlaments objektiv zu leiten. Daher hat sich die sozialdemokratische Parlamentsfraktion dazu entschlossen, Frau Mag. Barbara Prammer für das Amt der Präsidentin zu nominieren. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir sind davon überzeugt, dass sie alle erforderlichen Qualifikationen mitbringt, dieses Amt gut auszuüben. Sie hat in den letzten Jahren als Zweite Präsidentin gezeigt, dass sie imstande ist, die Verhandlungen des Parlaments gut und objektiv zu führen, und auch in vielen parlamentarischen Tätigkeiten außerhalb des Plenarsaals bewiesen, dass sie dieser Aufgabe absolut gewachsen ist.

Mag. Barbara Prammer hat umfassende politische Erfahrung im Landtag, in der Landesregierung, in der Bundesregierung und im Parlament, und wir sind davon über­zeugt, dass Barbara Prammer eine gute Präsidentin des österreichischen Nationalrates wäre. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich glaube im Übrigen auch, dass es ein sehr gutes Signal wäre, wenn das erste Mal in der Geschichte unseres Parlaments, in der Geschichte der Zweiten Republik eine engagierte politische Frau Präsidentin des Nationalrates wird. Das wäre, glaube ich, eine neue Qualität und ein sehr positives politisches Signal, nicht nur in Österreich nach innen, sondern auch über unsere Landesgrenzen hinaus. Ich möchte Sie daher alle ganz herzlich ersuchen, Barbara Prammer heute bei der Wahl zur Präsidentin das Vertrauen zu schenken. Ich und wir sind davon überzeugt, sie wird dieses Vertrauen in den nächsten vier Jahren rechtfertigen! (Beifall bei der SPÖ.)

11.28


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Molterer. Seine Wunschredezeit beträgt 9 Minuten. – Bitte.


11.28.34

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundespräsident! Herr Präsident des Nationalrates! Meine Damen und Herren! Tatsächlich, am 1. Ok­tober haben die Österreicherinnen und Österreicher entschieden. Die Weisheit der Wähler hat zu diesem Ergebnis geführt, das wir haben, das stimmt. Aber es gibt nicht nur die Weisheit der Wähler und Wählerinnen, meine Damen und Herren, sondern es gilt genauso einzufordern die Weisheit politischer Verantwortungsträger.

Die erste Sitzung einer neuen Legislaturperiode war aus gutem Grund – ich denke, das hat der Republik Österreich gutgetan – in der Vergangenheit von Gemeinsamkeit geprägt und immer davon gekennzeichnet, dass das Gemeinsame in den Dienst der Sache gestellt wurde. Offensichtlich hat die Weisheit politischer Verantwortungsträger dazu geführt, dass wir es heute mit einer etwas anderen Situation zu tun haben. Wir stehen am Beginn einer Legislaturperiode, wo offensichtlich – anders als bisher – nicht unbedingt das Gemeinsame am Beginn der Arbeit steht, sondern ganz offensichtlich das Trennende, wo nicht die Gemeinsamkeit gesucht wird, sondern ganz offensichtlich die Auseinandersetzung. Das ist durchaus legitimes Recht des Parlaments und der Parlamentarier. Die Frage ist gestattet, ob es weise ist.


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Meine Damen und Herren! In dieser neuen Legislaturperiode gibt es auch mehr parlamentarische Fraktionen: Wir haben fünf Fraktionen hier im Hause. Und am Beginn dieser Legislaturperiode ist es offensichtlich so, dass Mehrheiten in diesem Hause gebildet und gesucht werden, die bis dato von manchen nicht denkbar gewesen sind. Ich meine, es ist schon eine Frage der Weisheit politischer Verantwortungsträger, ob es klug ist, Mehrheiten zu suchen, und zwar Mehrheiten um jeden Preis, und so das Gemeinsame in Frage zu stellen.

Meine Damen und Herren, ich denke, dass gerade zu Beginn einer Legislaturperiode diese Fragen legitimerweise und geradezu selbstverständlich angesprochen werden müssen.

Es ist auch eine Frage der politischen Weisheit, ob auf dem gemeinsamen Tragenden der Vergangenheit, der abgelaufenen Legislaturperiode weitergebaut werden kann und soll.

Ich denke, meine Damen und Herren, dass wir stolz sein können auf die Leistung der Österreicherinnen und Österreicher – und auch stolz sein können auf die Leistungen der politischen Parteien, und zwar aller politischen Parteien. Ich verstehe daher nicht, dass die Leistungen, dass das solide Fundament, auf das wir aufbauen und von dem aus wir weiterbauen können, in Frage gestellt wird. Ich denke, es war gute Tradition Österreichs – und es sollte das auch weiterhin sein –, dass wir auf den Leistungen, auf diesem soliden Fundament, das wir in Österreich geschaffen haben, gemeinsam weiterbauen und aufbauen können, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich bin der Meinung, dass zu diesem soliden Fundament unserer Heimat Österreich alle ihren Beitrag geleistet haben, und zwar ganz egal in welcher Funktion. Ich kann mich gut daran erinnern – ich verstehe es daher nicht, dass manche ihre eigenen Leistungen derart unter den Scheffel stellen wollen –, dass es gerade hier im National­rat üblich war, und ich hoffe, auch in Zukunft sein wird, dass selbstverständlich positive Anregungen, von wem immer sie kommen, dann, wenn sie der gemeinsamen Sache dienen, tatsächlich umgesetzt wurden und, ich hoffe, auch in Zukunft umgesetzt werden, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten des BZÖ. – Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

Diese neue Legislaturperiode möchte ich aber auch und in erster Linie mit einem Dankeschön einleiten: Ich möchte mich bei allen Abgeordneten, die dem Hohen Haus nicht mehr angehören, sehr, sehr herzlich bedanken, denn quer durch alle Parteien haben diese Abgeordneten einen Dienst an Österreich geleistet, und dafür gilt ihnen unser besonderer Dank, meine Damen und Herren. (Allgemeiner Beifall.)

In ganz besonderer Weise möchte ich mich auch bedanken bei den beiden Prä­sidenten, die in Zukunft dieses Amt nicht mehr ausüben können beziehungsweise nicht mehr ausüben wollen: zunächst bei Herrn Präsidenten Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, dem am Anfang ein gewisses Misstrauen entgegengeschlagen hat, der aber – und das kann ich wohl im Namen aller sagen – in großartiger Weise die Funktion des Dritten Nationalratspräsidenten ausgeübt hat. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ, der FPÖ und des BZÖ.)

Jetzt möchte ich mich, meine Damen und Herren, sehr persönlich und namens der Österreichischen Volkspartei bei Herrn Präsidenten Dr. Andreas Khol bedanken. Andreas Khol ist ein kraftvoller Parlamentarier gewesen, ein Parlamentarier von Schrot und Korn, wie es so schön heißt, der auch manchen Reibebaum abgegeben hat, der aber in seiner Aufgabenstellung als Präsident des Nationalrates Großartiges geleistet hat, das in die Geschichte eingehen wird. Ich denke, die Öffnung dieses Hauses beispielsweise ist ein Verdienst von Andreas Khol, ebenso die Europa-Orientierung, aber selbstverständlich auch die Vorsitzführung.


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Lieber Andreas, wir danken dir sehr herzlich für diese Arbeit! Wir verlieren einen kraftvollen Parlamentarier – gewinnen aber einen kräftigen Seniorenvertreter! Herz­lichen Dank! (Allgemeiner Beifall.)

Ich hoffe, dass der Nationalrat in dieser neuen Legislaturperiode auf diesem soliden Fundament weiterbauen wird, dass wichtige Weichen auch in Zukunft gestellt werden, und zwar so, wie das in der Vergangenheit der Fall war: in großer Gemeinsamkeit. Ich denke etwa, die Europafrage war und ist eines der gemeinsamen Ziele des Hohen Hauses, das für Österreich gute Dienste leistet und für Österreich die richtige Per­spektive ist.

Die Menschen erwarten vom Hohen Haus Diskussion und Konsens. Und heute, meine Damen und Herren, haben wir eine Möglichkeit – zu Beginn zumindest –, unsere Bereitschaft zu Konsens unter Beweis zu stellen.

Die SPÖ hat, so wie es der Usance entspricht, die Erste Präsidentin nominiert und kandidiert, und zwar mit Frau Mag. Barbara Prammer. Frau Mag. Prammer, wir kennen Sie, wir haben mit Ihnen gute Erfahrungen gemacht. Sie haben daher unsere Unterstützung.

Die Grünen haben gemäß der Usancen Frau Dr. Eva Glawischnig-Pieszcek für die Wahl der Dritten Präsidentin nominiert. Frau Dr. Glawischnig, wir kennen Sie, wir werden Sie unterstützen, erwarten aber sehr klar, dass Sie dem Amt und dem gesamten Nationalrat verpflichtet sind.

Die Österreichische Volkspartei hat mit Dr. Michael Spindelegger eine Persönlichkeit für die Wahl zum Zweiten Präsidenten des Nationalrates nominiert, der ein profilierter Parlamentarier ist, der seit dem Jahre 1992 dem Hohen Haus angehört: zunächst dem Bundesrat, dann dem Nationalrat. Dr. Michael Spindelegger ist einer der profiliertesten Außenpolitiker der Republik Österreich, der außenpolitische Sprecher der Öster­reichi­schen Volkspartei, ein profilierter Europäer, meine Damen und Herren – Dr. Michael Spindelegger war Europa-Abgeordneter der ersten Stunde und ist derzeit Leiter der österreichischen Delegation in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates – und ein profilierter Arbeitnehmervertreter in seiner bisherigen Funktion.

Michael Spindelegger wird dieses Amt sicherlich großartig im Dienst der Sache und der Republik Österreich ausfüllen. Ich bitte Sie um Ihre Unterstützung!

Ich denke, dass im Sinne dieser Gemeinsamkeit hier ein Symbol gesetzt werden kann, das der Weisheit der politischen Verantwortungsträger gerecht wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten des BZÖ.)

11.37

Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. Auch seine Redezeit beträgt wunschgemäß 9 Minuten. – Sie sind am Wort, Herr Kollege.


11.37.23

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Zunächst einige Worte zu den laufenden Regierungsverhandlungen und anschließend zum eigent­lichen Tagesordnungspunkt, zur Wahl des Präsidiums des Nationalrats.

Der Bundespräsident hat der SPÖ als der mandatsstärksten Partei den Regie­rungsauftrag erteilt, und das Wahlergebnis legt es mehr als nahe, dass es eine SPÖ/ÖVP-Koalition geben wird, denn eine andere Zweierbeziehung ist nicht möglich. Ich persönlich – Sie werden das verstehen, Herr Strache, Sie werden das verstehen, Herr Westenthaler – wünsche mir nicht, dass Blau oder Orange in der künftigen Regierung vertreten ist. Insofern muss ich daher jetzt – so schwer es mir fällt – für eine


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rot-schwarze Regierungskoalition plädieren, eben angesichts des Wahlergebnisses, das das Volk – Sie haben es gesagt, Herr Molterer – in seiner Weisheit so bestimmt hat.

Wir alle wissen, wie heikel große Koalitionen sind, dass sie Gefahr laufen, mehr für Stillstand als für große Reformen zu sorgen – aber das ist ja kein Naturgesetz, sondern das liegt ja wohl an Ihnen, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, und an Ihnen, meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei. Ich bin bei Ihren Sitzungen nicht dabei, aber ich kann mich jedenfalls nur wundern darüber, mit welcher Zögerlichkeit, mit welchem – wie soll ich sagen? – psychologischem Ballast diese Verhandlungen offenbar begonnen wurden und geführt werden. (Abg. Großruck: Da schauen Sie besser zur SPÖ!) Das gibt’s doch nicht – das sage ich jetzt als mittelbar und unmittelbar beteiligter Bürger –, dass man im Bereich wirtschafts­politischer Maßnahmen, im Bereich Förderung des Wirtschaftswachstums als eine zentrale Aufgabe der letzten Regierungen und der kommenden Regierung ganz be­sonders keine Gemeinsamkeiten findet! Wie wollen Sie denn das dem Volk erklären?! Das gibt’s doch nicht, dass Sie ... (Ruf bei der ÖVP: Sie werden es aber auch nicht erklären können!) – Sie tragen die Verantwortung, und daran kann ich Sie nur erinnern, und zwar ganz im Sinne des Herrn Kollegen Molterer, der ja dazu vorhin Stellung genommen hat. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie von der ÖVP müssen ja zum Beispiel nicht die Schlüsselbegriffe der SPÖ über­nehmen, die diese teilweise ihrerseits von den Grünen übernommen hat (Heiterkeit), aber wenn wir zum Beispiel von der wachsenden Armut in Österreich reden, so ist es doch auch Ziel und Vision einer an der katholischen Soziallehre orientierten Partei, die Menschen in Österreich vor der wachsenden Armut zu schützen – mit welchen Maß­nahmen auch immer; darüber ist dann zu diskutieren. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dass beispielsweise – ganz trocken gesagt – im Bereich der Sozialhilfe in Österreich dringender Handlungsbedarf besteht, das würde doch im Ernst niemand von der ÖVP und niemand von der SPÖ bestreiten und bezweifeln. Dass es da keine gemeinsamen Wege gibt, ist nun wirklich schwer zu verstehen! Und dass auf dem österreichischen Arbeitsmarkt die Herausforderungen – um es ganz platt zu sagen; Herr Einem schaut mich schon ein bisschen strafend an – der Globalisierung ernst zu nehmen sind und größtes Augenmerk auf dieses Mismatch von Angebot an und Nachfrage nach Qualifikationen auf dem österreichischen Arbeitsmarkt zu legen ist, das heißt, in die Bildungs-, Ausbildungs- und Weiterbildungspolitik größte Priorität zu setzen ist, könnte doch nicht nur Konsens zwischen Rot und Schwarz – Gott behüte! – sein, sondern das ist jedenfalls Konsens zwischen Rot, Schwarz und Grün.

Dass es da keine gemeinsamen Wege gibt, das müssen Sie dem Volk erst zu erklären versuchen – noch dazu, da Österreich in der glücklichen Lage ist, über empirische Wirtschaftsforschungsinstitute zu verfügen, die alle paar Monate Konzepte, Ideen, Visionen auf den Tisch legen, insbesondere auch das Wifo unter der neuen Leitung von Karl Aiginger, der nicht müde wird, für einen parteiübergreifenden Konsens in der Technologiepolitik, in der Innovationspolitik, in Bildung und Forschung und so weiter zu werben.

Nach menschlichem Ermessen sollte, müsste und muss also die neue Regierung eigentlich in den nächsten vier Wochen zustande kommen und müsste man sich auf ein gemeinsames Programm einigen können. Alles andere ist aus der Sicht des Parlaments – und jetzt spreche ich als Parlamentarier, als Abgeordneter des National­rats – wirklich schwer verständlich und schwer zu akzeptieren. Dass wir hier wochen­lang nichts zu tun haben und sozusagen auf Pause gehen, das können Sie doch draußen niemandem erklären! Sechs Wochen für Regierungsverhandlungen ist eine lange Zeit. Wenn ich mich recht erinnere, haben Schwarz und Grün damals, im Februar 2003 nicht


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so lange verhandelt. Es ist allerdings auch schlecht ausgegangen, das muss man auch dazusagen. (Allgemeine Heiterkeit.) Diesen Punkt müssten Sie nun bald überschritten haben, und ich denke, das ist möglich, wenn guter Wille vorhanden ist.

Den Untersuchungsausschuss, meine Damen und Herren von der ÖVP, der heute zur Causa Eurofighter beschlossen werden soll, sollten Sie nicht als Ausrede verwenden! Ich halte grundsätzlich Untersuchungsausschüsse für ein legitimes, wichtiges und nützliches Instrument des Parlaments. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Sie können das nicht einfach wegschieben, insbesondere deswegen nicht, weil Sie von der ÖVP ja selbst immer gesagt haben: Da gibt es nichts zu verheim­lichen, untersucht nur! – Jetzt plötzlich, am Montag dem 30. Oktober, soll das alles anders sein!?

Etwas wurmt mich auch noch, Herr Kollege Molterer: Hören Sie bitte auf, hier von stillen, heimlichen, versteckten, verdeckten Koalitionen zwischen Roten, Grünen und Blauen zu reden! (Abg. Mag. Molterer: Das ist noch offen!) Das ist doch absurd! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Vielleicht hat es auch Herr Strache getan, das weiß ich nicht. Sie haben gleich Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen! Es handelt sich hiebei um eine punktuelle Gemeinsamkeit in diesem Antrag.

Herr Kollege Molterer, Herr Schüssel, Sie haben vielleicht mitbekommen, dass in der vergangenen Legislaturperiode fast 50 Prozent aller Gesetzesanträge hier im Parla­ment einstimmig beschlossen wurden. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Es war eine gute Regierung!) Da hat auch kein Mensch davon geredet, dass es plötzlich eine zentrale Koalition zwischen ÖVP, SPÖ, Grünen und BZÖ gibt, oder? Da war es aber natürlich gemeinsam mit Ihnen, und deswegen haben Sie das wohlwollend zur Kenntnis genommen! Aber als Abgeordnete dieses Hauses müssen Sie auch einmal zur Kennt­nis nehmen, wenn ein Antrag gegen Sie ausgeht. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Nach 20 Jahren in Opposition sind wir das gewöhnt, und es hat auch lange genug eine freiheitliche Opposition gegeben. Wir werden sicherlich nicht einer guten Sache deswegen eine Absage erteilen, weil einmal auch Herr Strache dabei ist.

Selbst mit Jörg Haider, der nun wirklich in den letzten 15 oder 20 Jahren unser Haupt­gegner war, waren wir beispielsweise in einem Punkt immer einer Meinung: Solange er der Meinung war, dass die Aufteilung des Landes in Rot und Schwarz, die Aufteilung aller Posten zwischen Sozialdemokraten und Konservativen von der ÖVP, der Proporz in Reinkultur, so nicht weitergehen kann, teilten wir in diesem Punkt natürlich seine Meinung. Dass Jörg Haider das Gleiche dann in Orange gemacht hat, das steht auf einem anderen Blatt! Aber solange er diese Politik vertreten hat, waren wir selbst­verständlich einer Meinung, und kein Mensch kam auf die Idee, dass das plötzlich eine Koalition zwischen Van der Bellen und Haider oder wem auch immer sein kann. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Jetzt ist es gleich aus!) – Die freiwillige Redezeitbeschränkung ist gleich aus, Herr Kollege; ich muss Sie enttäuschen!

Zur Wahl des Präsidiums heute: Wir sind sehr froh, dass erstmals in der Geschichte der Zweiten Republik und in der Geschichte des Parlamentarismus in Österreich überhaupt eine Frau zur Präsidentin des Nationalrats gewählt wird, und zwar nicht irgendeine Frau, sondern Barbara Prammer. (Beifall bei den Grünen und bei Abge­ordneten der SPÖ.)

Mag. Barbara Prammer erscheint für dieses Amt sehr gut geeignet, bringt jede Menge Erfahrungen mit. Sie war Vizepräsidentin des Oberösterreichischen Landtages, Landesrätin, Bundesministerin und Zweite Präsidentin hier. – Mit unseren Stimmen können Sie, Frau Kollegin Prammer, jedenfalls rechnen.


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Ich begrüße auch die Kandidatur von Dr. Michael Spindelegger, dem künftigen Zweiten Präsidenten des Nationalrats. Ihr Schwerpunkt war bisher die Außenpolitik, und ich finde, es ist eine ganz gute Kombination, wenn wir im Präsidium des National­rats in Zukunft auch einen außenpolitischen Experten haben.

Sie werden es mir nicht übel nehmen, wenn ich dazusage: Noch mehr hätten wir uns aus bestimmten Erwägungen, die Sie sicherlich nachvollziehen können, gefreut, wenn das gesamte Präsidium des Nationalrats aus Frauen bestanden hätte. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist eine Diskriminierung von Männern!) Aber das ändert nichts daran, dass wir auch Ihre Kandidatur für den Zweiten Präsidenten sehr unterstützen, Herr Präsident, sage ich schon einmal.

Dr. Eva Glawischnig ist, glaube ich, unser Zeichen dafür, wie wichtig wir das Par­lament nehmen und wie wichtig die grünen Abgeordneten den Parlamentarismus nehmen. Eva Glawischnig ist eine mittlerweile schon erfahrene Politikern, jung an Jahren, aber keine „Frischg’fangte“: Sie ist und war unsere Stimme für Umweltschutz, für Naturschutz und für die Rechte der Frauen in unserer modernen Gesellschaft. Und ich bin mir sicher, dass diese Stimme auch nach ihrer Wahl zur Dritten Präsidentin – wenn Sie uns dieses Wohlwollen schenken – nicht verstummen wird.

Ich bin mir aber dessen sicher, dass Eva Glawischnig hier im Nationalrat strikteste Neutralität und strikteste Objektivität bei der Leitung der Sitzungen walten lassen wird, und ich werde meine Kollegen und Kolleginnen in der Klubsitzung bitten, es nicht so weit zu treiben, dass wir die Ersten sind, die einen Ordnungsruf von der Dritten Präsidentin erhalten werden.

Zum scheidenden Präsidium möchte ich nur kurz sagen: Wir waren manchmal im Clinch mit Präsidentem Khol, ja, allerdings außerhalb des Parlaments. In politischen Fragen außerhalb des Parlaments haben wir uns mit Präsidentem Khol als einem wichtigen und zentralen Vertreter der ÖVP in der österreichischen Politik gezankt. Aber hier im Hause war es in der Regel möglich, die Entscheidungen im Konsens zu treffen.

Wir beglückwünschen Herrn Khol auch zur baulichen Fertigstellung und Öffnung des Hauses, dass nun viel mehr Menschen hier hereinkommen und alles sozusagen auch lebensnah miterleben können. Am 26. Oktober ging ich am Ring vorbei, und da kam es mir vor wie auf der Tauern Autobahn: Da herrschte offenbar Blockabfertigung für die Besucher des Hauses, so groß waren der Andrang und das Interesse, sich einmal anzuschauen, wie wir hier arbeiten.

Wir wollen hier aber auch wirklich arbeiten und nicht ewig warten, bis die neue Regierung steht! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.49


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Strache. Seine Wunschredezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.


11.49.06

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der 1. Oktober hat durch den Souverän ein Wahl­ergebnis gebracht, das wir zur Kenntnis zu nehmen haben. Dieser Souverän hat zumindest für uns, nämlich für die Freiheitliche Partei, zum Ausdruck gebracht, dass Verrat, der in unseren Reihen stattgefunden hat, nicht honoriert wird, sodass wir heute mit 21 Mandataren hier vertreten sind und auch im Vergleich zum Wahlergebnis im Jahr 2002 stärker geworden sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Das macht mich natürlich stolz, denn wir haben gezeigt, dass sich die Freiheitliche Partei wieder gefunden hat und in der österreichischen Bevölkerung auch Anerken­nung findet. Wir werden mit diesem Auftrag und dieser Aufgabe, die uns am 1. Oktober übertragen


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wurde, sehr bewusst und behutsam umgehen und diesen Auftrag im Interesse der österreichischen Bevölkerung und im Interesse der österreichischen Heimat erfüllen.

Natürlich wird es Schwerpunkte geben. Unsere Schwerpunkte werden sein, dass wir eine demokratische Gesprächskultur in diesem Hohen Haus leben werden. Es gibt unterschiedliche politische Einstellungen der hier vertretenen parlamentarischen Par­teien, aber es ist wichtig, eine demokratische Gesprächskultur zu leben. (Abg. Großruck: Dann leben Sie sie einmal!)

Bis heute ist es leider so, dass es eine Fraktion in diesem Hohen Haus gibt, die bis heute nicht dazu bereit ist, demokratische Gesprächskultur in diesem Fall auch mit unserer politischen Partei zu pflegen. Das ist bedenklich! Wir nehmen das zur Kennt­nis. Bis dato hat es der Obmann der ÖVP nicht für wert befunden, mit dem Obmann der Freiheitlichen Partei überhaupt ein Gespräch zu führen. – Das ist nicht die demokratische Gesprächskultur, die wir uns vorstellen! Wir werden das anders handhaben: Wir sprechen mit allen Parteien, und wir sagen auch, dass es zwar unterschiedliche politische Meinungen, aber auch Gemeinsamkeiten gibt.

Es ist Unsinn, wenn man sagt, dass es keine Gemeinsamkeiten mit der Sozial­demokratie oder auch mit der Grünen Partei oder mit der Österreichischen Volkspartei gibt! Natürlich gibt es diese in diversen Fachbereichen. Und wir werden hier nicht eine dumpfe Ausgrenzung leben, sondern wir werden dort, wo es im Interesse der Österreicher liegt, natürlich auch Gemeinsamkeiten definieren und versuchen, gemeinsame Anträge zu formulieren. (Beifall bei der FPÖ.)

Für unsere FPÖ stellt der 1. Oktober 2006 den Tag der Wiedergeburt der Freiheitlichen Partei dar, jener Freiheitlichen Partei, bei der man auch festmachen kann, dass wir den Namen „Freiheitlich“ alleinig verdienen. Das ist ein schöner Tag für uns! Wir werden den Kurs, den wir vor über einem Jahr eingeschlagen haben, mit unserer Arbeit hier in diesem Haus auch mit Leben erfüllen.

Wir haben eine Sonderstellung in vielen Fragen, etwa in der Frage des Türkei-Beitritts zur Europäischen Union, in der sich alle anderen politischen Mitbewerber in diesem Hohen Haus für Beitrittsverhandlungen ausgesprochen haben. Wir lehnen einen Beitritt der Türkei zur Europäischen Union und daher konsequenterweise auch Beitritts­verhand­lungen ab. Das haben wir festgemacht. Diese Sonderstellung wird von uns natürlich auch hier weiter gelebt und verfolgt.

Wir haben letztlich auch festmachen müssen, dass es in den letzten Jahren und Jahr­zehnten Entwicklungen gegeben hat, die etwa in Gestalt des Globalisierungs­wahn­sinns auch unsere Bevölkerung treffen. Dazu mussten wir darauf aufmerksam machen, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter auseinander klafft und der Mittelstand zerbricht. Diesbezüglich haben wir wirklich eine Verantwortung, dagegen zu halten, auch im Bereich der demografischen Entwicklung.

Wir befinden uns heute in Österreich in der Situation, dass alle 15 Minuten ein Kind abgetrieben wird: Jede Stunde werden vier Kinder abgetrieben, im Jahr sind es 30 000 österreichische Kinder, die abgetrieben werden! – Auch im Hinblick darauf sollten wir uns Gedanken machen, wie wir mit Familienförderungsprogrammen letztlich dafür Sorge tragen können, dass sich Familien auch wieder mehr Kinder leisten können. (Beifall bei der FPÖ.)

Es wird für uns auch wichtig sein, in einer anderen Frage, nämlich in der Frage Stär­kung der direkten Demokratie in Österreich Akzente zu setzen. Wir mussten nämlich gerade in der Frage der Verfassung der Europäischen Union erleben, dass sich auch alle anderen politischen Mitbewerber in diesem Hohen Haus für eine zentralistische


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Verfassung der Europäischen Union ausgesprochen haben und keine Volksabstim­mung dazu möglich gemacht, sondern diese verhindert haben. Und genau das ist ein gefährlicher Weg! – Wir wollen die direkte Demokratie und verbindliche Volksabstim­mungen gerade in diesen sensiblen Fragen, von welchen alle Österreicher betroffen sind, sicherstellen! (Beifall bei der FPÖ.)

Ich würde mir wünschen, dass man in Zukunft Volksbegehren auch dahin gehend aufwertet, dass man Initiatoren von Volksbegehren auch hier einlädt und dass diese hier ein Rederecht erhalten. Wir haben in der Vergangenheit erleben müssen, dass Volksbegehren oftmals schubladisiert wurden und man Volksbegehren, die mit hoher Bürgerbeteiligung unterstützt wurden, einfach beiseite geschoben und nicht ernst genommen hat. Es wäre wichtig, einmal auch diesen Bereich der direkten Demokratie mit einem Volksbegehren in die Richtung aufzuwerten, dass Initiatoren hier ein Rede­recht erhalten und auch eine Begründung vornehmen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vieles wird zu tun sein, wobei wir natürlich auch hier in diesem Haus nicht das Trennende in den Vordergrund stellen dürfen, sondern die Gemeinsamkeiten herausarbeiten sollten. Wir werden das von unserer Seite aus tun. Wir werden uns hier nicht verweigern, Gemeinsamkeiten, die es gibt, mit allen anderen Fraktionen zu definieren.

Zur Wahl der Präsidenten: Auch wir werden allen drei zu wählenden Präsidenten selbstverständlich alles Gute wünschen und mit auf den Weg geben. Wir hoffen, dass sich vor allen Dingen dadurch, dass erstmals in der Geschichte eine Frau zur Prä­sidentin gewählt werden wird, auch die Objektivität in diesem Haus im Vergleich zur Vergangenheit verbessern wird! – Wir haben in der Vergangenheit durchaus bemerken müssen, dass die Objektivität gerade in unsere Richtung nicht sichergestellt und gelebt wurde. Wir werden daher auch den Abschied des bisherigen Präsidenten sehr kühl zur Kenntnis nehmen. (Zwischenrufe bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit des Abg. Dipl.-Ing. Scheuch.)

Wir hoffen, dass diese Objektivität in diesem Hohen Haus in Zukunft wieder gelebt werden wird. Diesbezüglich sind wir durchaus guter Dinge.

Weiters stellen wir fest, dass wir das, was wir auch immer gelebt haben, nun ebenfalls einhalten: Wir haben immer gesagt, dass es in der Zweiten Republik Usance ist, dass die drittstärkste Partei nach Stimmen auch ein Anrecht darauf besitzt, den Dritten Nationalratspräsidenten zu stellen. Deshalb haben wir, auch wenn wir knapp, aber doch viertstärkste Kraft in dieser Republik geworden sind, selbstverständlich darauf verzichtet, einen eigenen Kandidaten für die Wahl zum Dritten Nationalratspräsidenten namhaft zu machen, denn wir halten das, was wir in der Öffentlichkeit sagen, und wir stehen dazu!

Außerdem hoffen wir, dass Herr Professor Van der Bellen es nicht so sieht wie bei der vergangenen Wahl der Nationalratspräsidenten, dass der Zweite und Dritte Präsident in Wirklichkeit quasi keine Macht haben und daher beide nichts bringen. Ich habe Ihre Rede bei der vergangenen Wahl der Nationalratspräsidenten noch in Erinnerung, da haben Sie das angemerkt.

Ich stelle für uns fest: Für uns sind alle Präsidenten von Bedeutung, und wir werden bei unserer Arbeit natürlich auch alles daran setzen, in Zukunft wieder diese dritte Kraft in Österreich darzustellen und diesen Platz wieder zu erreichen. Aber wir nehmen zur Kenntnis, dass Sie Dritter geworden sind, wenn auch nur knapp!

Für uns halte ich zum Abschied fest (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Wer nimmt Abschied?): Wir freuen uns auf eine demokratische Gesprächskultur, die wir leben werden, und können nur alle anderen Parteien und Fraktionen einladen, dass sie sich dieser nicht


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verweigern und dass sie nicht alles, was von einer anderen Partei kommt, automatisch ablehnen, wie das oftmals in der Vergangenheit reflexartig geschehen ist.

Ich glaube, das wäre ein Gewinn für die Demokratie! Wir sind Demokraten, und ich hoffe, dass das auch von anderen Fraktionen in diesem Haus gelebt wird. (Beifall bei der FPÖ.)

11.58


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächster ans Rednerpult gelangt Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler. Seine Wunschredezeit beträgt 7 Minuten. – Bitte.


11.58.25

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon interessant: Von Herrn Kollegem Gusenbauer wurde heute die Weisheit des Wählers angesprochen. – Die Weisheit des Wahlergebnisses beruht aber im Wesentlichen auf den Erkenntnissen, die der Wähler vor dem Wahltag gewonnen hat. Sie und Ihre Fraktion und auch Herr Van der Bellen und seine Fraktion haben dem Wähler vor dem Wahltag immer wieder hoch und heilig versprochen, mit der FPÖ und Herrn Strache und natürlich auch mit dem BZÖ und Herrn Westenthaler kann es nie eine Zusammenarbeit geben. (Abg. Dr. Van der Bellen: Keine Koalition!)

Heute haben wir die erste Sitzung nach der Wahl im Parlament, und was liegt als Erstes vor? – Ein gemeinsamer Antrag von Cap, Pilz und Strache! Wunderbar! Ist das die Weisheit, die Sie vorher strapaziert haben? Ist das die Weisheit, die der Wähler zwar hat, die Sie aber offenbar nicht wahrhaben wollen? (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Es geht nämlich nicht darum, ob man einen Antrag einbringt und jemand anderer zustimmt. Vielmehr wird diesfalls gekuschelt, und zwar so, dass es alle merken! (Zwischenruf des Abg. Dr. Van der Bellen.) Ich frage mich, Herr Professor Van der Bellen, ob Ihnen nicht schon heiß ist vom vielen Kuscheln mit Herrn Strache. Das muss man sich schon schön langsam fragen. (Heiterkeit und Beifall beim BZÖ.)

Das muss man sich wirklich fragen, wenn es einen gemeinsamen Antrag und plötzlich keine Barrieren mehr gibt. Herr Kollege Gusenbauer, das hat schon einen ernsten Hintergrund! Sie sind vor wenigen Tagen – ich ziehe nun einen Vergleich aus dem Sport heran – mit einer Mannschaft von Ihrer Partei und von der ÖVP aufs Spielfeld gelaufen, um eine Koalition zu bilden und darüber zu verhandeln. (Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler.)

Heute wissen wir – und da ist nichts mehr versteckt, Herr Van der Bellen, das ist alles schon offen –, Sie sind zwar mit dieser Mannschaft aufs Spielfeld gelaufen, Sie spielen aber schon längst auf einem anderen Platz! Das wissen auch die Österreicher. Denn Sie mauscheln da fest herum zwischen Rot, Grün und Blau. (Abg. Mag. Hauser: Wir kontrollieren!) Das ist das Verständliche, und da habe ich Verständnis, wenn hier ein Verhandlungspartner Sorge zeigt und wenn das ein Verhandlungspartner nicht ver­stehen kann. Ich würde das auch nicht verstehen, dass man offiziell mit der ÖVP verhandelt und in Wirklichkeit im geheimen Kämmerlein (Zwischenruf der Abg. Silhavy) mit Strache und Van der Bellen Anträge ausverhandelt – und vielleicht auch schon eine neue Regierung; wer weiß, was Sie da alles besprochen haben!

Auch das parlamentarische Gesprächsklima, Herr Gusenbauer, ist keine Einbahn­straße. Sie haben die Verhandlungen über diesen Antrag sehr gezielt geführt. Sie haben etwa die Fraktion des BZÖ nicht in diese Gespräche eingebunden, und Sie haben auch andere nicht eingebunden. Sie haben das sehr gezielt geführt, um hier sozusagen eine Machtdemonstration zu gewährleisten, dass es eben geht, dass es recht einfach ist für Rot und Grün (Abg. Brosz: Was habt ihr zu verbergen?), auch einen ziemlich willenlosen Mitstreiter, nämlich Herrn Strache von der FPÖ, zu bekom­men. (Heiterkeit.)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 22

Nur, der war wenigstens konsequent, das muss man ihm zugestehen! (Abg. Strache: Die Sorge brauchen Sie sich nicht zu machen!) Der war auch vor der Wahl kon­sequent, denn er hat sich immer einen roten Bundeskanzler gewünscht, und er hat auch gesagt, eine rote Minderheitsregierung wird er unterstützen. Daher ist er kon­sequent geblieben in diesem Spielchen, das Sie hier spielen. (Heiterkeit sowie Beifall bei BZÖ und ÖVP.)

Das also zu den Koalitionsverhandlungen – und es ist schon ein trauriges Spiel, das sich hier einige Wochen nach der Wahl abzeichnet. Es ist auch zu hinterfragen, was sich hier offiziell und inoffiziell an Verhandlungen abspielt. Wir werden das genau beobachten und werden selbstverständlich die Österreicher auch im Sinne des Kontrollauftrages, den wir vom BZÖ sehen, aufklären.

Wenn Sie den Kontrollauftrag so ernst nehmen, dann haben Sie heute am Nachmittag die Gelegenheit, bei unserem Antrag, den BAWAG-Untersuchungsausschuss einzu­setzen, mitzustimmen. Das schauen wir uns auch ganz genau an, Herr Kollege Gusenbauer, ob Sie das machen! (Abg. Mag. Hauser: Das machen wir schon!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur Wahl der Präsidenten gibt es drei Kandidaten, die heute in höchste Ämter der Republik gewählt werden sollen. Es ist dies eine ganz wichtige staatspolitische Funktion nach dem Bundespräsidenten, als Präsident des Nationalrates sozusagen auch als Hüter der österreichischen Ver­fassung, gemeinsam mit dem Verfassungsgerichtshof, aufzutreten. Das ist eine hohe Verantwortung für jeden Einzelnen.

Es gibt – wir haben das auch in der Vergangenheit immer gesehen – Usancen, und zwar nach dem Stärkeverhältnis der Parteien, die der Wähler ins Parlament gewählt hat. Diese Usancen sind für uns dingfest. Sie sind für uns in der Vergangenheit selbstverständlich immer dingfest gewesen und deshalb auch heute für uns eine Verpflichtung.

Daher gibt es selbstverständlich diesen Vertrauensvorschuss für Frau Präsidentin Prammer, die ja in diesem Amt auch in der vergangenen Zeit bereits gute Figur gemacht hat. Diesen Vertrauensvorschuss wird es geben. Es ist auch gut, dass eine Frau eine so hohe Staatsposition in diesem Land innehat. Ich bin davon überzeugt, dass sie das sehr objektiv, auch nach den Grundsätzen eines objektiven Parlamen­tarismus, durchführen wird.

Unser Vertrauen gilt selbstverständlich auch dem von der ÖVP nominierten Zweiten Präsidenten, Herrn Dr. Spindelegger, den ich hier im Hohen Haus auch persönlich kennen gelernt habe als sehr fairen Partner, als sehr sachlich orientierten Abgeord­neten, bei dem ich keine Sorge darum habe, dass er die mögliche und gebotene Objektivität einhalten wird.

Ein bisschen schwierig ist es bei der Kandidatin der Grünen. Man muss natürlich daran erinnern, Herr Professor Van der Bellen, dass gerade Sie und Ihre Fraktion es immer waren, die diese Usance in Frage gestellt und immer gesagt haben – es gibt hier eine ganze Latte von Zitaten –: Es kann ja nicht sein, dass diese Usance eingehalten wird. Sie haben in den vergangenen Jahren immer Gegenkandidaten zur dritten Fraktion aufgestellt. Sie sind jetzt einmal genau um einen Hundertstel-Prozentpunkt Dritter geworden, dazu gratuliere ich Ihnen. Daher werden wir auch die Usance selbst­verständlich anerkennen, dass Sie eine Kandidatin nominieren.

Ich möchte Sie nur bitten, Frau – ich darf das vorwegnehmen – Präsidentin Glawischnig, dass auch Sie ein Beispiel an Überparteilichkeit sein sollten. Es würde uns schon sehr gefallen – und vielleicht ist das ein Ratschlag –, wenn Sie vielleicht die


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 23

Chance hätten, die hohe Parteifunktion, die Sie als stellvertretende Parteichefin inne­haben, zurückzulegen. Das wäre für das Haus und für die Objektivität einer Präsidentin von Vorteil, und das würden wir uns wünschen. (Beifall beim BZÖ.)

Ich möchte aber selbstverständlich auch den scheidenden Präsidenten Andreas Khol nicht unerwähnt lassen. Mit Andreas Khol geht heute einer der wohl profiliertesten Parlamentarier aus diesem Haus. Er war immer ein verlässlicher Partner mit Hand­schlagqualität, der seine politische Leidenschaft oft auf der Zunge getragen hat, und Österreich immer im Herzen.

Ich bin ihm persönlich – und das sage ich hier aus vollster Überzeugung – auch sehr dankbar für den Beginn im Jahre 2000, als wir gemeinsam den Weg durch die „Wüste Gobi“ begonnen haben. Das war nicht einfach, aber wir haben hier sehr, sehr gute Projekte auch gemeinsam durchgesetzt: den Integrationsvertrag, die Abfertigung-Neu, das Kindergeld oder auch ein ausgeglichenes Budget – und das alles vor dem Hinter­grund einer schwierigen Startphase, nämlich der EU-Sanktionen, die wir dann erfolg­reich auch hier im Hohen Haus bekämpft und letztlich erfolgreich aus der Welt geschafft haben.

Es war dies eine erfolgreiche Zeit. Sie war gut für Österreich, und sie wurde von Andreas Khol maßgeblich mitgestaltet. 23 Jahre im Parlament, neun Jahre Klubob­mann, vier Jahre Präsident, und auch eine politische Erfolgsbilanz: Das ist schon ein gutes Beispiel auch für viele junge und neue Abgeordnete, die hier ins Haus gekommen sind. Er ist einer der Großen, er wird als einer der großen Politiker in die Geschichte Österreichs eingehen. Er hat auch seine Spuren in der Geschichte hinterlassen. Ich wünsche ihm persönlich alles Gute sowie Glück und Gesundheit für seinen neuen Lebensabschnitt! (Beifall bei BZÖ und ÖVP.)

12.06

12.06.07 Ankündigung von Anträgen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich gebe Folgendes bekannt:

Die Abgeordneten Dr. Josef Cap, Dr. Peter Pilz, H.-C. Strache, Kolleginnen und Kolle­gen haben gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt, einen Untersuchungs­ausschuss hinsichtlich der Beschaffung von Kampfflugzeugen einzusetzen. (Zwischen­rufe bei der ÖVP.)

Ferner liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine Debatte über diesen Antrag durchzuführen.

Gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung finden die Debatte und die Abstimmung nach Erledigung der Dringlichen Anfrage statt.

*****

Ich gebe weiters bekannt:

Die Abgeordneten Ing. Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen haben einen Antrag gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung gestellt, einen Untersuchungsausschuss zur näheren Untersuchung der politischen und rechtlichen Verantwortung im Zusammen­hang mit dem BAWAG-Skandal einzusetzen.

Weiters liegt das von fünf Abgeordneten gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine Debatte über diesen Antrag durchzuführen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 24

Die Debatte und die Abstimmung finden nach Erledigung der Tagesordnung im An­schluss an die soeben bekannt gegebene Debatte über den ersten Antrag betreffend einen Untersuchungsausschuss statt.

*****


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Cap. Seine Wunschredezeit beträgt 5 Minuten; die Restredezeit der SPÖ-Fraktion 7 Minu­ten. – Bitte.


12.07.44

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Hier muss ein kleines Missverständnis herrschen über die Art und Weise, wie ein Parlament zu funktionieren hat: Da geht es nicht um Mauscheln und Kuscheln und sonst irgend­etwas, sondern es geht darum, dass es ein Bedürfnis des Bürgers, des Steuerzahlers, der Steuerzahlerin ist, dass, wenn es untersuchungswürdige Gegenstände gibt, diese auch untersucht werden. Das ist ein zutiefst demokratisches Instrumentarium des Parlaments! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Darüber soll man sich nicht lustig machen, und man soll es auch nicht in Frage stellen, wenn einem einmal ein Untersuchungsgegenstand nicht passt. Ich glaube, dass es das zu verteidigen gilt. Und wir bekennen uns dazu, dass es hier – von wem auch immer, mit welcher Mehrheit auch immer –, wenn es gilt, Licht ins Dunkel zu bringen, zum Beispiel bei der Causa des Ankaufes und der Typenentscheidung betreffend Euro­fighter, diesen Untersuchungsausschuss geben muss!

Sie sind herzlich dazu eingeladen, und noch ist es nicht zu spät. Wir können uns auch in den nächsten Stunden noch zusammensetzen und darüber auch persönlich sprechen, diesen Antrag zu unterstützen, damit die Arbeit des Untersuchungs­aus­schusses begonnen werden kann. (Beifall bei der SPÖ, den Grünen und der FPÖ.)

Wissen Sie, Herr Klubobmann Molterer, zu Ihrer Art, wie Sie das immer bewerten, zwischen klug und nicht klug – klug meistens Sie, nicht klug alle anderen (Heiterkeit bei der SPÖ) –, oder Trennendem dann, wenn es Ihnen nicht passt, und Gemeinsamem dann, wenn Ihr Standpunkt letztlich zu 100 Prozent verwirklicht wird: Das ist kein Aufeinander-Zugehen, das ist keine Partnerschaft, das verstehe ich nicht unter demokratischem Parlamentarismus. Man muss kompromissfähig sein, man muss auch auf den anderen eingehen können. Das ist eine wichtige Voraussetzung, damit es hier funktioniert.

Wir bekennen uns dazu, dass es in der nächsten Legislaturperiode einen anderen Umgang zwischen uns allen hier gibt! Keine Ausgrenzung, nein! Ich bin auch der Meinung, man sollte bei der Geschäftsordnung Veränderungen vornehmen. Es soll die Einsetzung des Untersuchungsausschusses auch ein Minderheitenrecht sein, jawohl! (Beifall bei der SPÖ, den Grünen und der FPÖ.)

Es soll eine grundsätzliche Öffnung für die Öffentlichkeit bei den Ausschusssitzungen stattfinden. Es sollen Bürgerinitiativen, Volksbegehren, Berichte des Rechnungshofes, der Volksanwaltschaft über die Legislaturperiodengrenze hinaus Gültigkeit haben. Erleich­terung bei Bürgerinitiativen – jawohl, dieses Parlament muss bürgernäher werden! Hier soll keine Distanz sein, hier soll Nähe sein! (Beifall bei der SPÖ, den Grünen und der FPÖ.)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 25

Wissen Sie, es geht nicht nur darum, dass wir vernünftig miteinander umgehen oder politisch dort, wo es Gemeinsamkeiten gibt, diese Gemeinsamkeiten auch heraus­arbeiten. Hinter jeder Gruppe hier im Haus stehen auch Wählerinnen und Wähler, Österreicherinnen und Österreicher! Sie sollen das Gefühl haben, auch wenn sie uns, die SPÖ, nicht gewählt haben, dass der eine oder andere politische Punkt ihrer Partei, die sie gewählt haben und die hier sitzt, auch bei uns auf Verständnis stößt, dass wir hier den Dialog suchen und gemeinsam vielleicht auch zu Ergebnissen kommen wollen. Das ist eine neue Art von Parlamentarismus, und wir müssen versuchen, dass das umgesetzt wird und dass diese Transparenz auch vermittelt wird!

Ich möchte zu Herrn Präsidenten Khol sagen, dass auch ich die Öffnung des Parlamentes positiv erwähnen möchte. Und ich möchte sagen, dass wir beim Tag der offenen Tür, wenn hier über 20 000 Menschen anwesend sind, künftig dafür sorgen sollten, dass auch die Abgeordneten im Haus sind, um die es geht. Es gilt hier nicht nur, die Architektur zu bewundern – diese ist wunderschön, und Herr Präsident Khol hat sehr viele positive Veränderungen mit zu verantworten –, nein, es soll auch das Gespräch mit uns gefunden werden, wenn Tausende und Abertausende Bürger ins Parlament kommen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek.) Ja, auch Sie sollten kommen, Frau Abgeordnete Brinek! – Das, glaube ich, wäre notwendig! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Klubobmann Van der Bellen hat mir aus dem Herzen gesprochen – nicht immer, aber heute schon –, und er hat Recht: Er fordert ein, dass gearbeitet wird! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Jawohl, es soll gearbeitet werden, es sollen die Verhandlungen zügig vorangehen. Sie können nicht mit einem Fuß auf dem Bremspedal und mit einem Fuß auf dem Gaspedal stehen; Sie sollten den Fuß vom Bremspedal wegnehmen, damit endlich einmal gearbeitet wird. (Zwischenruf des Abg. Dr. Stummvoll.) Wir werden nicht dafür bezahlt, Befindlichkeiten aufzuarbeiten, sondern dafür, dass wir für dieses Land etwas leisten, dass wir rasch zu einer Einigung kommen, SPÖ und ÖVP, damit für dieses Land endlich gearbeitet werden kann! (Beifall bei der SPÖ. – Ruf bei der ÖVP: Machen Sie Vorschläge!)

Bringen Sie nicht die Ausrede mit dem Untersuchungsausschuss vor! Wissen Sie, was Sie Anfang der siebziger Jahre beim Minderheitenkabinett Bruno Kreisky als Erstes gemacht haben? – Sie haben einen Untersuchungsausschuss beantragt, um den Ankauf der Abfangjäger zu untersuchen. Das haben Sie gemacht; Stephan Koren war Klubobmann der ÖVP, und so war es. Sie haben noch viel schlimmere Sachen gemacht. Können Sie sich an den Misstrauensantrag von ÖVP-Abgeordneten gegen den ÖVP-Verteidigungsminister Lichal erinnern? – Das alles haben Sie gemacht! Lassen wir doch die Kirche im Dorf!

Ich bin überglücklich darüber, dass Barbara Prammer für das Amt der Präsidentin des Nationalrates kandidiert. Wir werden sie mit Leidenschaft unterstützen.

Ich möchte mich beim Herrn Präsidenten Prinzhorn dafür bedanken, dass er oft eine sehr milde Führung der Plenarsitzungen zeigte. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Wir sind bei dieser Sitzungsführung so manchem Ordnungsruf entgangen.

Ich möchte mich auch beim Herrn Präsidenten Andreas Khol bedanken und Folgendes hinzufügen: Ich kann mich daran erinnern, dass wir oft Veranstaltungen hatten, vor denen wir sagten: Jetzt suchen wir einen echten Konservativen, der auch das aus­spricht, was viele denken oder gedacht haben. Da sind wir immer bei Andreas Khol gelandet, und er hat uns auch nie enttäuscht! (Heiterkeit bei der SPÖ.) Er hat uns nie enttäuscht: Er ist gekommen und hat gesagt, was Sache ist, wir haben sagen können, was Sache ist, und das Publikum war begeistert.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 26

Lieber Andreas, ich muss dir sagen, du wirst auch weiter von uns eingeladen werden. Es gibt hier keine endgültige Trennung zwischen uns. Du warst fair, nicht immer fehler­los – aber wer kann schon sagen, dass er fehlerlos ist? Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind die Ersten, die da oft sehr selbstkritisch sind. (Heiterkeit bei der ÖVP und den Grünen.)

Aber er hat wirklich eine faire Vorsitzführung gezeigt, und es war oft tatsächlich eine harte Auseinandersetzung, Scharmützel ohne Ende! Fast bin ich geneigt, zu sagen: Lieber Andreas Khol, du wirst mir fehlen! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

12.14


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Dr. Fek­ter. Restredezeit der Fraktion: 7 Minuten. – Sie sind am Wort, Frau Kollegin.


12.14.37

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrter Herr Minister! Werter Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein neu gewähltes Parlament, eine neue Zusammensetzung: Wir haben jetzt wieder fünf Parteien – das hatten wir schon einmal –, es gibt eine neue Sitzordnung und in Kürze ein neues Präsidium. Alle drei Kandidaten sind erfahrene Parlamentarier. Rechtsstaatlichkeit und Parlamentarismus gehören zu ihren Prinzipien, davon bin ich überzeugt. Und von allen dreien erwarten wir Abgeordnete eine objektive Vorsitzführung.

Frau Präsidentin Prammer hat ja in der Vergangenheit bereits bewiesen, dass sie im Sinne der Tradition des Hohen Hauses den Vorsitz führt.

Dr. Michael Spindelegger hat es zu seinem Prinzip erklärt und hat auch gemeint, dass das eine gute Tradition ist, die er beibehalten möchte. Im ÖVP-Klub ist Dr. Spindel­egger aus einer demokratischen Wahl als bester Kandidat für dieses Amt hervor­gegangen. Wir sind sehr, sehr zuversichtlich, lieber Michael, dass du uns oben im Präsidentensessel sicherlich nicht enttäuschen wirst, sondern uns als Abgeordnete in unserer Arbeit unterstützen wirst. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Kollege Van der Bellen, da Sie sich eine weitere Frau als Präsidentin gewünscht hätten, darf ich Ihnen Folgendes in Erinnerung rufen: Es war die ÖVP, die als Erste eine Frau in den Präsidentensessel hier im Nationalrat gehievt hat! Sie ist auch heute hier; es war Marga Hubinek. Danke, liebe Marga (in Richtung Galerie), du hast eine Speerspitze für die Frauen in hohen Positionen gebrochen! (Beifall bei der ÖVP, der SPÖ und den Grünen.)

Wir unterstützen selbstverständlich auch die Kandidatur von Frau Dr. Glawischnig, wiewohl wir schon ein bisschen irritiert waren durch ihre medialen Äußerungen. Klubobmann Van der Bellen hat es ja in seiner Laudatio für seine Kandidatin erwähnt: Sie wird sich bemühen, dieses Amt objektiv auszuüben.

Frau Dr. Glawischnig! Niemand wirft seine Gesinnung über Bord, wenn er Präsident des Nationalrates wird. Aber es ist doch eine gute Tradition des Hauses, dass dieses Amt objektiv ausgeübt wird und dass man als Präsident von diesem hohen Amt aus nicht parteipolitisch agiert.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die neuen Verhältnisse haben auch – und das haben die Vorredner schon erwähnt – einen neuen Umgang mit den demo­kratischen Ergebnissen mit sich gebracht. Mehrheiten bedingen in diesem Haus nun entweder, dass die zwei großen Parteien SPÖ und ÖVP zusammenarbeiten, oder eine große Partei arbeitet mit zwei von den drei kleineren zusammen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 27

Was im Jahr 2000 noch zu EU-Sanktionen geführt hat, was zu Demonstrationen auf Österreichs Straßen geführt hat, nämlich die Zusammenarbeit mit einer bis dahin ausgegrenzten Rechtspartei, wird heute von SPÖ und Grünen anders gesehen. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Gemeinsame Beschlüsse einer Rechts-Links-Koalition sind nicht nur möglich, sondern werden wahrscheinlich heute noch geschaffen. SPÖ und Grüne haben inzwischen keine Berührungsängste mit der Strache-FPÖ mehr, auch wenn sie den Wählern vor der Wahl etwas ganz anderes erzählt haben.

Herr Kollege Van der Bellen! Sie und wir alle hier wissen, dass der Eurofighter-Beschaffungsvorgang der  bestuntersuchteste Kauf dieser Republik ist. (Heiterkeit bei den Grünen. – Abg. Öllinger: Das ist schon grammatikalisch falsch und dann noch ...!) Mehrere Rechnungshofprüfungen, sieben Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft, die sich damit auseinander gesetzt hat, Sonderkommissionen, die die Typenentscheidung getroffen haben, mehrere Sondersitzungen hier im Hohen Haus haben diesen Beschaffungsvorgang einhellig unter die Lupe genommen.

Daher glaube ich Ihnen nicht, dass es Ihnen um die Untersuchung dieses Eurofighter-Beschaffungsvorganges geht, sondern es ist, wie wir alle wissen, ein Untersuchungs­ausschuss auch ein politisches Tribunal, wahrscheinlich mit dem Zweck, eine Ab­rechnung mit der kleinen Koalition zu versuchen, und daher auch – wie soll es anders ein? – in einer Dreier-Koalition Links – Strache.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, nur damit das klar ist: Sollte es zu einem Untersuchungsausschuss kommen, wird sich die ÖVP in der Arbeit nicht verweigern. Wir werden selbstverständlich mitarbeiten, aber wir werden auch aufzeigen, was der tatsächliche Hintergrund ist. Während Cap das Wort „Minderheitsregierung“ in den Mund nimmt, nachmittags eine Koalition mit Strache schmiedet, ist mir Ihre Rede eher wie eine Wahlrede vorgekommen. Das muss ich ganz ehrlich sagen. Wir aber wollen arbeiten! (Beifall bei der ÖVP.)

Verfassungsreform, Verwaltungsreform, Bürokratieabbau, Armutsbekämpfung, Sicher­heit für die Bürger, für die sozialen Netze, für den Wirtschaftsstandort, für die Arbeits­plätze – manches schwierig, manches aber konsensual lösbar. (Abg. Broukal: Die Bildung haben Sie vergessen! Bildung!) – Auch die Bildung, Kollege Broukal, auch die Bildung! Wir haben einen Auftrag, für die Zukunft zu arbeiten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren (Präsident Dr. Khol gibt das Glocken­zeichen), lassen Sie mich mit einem Zitat von Walter Scheel schließen:

„Es kann nicht die Aufgabe eines Politikers sein, die öffentliche Meinung abzuklopfen und dann das Populäre zu tun. Aufgabe des Politikers ist es, das Richtige zu tun und es populär zu machen.“

In diesem Sinne bemüht sich die ÖVP, hier im Hohen Haus das Richtige zu tun.

Zum Schluss bedanke ich mich beim Herrn Präsidenten Khol. Er hat dem Parlamen­tarismus wirklich einen großen Schritt weitergeholfen: sowohl was die Arbeit als auch das Image anlangt. Auch uns wird er fehlen! (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

12.22


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr gelangt Frau Abgeordnete Dr. Glawischnig-Piesczek ans Rednerpult. Die Restredezeit ihrer Fraktion beträgt 4 Minuten. – Frau Kollegin, Sie sind am Wort.



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 28

12.22.14

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Rund 90 Jahre ist es her, seit hier in diesem Hause das Frauenwahlrecht diskutiert und beschlossen wurde. Es gab damals auch kritische Stimmen, warnende Stimmen. Es gab Abgeordnete, die davor gewarnt haben, die Frauen in das wüste Treiben der Politik hineinzulassen. – Das haben wir mittlerweile nicht mehr. Wir sind allerdings noch ein gutes Stück davon entfernt, Frauen die volle Gleichstellung, vor allem was die politische Macht in Österreich betrifft, zu geben. Es ist aber sicher ein sehr schönes Signal, dass erstmals in der Geschichte von Erster und Zweiter Republik an der Spitze des Nationalrates eine Frau steht und, sollte auch ich gewählt werden, das Präsidium dieses Hauses mehrheitlich weiblich besetzt ist. Allerdings ist der Frauenanteil im Parlament immer noch etwas, an dem wir parteiübergreifend arbeiten sollten. Ich glaube, es erwartet sich eine große Bevölkerungsgruppe in Österreich diese volle Gleichstellung auch bei der politischen Macht. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Am 1. Oktober hat die österreichische Bevölkerung den österreichischen Nationalrat gewählt, nicht die Regierung, das österreichische Parlament. Die alten Abgeordneten, die wieder in dieses Haus eingezogen sind, und auch die neuen Abgeordneten sind vereidigt worden mit der Gelöbnisformel auf die österreichische Bundesverfassung, die auch die Menschenrechte und die Grundrechte enthält. Es wird sicher auch ein Teil meiner Arbeit sein, die Wahrung der Bundesverfassung, der Grundrechte und der Menschenrechte im Auge zu behalten.

Mein Verständnis von dieser Rolle und dieser Funktion ist selbstverständlich, das Parlament als das Herzstück der österreichischen Demokratie zu verteidigen, zu wahren, aber auch weiter auszubauen. Damit bin ich bei einem Thema, das subkutan alle bisherigen Reden mit dominiert hat, nämlich bei der Frage der Kontrolle. Selbst­verständlich ist Kontrolle auch im Sinne der Kontrollierten. Kontrolle erhöht die Qualität von Entscheidungen. Sie ist etwas, das nicht nur im Sinne der Bevölkerung von­stattengehen sollte, sondern vor allem auch die politischen Entscheidungen zum Positiven beeinflusst. Das ist auf der ganzen Welt so, das ist in Landtagen so, und ich meine, dass ein Untersuchungsausschuss selbstverständlich ein Minderheitenrecht sein und so auch funktionieren sollte. Das ist im Interesse der Kontrollierten – und nicht gegen sie gerichtet! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Ich meine auch, dass beide Kontrollinstanzen, die dieses Haus hat, die das Parlament hat, nämlich der Rechnungshof und auch die Volksanwaltschaft gestärkt und weiter ausgebaut werden sollten. Ich bin der Meinung, der Rechnungshof braucht mehr Prüfungs­kompetenzen und nicht weniger. Ich bin auch der Meinung, dass die Volks­anwaltschaft, die wegen der immer komplexer werdenden Gesetze mit den Bürgern Stunden um Stunden in Kontakt ist, immer mehr Beschwerden zur Kenntnis nehmen muss, als Instrument dieses Hauses aufgewertet werden muss, und ich bin auch der Meinung, dass wir die Initiativen vielleicht auch durch ein Initiativrecht ernst nehmen sollten.

Mehr Kontrolle und nicht weniger ist im Sinne der Effizienz der Demokratie. Das ist, wie ich meine, auch etwas, was die Bevölkerung erwartet, nämlich, dass das Parlament nicht nur, aber selbstverständlich auch die Regierung unterstützt, aber immer auch die Kontrolle im Auge behält. Und das wird auch sehr stark meine Aufgabe sein.

Ein letztes, ein persönliches Wort noch. Es gab die Diskussion in der ÖVP, ob ein Mann oder eine Frau ins Präsidium des Nationalrates entsandt werden sollte. Frau Kol­le­gin Fekter, Sie haben das begründet. Es war eine demokratische Wahl. Ich erlaube mir trotzdem eine Bemerkung dazu, wiewohl wir auch den Kollegen Spindelegger unterstützen werden. Es war die Rede davon, dass „gemischte Sätze“ wie beim Wein auch hier besser wären. Ich wünsche mir diese Sichtweise der „gemischten Sätze“


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 29

allerdings für immer und nicht nur für die Zukunft, sondern auch die Vergangenheit einbeziehend, wenn man bedenkt, dass es bisher insgesamt nur drei Frauen im Präsidium des österreichischen Nationalrats gegeben hat. Ich wünsche mir also, dass „gemischte Sätze“ nicht nur beim Wein in Zukunft eine Selbstverständlichkeit sein werden. – Danke sehr. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

12.26


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rosenkranz. Wunschredezeit: 5 Minuten, aber Sie haben 7 Minuten Restredezeit. – Bitte.


12.26.14

Abgeordnete Barbara Rosenkranz (FPÖ): Herr Bundspräsident! Herr Präsident! Hohes Haus! Es wird heute in dieser Sitzung die Einsetzung von Untersuchungs­ausschüssen beschlossen werden. Ich wundere mich über die Aufregung darüber. Es ist ja nicht zu leugnen, dass der Eurofighter und dessen Beschaffungsvorgang in den letzten Jahren in der Innenpolitik eine massive Diskussion hervorgerufen hat, eine Diskussion, die auch zu keiner endgültigen Klärung geführt hat. (Abg. Dr. Brinek: Oh ja, das ist klar!) Ich denke, dass es im Interesse aller sein muss, dass hier Klarheit herrscht. (Beifall bei FPÖ und SPÖ.)

Was den gemeinsamen Antrag betrifft, Frau Abgeordnete Fekter, bin ich verwundert, dass Sie es diskreditierend finden, dass auf einem Antrag die Freiheitliche Partei steht. Abgesehen davon, dass ich jede Desavouierung meiner Gesinnungsgemeinschaft aufs Schärfste zurückweise, darf ich Sie doch auch daran erinnern, dass Sie es waren, die nicht zu unserem Vorteil zwei Mal, nämlich 1999 und 2002 mit der Freiheitlichen Partei in eine Regierung gegangen sind. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Dr. Fekter: Wir haben uns Sie nicht ausgesucht!)

Wir nicht und natürlich auch nicht unser Obmann Heinz-Christian Strache wünschen einen roten Bundeskanzler. Da kann ja keine Rede davon sein. Strache und auch wir haben ein Wahlergebnis bekommen, so wie jeder Österreicher. Wir analysieren es und nehmen es zur Kenntnis. Wir schließen daraus, dass es wichtig sein wird, dass Sie beide, also die großen Parteien miteinander verhandeln. Wir halten übrigens ein Wahlergebnis nicht für einen demokratischen Betriebsunfall. Ich denke auch, da so viel von Klugheit die Rede war, dass die Österreicher klug sind und einen Vorwand für eine Neuwahl als Vorwand erkennen werden. (Beifall bei der FPÖ.)

Hohes Haus! Wir stehen am Beginn einer neuen Ära. Kritik und ein offenes Wort gehören zum Wesen der Demokratie, und das ist es auch, was uns dazu führt, auch heute hier in dieser Stunde ein offenes Wort zu sagen. In den Wirren um die Abspaltung zum BZÖ mussten wir darauf vertrauen, dass hohe Persönlichkeiten in diesem Land über ihre parteipolitische Bindung hinaus Objektivität und Rechtsstaat wahren. Herr Präsident Khol, diese Hoffnung haben wir in Ihnen nicht erfüllt gesehen. Sie haben einen Vorgang wohlwollend begleitet, den einer Ihrer Vorgänger als „Ver­luderung des Rechtsstaates“ bezeichnet hat.

Herr Präsident Khol, wir wünschen Ihnen: Möge Ihr neuer Lebensabschnitt erfolgreich und glücklich sein! (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist schlechter Stil! – Abg. Strache: Eine gerechtfertigte Reaktion auf eine schlechte Vorgangsweise!)

In dieser ersten Sitzung gilt es aber auch Grundsätzliches zu sagen. Politik kann sich ja nicht in der tagesaktuellen Lösung von Problemen erschöpfen, sondern Politik muss heißen, sein Land in die Zukunft zu führen. Dazu bedarf es natürlich langfristiger Sicht­weisen, strategischer Überlegungen, die aufs Grundsätzliche zielen. Ich darf Ihnen einen unserer Hauptpunkte kurz vortragen, soweit mir noch Zeit dazu bleibt.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 30

Politik fußt auf dem ökonomischen und sozialen Aufbau des Staates, und der ökono­mische und soziale Aufbau des Staates beruht auf der Demographie. Die Demographie ist die Grundlage von allem! Ein Land, das heißt „Land und Leute“. Der Erfolgsweg Österreichs zeigt es ganz besonders deutlich. Österreich ist ein Land in einer nicht bevorzugten Klimazone, wir haben kaum Bodenschätze – es ist die Begabung und der Fleiß dieser Leute, die aus diesem Land das gemacht haben, was es heute ist! (Beifall bei der FPÖ.)

30 Jahre lang hat man die demographische Abwärtsentwicklung nicht zur Kenntnis genommen, man war auf dem demographischen Auge blind. Jetzt besteht übrigens die Gefahr, dass unter Anleitung genau jener, die diese Debatte nicht nur nicht geführt, sondern unterdrückt haben, ein Weg in eine falsche Richtung eingeschlagen wird und weitere wertvolle Jahre vergehen werden.

Herr Präsident Dr. Khol, ich komme hier auf eines Ihrer zu Recht sehr geschätzten, scharfsinnigen Bonmots zurück. Sie haben einmal gesagt, man solle sich nicht vom „eigenen Schmäh infizieren lassen“. – Das ist in dieser Frage ganz besonders wichtig, denn was den extremen Geburtenmangel und die gefährliche Entwicklung vor allem für den Sozialstaat, aber auch für den Staat insgesamt betrifft hat man das bis jetzt ignoriert und scheint jetzt willens zu sein, hier falsche Wege einzuschlagen.

Lassen Sie mich zwei Argumente, die ganz offenkundig nicht zum Ziel führen werden, kurz erwähnen und widerlegen. Das eine ist: Das macht nicht so viel! Wir werden die Produktivität steigern. – Zurzeit ist das Verhältnis zwischen Leistungsempfängern und Beitragszahlern 1 : 3. Schon in Kürze – wenn wir uns erlauben, ein bisschen über den Tag hinaus zu denken –, in weniger als einer Generation wird es 1 : 1 sein. Wollen wir die Produktivität verdreifachen? Kann das irgendjemand ernst nehmen, vor allem auch angesichts des Fehlens von Konsumenten? Man wird keine zusätzlichen Kinderärzte brauchen. Wir werden Lehrer abbauen müssen. Es wird niemand sagen können, dass sich 60-, 70-Jährige zum Bau eines neuen Hauses entschließen werden. Die Öko­nomie hat längst die Demographie nach unten gezogen.

Zweites Argument: Wir werden es durch Einwanderung steuern. – Die Einwanderung, wie wir sie bis jetzt hatten, hat längst bewiesen, dass sie mehr Schaden als Nutzen bewirkt. Aber auch wenn es uns gelänge, Leistungsträger aus anderen Ländern zu importieren: Was wäre das für ein inhumaner Vorgang! Schon jetzt arbeiten mehr Ärzte aus Malawi in Manchester als in Malawi selbst. Das kann es nicht sein!

Wir werden nicht darum herumkommen, Familien endlich gerecht zu behandeln. Und ich sage zum Schluss: Ohne eigene Kinder wird dieses Land keine Zukunft haben! (Beifall bei der FPÖ.)

12.31


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner in dieser Debatte ist Herr Abgeordneter Scheibner. 7 Minuten Wunsch-, 8 Minuten Restredezeit. – Bitte, Sie sind am Wort.


12.32.07

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Manche hier im Hohen Haus haben sich noch nicht daran gewöhnt, dass der Wahl­kampf vorbei ist.

Kollege Cap hat hier einmal mehr von einem offenen Parlament geredet. Der Zuseher weiß aber nicht, was er damit gemeint hat, denn das bedeutet für ihn nicht, dass man sich nur das Gebäude ansieht, sondern dass man auch Kontakt mit den Abgeordneten haben will. Was meinte Kollege Cap damit? Kollege Cap wollte in der Präsidiale eine Genehmigung – die braucht er gar nicht, aber für seinen Chef, Kollegen Gusenbauer –,


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dass Kollege Gusenbauer mit Kollegem Cap und den SPÖ-Abgeordneten am Tag der offenen Tür parteipolitische Agitation betreiben darf.

Herr Kollege Cap, das ist nicht das offene Parlament! Der Wahlkampf ist vorbei! Die Menschen wollen, dass gearbeitet wird, aber nicht schon wieder Ihre Gesichter sehen und Ihre Zettel bekommen. Das haben wir jetzt lange genug erlebt, meine Damen und Herren von der SPÖ. (Beifall beim BZÖ.)

Wenn Sie dann sagen, Sie wollen Minderheitenrechte, Minderheitenrechte wollen Sie gestärkt haben, einen Untersuchungsausschuss – was denn da Schlechtes dran sei. – Gar nichts ist schlecht daran, Herr Kollege Cap, warum haben wir denn nicht schon eine Verfassungsreform, in der wir auch die parlamentarischen Rechte neu geordnet hätten? (Abg. Dr. Cap: Weil Sie es verhindert haben!)

Ich habe es verhindert?! Herr Kollege Cap, Sie bewegen sich noch immer in dieser Wahlkampfagitation, wo Sie nichts sehen, nichts hören und die Vergangenheit egal ist. Herr Kollege, fragen Sie doch einmal Ihren Volksanwalt Kostelka, der der Verhand­lungsführer Ihrer Partei im Verfassungskonvent gewesen ist! Dann werden Sie vielleicht die Antwort darauf bekommen, warum all diese Fragen noch nicht geklärt sind, weil nämlich Sie so wie in anderen Fragen auch mit Ihrer parteipolitischen Brille eine Einigung im Verfassungskonvent verhindert haben, weil Sie gesagt haben: Da darf nichts herauskommen, denn das wäre ein Erfolg für die Regierung!

Wir wollten genau diese Dinge klären – aber Sie haben das verhindert! – Jetzt aber stellen Sie das so dar, als ob Sie der Hüter von Demokratie, Recht und Parlamen­tarismus hier in Österreich wären, Herr Kollege von der SPÖ.

Mut zur Ehrlichkeit ist da immer wieder gefragt. Das ist bei Ihnen – das weiß ich – eine schwierige Angelegenheit, aber man sollte sich, wie gesagt, daran gewöhnen, dass der Wahlkampf vorbei ist.

Kollege Strache, Mut zur Ehrlichkeit auch bei Ihnen. Es ist in Ordnung, dass Sie hier Ihre Rede halten und Ihre Inhalte vorbringen, aber wenn Sie ein bisschen ... (Abg. Strache: Sehr gnädig!) – Na, ich bin sehr gnädig, natürlich. Und wenn Sie auch mit sich selbst ein bisschen gnädig wären, dann würden Sie auch nicht ganz vergessen, dass etwa in der Türkeifrage – das war ja eine richtige Ehre, Sie wissen es, wir zwei waren damals beauftragt, die Türkeilinie festzulegen, wörtlich zu formulieren. Das war auch die Linie der Regierung damals. Wortwörtlich haben wir die Türkeilinie formuliert. Sie haben sich dann allerdings zwei Tage später von Ihrer eigenen Linie wieder verabschiedet. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Strache: Partnerschaft statt Beitritt war die Linie! Wie immer sind Sie dann umgefallen! – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.)

Wenn Sie über die EU-Verfassung diskutieren und sie kritisieren, dann vergessen Sie nicht, dass hinten, leider in der letzten Reihe Herr Abgeordneter Bösch sitzt, der der Verhandlungsrepräsentant für die EU-Verfassung gewesen ist und die Erfolge, die Österreich bei diesen Verhandlungen erzielt hat, hier vom Rednerpult aus auch oft gelobt hat. Also, wenn wir schon ehrlich sind, dann sollte man das auch in alle Richtungen so präsentieren.

Meine Damen und Herren, ja, Sie haben sich gefunden: eine Achse von Rot, Grün und Blau in der Sache Eurofighter. Selbstverständlich fürchten wir uns nicht vor diesem Ausschuss. (Abg. Öllinger: Es schaut aber so aus!) Und selbstverständlich ist es legitim, alles zu untersuchen. Keine Frage, obwohl das auch Ihre Repräsentanten lange anders gesehen haben. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Schau an, schau an! – Abg. Ing. Westenthaler: Wer war das?)


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Der Hintergrund ist aber doch nicht, hier irgendetwas aufzuklären, denn – und ich zitiere wieder Bösch – diese Beschaffung ist die am besten untersuchte Beschaffung überhaupt in der Geschichte der Zweiten Republik: drei Rechnungshofberichte, meh­rere Anzeigen sind zurückgelegt worden, unzählige Dringliche Anfragen – wir werden heute, glaube ich, die 15. oder 20. haben. Es geht hier doch um etwas ganz anderes! Es geht hier darum, dass zwei linke Parteien, Grün und Rot, leider mit Ihrer Hilfe, Herr Kollege Strache, einmal mehr gegen die Grundsätze der Landesverteidigung, gegen den Schutz der Heimat Österreich zu Felde ziehen. Sie machen hier mit. Das ist Ihre Verantwortung, und wir werden das auch entsprechend aufzeigen. (Beifall beim BZÖ.)

Es ist auch entlarvend, dass Kollege Pilz – er sitzt hier jetzt in der Mitte – gesagt hat: Ja, ein BAWAG-Untersuchungsausschuss ist schon wichtig, aber wichtiger sind die Eurofighter. – Also der größte Finanzskandal in der Geschichte der Zweiten Republik, 4 Milliarden € Schaden, 900 Millionen € Staatshaftung durch den Steuerzahler, bei dem es auch klare politische Hintergründe gibt, für den die Anklagen jetzt fertig sind! Das ist Ihrer Ansicht nach alles nicht so wichtig, das aufzuklären. Wichtig ist die parteipolitische Agitation gegen die Sicherheit Österreichs! Das sollte man doch einmal klar auf den Tisch legen.

Meine Damen und Herren von der SPÖ, in einer ersten Sitzung nach einer Wahl würde man sich erwarten, dass man die wichtigen Zukunftsfragen des Landes debattiert, aber das war Ihnen auch nicht wichtig. (Abg. Broukal: Bitte!) – Ja, Herr Kollege! Wir sind leider nicht so stark, das gebe ich ja offen zu, dass wir als Erste Dringliche Anfragen einbringen können. Wir hätten gerne mit Ihnen über die meiner Ansicht nach unsinnige Forderung einer Grundsicherung diskutiert, dass also jemand 800 € pro Monat ohne jede Leistung bekommen soll, während bei anderen nicht einmal das Gehalt so hoch ist. Das hätten wir gerne mit Ihnen diskutiert! Das war jedoch nicht möglich. (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sie wollen auch nicht über die Schaffung von Arbeitsplätzen diskutieren. Sie sind jetzt die Nummer eins. Sie sind die stärkste Fraktion. Sie hätten es in der Hand gehabt, heute hier die Möglichkeit zu schaffen, über Arbeitsplätze zu diskutieren, über die Sicherung der Pensionen, meine Damen und Herren von der SPÖ, von mir aus auch über Ihre Grundsicherung oder über die Steuerentlastung. Was soll eine künftige Regierung machen, um die Steuerlast der Bürger weiter zu senken?

Das wären alles sehr, sehr interessante Themen gewesen. Nein: Sie haben als einziges Thema nur die Luftraumüberwachung. Ich sage Ihnen, für mich ist die Luft­raumüberwachung sehr, sehr wichtig, aber das wichtigste Thema in Österreich ist es für mich nicht am ersten Sitzungstag hier nach einer Nationalratswahl.

Meine Damen und Herren, das werden der Wähler und die Bevölkerung entsprechend zu beurteilen haben. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Wo sind denn da die Prioritäten? – Ja, Sie (in Richtung SPÖ) können jetzt überheblich lachen. Sie haben halt weniger verloren als die ÖVP und deshalb sind Sie jetzt Nummer eins geworden. Gewonnen haben aber auch Sie nicht, meine Damen und Herren von der SPÖ!

Jetzt geht es aber um eine Neuordnung des Präsidiums. Herr Klubobmann Peter Westenthaler hat es schon gesagt: Wir akzeptieren natürlich – und da sieht man auch, wie sich die Umstände ändern; früher haben die Grünen das noch anders gesehen und haben Gegenkandidaturen gemacht – das Nominierungsrecht. Ich sage Ihnen aber, wir unterstützen die weiblichen Kandidaten nicht deshalb, weil sie Frauen sind, sondern deshalb, weil wir davon überzeugt sind, dass sie diese Funktion zumindest genauso gut wie jeder andere männliche Kandidat auch übernehmen können, denn die Leistung sollte sich nicht nach dem Geschlecht bemessen, sondern nach den eigenen Fähigkeiten, meine Damen und Herren, und das trauen wir ihnen zu. Wir hoffen nur, dass dieses Amt,


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genauso wie von der Vorgängern, objektiv, von jeder Parteipolitik unabhängig geführt wird. Es wird eine Verjüngung im Präsidium geben. Das ist sicher­lich nichts Schlechtes, aber trotzdem ist großer Wert auf die Objektivität zu legen.

Ich möchte dem Präsidenten Prinzhorn noch einmal sehr für seine Arbeit danken. Ich habe ihn ja damals,1999, gegen große Widerstände auch hier im Hohen Haus vor­geschlagen. Er hat seine Arbeit sehr gut gemacht. Auch ich wünsche ihm für seinen nächsten Lebensabschnitt außerhalb der Politik alles Gute.

Herr Präsident Khol, wir zwei haben ja maßgeblich dazu beigetragen, dass dieses Land in den letzten Jahren gut regiert werden konnte, nämlich 1999 und 2000, als die beiden Klubobleute die Regierungsverhandlungen geführt haben. Wenn wir uns jetzt die Bilanz der letzten sieben Jahre ansehen und wenn wir das vergleichen mit dem, was möglicherweise hier in diesem linken Bereich regierungsmäßig droht, dann können wir durchaus stolz auf das Geleistete sein. (Beifall bei BZÖ und ÖVP. – Abg. Mag. Johann Maier: Das haben die Österreicher aber anders gesehen!)

12.41


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Debatte ist nunmehr geschlossen. Zu Wort ist nie­mand mehr gemeldet.

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses


Präsident Dr. Andreas Khol: Bevor wir zum Wahlvorgang schreiten, darf ich bekannt geben: Die Abgeordneten Mag. Kogler, Dr. Kräuter, Strache, Kolleginnen und Kollegen haben gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt, einen Untersuchungs­ausschuss betreffend Finanzmarktaufsicht, BAWAG, Hypo Alpe-Adria und weitere Finanzdienstleister einzusetzen.

Die Durchführung einer Debatte hierüber wurde nicht verlangt. Das heißt, es kommt am Nachmittag um 15 Uhr zuerst zur Dringlichen Anfrage, dann zur Debatte über einen Antrag der Sozialdemokraten, dann zur Debatte und Abstimmung über einen Antrag des BZÖ, dann wird dieser Antrag nicht diskutiert, sondern gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung findet die Abstimmung am Ende der Sitzung statt.

*****


Präsident Dr. Andreas Khol: Meine Damen und Herren! Es liegt das Verlangen vor, die Wahlen, die wir nun durchführen, in Wahlzellen abzuhalten. Ich werde daher so vorgehen.

Wahl der Präsidentin/des Präsidenten


Präsident Dr. Andreas Khol: Zunächst wird die Wahl der Präsidentin/des Präsidenten des Nationalrates vorgenommen.

Es liegt ein Wahlvorschlag lautend auf Mag. Barbara Prammer vor. Ich mache aber darauf aufmerksam, dass gemäß § 87 Abs. 3 der Geschäftsordnung auch Stimmen gültig sind, die auf andere wählbare Kandidatinnen oder Kandidaten lauten.

Gemäß § 87 Abs. 7 der Geschäftsordnung ist die Wahl der Präsidentin/des Präsiden­ten geheim, und zwar mit Stimmzetteln durchzuführen.


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Ich unterbreche nunmehr die Sitzung für einige Minuten, damit die entsprechenden Vorkehrungen für die geheime Wahl getroffen werden.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

(Die Sitzung wird um 12.42 Uhr unterbrochen und um 12.49 Uhr wieder aufgenommen.)

*****


Präsident Dr. Andreas Khol: Die Vorbereitungen sind beendet. Ich darf die Damen und Herren bitten, Platz zu nehmen. Da es eine Reihe von neuen Abgeordneten gibt, die die Wahlvorgänge nicht kennen, bitte ich wirklich um Aufmerksamkeit.

Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und bitte den Schriftführer, Herrn Abgeordneten Mag. Kogler, sich bereitzuhalten.

Meine Damen und Herren! Der Stimmzettel, der zu benützen ist, wird samt Kuvert bei Namensaufruf durch den Schriftführer von den hiezu bestimmten Bediensteten der Parlamentsdirektion ausgegeben. Für die Wahl ist ausschließlich dieser amtliche Stimmzettel zu verwenden.

Auf diesen amtlichen Stimmzettel ist in der Wahlzelle der Name der gewünschten Kandidatin/des gewünschten Kandidaten zu schreiben. Eine Kandidatin ist vorge­schlagen, Mag. Barbara Prammer; also diesen Namen aufschreiben oder irgendeinen anderen. Nach dem Ausfüllen des Stimmzettels in der Wahlzelle ist dieser, im Kuvert verschlossen, in die bereitgestellte Urne zu werfen.

Herr Abgeordneter Huainigg hat mich gebeten, dass er von seinem Platz aus wählen kann. Ich bitte den Schriftführer, wenn Herr Abgeordneter Huainigg aufgerufen wird, einen Parlamentsbediensteten zu ihm zu entsenden, der Herrn Abgeordnetem Huainigg das Wahlkuvert bringt. Er füllt es dann aus, der Bedienstete nimmt es entgegen und wirft es in die Urne.

Ich bitte nunmehr die Abgeordneten, bei Namensaufruf durch den Schriftführer Stimm­zettel und Kuvert in Empfang zu nehmen und sich sodann in eine der Wahlzellen zu begeben.

Wo ist der Herr Schriftführer? (Abg. Mag. Kogler: Hier!) – Bitte. Ich würde jetzt fast Van der Bellen zitieren: Spät kommt er, doch er kommt – Graf Isolani. – Bitte, Herr Schriftführer.

12.51.20

Schriftführer Mag. Werner Kogler: Herr Präsident, wenn Sie mir das gestatten: Offensichtlich fällt es auch mir schwer, mich von Ihnen zu trennen, und ich zögere das hinaus. (Allgemeine Heiterkeit.) Es begleiten Sie auch meine Glückwünsche.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführer Mag. Kogler beziehungsweise Dr. Bösch begeben sich die Abgeordneten in die Wahlzellen und werfen sodann die Stimmzettel in die Urne.)

Präsident Dr. Andreas Khol: Gibt es irgendeinen Aufgerufenen, der seinen Stimm­zettel noch abzugeben hat? – Das ist nicht der Fall.

Die Stimmabgabe ist beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr unter Aufsicht der Schriftführer die Stimmenzählung vornehmen.


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Die Sitzung wird zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrochen.

*****

(Die Sitzung wird um 13.30 Uhr unterbrochen und um 13.41 Uhr wieder aufge­nommen.)

*****

Präsident Dr. Andreas Khol: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Darf ich die Damen und Herren bitten, Platz zu nehmen?

Ich gebe nunmehr das Wahlergebnis bekannt:

Abgegebene Stimmen: 182; davon gültig: 166. Die absolute Mehrheit der gültigen Stimmen beträgt 84.

Es entfielen auf Mag. Barbara Prammer 135 Stimmen (allgemeiner Beifall); sonstige: 31; ungültig: 16.

*****

(Die restlichen Stimmen entfielen auf die Abgeordneten: Broukal: 2, Bures: 1, Dr. Cap: 4, Csörgits: 2; Eder Kurt: 1, Mag. Dr. Fekter: 1, Dr. Glawischnig-Piesczek: 1, Dr. Gusenbauer: 1, Hagenhofer: 3, Köfer: 5, Mag. Kuntzl: 6, Rosenkranz: 1, Silhavy: 1, Mag. Wurm: 2.)

*****

Damit ist Frau Mag. Barbara Prammer zur Präsidentin des Nationalrates gewählt.

Ich frage die neu gewählte Präsidentin, ob sie die Wahl annimmt.


Abgeordnete Mag. Barbara Prammer: Herr Präsident, ich nehme die Wahl gerne an. (Neuerlicher allgemeiner Beifall. – Abg. Dr. Gusenbauer gratuliert der neu gewählten Präsidentin und überreicht ihr einen Blumenstrauß mit roten Rosen. Die Abgeordneten Mag. Molterer, Dr. Van der Bellen, Strache, Ing. Westenthaler, Rauch-Kallat, Dr. Spindelegger, Mag. Stoisits und Dr. Glawischnig-Piesczek begeben sich zu Abg. Mag. Prammer und gratulieren dieser.)


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich gratuliere der neu gewählten Präsidentin sehr, sehr herzlich zur Wahl.

Bevor ich die neu gewählte Präsidentin einlade, den Vorsitz zu übernehmen, darf ich zum Abschluss meiner Tätigkeit als Präsident des Nationalrates – wie dies im Hohen Haus üblich ist – einige Worte an Sie richten.

13.43.37 Abschiedsansprache des Präsidenten Dr. Andreas Khol


13.43.38

Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Bundespräsident! Sehr verehrte Damen und Herren! 23 Jahre lang war dieses Haus ein wichtiges Haus meines Lebens. In der Hinterbank dort (auf die hinteren Bankreihen der ÖVP-Fraktion weisend) habe ich angefangen. Dann rückte ich weiter vor, wurde Klubobmann, durfte schließlich Ihr Präsident sein. Ich


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möchte Ihnen allen, die mit mir diese Strecke Weges gegangen sind, sehr, sehr herzlich für Ihre Unterstützung, aber auch für Ihre kritischen Worte danken.

Ich habe vieles mitgestalten dürfen. Ich nenne nur einige Dinge, wo es immer breite Mehrheiten gegeben hat, wo wir gemeinsam gearbeitet haben. Ich möchte mich an dieser Stelle auch bei Peter Kostelka bedanken, der mit mir zusammen Klubobmann war, als wir in einer großen Koalition zusammengearbeitet haben. Wir haben damals eine große Geschäftsordnungsreform mit einem Ausbau der Minderheitenrechte durch­geführt; wir haben die – seither im Wesentlichen bestehende – Bezügepyramide be­schließen können, den EU-Beitritt, die internationale Absicherung der Autonomie Südtirols sowie den Nationalfonds für die Opfer des Nationalsozialismus. – Also alles Werke, die im Parlament selbst beheimatet sind.

Ich möchte mich bei Peter Westenthaler und Herbert Scheibner bedanken. Mit beiden – in einer anderen Regierung – konnten wir auch im breiten Konsens des Hauses die Mitarbeitervorsorge beschließen; wir konnten alle Restitutionsgesetze, vom Versöhnungsfonds bis zum Allgemeinen Entschädigungsfonds, beschließen und haben eine ganze Reihe anderer Gesetze über die Bühne gebracht.

Ich möchte mich bei Ihnen und bei der Präsidialkonferenz bedanken, weil wir gemeinsam im Haus vieles verändert und vieles weitergebracht haben.

Was das „offene Parlament“ betrifft, meine Damen und Herren, so war es die Präsidial­konferenz, die gemeinsam das fortgeführt hat, was unter dem damaligen Parlaments­präsidenten und heutigen Bundespräsidenten Dr. Heinz Fischer begonnen und jetzt dazu geführt hat, dass wir bei einem Tag der offenen Tür mehr als 20 000 Menschen hier im Hause begrüßen durften und dass sich die jährliche Besucherzahl mehr als verdoppelt hat.

Ich freue mich auch, dass es gelungen ist, den Konflikt um das Palais Epstein beizulegen und im Einvernehmen mit allen, die daran Interesse hatten, dieses wun­derbare Bauwerk der Öffentlichkeit und Ihnen, meine Damen und Herren, als Arbeits­stätte zur Verfügung zu stellen.

Eine große Revolution – und da bin ich vor allem den Bediensteten des Hauses dankbar – war das papierlose Parlament. Viele von Ihnen werden sich noch erinnern an die schweren Koffer, die man links und rechts tragen musste. Wir haben alles durch den Laptop ersetzt und dadurch 7 Millionen € in einem einzigen Jahr eingespart. Und ich denke, dass es der Qualität der Arbeit nicht geschadet, sondern diese eher ver­bessert hat.

Wir haben gemeinsam eine Geschäftsordnungsänderung beschlossen, durch die wir die Mitwirkung des Parlaments bei der europäischen Gesetzgebung verstärkt haben, wir haben eine Subsidiaritätskontrolle in Verhandlungen mit dem Europäischen Par­lament erreicht, und wir haben auch die regionale Partnerschaft der Parlamente Mitteleuropas gemeinsam gestalten können.

Ich möchte der Präsidiale sehr, sehr herzlich danken, vor allem Wilhelm Molterer, Josef Cap, Herbert Scheibner und Alexander Van der Bellen.

Mit Frau Mag. Barbara Prammer und Herrn Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn haben wir in der Präsidialkonferenz ein sehr gutes Klima des Konsenses erzielen können. Davon wissen auch die Stellvertreter zu berichten, die auch immer wieder dabei waren.

Eine einzige Entscheidung erfolgte nicht im Konsens, war aber unvermeidlich – es war die Sitzplatzfrage. (Ironische Heiterkeit der Abgeordneten Dr. Gusenbauer und Dr. Cap.) – Ja, das ist eine wichtige Frage, aber es war unvermeidlich.


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Ich danke Josef Cap, Wilhelm Molterer, Herbert Scheibner und Alexander Van der Bellen auch für die liebenswürdigen Worte. – „Reibebaum“ empfinde ich auch als liebenswürdig, Herr Kollege Van der Bellen. Wir Tiroler halten das schon aus! – Ich danke auch Peter Westenthaler für die liebenswürdigen Worte.

Was natürlich nicht alle wissen, ist, dass so eine Konferenz, die ein so schwieriges Haus leitet, nur dann funktionieren kann, wenn es so großartige Klubdirektoren gibt, wie wir sie haben, die das im Einzelnen vorbereiten und dieses Haus in einem gutem Geist und in einer guten Stimmung gestalten. Ich möchte den Klubdirektoren besonders für ihre Arbeit danken.

Ich wünsche der neu gewählten Präsidentin eine ebensolche Präsidialkonferenz, wie ich sie haben durfte. Eine Fraktion kommt dazu – das hatten wir schon: fünf Frak­tionen; das managt man schon.

Ich wünsche Ihnen, liebe Frau Mag. Prammer, viel Glück und viel Erfolg für Ihre Tätigkeit! Ich bin überzeugt, auch Ihnen wird es gelingen, in diesem Haus diese Stimmung der Zusammenarbeit, die sich auch in den vielen einstimmig beschlossenen Gesetzen niederschlägt, einzurichten. – Alles Gute!

Ich habe eine Hoffnung, meine Damen und Herren, und ich darf sie aussprechen: Ich hoffe, dass uns das Parlament als zentraler Ort des politischen Diskurses erhalten bleibt. Das hängt intrinsisch mit dem Wahlrecht zusammen. Ich bin ein überzeugter Anhän­ger des derzeitigen Proporzwahlrechtes, weil kleine Gruppen sonst nicht die Möglichkeit haben, ins Parlament zu kommen, und dann der Diskurs so wie in anderen Ländern auf die Straße verlegt wird. Herein müssen sie, hier muss die Diskussion sein! – Ich hoffe, dass das auch so bleibt.

Ich hoffe auch weiterhin, dass dieses Parlament zentraler Ort der österreichischen und für Österreich maßgebenden Ge­setzgebung bleibt. Es gibt die Herausforderung Brüssel, die Herausforderung des Europäischen Parlaments, die Herausforderung der Regierungsgesetzgebung Euro­päische Räte; dieser gilt es zu begegnen. Wir haben die Schienen für eine Mitwirkung des österreichischen National- und Bundesrates an dieser Gesetzgebung gelegt. Allein, mir fahren noch zu wenige Züge auf diesen Geleisen! Es ist das eine äußerst mühevolle Arbeit, eine lästige „Zuspeise“ zu allem anderen, aber ich bin davon über­zeugt, dass das österreichische Parlament seine Bedeutung nur dann erhalten kann, wenn hier die Züge fahren und wenn die Mitwirkung bei der europäischen Gesetz­gebung, die jetzt das Subsidiaritätsverfahren ermöglicht, genützt wird.

Eine weitere Hoffnung – und dann noch eine Bitte zum Schluss –: Ich hoffe, dass sich die Erkenntnis der Herausforderung, der wir alle begegnen müssen, nämlich unsere Arbeit hier fernsehgerecht zu gestalten, noch eine breitere Bresche schlägt als bisher.

Eine Bitte habe ich zum Schluss: Meine Damen und Herren, Sie wissen, es war mir zusammen mit meinen Tiroler Landsleuten in allen Parteien ein Anliegen, dass wir uns besonders für Südtirol engagieren. Wir haben einen eigenen Südtirol-Unterausschuss über viele Gesetzgebungsperioden gestaltet. Ich hatte die Auszeichnung, auch noch als Präsident, Vorsitzender dieses Ausschusses zu sein, und ich bitte Sie alle, dass wir diesen Unterausschuss auch in dieser Gesetzgebungsperiode weiterführen und dass wir das Versprechen, das wir – zumindest drei der damaligen vier Parteien – politisch abgegeben haben, dass wir die Schutzrolle Österreichs für Südtirol in der Verfassung verankern, auch honorieren.

Den neu gewählten Abgeordneten möchte ich sagen: Es ist eine wunderschöne Auf­gabe, hier Abgeordneter zu sein, viel Mühe, viel Fleiß. Es ist Dienst am Menschen, und es ist Dienst an der Republik. Und ich möchte Ihnen zurufen, wie es in Schillers Ode „An die Freude“ heißt: „Laufet, Brüder, eure Bahn, freudig, wie ein Held zum Siegen!“ – Das


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ist nicht ganz geschlechtergerecht, aber man kann sich auch die Schwestern da­zu­denken. (Heiterkeit bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Dr. Gusenbauer.)

Ich möchte dem Herrn Bundeskanzler danken: Inhaltlich möchte ich nichts sagen – da weiß jeder, wie ich stehe –, aber ich habe in meiner langen Zeit als Parlamentarier keinen Bundeskanzler erlebt, der praktisch bei jeder Plenarsitzung hier im Haus war und der immer wieder zur Verfügung stand, wenn er gerufen wurde.

Und ich möchte dem Herrn Bundespräsidenten danken – ich hoffe, es schickt sich dies, aber, Herr Präsident Dr. Fischer, wir haben in allen Phasen der verschiedenen Rollen, in denen wir uns gegenübergestanden sind, vertrauensvoll und erfolgreich zusammengearbeitet, und ich möchte Ihnen sagen, dass seit Ihrer Wahl zum Bundespräsidenten vieles über den Volksgarten hinüber leichter gegangen ist. Und dafür möchte ich Ihnen danken.

Ich danke allen MitarbeiterInnen dieses Hohen Hauses. Sie sind außerordentlich, sie leisten sehr viel.

Lassen Sie mich schließen: Es lebe die Republik Österreich! Es lebe unsere schöne Heimat! – Leben Sie wohl. (Lang anhaltender Beifall bei ÖVP, SPÖ, Grünen und BZÖ und Beifall bei Abgeordneten der FPÖ.)

Ich bitte die neu gewählte Präsidentin, den Vorsitz zu übernehmen. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz. – Der scheidende Präsident Dr. Andreas Khol verlässt das Präsidium, verabschiedet sich mit einem Handschlag bei den Abgeord­neten Dr. Schüssel, Mag. Molterer, Dr. Spindelegger, Dr. Gusenbauer, Dr. Cap, Dr. Van der Bellen, Strache, Ing. Westenthaler und Scheibner und verlässt den Sitzungssaal.)

13.55

13.55.19Antrittsansprache der Präsidentin


13.55.20

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Hoch verehrter Herr Bundespräsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich habe die Wahl mit großer Freude und großer Dankbarkeit angenommen. Es ist mir die große Verantwortung bewusst, die ich mit dieser Funktion übernommen habe, und ich möchte mich bei Ihnen sehr, sehr herzlich für Ihr Vertrauen bedanken, das Sie in mich gesetzt haben, und Ihnen eine objektive Präsidentin sein.

Lassen Sie mich zunächst in meinem eigenen Namen und in Ihrem Namen meinem Vorgänger sehr, sehr herzlich danken. Dr. Andreas Khol – er hat es gerade erwähnt – war 23 Jahre lang Mitglied dieses Hauses, in den verschiedensten Funktionen: als Abgeordneter, als Klubobmann, als Dritter Präsident und schließlich, die letzten vier Jahre, als Präsident des Nationalrates.

Sehr geehrter Herr Dr. Khol, ich bedanke mich bei Ihnen für Ihr Bemühen um eine konsensuale Atmosphäre in der Präsidialkonferenz. Ich konnte das zwei Jahre lang miterleben. Als Präsident war es Ihnen stets wichtig, im Interesse des Parlamen­tarismus zu gemeinsamen Lösungen zu kommen.

Ich bedanke mich bei Ihnen für die Zusammenarbeit im Nationalfonds und im Ent­schädigungsfonds – auch das haben Sie in Ihrer Abschiedsrede besonders betont. Es war eine Arbeit, die uns beiden ein großes Herzensanliegen war.

Und nicht zuletzt bedanke ich mich bei Ihnen für den großen Vertrauensbeweis, den Sie mir gleich zu Beginn meiner Amtszeit als Zweiter Präsidentin des Nationalrates


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entgegengebracht haben, nämlich mit der Übertragung der Aufgabe der Vorbereitungs­arbeiten für den Umbau dieses Sitzungssaales.

Ich glaube sagen zu können, wir haben in den letzten Jahren eine ausgezeichnete, konstruktive Arbeitsbasis gefunden – über alle weltanschaulichen Grenzen hinweg konstruktiv und lösungsorientiert –, und ich danke Ihnen dafür und wünsche Ihnen persönlich alles Gute! (Allgemeiner Beifall.)

Ich danke auch dem Dritten Präsidenten des Nationalrates der vergangenen Gesetz­gebungsperiode, Herrn Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, sehr herzlich für die sachliche Zusammenarbeit. Er kann leider heute nicht hier sein, aber unser Dank gilt natürlich auch ihm.

Es sind heute viele ehemalige Abgeordnete hier im Haus, und es ist mir ein großes Bedürfnis, mich bei ihnen allen sehr, sehr herzlich für die geleistete Arbeit im Dienste Österreichs zu bedanken. Meine Damen und Herren Abgeordneten, ich sehe unter Ihnen viele bekannte Gesichter, aber auch viele neue Abgeordnete. Ihnen allen wün­sche ich viel Erfolg für diese spannende und verantwortungsvolle Arbeit im Dienste der österreichischen Bevölkerung.

Wir alle hier sind Abgeordnete, sind Politikerinnen, sind Politiker mit unseren festen Weltanschauungen und Überzeugungen. Dafür setzen wir uns ein, dafür streiten wir, darüber diskutieren wir – manches Mal sehr, sehr engagiert, gerade hier in diesem Sitzungssaal. Und weil das so ist, erwarten Sie zu Recht eine objektive, alle Parteien gleich behandelnde Präsidentin. Das beginnt in der konstruktiven Arbeit in der neuen Präsidiale, setzt sich fort in der Leitung dieses Hauses und wird schließlich in der objektiven Vorsitzführung während des Plenums sichtbar. Als Präsidentin ist es mir wichtig, mit allen Parteien – egal, ob in Regierungsverantwortung oder in Opposition – eine gute Arbeitsbasis aufzubauen.

Sehr geehrte Damen und Herren, auch darüber ist heute hier schon einiges gesagt worden: Schon gegen Ende der vergangenen Gesetzgebungsperiode gab es vermehrt Diskussionen über mögliche Änderungen, Verbesserungen in der Geschäftsordnung. Es wäre schön, wenn es uns gelingen könnte, die intensive Arbeit von Ihnen allen sichtbarer zu machen, denn wir alle wissen: Die Arbeit der Abgeordneten ist bei weitem mehr als die Anzahl der Reden, die hier im Haus gehalten werden.

Die Bevölkerung muss nachvollziehen können, was die Aufgaben der Abgeordneten sind, nämlich einerseits, wir wissen das natürlich, die Beratung und die Beschluss­fassung von Gesetzen – je transparenter und je bürgerInnennäher das geschieht, umso stärker steigt das Vertrauen der Bevölkerung in unsere Arbeit –, und anderer­seits hat der Nationalrat die wichtige Aufgabe der parlamentarischen Kontrolle über die Vollziehung dieser Gesetze.

Wir sind gefordert, die Instrumente der parlamentarischen Kontrolle im Sinne der Bevölkerung ständig auszubauen und zu verbessern. Wir sollten auch keine Scheu davor haben, im Sinne einer effektiven Kontrolle Minderheitsrechte zu stärken.

Schließlich treten wir als Nationalrat auch direkt mit den Bürgerinnen und Bürgern in Kontakt, zum Beispiel über Petitionen, Bürgerinitiativen, Volksbegehren, und auch hierbei gilt es, ständig über Verbesserungen nachzudenken und Verbesserungen anzu­denken. Ich werde mir daher erlauben, in Fortsetzung der parlamentarischen Gepflogenheiten alle Fraktionen einzuladen, in nähere Gespräche darüber einzutreten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Es ist ganz besonders wichtig, über die tagespolitischen Themen hinaus in einem gesellschaftspolitischen, wissenschaftlichen und kulturellen Diskurs und für diesen Diskurs das Parlament zu öffnen und in das


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Parlament einzuladen. Ich werde daher den erfolgreichen Weg meiner Vorgänger fort­setzen und die Öffnung des Hauses auch weiterhin ganz besonders forcieren.

Österreich ist ein föderaler Staat, und daher ist für mich eine gute Kooperation mit dem Bundesrat selbstverständlich. Es ist mir ein Anliegen, das heute hier in meiner Antrittsrede auch ausdrücklich gesagt zu haben.

Die Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit zwischen den Parlamenten hat in den vergangenen Jahren enorm zugenommen, und dazu bekenne ich mich in tiefer Überzeugung. Ich habe die Erfahrung gemacht, wie wichtig es ist, dass alle Abgeordneten die Möglichkeit haben, mit Abgeordneten anderer Parlamente in Kontakt zu treten. Wir haben dazu das Instrument der parlamentarischen Freundschafts­gruppen. Um die Arbeit dort zu erleichtern, werde ich mir erlauben und beabsichtige ich, den Klubs dafür ein neues Konzept vorzulegen.

Die Europapolitik ist mittlerweile integraler Bestandteil auch und gerade im Nationalrat. Das österreichische Parlament ist in die Umsetzung des europäischen Rechts einge­bunden, nicht nur – auch das wissen alle – durch die Umsetzung von europäischen Richtlinien, sondern auch durch die rechtzeitige Information über die Vorhaben der Gemeinschaft im Vorfeld, um die Debatten entsprechend darüber führen zu können.

Zur breiteren Information der Öffentlichkeit – der Herr ehemalige Präsident Dr. Khol hat auch davon gesprochen – sieht die Geschäftsordnung des Nationalrates seit der ver­gangenen Gesetzgebungsperiode eigene Plenarsitzungen zur Erörterung von EU-Themen vor. Ich bin der Überzeugung, wir sind uns ziemlich handelseins, dass wir auch da eine Fortentwicklung brauchen und sehr rasch auch darüber nachdenken müssen, wie wir dieses Instrument zur Weckung des Interesses der Bevölkerung steigern können.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! 1919 wurden zum ersten Mal Frauen in das österreichische Parlament gewählt – damals waren es einige wenige, nämlich acht Frauen. Damals gab es auch sehr wenige Frauen in der Parlamentsdirektion, fast ausschließlich Männer waren dort beschäftigt. Heute, 87 Jahre später, gibt es bedeutend mehr weibliche Abgeordnete – lassen Sie mich aber den Einschub machen: Es wäre gut, wenn auch in Zukunft wieder der Anteil der Frauen im Parlament steigen würde und nicht sinken. Von den 380 Bediensteten des Hauses sind 202 Frauen. Diese positive Entwicklung lässt die Notwendigkeit erkennen, auch auf die geänderten Arbeits- und Lebensbedingungen der Abgeordneten wie auch der Bediensteten des Hauses Rücksicht zu nehmen, und das werde ich auch tun.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir stehen am Beginn eines großen Bauvorhabens, nämlich des Umbaus des Nationalratssitzungssaals. Dieser entspricht mehr als 50 Jahre nach seiner Erbauung nicht mehr den Anforderungen des modernen Sit­zungsbetriebs.

Dr. Khol hat schon vom Tag der Offenen Tür gesprochen. Im Rahmen dieser Veran­staltung haben wir es erlebt, dass sich gerade die Besucherinnen und Besucher, die Bevölkerung ein Bild machen konnte und dass sie unsere Überzeugung teilt, dass in diesem Saal Verbesserungen notwendig sind.

Es wurde bereits in der vergangenen Gesetzgebungsperiode in der Präsidiale konsensual mit allen Fraktionen die Entscheidung getroffen, im Rahmen einer Generalsanierung hier bessere Arbeitsbedingungen für die Abgeordneten zu erreichen. Wir wollen einerseits moderne Arbeitsbedingungen für die Abgeordneten schaffen und andererseits – das ist mir ein ganz besonderes Anliegen – für alle Menschen, für die Abgeordneten genauso wie für die Besucherinnen und Besucher, ein Parlament, einen Sitzungssaal, der barrierefrei zugänglich und benutzbar ist.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 41

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauses! Unsere Arbeit, unser aller Arbeit wäre nicht machbar, gäbe es Sie nicht, die Bediens­teten der Parlamentsdirektion, die vielen engagierten, hoch motivierten Mitarbeiterin­nen und Mitarbeiter. Ich danke Ihnen sehr herzlich für Ihre Arbeit und freue mich schon sehr auf eine gute und konstruktive Zusammenarbeit.

Mein Dank gilt auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der parlamentarischen Klubs; auch ich möchte ganz besonders die Klubdirektoren erwähnen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Unter den Besucherinnen und Besuchern der heutigen konstituierenden Sitzung befinden sich auch viele Angehörige von uns Abgeordneten, ihnen gilt abschließend mein Gruß. Im Namen von uns allen bedanke ich mich bei Ihnen für Ihre Unterstützung und für Ihr Verständnis für unsere zeit­intensive Arbeit.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich wünsche Ihnen und uns allen eine konstruktive und erfolgreiche Zusammenarbeit im Dienste der österreichischen Bevölkerung! (Allge­meiner Beifall.)

14.07

14.07.43 Wahl der Zweiten Präsidentin/des Zweiten Präsidenten


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich setze nun in der Tagesordnung fort. Wir gelangen zur Wahl der Zweiten Präsidentin/des Zweiten Präsidenten.

Ich werde die Sitzung kurz unterbrechen, damit die Wahlzellen wieder aufgestellt werden können.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

(Die Sitzung wird um 14.08 Uhr unterbrochen und um 14.10 Uhr wieder aufge­nommen.)

*****


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Es liegt ein Wahlvorschlag lautend auf Dr. Michael Spindelegger vor.

Gemäß § 87 Abs. 7 der Geschäftsordnung ist auch diese Wahl mit Stimmzetteln durchzuführen.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß § 87 Abs. 3 der Geschäftsordnung auch Stimmen gültig sind, die auf andere wählbare Kandidatinnen oder Kandidaten entfallen.

Der Wahlvorgang ist der gleiche wie vorher.

Ich bitte nun den Schriftführer, Herrn Abgeordneten Mag. Werner Kogler, mit dem Namensaufruf zu beginnen; Herr Abgeordneter Jakob Auer wird ihn später hiebei ablösen.

(Über Namensaufruf durch die Schriftführer Mag. Kogler und Jakob Auer begeben sich die Abgeordneten in die Wahlzellen und werfen sodann die Stimmzettel in die Urne.)



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 42

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Meine Damen und Herren, die Stimmabgabe ist beendet.

Ich frage Sie: Hat jemand von seinem/ihrem Stimmrecht noch nicht Gebrauch gemacht? – Das ist nicht der Fall.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden nunmehr – gleich wie vor­hin – die Stimmenzählung vornehmen, und die Sitzung wird zu diesem Zweck für einige Minuten unterbrochen.

*****

(Die Sitzung wird um 14.47 Uhr unterbrochen und um 14.57 Uhr wieder aufge­nommen.)

*****


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich bitte Sie, wieder Platz zu nehmen, und nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Ich gebe das Wahlergebnis bekannt.

Abgegebene Stimmen: 182; davon gültig: 171; ungültig: 11. Die absolute Mehrheit der gültigen Stimmen beträgt somit 86. Auf Herrn Abgeordneten Dr. Spindelegger entfielen 113 Stimmen. (Allgemeiner Beifall.)

*****

(Die restlichen Stimmen entfielen auf die Abgeordneten: Mag. Dr. Fekter: 56, Jakob Auer: 1, Mag. Dr. Brader: 1.)

*****

Damit ist Herr Dr. Michael Spindelegger zum Zweiten Präsidenten des National­rates gewählt.

Ich frage Sie, Herr Dr. Spindelegger, ob Sie die Wahl annehmen.


14.57.18

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger: Ich bedanke mich für das Vertrauen und nehme die Wahl sehr gerne an. (Allgemeiner Beifall.)


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gratuliere Ihnen zur Wahl und freue mich auf eine gute Zusammenarbeit.

Ich unterbreche nunmehr die Verhandlungen über Punkt 2 der Tagesordnung, damit die verlangte Behandlung einer Dringlichen Anfrage gemäß der Geschäftsordnung stattfinden kann.

14.59.50Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Josef Cap, Kolleginnen und Kollegen an den Bundes­minister für Landesverteidigung betreffend Ausstieg aus dem Eurofightervertrag (1/J)


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 1/J.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 43

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Gesamtwortlaut:

Eine gültige Entschließung des Bundesrates (E-218-BR/2006) vom 20. September 2006 fordert den sofortigen Stopp der Beschaffung von Eurofighter Kampfflugzeugen und Offenlegung der Verträge.

Die vorangegangenen Erhebungen des Bundesrates im Zeitraum April bis September 2006 brachten folgendes Ergebnis:

Die Zweifel an der Korrektheit und Sachgemäßheit des Beschaffungsvorganges des Eurofighter sind keinesfalls entkräftet; vielmehr hat sich diese Frage auf die klar zum Ausdruck gekommene Einflussnahme des Bundesministers für Finanzen im Zeitraum zwischen 25. Juni 2002 und 2. Juli 2002 zugespitzt. Die enorme Belastung des Gesamtbudgets der Republik Österreich und des Budgets des Bundesministeriums für Landesverteidigung, dem in zunehmenden Ausmaß Mittel für die Erfüllung anderer vorrangiger Beschaffungen und für die Aufrechterhaltung eines umfassenden Dienst­betriebes fehlen, wurde klar unterstrichen. Es wurde aufgezeigt, dass der zwar unbestätigte, aber offenkundig den Tatsachen entsprechende veröffentlichte Teil des Vertragswerkes zwischen der Republik Österreich und der Eurofighter Jagdflugzeug GmbH/EADS eine bedenkliche Benachteiligung des Vertragspartners Republik Österreich mit sich bringt und vermuten lässt,  dass in den unveröffentlichten kommerziellen Teilen weitere den Interessen der Republik zuwiderlaufende Vertrags­klauseln enthalten sind.

Der Österreichische Rechnungshof hat in seinem Wahrnehmungsbericht hinsichtlich der Luftraumüberwachungsflugzeuge (Kaufverträge, Finanzierung, Gegengeschäfts­vertrag) festgestellt, dass

die Luftraumüberwachung für die nächsten 30 Jahre nur eingeschränkt möglich ist;

neben den Finanzierungskosten von 2,167 Milliarden Euro weitere 463 Mio Euro für Nebenbeschaffungskosten erforderlich sind;

die offiziell veranschlagten jährlichen Betriebskosten von 50 Mio Euro nicht realistisch und darin nicht alle Kostenbestandteile enthalten sind;

enorme Mängel bei der Vertragsgestaltung vorhanden sind, darunter auch ein so genannter „Einredeverzicht", der bei Leistungsmängeln keine Einstellung der Raten­zahlung ermöglicht;

die Anzahl der militärischen Anforderungen, wie etwa Ziele in der Nacht erkennen zu können oder Selbstschutz-Systeme, jährliche Flugstunden, Pilotenausrüstungen und Betriebsstandorte, erheblich reduziert wurde und Träger für Aufklärungseinrichtungen sowie Zusatztanks im Gegensatz zur Angebotseinholung im Kaufvertrag nicht mehr vorgesehen waren.

Nicht zuletzt angesichts der wesentlichen Abänderungen im kommerziellen Bereich erachtet der Rechnungshof die Vorgangsweise des BMLV als mit hohem Risiko behaftet.

Ebenso wiesen die Erkenntnisse des Rechnungshofes hinsichtlich des Vergabe­verfahrens zur Beschaffung von 24 Kampfflugzeugen erhebliche Mängel nach:

Musskriterien wurden in Sollkriterien ohne nachvollziehbare Begründung umgewandelt;

neue Entscheidungskriterien wurden ohne nachvollziehbare Dokumentation in das bereits laufende Vergabeverfahren einbezogen;


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 44

die Kostendarstellung im Zuge des Ministerratsvortrages zur Typenentscheidung wurde unrichtig wiedergegeben;

Akten hinsichtlich eines anders lautenden Ministerratsvortrages, die einen anderen Bieter begünstigten, waren im Zuge der Rechnungshofprüfung nicht auffindbar;

die Beurteilung der Gegengeschäfte  erschien als nicht nachvollziehbar, ebenso eine entsprechende Kommunikation zwischen dem BMLV und dem BMWA;

es erfolgte keine Überprüfung der tatsächlichen Leistungsfähigkeit des angebotenen Kampfflugzeuges des Typs Eurofighter.

Aus der Rechnungshofkritik ergibt sich klar, dass die Regierung trotz Kenntnis eines wesentlich höheren Preises am 2. Juli 2002 und am 1. Juli 2003 Ministerrats­entscheidungen auf Basis von falschen bzw. geschönten Preiskalkulationen herbei­geführt hat. Ebenso haben sich die Ankündigungen von Bundeskanzler Schüssel hinsichtlich der Finanzierung der Abfangjäger über eine Wirtschaftsplattform als nicht haltbar herausgestellt.

Eine große Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher steht der Euro­fighter­beschaffung höchst skeptisch gegenüber, bezweifelt die Sinnhaftigkeit dieser teuren Anschaffung und erwartet von der neuen Bundesregierung einen kosten­günstigen Ausstieg aus diesem Vertragsverhältnis. Die bekannt gewordenen Teile der Vertrags­konstruktion lassen den Schluss zu, dass ein Rücktritt der Republik von diesem Vertrag durch die Vertragskonstruktion möglichst erschwert wurde. Grundsätzliche kaufmännische Überlegungen wurden seitens der Republik außer Acht gelassen - die Vorteile des Verkäufers überwiegen.

Aus diesem Grund stellen die unterzeichneten Abgeordneten an den Bundesminister für Landesverteidigung folgende

Anfrage:

1. Durch welche Person bzw. durch welche Personengruppe wurde seitens der Republik Österreich der Eurofighterkaufvertrag vereinbart und formuliert, geordnet nach Namen und Dienststelle bzw. Unternehmen?

2. Welche Möglichkeiten der Vertragsauflösung wurden mit der Eurofighter Jagdflugzeug GmbH vertraglich vereinbart und welche Kosten ziehen diese vertraglich vereinbarten, einseitigen Auflösungsmöglichkeiten nach sich?

3. Ist es richtig, dass mit Stichtag 1. November 2006, also übermorgen, bei Vertrags­ausstieg 45 Prozent des Gesamtkaufpreises durch die Republik an den Verkäufer zu bezahlen sind und wenn ja, durch welche Person bzw. welches Personengremium wurde diese Vertragsbestimmung mit dem Verkäufer verhandelt und vereinbart?

4. Ist es richtig, dass die Republik nicht Eigentümer der Software des angekauften Waffensystems wird und aus diesem Grund ein Weiterverkauf der Kampfflugzeuge nahezu unmöglich ist und wenn ja, von welcher Person bzw. von welchem Personen­gremium wurde diese Vertragsbestimmung mit dem Verkäufer verhandelt und vereinbart?

5. Ist es richtig, dass bedingt durch einen vertraglich vereinbarten Einredeverzicht die Republik unabhängig von der mangelfreien Leistung von 18 Kampfflugzeugen zur Ratenzahlung verpflichtet ist und diese Ratenzahlung um zusätzliche Zinskosten von 230.000 Euro bis 2007 aufgeschoben wurde und wenn ja, von welcher Person bzw. von welchem Personengremium wurde diese Vertragsbestimmung mit dem Verkäufer verhandelt und vereinbart?


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 45

6. Wurden durch Sie bzw. Ihr Ressort Ausstiegsmöglichkeiten aus dem Eurofighter­kaufvertrag aufgrund der zahlreichen Vorfälle seit Vertragsabschluss geprüft und wenn ja, was waren die Ergebnisse dieser Prüfung?

7. Wurden durch Sie bzw. Ihr Ressort Ausstiegsmöglichkeiten aus dem Kaufvertrag mit dem Verkäufer bzw. Subauftragnehmern des Verkäufers erörtert und wenn ja, was waren die Ergebnisse dieser Besprechungen?

8. Welche Personen hatten im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses exakte Kenntnis über den Inhalt des Vertrages?

9. Waren sämtliche Regierungsmitglieder im Zeitpunkt des Ministerratsbeschlusses über die Vertragsinhalte hinsichtlich eines Ausstieges durch die Republik Österreich und den daraus resultierenden Kosten informiert und wenn nein, warum nicht?

In formeller Hinsicht wird verlangt, diese Anfrage im Sinne des § 93 Abs. 2 GOG dringlich zu behandeln.

*****


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Dr. Cap als erstem Fragesteller zur Begründung der Anfrage, die gemäß § 93 Abs. 5 der Ge­schäftsordnung 20 Minuten nicht überschreiten darf, das Wort.


15.00.31

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe mir angesehen, wie viele Dringliche Anträge, Dringliche Anfragen und Anträge auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses es zur Causa Eurofighter in den letzten Jahren gegeben hat. Das Ergebnis ist Folgendes: Es hat 7 Dringliche Anfragen, 3 Dringliche Anträge und 20 Anträge auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gegeben. Das ist also ein Gegenstand, der sehr wohl immer wieder der parlamen­tarischen Behandlung unterlag und bei dem die Regierungsmehrheit immer wieder verhindert hat, dass es zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses kommt. Zwanzig Mal ist eine beachtliche Zahl – und dazu noch die vielen Dringlichen, die es gegeben hat!

Ich möchte hier etwas zitieren, weil wir wieder versammelt sind und dieses Thema heute abermals zu behandeln haben, nämlich aus dem „WirtschaftsBlatt“ vom 18. Mai dieses Jahres. Das ist ein Leitartikel von Herbert Geyer, der den Titel hat: „Eurofighter: Ein klarer Fall von ,selber schuld‘“.

Herbert Geyer sagt, dass die Regierung wirklich selbst schuld daran ist, dass dieses Thema vier Jahre nach der Typenentscheidung immer wieder Gegenstand von öffent­lichen Debatten und einer parlamentarischen Behandlung ist. (Abg. Kopf: Das ist nicht unsere Schuld!) Wenn man nämlich den Eurofighter-Kaufvertrag drei Jahre lang geheim hält, wenn sich sogar ein Verfassungsexperte dahin gehend äußert und wenn es sogar eine Entscheidung darüber gibt, dass der kaufmännische Teil jederzeit der Öffentlichkeit bekannt gemacht hätte werden können, dann hat man schon berech­tigterweise die Frage zu stellen, warum es jahrelang gedauert hat, bis Sie endlich einmal überhaupt dazu bereit waren – und das nur einem Abgeordneten, zugegeben, dem Klubobmann der SPÖ –, diesen Vertrag zu übergeben. Warum haben Sie ihn nicht den anderen Klubobmännern auch übergeben? Warum eigentlich nicht auch den anderen Abgeordneten dieses Hauses? Warum hat man diesen Vertrag nicht schon längst dem Parlament übergeben, damit er hier durchgearbeitet werden kann? – Diese Fragen müssen Sie beantworten.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 46

Sie haben nach einem Wahlergebnis, das nicht ganz so ausgefallen ist, wie Sie es sich vorgestellt haben, das plötzlich – ich nehme an, auch nicht alle Teile dieses Ver­trages – einem Abgeordneten übergeben.

Dieser Journalist schreibt in dem Leitartikel, wie gesagt, schuld sei eigentlich die Re­gie­rung selbst, dass dieses Thema immer wieder behandelt wird. In der Folge sagt er:

„Tatsächlich ist an der Eurofighter-Bestellung aber so ziemlich alles unklar, beginnend mit der Frage, warum ein unausgereiftes Modell gewählt wurde, das noch dazu mit Abstand das teuerste war, über die angeblich 200-prozentige Kompensation durch Gegengeschäfte bis hin zur Geheimniskrämerei um Liefer- und Zahlungskonditionen.“

Ich könnte die Verlesung dieses Leitartikels fortsetzen – immerhin steht das im „Wirt­schaftsBlatt“, also nicht in irgendeinem Revolverblatt, sondern im „WirtschaftsBlatt“, in dem dann alle interessiert lesen und sich informieren lassen möchten, und zwar nicht nur über den Kauf der Eurofighter, sondern auch über allfällige Gegengeschäfte und darüber, wer in der Wirtschaft möglicherweise von diesem Geschäft profitiert oder nicht.

Das heißt, hier wurde klar zugeordnet. Das Ganze ist keine Erfindung einer ruhelosen Opposition, sondern es ist deswegen permanent Gegenstand, weil die Regierung selbst die Schuld dafür trägt, dass dieses Thema immer wieder Gegenstand der Behandlung hier im Hohen Haus geworden ist.

Damit ich jetzt einmal variiere, denn ich habe dazu auch schon einige Male ge­sprochen ... (Abg. Scheibner: Ja! – Abg. Ing. Westenthaler: Immer dasselbe!) – Das ist für Ihre Lebensqualität, Herr Abgeordneter Scheibner. Sie sollen doch etwas davon haben, Sie sollen es spannend finden. Sie als ehemaliger Verteidigungsminister wer­den diese Causa, glaube ich, noch spannend finden; aber man wird sehen, ob dem so ist.

Ich habe mir angesehen, was dieses Flugzeug alles kann. Man kann sich diese Informationen aus dem Internet holen; ich bin da kein Geheimnisträger und werde nachher auch nicht hochnotpeinlich dazu befragt werden. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Dass Sie kein Geheimnisträger sind, wissen wir!)

Der Eurofighter hat eine für Out-of-area-Einsätze notwendige Logistik. – Meine These ist übrigens: Das ist alles andere als ein Abfangjäger. Finanzminister Grasser hat damals selbst von einem „Kriegsgerät“ gesprochen. (Abg. Scheibner: Das ist nichts Neues!) Es war der Regierung sehr peinlich, dass er solch offene Worte gefunden hat, aber er hat sie gefunden, weil es ja gestimmt hat.

Das heißt, das Ganze ist weit mehr, es ist ein Flugzeug für Kriegseinsätze, für frieden­schaffende Maßnahmen außerhalb des Landes. Kurz und gut: Das ist alles andere als das, was Sie uns und der österreichischen Bevölkerung die ganze Zeit zu erklären versuchen, nämlich es gehe um den Schutz der Neutralität, um die Luftraumüber­wachung. Mit solch einem Gerät? – Also bitte!

Wenn ich hier kurz zitieren darf: eine weit reichende Sensorik zur Erfassung, Identifi­zierung, Verfolgung und Bekämpfung von Luftzielen; ein Feuerleitsystem zur Mehrfach­zielbekämpfung; eine Mischbewaffnung von leistungsfähigen Luft-Luft-Lenkflugkörpern kurzer und mittlerer Reichweite sowie Bordkanone; ein bedrohungsgerechtes und anpassungsfähiges Selbstschutzsystem zur Steigerung der Einsatzwirksamkeit, der Durchsetzung, der Überlebensfähigkeit; die Möglichkeit zu einer flexiblen, hohen Waffenzuladung und funktionell angepassten Waffenstationen. (Abg. Scheibner: Ist das schlecht?) – Für Sie habe ich auch etwas.

Eurofighter hat das ganze Spektrum auch um Kurzstreckenraketen Marke Sidewinder, ASRAAM, Iris-T und Mittelstreckenraketen erweitert. In Planung ist unter anderem –


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 47

hochinteressant! – Folgendes: Die METEOR-Rakete soll gegnerische Flugzeuge in rund 100 Kilometer Entfernung bekämpfen können und ab 2012 verfügbar sein. (Abg. Ing. Westenthaler: Ist das eine Filibuster-Rede?)

Soll das wirklich kommen? Bekommen sie eine METEOR-Rakete auch, wenn sie wirklich aufkreuzen sollten? (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler.) – Nein, nur aus dem Internet über den Eurofighter – so, wie es ist. Das ist einfach nur ein Tatsachenbericht.

Wir wollen uns das einmal anschauen. Die Typenentscheidung ist das Entscheidende. Man muss herausfinden, warum die Typenentscheidung Eurofighter gefällt wurde. Warum nicht zum Beispiel der weitaus kleiner dimensionierte Gripen oder die F-16, wenn ich mich richtig entsinne? (Abg. Murauer macht eine Handbewegung.) – Machen Sie nicht ständig so mit der Hand (der Redner macht die Handbewegung des Abg. Murauer nach), sonst verkrampfen Sie sich noch!

Es geht ausschließlich darum, warum diese Typenentscheidung gefällt wurde. (Zwi­schenruf des Abg. Rädler.) – Aber auch nicht alles.

Fragen Sie den Rechnungshofpräsidenten, der gesagt hat: Alles haben wir nicht geprüft. Das ist einer der Gründe dafür, warum es so notwendig ist, dass es diesen Untersuchungsausschuss gibt – der Antrag dafür ist zu Ihrer Freude nachher zu behandeln.

Hier steht noch etwas: Die Taurus-Rakete – das sind interessante Namen für Raketen – hat eine Baulänge von 5,1 Metern, ein beachtliches Gewicht und die Reich­weite beträgt 350 Kilometer.

Das wird schön langsam seltsam, wenn man dann mit diesem Flugzeug aufsteigt. Noch einmal – um in Ihrer Diktion zu bleiben –: Das ist eine Art Fotoflugzeug, das aufsteigt und kurz ein Foto macht. Mir hat ein Experte gesagt, dass das nur geht, wenn der Pilot einen Fotoapparat mithat und aus dem Cockpit hinausfotografiert. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Sind Sie der Herr Hartlauer?) Ich weiß nicht, ob das stimmt, aber der Herr Verteidigungsminister wird mir sicher sagen, ob das so ist, und wenn ja, welchen Fotoapparat er dann braucht.

Nur zur Beschreibung dessen, was das Anforderungsprofil ist und warum es letztlich zu dieser seltsamen Typenentscheidung gekommen ist, habe ich mir jetzt erlaubt, all das aufzuzählen, weil dies doch genau beschreibt, dass das eigentlich ein Flugzeug ist, das mehr leisten können soll, als Sie hier der österreichischen Bevölkerung mit dieser Aufgabenbeschreibung zu erklären versuchen. Und das ist, so finde ich, natürlich nicht korrekt.

Warum sagen Sie nicht: Ja, wir haben uns für die Type Eurofighter entschieden, denn wir möchten gerne einmal an einem Out-of-area-Einsatz teilnehmen, wenn es irgendwo auf der Welt darum geht, Frieden zu schaffen!? – Das wäre ehrlich gewesen. Da hätte jeder gesagt: Super, die Regierung möchte ganz gerne mit 10, 12, 16 Flugzeugen bei einem Kontingent dabei sein. Ich weiß nicht wo, irgendwo, wo Sie meinen, teilnehmen zu müssen, sollen oder vielleicht erst können, denn dafür muss es auch erst einen Beschluss geben, so wie dies bei uns rechtlich geordnet ist. Dazu sind Sie aber auch bereit.

Jetzt komme ich zur Kostenseite. Wir haben immer auch die Kosten kritisiert. Diesbezüglich waren Sie am Anfang auch nicht Manns genug, gleich zu sagen, was die wahren Kosten sind. Damals haben Sie – die „Presse“ hat das, soweit ich mich erinnern kann, aufgezeigt – zuerst Zahlen verwendet, die dann von der „Presse“ widerlegt wurden. Das war nur das pure, nackte Flugzeug – gerade dass es noch Flügerl und einen Motor hatte! Sie haben jedoch genau gewusst, dass da noch mehr dazukommt.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 48

Sie haben auch noch nicht die Frage beantwortet, wie das mit Tranche 1 und Tranche 2 ist. Wenn man Tranche 1 und nicht Tranche 2 bekommt, Tranche 1 dann auf Tranche 2 aufrüsten will: Wie hoch sind dann die Zusatzkosten? – All das sind Dinge, die wirklich interessant wären. (Abg. Scheibner: Ohrstöpsel raus!)

Herr Verteidigungsminister Scheibner (Abg. Scheibner: Danke!): Warum dieser kom­plizierte Weg? Warum haben Sie diese Leiden auf sich genommen? – Es wäre doch einfacher gewesen, wenn Sie – nach Ihrer Diktion – gesagt hätten: Was braucht Österreich? – Ein redimensioniertes Profil, nämlich redimensioniert im Verhältnis zu dem, was der Eurofighter jetzt ist. Das hätten Sie vor der Öffentlichkeit vertreten können.

Das, was mich stört, ist, dass Sie hier etwas vorgegeben haben, was nicht stimmt, sowohl von der Aufgabenbeschreibung als auch letztlich von den Kosten her. Und die Kosten sind, wenn man sich das anschaut, beachtlich. Die sind beachtlich! (Abg. Dr. Mitterlehner: Das ist die alte Rede von ...!) Das möchte ich schon feststellen, denn 2,1 Milliarden € ... (Ruf bei der ÖVP: ... BAWAG!) – Ja, aber da sage ich dir etwas, Stichwort „BAWAG“.

Warum die BAWAG das zwischenfinanzieren musste, ist mir schleierhaft. Warum musste das sein? Das ist die Hausbank der Republik, in diesem Fall war es die P.S.K. Warum musste das sein? Meines Wissens sind doch damit Mehrkosten verbunden, oder geschah das zum Nulltarif? Das glaube ich doch nie und nimmer!

Es hat also eine Zwischenfinanzierung stattgefunden. Sie werden selbst wissen, wie hoch die Mehrkosten sind. Das sind natürlich Steuergelder. Hängt das damit zusam­men, dass man politisch sagen wollte, erst ab 1. Jänner 2007? – Das wird der Grund dafür gewesen sein: ab 1. Jänner 2007. Bis dorthin wird es von der P.S.K., der Hausbank, zwischenfinanziert, dann zahlt man die Raten zurück, sowohl für den Eurofighter als auch an die P.S.K., die die Zwischenfinanzierung vorgenommen hat.

Was kostet solch eine Zwischenfinanzierung eigentlich? Sind das 20 Millionen €, 30 Millionen €? Sagen Sie mir das bitte! Ich bin in solchen Dingen nicht so firm. Ich würde gerne wissen: Was kostet das? Warum hat man diesen teuren Weg gewählt? Das alles ist ein einziger sehr teurer Weg.

Selbst der zuständige Generalmajor Wolf hat auf die Kritik, was eigentlich eine Flugstunde kostet, reagiert. Erinnern Sie sich noch? Es hat vor ein paar Wochen sogar eine öffentliche Debatte gegeben, im Zuge derer wir festgestellt haben, wie der Kostenvergleich für eine Flugstunde zwischen dem Eurofighter, der F-16, dem Gripen und so weiter aussieht.

Beim Gripen: ein Bruchteil! 30 000 € kostet eine Flugstunde des Eurofighters. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Finden Sie das spannend? Eine Flugstunde: 30 000 €! Warum hat man sich das bei der Typenentscheidung nicht überlegt? Bevor man sich für einen bestimmten Typ entscheidet, muss man einmal durchrechnen, wie hoch die Betriebskosten sind!

Bei allen vertrauensbildenden Maßnahmen, die wir gerade aufzubauen versuchen, ist diese Frage nahe liegend. Sie sagen immer, die Wirtschaftskompetenz liege bei der ÖVP. Die ÖVP behauptet immer, sie sei eine sehr wirtschaftskompetente Partei. (Zwischenruf des Abg. Grillitsch.) Ich möchte das jetzt nicht in Frage stellen, aber ich möchte es in einen Zusammenhang mit folgender Frage bringen: Wenn Sie, Herr Grillitsch, einen Traktor kaufen, dann denken Sie doch darüber nach, wie hoch die Betriebskosten sind. Oder gehen Sie ins Lagerhaus und sagen einfach: Einen Traktor, Hauptsache, er hat große Räder, macht tuck, tuck, tuck und fährt!? (Heiterkeit bei der SPÖ.) Das glaube ich nicht. Ich vertraue Ihnen. Sie gehen hin, lassen sich ver­schiedene ... (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Lassen Sie die Bauern aus dem Spiel! Das ist


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ungeheuerlich!) – Herr Grillitsch sitzt gerade hier und hat einen Zwischenruf gemacht. Aber ich kann mit Ihnen das Gleiche machen. Angenommen Sie kaufen einen Traktor (Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen), auch Sie werden nicht sagen: Hauptsache, er hat große Räder und macht tuck, tuck, tuck! Sie werden sagen: Es gibt dieses und jenes Traktormodell, was kosten sie in der Erhaltung? „Instandhaltung“ ist der Fachbegriff. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Der Fritz braucht keinen Traktor, ich brauche einen!)

Sie werden auch noch schauen, dass der Traktor vier Räder hat, denn sonst ist das eine blöde Geschichte, das sage ich Ihnen. (Heiterkeit.) Die Furchenziehung bei einem Traktor mit drei Rädern schaue ich mir an. Da können Sie rückwärts fahren und das kleine Rad zieht die Furchen, sofern es zwei große Räder gibt. (Abg. Hornek: Er hat von nichts eine Ahnung!) – Ich muss das ja übersetzen. (Ruf: Unglaublich!) – Nicht „unglaublich“ sagen!

Es ist wichtig, sich über die Frage der Instandhaltung und der Betriebskosten Gedan­ken zu machen. (Abg. Mag. Molterer: Es ist zum Schämen! Das ist beschämend!)

Meine Kritik ist, dass man sich offensichtlich keine Gedanken gemacht hat. Wenn ich die Hochrechnung mache, allein von den Flugstunden her – ich rede jetzt gar nicht davon, was die Flugfelder, die Ausbildung der Piloten, die Schulung, die Zusatzkosten betrifft, wenn man weiter aufrüstet –, wenn ich all das addiere, so habe ich über einen längeren Zeitraum gigantisch höhere Kosten der Instandhaltung, als dies vergleichs­weise bei anderen Typen der Fall gewesen wäre.

Herr Verteidigungsminister Scheibner, Sie haben doch anscheinend eine Phase mit­erlebt – ich habe da irgendwo ein Zitat von Ihnen gefunden, das etwa lautet: Es hat mehrere Entwürfe für verschiedene Projekte gegeben, aber nur eine Entscheidung. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ein peinlicher Versuch, über die Zeit zu kommen!)

Mich würde in diesem Zusammenhang interessieren: Wurden da auch die Betriebs­kosten verglichen? Hat es auch eine Abschätzung der Instandhaltungskosten gege­ben? (Abg. Scheibner: Falsch gelesen!) – Das ist nicht wurscht, sondern wichtig. (Abg. Scheibner: Falsch gelesen!) – Nein. Wenn Sie das alles auf sich nehmen und sagen: Ich bin zu solch einem gigantischen Kaufpreis bereit, ich bin bereit, dass ich letztlich auch diese Instandhaltungskosten, diese Kosten für eine Flugstunde in Kauf nehme, nur unter dem Titel „Abfangjäger“, „Fotoflugzeug“ und nicht unter dem Titel „das kann mehr“ – das kann auch Out-of-area-Einsätze leisten –, dann frage ich mich: Warum? Warum das alles?

Die Dringliche Anfrage, die wir heute stellen, beinhaltet schon wichtige Fragen, wie dieser Entscheidungsprozess im Endeffekt gelaufen ist. Wer war aller in diesen Entscheidungsprozess einbezogen? Wer hat sich wie geäußert und warum? Das sind Dinge, die wichtig sind! (Abg. Dr. Fekter: Haben Sie den Rechnungshofbericht nicht gelesen? Haben Sie geschlafen?)

Liebe Kollegin Fekter! Das ist die Aufgabe des Parlaments hier. Schauen Sie, es gibt das Instrument der Dringlichen Anfrage. Sie müssen mir nicht zuhören, Sie können inzwischen draußen spazieren gehen, aber es ist die Aufgabe des Parlaments, das hier zu behandeln und zu diskutieren. Es ist nicht das erste Mal, dass wir uns hier über die Abfangjäger unterhalten. (Abg. Dr. Fekter: Eben drum!)

Kollege Lichal war heute sogar hier. Ich habe ihn heute auf der Galerie gesehen, als er gewunken hat. Er hatte früher einiges zu berichten, wie schon einmal, als über die Abfangjäger in der eigenen steirischen ÖVP diskutiert wurde. Damals gab es einen Misstrauensantrag gegen ihn. (Abg. Dr. Mitterlehner: Was ist neu an dem, was Sie sagen?)


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Tun Sie nicht so, als wäre Ihre Geschichte eine lineare, quasi ab der Geburt nur für Super-Abfangjäger, und würde den ÖVP-Abgeordneten auszeichnen! Es ist nicht so! Da hat es immer kontroverse Diskussionen gegeben. Es ist auch berechtigt, beim Einsatz von Steuergeldern darüber hier sehr gewissenhaft, sehr präzise, sehr genau diese Diskussionen zu führen.

Wissen Sie, wogegen ich mich so wehre? – Es wird versucht, das Ganze zu tabuisie­ren. Ich habe mir etwas sehr genau angehört, ich möchte das auch gerne hier und jetzt sagen: Ich glaube, in der „Pressestunde“ hat der von mir sehr geschätzte ehemalige Präsident des Nationalrates begonnen, ein wenig darüber zu philosophieren, wie das wirklich mit Untersuchungsausschüssen ist.

Kollegin Fekter hat das eigentlich mit ihrer Aussage auch getan, als sie gesagt hat, das sei doch ein politisches Tribunal. (Abg. Dr. Fekter: O ja!) – Nein, nicht, wenn man sich vernünftig zusammensetzt und verantwortungsvoll agiert, und nur das kann ja das Ziel sein.

Ich habe folgende Sorge: Nur weil Ihnen das Thema nicht passt, wollen Sie plötzlich eine Grundsatzdebatte darüber einbringen, ob wir Untersuchungsausschüsse über­haupt noch brauchen. Das ist nicht in Ordnung! Das ist eine demokratische Grundsatzfrage. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten lassen mit demo­kratischen Grundsatzfragen, die auch das Parlament betreffen, nicht handeln! Daher wollen wir eine Ausweitung dieses Rechts auf die Minderheit hier im Haus haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Dazu kommt noch – weil hinter mir auf der Regierungsbank schon Unruhe herrscht – das Argument der Gegengeschäfte. Zu diesen Gegengeschäften gibt es übrigens sehr unterschiedliche Wortmeldungen von Industriellen und Wirtschaftstreibenden, die das alles bezweifeln – von der Größenordnung, von der Wirksamkeit her, von dem her, ob das wirklich Gegengeschäfte sind. (Abg. Hornek: Fragen Sie den Androsch!)

Sie werden die Namen selbst kennen. Sie lesen genauso wie ich die Wirtschaftsseiten der Zeitungen oder das „WirtschaftsBlatt“. (Abg. Freund: FACC Ried!) Es gibt kritische Anmerkungen. Das soll man zur Kenntnis nehmen, denn wir wollen hier nicht Propaganda und Agitation, sondern wir wollen Sachlichkeit und Information. Das ist unser Ziel, das wir in diesem Zusammenhang erreichen wollen. (Abg. Dr. Fekter: Seit wann?)

Wir bemühen uns, das auch in diesem Zusammenhang zu leisten auch bei dieser Dringlichen Anfrage, die, wie ich glaube, sehr wichtig ist, da das der Beginn und der erste Schritt zur Abklärung ist: Unter welchen Bedingungen wurde überhaupt die Typenentscheidung getroffen? Wie geht der Beschaffungsvorgang letztlich weiter und vor sich? Welch sonstige Verträge gibt es da noch? Und so weiter.

All das sind Dinge, die zu klären sind, und zwar heute durch die Fragen dieser Dringlichen Anfrage und demnächst, so hoffe ich, in einem Untersuchungsausschuss, um dieses Thema auch – in unser aller Interesse – zu entmystifizieren und letztlich auch zu einem Ergebnis zu kommen.

Die Bevölkerung – die Mehrheit der Bevölkerung – möchte, dass das untersucht wird, denn es ist ihr Geld, das da verwendet wurde. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Ich meine daher, dass es notwendig ist, verantwortungsvoll damit umzugehen. Wir sind dazu bereit und laden Sie alle hier noch einmal ein, bei dieser Aufklärungsarbeit mitzuwirken. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. Abg. Grillitsch: Sie haben keine Verantwortung!)

15.21



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 51

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Beantwortung der Anfrage hat sich der Herr Bundesminister für Landesverteidigung zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minu­ten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Minister.


15.21.17

Bundesminister für Landesverteidigung Günther Platter: Sehr geehrte Frau Prä­sidentin! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen auf der Regie­rungsbank! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Cap, bevor ich Ihre Fragen beantworte, möchte ich zuerst einmal eine allgemeine Erklärung zur Beschaffung dieser Luftraumüberwachungsflugzeuge abgeben.

Zum Ersten sei über die Notwendigkeit der Luftraumüberwachung Folgendes gesagt:

Wer Ja zur Neutralität sagt, sagt Ja zur Souveränität unserer Republik Österreich, sagt Ja zur Wahrung der Lufthoheit, und das geht letztlich nur mit Luftraum­überwachungs­flugzeugen. (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

Wer Ja zur Bewerbung von Olympischen Winterspielen sagt, wie das bei Salzburg der Fall war, sagt auch Ja zur Luftraumüberwachung, denn ich selbst musste für die Bewerbung unterschreiben, dass die Luftraumüberwachung und -sicherung bei den Olympischen Winterspielen garantiert wird. (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

Darüber hinaus, meine Damen und Herren: Wer Ja zur Sicherheit in der Republik Österreich sagt, sagt auch Ja zur Sicherheit am Boden und in der Luft. Ein neutraler Staat kann es sich niemals leisten, dass andere für ihn diese Luftraumüberwachung durchführen. Da müsste man vielleicht der NATO beitreten. – Das wollen wir aber alle nicht, und das würde auch sehr viel Geld kosten. (Abg. Scheibner: Der Cap schon! Abg. Dr. Fekter: Der Cap will schon zur NATO!)

Deshalb gibt es also keine Alternative. Es müssen österreichische Piloten mit öster­reichischen Flugzeugen unseren österreichischen Luftraum überwachen. (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

Wenn ich mir diese gesamten Diskussionen anschaue, dann möchte ich dazu schon Folgendes sagen: Es ist absolut nicht das Hobby des Verteidigungsministers, des Bundeskanzlers, der Bundesregierung und auch nicht des österreichischen Bundes­heeres, den Luftraum zu überwachen, sondern das ist unsere Verpflichtung! – Das muss wirklich in aller Deutlichkeit gesagt werden. (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

Prominente Verfassungsrechtler und Völkerrechtler haben dazu eine Stellungnahme abgegeben. Ich erwähne Universitätsprofessor Dr. Heinz Mayer, der am 9. August 2002 in einem APA-Interview Folgendes anmerkte: „Ein neutraler Staat muss seinen Luftraum überwachen können.“

Weiters sagt Dr. Mayer: „Ein Neutraler muss nach seinen Möglichkeiten und besten Kräften seine Verpflichtungen erfüllen.“

Und weiters: „Ein wohlhabender neutraler Staat muss einen Teil seines Wohlstandes für die effektive Landesverteidigung opfern.“ – So Heinz Mayer.

Dr. Manfred Rotter, Völkerrechtsprofessor, hat – ebenfalls am 9. August 2002 – gesagt: „Wir brauchen fliegendes Gerät.“

Und auch der frühere Präsident des Verfassungsgerichtshofes, Dr. Ludwig Adamovich, hat Folgendes gesagt: „Die Formulierung, die Neutralität sei mit ‚allen zu Gebote stehenden Mitteln‘ zu verteidigen, schließt eine wirksame Luftraumüberwachung mit ein.“ Und weiter: „Jene, die den Ankauf mit dem Neutralitätsgesetz begründen, tun das nicht zu Unrecht“.


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Ich erwähne hier also nicht die Bundesregierung, sondern bedeutende Persön­lichkeiten im Bereich des Verfassungsrechtes und Völkerrechtes.

Meine Damen und Herren! Das haben auch bisher alle Bundeskanzler so gesehen, denn bei der Drakenbeschaffung waren, so denke ich, Bundeskanzler Sinowatz und Finanzminister Vranitzky zuständig. Sie waren es, die letztlich diese Draken­beschaf­fung durchgeführt haben.

Es war der Beschluss beziehungsweise die Information von Bundeskanzler Klima, dass in der nächsten Legislaturperiode eine Nachbeschaffung der Draken erfolgen muss. – Das waren alles Bundeskanzler der SPÖ!

Meine Damen und Herren! Man muss diese Frage – ich meine das wirklich sehr ehrlich! – ernsthaft diskutieren, aber ohne einen Zweifel daran zu lassen, dass eine Luftraumüberwachung in Österreich dringend notwendig ist. (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

Ich möchte nun ganz kurz auf den Zeitablauf eingehen.

Wie bereits erwähnt, ist schon damals unter Klima die Beschlussfassung herbeigeführt worden, dass in der nächsten Legislaturperiode die Drakennachfolge geregelt werden muss.

Im Oktober 2001 wurde die Angebotseinholung in jenem Verfahren durchgeführt, das sich im österreichischen Bundesheer bewährt hat: eine freihändige Vergabe im Wett­bewerb.

Man könnte auch ohne Wettbewerb freihändig vergeben: Das lässt sowohl das EU-Recht als auch das österreichische Recht zu. Man hat diesen Weg aber nicht gewählt, sondern den eines freihändigen Vergabeverfahrens im Wettbewerb.

Am 24. Juni war dann das Ergebnis der 33-köpfigen Bewertungskommission da. Es waren da Experten am Werk, die schließlich die Empfehlung gegeben haben, dass Eurofighter Bestbieter ist und dass Eurofighter bestellt werden sollen. Die damalige Bundesregierung ist am 2. Juli dann diesen Empfehlungen der Expertenkommission gefolgt, und es wurden letztlich Eurofighter bestellt.

Am 24. Juli wurden die Vertragsverhandlungen zwischen dem BMLV und der Firma Eurofighter GmbH begonnen. Im August 2002 gab es die Hochwasserkatastrophe und die Reduzierung auf 18 mit Option auf weitere 6 Eurofighter. Im September 2002 lag ein Vertragsentwurf vor. Dann wurde die Bundesregierung aufgelöst.

Der neuen Bundesregierung habe dann schon ich angehört, und ich habe mich ganz genau abgesichert, dass es zu keinem Bietersturz kommt, wenn eine Reduktion von 24 auf 18 Eurofighter durchgeführt wird.

Ich habe zwei Verfassungsexperten eingeladen, um hundertprozentig abzusichern, dass es zu keinem Bietersturz kommt, und sie haben das bestätigt. (Abg. Mag. Kogler: Diese Aussage ist falsch!) – Gut, man kann da immer wieder Argumente vorbringen. Sie können 100 Argumente bringen, wenn Sie das nicht hören wollen, aber es ist trotzdem so, dass diese zwei Verfassungsrechtler in einem Gutachten schwarz auf weiß geäußert haben, dass es keinen Bietersturz gegeben hat. (Beifall bei ÖVP und BZÖ. Abg. Mag. Kogler: Aber nicht zu diesem ...!)

Am 1. Juli 2003 gab es im Ministerrat die Beschlussfassung und die Ermächtigung an den Verteidigungsminister, die Vertragsunterfertigung durchzuführen. Am 22. August 2003 ist dieser Vertrag rechtskräftig geworden.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 53

Meine Damen und Herren, es gibt keinen Beschaffungsvorgang, der so ausführlich diskutiert und eingehend geprüft wurde.

Es gab in der letzten und in der vorletzten Legislaturperiode 14 Dringliche Anfragen, 19 Anträge auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, 31 schriftliche Anfragen zur Eurofighterbeschaffung und zu den Gegengeschäften im Nationalrat und weitere fünf Dringliche Anfragen im Bundesrat. – Es ist dabei nichts herausgekommen.

Man hat zusätzlich sieben Strafanzeigen gemacht. – Alle Strafanzeigen wurden zu­rückgelegt.

Darüber hinaus hat es drei Prüfungen des Rechnungshofes gegeben. Die erste Prüfung betraf die Vorbereitung der Nachfolgebeschaffung. Herbert Scheibner hat von sich aus angeregt, dass diese Überprüfung durchgeführt wird.

Die zweite Prüfung betraf die Typenentscheidung.

Der dritte Bericht behandelte Kaufvertrag, Finanzierung und Gegengeschäfte.

Nehmen Sie doch zur Kenntnis: Der Rechnungshof hat bestätigt, dass Eurofighter zutreffend Bestbieter war. Der Rechnungshof hat in seinem Bericht festgestellt, dass es keine Manipulation und keine Geschenkannahme gegeben hat. (Beifall bei ÖVP und BZÖ. Abg. Mag. Kogler: Weil er das gar nicht prüfen darf! Das liegt nicht in der Kompetenz des Rechnungshofes!)

Wir haben das in acht Rechnungshofausschüssen ausführlich erläutert, diskutiert und besprochen: Es gibt keinen Beschaffungsvorgang, der so ausreichend diskutiert und geprüft wurde wie diese Eurofighterbeschaffung.

Geschätzte Damen und Herren, nun zum Produkt Eurofighter. Das europäische Produkt Eurofighter zählt zu den besten der Welt. Herr Abgeordneter Cap! Glauben Sie, dass Saab Gripen nicht bewaffnet ist? Glauben Sie, dass man mit Saab Gripen keine effiziente Luftraumüberwachung oder auch Kriegseinsätze durchführen könnte? – Selbstverständlich, sonst hätte Saab Gripen im Wettbewerb null Chance! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das hat er im Internet nachgeschaut! Abg. Ing. Westen­thaler: Da hat er die Homepage nicht gefunden!) Das ist ja absurd, was da immer wieder diskutiert und behauptet wird. Es stimmt einfach nicht!

General Jumper von den Luftstreitkräften Amerikas, der diesen Jet geflogen ist, hat – wie ich schon einmal erwähnt habe – Folgendes zum Eurofighter gesagt: Er ist viele Jets der Welt geflogen, und keiner war besser als dieser.

Das ist eine Auszeichnung für ein europäisches Produkt. Seien wir doch stolz darauf, dass wir in Europa in der Lage sind, im Wettbewerb mit Amerika ganz stark zu sein! Es geht da um Arbeitsplätze und um Hochtechnologie. (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

Herr Abgeordneter Cap, zu Tranche I und Tranche II: Ich habe immer wieder erklärt, dass das keinen Cent kostet. Trotzdem wird aber hier immer wieder Gegenteiliges behauptet. Wir können auf der Regierungsbank erklären und beweisen, was wir wollen, es wird immer wieder das wiederholt, was man gerne hören möchte. – Die Aufrüstung auf Tranche II kostet keinen Heller!

Der derzeitige Auftragsbestand der Eurofighter GmbH ist so, dass 638 Flugzeuge ge­liefert werden: an die Betreibernationen Deutschland, Italien, Spanien und Groß­britannien 620 und an uns 18. Saudi Arabien hat ebenfalls 72 bestellt.

Österreich war der erste Exportkunde, und das war ja eigentlich der Grund, warum die Eurofighter GmbH bei uns so billig angeboten hat. Es war auch der Grund dafür, dass


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zwischen dem Konkurrenzprodukt und den Eurofightern ein ganz minimaler Unter­schied bestand, was das finanzielle Angebot betroffen hat.

Wer also glaubt, dass es wesentlich billiger gewesen wäre, wenn man das Konkur­renzprodukt gekauft hätte, der irrt. Das war ein ganz knapper Unterschied. Das Konkurrenzprodukt war gegenüber dem Angebot der Eurofighter GmbH etwas billiger. Die wollten in den Export hineinkommen und haben ein günstiges Angebot gelegt. Darüber hinaus ist aber die Leistungsfähigkeit des Eurofighter so viel besser, dass auch der Rechnungshof zu Recht bestätigt hat, dass Eurofighter Bestbieter war.

Nochmals zu dem europäischen Produkt: Es gibt außer dem Eurofighter kein Luftraum­überwachungsflugzeug, das ein europäisches Produkt ist. Alle anderen Luftraum­überwachungsflugzeuge sind keine rein europäischen Produkte. Auch das Konkurrenz­produkt wird zu über 50 Prozent in Amerika hergestellt.

Bei allem Respekt bin ich doch der Meinung, dass wir bei einem rein europäischen Projekt mit dabei sein sollen. Es ist doch wichtig, dass diese Abhängigkeit zu anderen Kontinenten nicht so gegeben ist, dass wir diese europäische Rüstungsgemeinschaft nicht nur diskutieren, sondern letztlich auch leben.

Darüber hinaus bin ich froh darüber, dass wir eine gute Zusammenarbeit pflegen können. Deutschland und Italien haben Eurofighter. Wir bilden die Techniker und die Piloten in Deutschland aus. – Das ist eine gute Kooperation und eine gute Zusammen­arbeit.

Zu den Gegengeschäften sei auch erwähnt: Das wurde ausgezeichnet ausverhandelt! 240 Prozent vom Nettopreis bekommen wir an Gegengeschäften. – Das sind 4 Milliar­den €. Knapp 1 Milliarde € wurde bereits realisiert, und Geschäfte über 2,7 Milliarden € wurden bereits unterschrieben, aber die Unternehmer haben Angst vor einer Vertrags­auflösung und davor, dass sie letztlich dieses Geschäft nicht mehr machen können.

Dieser Eurofighter ist neben der militärischen Notwendigkeit auch der Einstieg in die Hochtechnologie in Europa. (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

Meine Damen und Herren! Zum Vertrag: Der ist niet- und nagelfest. Er wurde geprüft. Da habe ich überhaupt keine Sorge. Was die Vertragsausstiegsklausel betrifft, die hier immer wieder diskutiert wird: Bitte lesen Sie den Rechnungshofbericht! Darin steht schon lange, was notwendig ist, welche Kriterien eintreten müssen und was passiert, wenn die Lieferbedingungen nicht eingehalten werden oder wenn wir einseitig aus dem Vertrag aussteigen wollen. – Das ist nichts Neues, das steht alles im Rechnungs­hofbericht!

Klar ist aber: Wir haben diesen Vertrag nicht gemacht, um einseitig daraus auszu­steigen. Was bedeutet letztlich ein Ausstieg aus diesem Vertrag? – Keine Luftraum­überwachung in Österreich!

Ich frage: Wer übernimmt die Verantwortung dafür? Wir hoffen alle, dass nichts pas­siert. Ich möchte aber nicht dabei sein, wenn wir den Luftraum offen haben wie ein Scheunentor, wenn ich weiß, dass im Jahr rund 100 Luftraumverletzungen gemacht werden. Da möchte ich nicht dabei sein! – Das sei in aller Deutlichkeit gesagt: Es gibt keine Alternative zur Luftraumüberwachung. (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

Zum Zweiten: Wir könnten alle Großveranstaltungen vergessen. Was glauben Sie, was passiert, wenn bekannt wird, dass in Österreich keine Luftraumüberwachung mehr durchgeführt wird? Dann sind wir keine Partner mehr – sei es bei den wirtschaftlichen Interessen und Zusammenkünften, sei es im politischen Bereich, oder aber auch bei Sportveranstaltungen.


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Ein Vertragsausstieg würde bedeuten: keine Gegengeschäfte – das habe ich bereits erwähnt –, den Verlust von Arbeitsplätzen, worum sich die Unternehmer derzeit sehr sorgen, aber auch den Verlust von Arbeitsplätzen im österreichischen Bundesheer und in Zeltweg. (Abg. Grillitsch: Das interessiert die SPÖ nicht!) Das ist eine Region, die Arbeitsplätze sehr dringend benötigt.

Was wollen wir dann? Wenn wir in Zeltweg keine Eurofighter installieren, dann wird es dort auch keine Arbeitsplätze in diesem Bereich geben. Der Bürgermeister von Zelt­weg – ein SPÖ-Bürgermeister! – ist ebenfalls sehr besorgt.

Geschätzte Damen und Herren! Was mich eigentlich sehr wundert, ist, dass diese Beschaffung jahrelang kritisiert und kriminalisiert wurde, aber es war bisher alles Schall und Rauch! Wissen Sie, was mich weiters wundert, wenn da Diskussionen über den Vertragsausstieg durchgeführt werden: Was ist denn Ihre Alternative? Wo sind denn Ihre Konzepte? Legen Sie die Konzepte auf den Tisch, sodass man über diese Dinge reden kann! (Abg. Dr. Stummvoll: Sie haben ja keine!)

Da gibt es keine Konzepte! Da geht es nur um Populismus und darum aufzuzeigen, dass alles sündteuer ist und dass wir uns das nicht leisten wollen. Dann bringen Sie damit auch noch die Sozialleistungen in Verbindung. Ich halte nichts davon, dass man auf so eine Art und Weise Sicherheitspolitik macht! Dabei geht es mir nicht um Partei­politik! (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

Mir geht es wirklich um eine ordentliche, gute Sicherheitspolitik im Interesse der Sicherheit der Republik Österreich und der österreichischen Bevölkerung.

Nun zur Anfragebeantwortung:

Zur Frage 1:

Die Vereinbarung und Formulierung des Eurofighter-Kaufvertrages erfolgte, wie bei Beschaffungen des Bundes üblich, durch ein Team bestehend aus den zuständigen Experten des Bundesministeriums für Landesverteidigung und des Bundesminis­te­riums für Finanzen.

Ich ersuche um Verständnis, dass – wie von mir bereits bei korrespondierenden Anfragen im Rechnungshofausschuss ausgeführt – eine namentliche Aufzählung der zuständigen Personen aus Datenschutzgründen nicht erfolgen kann.

Zur Frage 2:

Wie bereits in meiner Einleitung ausgeführt: Wie im Bericht des Rechnungshofes vom April 2005 nachzulesen und im Rechnungshofausschuss umfassend durch den Prä­sidenten des Rechnungshofes dargestellt, ist mit der Firma Eurofighter GmbH ver­einbart, dass das Bundesministerium für Landesverteidigung grundsätzlich jederzeit schriftlich vom Vertrag zurücktreten kann, sofern der Firma Eurofighter sämtliche bis zu diesem Zeitpunkt erbrachten Leistungen bezahlt und die der Firma durch den Rücktritt entstehenden Kosten ersetzt werden.

Ohne Verpflichtung zum Kostenersatz kann das Bundesministerium für Landes­verteidigung im Wesentlichen bei Schlechtererfüllung oder Nichterfüllung durch die Firma Eurofighter GmbH zurücktreten.

Ich verweise hiezu auf die Ausführungen im Rechnungshofbericht.

Zur Frage 3:

Nein, das ist unzutreffend.


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Bei der Frage nach der Höhe der Kosten eines Vertragsausstieges – das habe ich bereits erwähnt – geht es also darum, dass jene Kosten bezahlt werden müssen, die bereits angefallen sind.

Zur Frage 4:

Mit dem Kauf der Eurofighter erwirbt die Republik Österreich eine Reihe von Software-Lizenzen. Der Erwerb einer Software-Lizenz berechtigt zur Nutzung der Software, bedeutet aber nicht den Erwerb des geistigen Eigentums.

Im Hinblick auf die namentliche Aufzählung von Personen verweise ich auf meine Ausführungen zur Frage 1.

Ganz wichtig ist, darauf hinzuweisen, dass beispielsweise für die Software im Rahmen der Beschaffung der Black Hawk S70 gleichartige Vereinbarungen gelten. Das ist bei militärischen Beschaffungen so üblich, dass die Software nicht zur Verfügung steht. Da geht es darum, dass sich der Verkäufer dieses militärischen Gerätes durch das so genannte End-User-Zertifikat immer das Recht vorbehält, vorzuentscheiden, ob, wohin und an wen sein Produkt allenfalls veräußert wird. So kann der Produzent Einfluss darauf nehmen, in welcher Region sein Produkt zum Einsatz kommt, und somit eine Eigengefährdung ausschließen.

Zur Frage 5:

Das BMLV hat immer die Möglichkeit, gegebenenfalls das Geld auf dem ordentlichen Rechtsweg zurückzufordern. Es ist zutreffend, dass ein Einredeverzicht vereinbart wurde. Letztlich wurde durch den Einredeverzicht ein Preisnachlass von 110 Mil­lionen € erreicht und wurden damit die österreichischen Steuerzahler durch Anwen­dung der Grundsätze der Zweckmäßigkeit, Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit ent­lastet.

Im Hinblick auf die namentliche Aufzählung von Personen verweise ich auf meine Ausführungen zur Frage 1.

Zur Frage 6:

Das Bundesministerium für Landesverteidigung ist aufgrund der geltenden Rechtslage, insbesondere der österreichischen Neutralität und des Bekenntnisses zur umfas­senden Landesverteidigung, verpflichtet, für eine funktionierende passive und aktive Luftraumüberwachung Sorge zu tragen. Das umfasst auch den Betrieb von Luftraum­überwachungsflugzeugen.

Die Frage eines Ausstieges hat sich für das Bundesministerium für Landesverteidigung nie gestellt. Die Rücktrittsgründe wurden nur nach Maßgabe der kaufmännischen Sorg­falt in den Vertrag aufgenommen.

Die Berichterstattung in den Medien wurde selbstverständlich aufmerksam verfolgt, auf Relevanz für die Vertragserfüllung geprüft. Diese Prüfungen haben in keinem Fall Zweifel an der ordnungsgemäßen Vertragserfüllung durch die Firma Eurofighter GmbH ergeben. Andernfalls wären wir selbstverständlich tätig geworden.

Zur Frage 7:

Im Zuge der Verhandlungen des Vertrages wurden Passagen über Rücktrittsrechte in den Kaufvertrag mit der Eurofighter GmbH aus Gründen der kaufmännischen Sorgfalt aufgenommen. Ein Ausstieg war keine Intention des Beschaffungsvorganges.

Die Eurofighter GmbH hat sich in einem Schreiben vom 10. Oktober an mich gewandt und erneut bestätigt, dass das Projekt dank der konstruktiven Zusammenarbeit der Vertragspartner in der Realisierung sehr weit fortgeschritten ist und im Plan liegt. Eine


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einseitige Abstandnahme vom Vertrag wäre zum jetzigen Zeitpunkt, drei Jahre nach Abschluss des Vertrages, mit erheblichen Kosten für die Republik Österreich verbun­den.

Sie begründet dies damit, dass sie als Generalunternehmer bereits alle zur Erfüllung des Vertrages erforderlichen Leistungen rechtsverbindlich in Auftrag gegeben habe und diese Leistungen bereits auch in größerem Umfang erbracht worden sind, und sie geht davon aus, dass eine detaillierte Analyse mehrere Monate in Anspruch nehmen würde. Dem Vernehmen nach soll es rund 1 Milliarde € sein.

Zur Frage 8:

Zur namentlichen Aufzählung von Personen verweise ich auf meine Ausführungen zu Frage 1.

Zur Frage 9:

Am 1. Juli 2003 wurden die Bundesminister im Ministerrat über die Eckpunkte des Ver­tragsverhandlungsergebnisses informiert. Hiezu wurde auch ein entsprechender Minister­ratsbeschluss gefasst, der auch Gegenstand mehrerer Debatten im Rech­nungs­hofausschuss und im Landesverteidigungsausschuss war. – Herzlichen Dank. (Anhaltender Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

15.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, dass gemäß der Geschäftsordnung kein Redner/keine Rednerin länger als 10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von 25 Minuten zukommt.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Gaál. Ich stelle seine Uhr auf 7 Minu­ten. – Bitte, Sie sind am Wort.


15.44.41

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren der Bundesregierung! Werte Kolleginnen und Kollegen! Herr Bun­desminister, wenn du sagst, ja zur Neutralität, ja zur Luftraumüberwachung, dann sind wir bei dir (Abg. Ing. Westenthaler: Aber nicht alle!), da haben wir etwas Gemein­sames, auf dem wir auch aufbauen können. Aber ich darf schon klar festhalten, dass der Kauf dieser Kampfflugzeuge mit Luftraumüberwachung, meine Damen und Herren, wirklich nichts zu tun hat! (Abg. Murauer: Sondern?)

Diese Kampfjets, Kollege Murauer, sind für den Luftkampf, für den Luftkrieg konzipiert, die brauchen wir nicht für die Luftraumüberwachung bei uns in Österreich. Daher unser striktes Nein dazu! Wir brauchen diese Eurofighter nicht für die Luftraumüberwachung. (Abg. Murauer: Welches Flugzeug dann?) Es ist zu teuer, es gibt andere wirksame und kostengünstigere Möglichkeiten, für die Luftraumüberwachung in Österreich zu sorgen. Wir brauchen diese Luxuskampfjets nicht, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Sie von der Bundesregierung waren niemals bereit – kein einziges Mal! –, mit uns über Luftraumüberwachung zu diskutieren. (Zahlreiche Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wir sind in Europa, in der EU dabei, eine Sicherheits- und Friedensunion aufzubauen. Wir wissen heute noch nicht, wie es sicherheitspolitisch in diesem Europa weitergeht, und Sie sind ohne Wenn und Aber drübergefahren und haben für diesen Eurofighter-Deal entschieden, ohne mit uns hier ernsthaft und verantwortungsvoll zu diskutieren, meine Damen und Herren!


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Begonnen hat diese unglückselige Geschichte, Herr Bundesminister, im März/April 2002, als wesentliche Ausschreibungskriterien während des laufenden Verfahrens verändert wurden – unüblich. So genannte Muss-Forderungen hat man in Soll-For­derungen umgeändert, damit deren Nichterfüllung nicht zu einer zwingenden Aus­scheidung des Anbieters aus dem Verfahren führt. Sogar das Pflichtenheft, meine Damen und Herren, wurde nachträglich geändert: zugunsten von EADS und zum Nachteil der Republik Österreich und zum Nachteil der österreichischen Steuerzahler, die ein Recht darauf haben zu erfahren, was mit ihrem Geld geschieht, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Ausschreibungskriterien wurden nicht erfüllt. Vergaberichtlinien wurden nicht einge­halten.

Herr Bundesminister Platter, Sie haben im Mai 2003 gesagt, für die 18 Eurofighter werden inklusive Logistik, Bewaffnung und Ausbildung rund 2 Milliarden € benötigt. Laut Rechnungshofbericht ist dem nicht so. Da kommen noch mehrere 100 Millionen € an Zusatzinvestitionen dazu: für die Pilotenausbildung, für die Flugplatz- und Bauinfra­struktur, für das Flugsystem und die heute schon angesprochene Zwischenlösung mit den F-5, die auch immerhin 75 Millionen € kostet, in alter Währung 1 Milliarde Schilling, weil Sie auf diese Zwischenlösung im Vertrag, was unüblich ist, verzichtet haben.

Das alles, diese Zusatzkosten sind nirgendwo im Budget erfasst. Und dazu kommen noch die nicht abschätzbaren Kosten für Betrieb und Instandhaltung. Die Kosten – Herr Bundesminister, das weißt du ganz genau – explodieren. Das ist nicht leistbar, das ist nicht finanzierbar! Das hat Finanzminister Grasser sogar selbst gesagt und daher für gebrauchte F-16 plädiert, wenn überhaupt etwas beschafft werden muss.

Wir haben ein extrem knapp bemessenes Landesverteidigungsbudget, wir bewegen uns in Richtung 0,7/0,6 Prozent des BIP. Wir haben derzeit das niedrigste Budget seit Bestehen des österreichischen Bundesheeres. Wenn die Zahlen halbwegs stimmen – ich würde mich freuen, wenn du mich berichtigen kannst –, die derzeit vom Finanz­ministerium zu erfahren sind, und diese sind sehr glaubwürdig, werden wir uns bei 1,7 Milliarden einpendeln.

Dieses knapp bemessene Landesverteidigungsbudget lässt mit einem Eurofighter-Kauf, der aus dem Budget zu finanzieren ist, mit den Vorbelastungen, die vorhanden sind, nicht zu, dass wir die gemeinsam vereinbarte Bundesheerreform durchführen können. So ist eine sinnvolle und notwendige Reform, wie wir von der Bundesheer­reformkommission sie gemeinsam beschlossen haben, Herr Bundesminister, nicht möglich. Diese sündteure Beschaffung ist nicht zu verantworten, ist fahrlässig! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Bis heute, Herr Bundesminister, haben Sie uns kein schlüssiges Finanzierungskonzept vorgelegt. (Abg. Dr. Mitterlehner: Das ist die Rede aus 2003!) Bis heute haben Sie nicht erklärt, woher Sie das Geld nehmen wollen. Das Heeresbudget wird total überschuldet, Herr Bundesminister! Daher ist diese Eurofighter-Beschaffung eine Katastrophe für das österreichische Bundesheer.

Wir verlangen Transparenz, Nachvollziehbarkeit in der Beschaffungspolitik des öster­reichischen Bundesheeres. Wir verlangen den sofortigen Ausstieg aus dem Euro­fighter-Vertrag, und daher darf ich folgenden Entschließungsantrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Gaál, Pilz, Strache, Kräuter, Kogler, Barbara Rosenkranz betreffend Eurofighter-Ausstieg


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 59

Die unterfertigten Abgeordneten stellen folgenden

Entschließungsantrag

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, sofort alle Schritte zu setzen, um den Vertrag betreffend der Beschaffung der Eurofighter kostengünstig aufzulösen und dazu den Beschaffungsvorgang jedenfalls so lange zu unterbrechen, bis der Bericht des parlamentarischen Eurofighter-Untersuchungsausschusses dem Nationalrat vorliegt. Dazu sind insbesondere

alle laufenden Vertragsverhandlungen mit der Eurofighter GmbH, sonstigen Firmen und dem Verteidigungsministerium der BRD

sowie die Abnahme von Leistungen, die von Vertragspartnern in diesem Zusammen­hang erbracht werden,

zu unterbrechen.“

*****

(Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

15.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Gaál, Pilz, Strache, Kräuter, Kogler, Barbara Rosenkranz betreffend Eurofighter-Ausstieg ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht damit mit in Verhandlung.

Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Fasslabend zu Wort. Seine Wunsch­redezeit beträgt 8 Minuten. – Bitte.


15.51.24

Abgeordneter Dr. Werner Fasslabend (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Mitglieder der Bundesregierung! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Für mich war es, ebenso wie für die meisten von Ihnen wahr­scheinlich, heute ein besonderer Tag, obwohl es bereits zum siebenten oder achten Mal war, dass ich angelobt worden bin.

Wenn ich so zurückdenke an das erste Mal im Jänner 1987 und an die folgenden Male, dann, muss ich sagen, hat es eigentlich an diesem Tag immer einen bestimmten Ablauf gegeben, von dem ich gefunden habe, dass er auch Sinn gemacht hat. Es hat keine besonderen Tagesordnungspunkte gegeben, sondern im Mittelpunkt ist die Erklärung des Präsidenten gestanden, die Wahl der neuen Präsidenten und der wichtigsten Ausschüsse.

Heute ist das nicht so. Heute ist es bereits 16 Uhr, und wir haben nicht einmal noch den Dritten Präsidenten oder die Dritte Präsidentin gewählt, weil es heute etwas anders ist: Zum ersten Mal in der Geschichte, soweit ich das miterlebt habe, gibt es eine Dringliche Anfrage und gibt es sogar den Antrag auf Einsetzung eines Unter­suchungsausschusses. (Zwischenrufe bei den Grünen.)

Ich habe das bis jetzt immer so erlebt, dass dieser erste Tag, einige Wochen nach dem Wahlkampf, immer auch dazu gedient hat, das Gemeinsame wieder hervorzuholen, nicht nur bei der Wahl der Präsidenten, sondern auch indem man Kontakt mit den Kollegen von der anderen Seite geknüpft hat (Abg. Mag. Kogler: Das ist das Parla­ment!) und damit eigentlich wieder das notwendige Vertrauen gebildet hat, um in eine konstruktive, fruchtbare Zusammenarbeit zu gehen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 60

Heute erlebe ich das Gegenteil: Gerade von einer Seite, wo bereits ein Regierungs­bildungsauftrag vorliegt, wo bereits ganz konkrete Gespräche begonnen haben, wo man mitten in den Gesprächen ist, wird nicht ein weiterer Versuch unternommen, um dieses Vertrauen zu fördern und weiter aufzubauen, sondern, ganz im Gegenteil, man richtet einen Untersuchungsausschuss ein. Und jeder, der den parlamentarischen Betrieb kennt, weiß, was ein Untersuchungsausschuss bedeutet: Da geht es nicht um die Frage, dass hier etwas ganz normal untersucht werden soll.

Ich habe schon den ersten Draken-Unterausschuss miterlebt; ich glaube, Kollege Pilz ist der Einzige, der damals mit dabei war. Und bereits dieser Unterausschuss hat ein Klima zutage treten lassen, das alles andere als konstruktiv war, das alles andere als dazu angetan war, bestimmte Dinge einfach aufzuklären, sondern das ist ein politi­sches Tribunal gewesen. Umso mehr ist das anzunehmen von einem Untersuchungs­ausschuss, der nicht nur diesen Namen trägt, sondern der auch all die Kompetenzen dazu hat.

Daher frage ich mich, Herr Kollege Cap: Was wollen Sie wirklich? Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass Sie eine große Koalition nicht wirklich anstreben, dass es Ihnen nicht darum geht, Vertrauen hier aufzubauen, sondern dass Sie eigentlich alles daransetzen (Abg. Großruck: Neuwahlen zu provozieren!), das in den letzten Tagen mühsam entstandene Vertrauen wieder zu untergraben. (Beifall bei der ÖVP.)

Denken Sie einmal darüber nach, was das auch für die Stabilität unserer Republik bedeuten kann! Denn in der Sache selbst gibt es in Wirklichkeit nichts Neues. Alles, was hier vorgebracht wurde, wurde schon mehrere Male hier durchgekaut.

Natürlich gibt es nicht nur die Aussagen der Experten, und ich möchte sagen, ich habe es beeindruckend gefunden, wie klar und deutlich der Verteidigungsminister nicht nur die gesamte Argumentationslinie hier vorgebracht hat, sondern auch die Ereignisse und deren Ablauf geschildert hat – und so war es auch. Ich als einer, der selbst diesem Ressort fast ein Jahrzehnt lang vorgestanden ist, kann Ihnen nur sagen: Ich wäre nie zu einer anderen Entscheidung gekommen als er, weil der Ablauf dieser Beschaffung ganz klar geregelt ist und der Minister hier gar nicht eingreift. Da gibt es unabhängige, von Experten besetzte Kommissionen, die teilweise in Klausur zusammenarbeiten und nach objektiven Kriterien etwas ausarbeiten.

Es geht um etwas ganz anderes. – Dass Sie die Abfangjäger vielleicht nicht so gerne haben, das verstehe ich, aber das Bekenntnis zur Landesverteidigung sollten Sie doch haben. Es sind heute bereits einige Verfassungsrechtler zitiert worden. Ich zitiere Ihnen auch noch einige markante politische Persönlichkeiten, etwa folgende Aussage:

„Man kann sich nicht auf der einen Seite zur Landesverteidigung bekennen, den Nationalfeiertag feiern, aber die Verpflichtung, die wir daraus haben, beiseite schieben. Es gehört auch zur Glaubwürdigkeit eines Staates, daß er seinen Verpflichtungen nachkommt. ... Wir haben natürlich, das darf nicht vergessen werden, aus dem Staatsvertrag, aus der Neutralität und durch die Verteidigungsdoktrin ganz eindeutige Verpflichtungen.“

Das hat der Bundeskanzler gesagt, aber nicht Bundeskanzler Schüssel, sondern bereits Bundeskanzler Sinowatz. Er war es auch, der nicht irgendwelche Über­wachungsflugzeuge wollte, sondern ganz klar gesagt hat: Abfangjäger sollen gekauft werden. (Der Redner hält die Kopie eines Zeitungsartikels in die Höhe.) Genauso wie jetzt der Eurofighter – ein Abfangjäger. Um nichts anderes ist es damals gegangen, und um nichts anderes geht es heute, aber die politische Bewertung ist offensichtlich eine andere.


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Ich kann Ihnen dazu sagen, dass die SPÖ das mit ganz großer Mehrheit beschlossen hat – nur vier Gegenstimmen hat es im Parteivorstand der SPÖ damals gegeben.

Ich kann Ihnen auch berichten, dass sich damals bereits ganz große Persönlichkeiten wie etwa der damalige SPÖ-Parteivize und heutige Bundespräsident Heinz Fischer an die Öffentlichkeit gewandt und klar gesagt haben: Abfangjäger ja, Raketen nein. (Der Redner hält neuerlich die Kopie eines Zeitungsartikels in die Höhe.)

Ich vermisse dieses Bekenntnis bei Ihnen, und ich vermisse auch das Bekenntnis zu den Arbeitsplätzen, die dadurch entstanden sind. Tausende hochwertigste Arbeits­plätze hängen daran. (Abg. Mag. Kogler: Welche denn?)

Ich möchte Ihnen noch etwas sagen. Es hat bereits ähnliche Diskussionen in der Vergangenheit gegeben. Ich zitiere Ihnen einige Worte, die ein ehemaliger SPÖ-Generalsekretär 1987 zum Draken-Vertrag gesagt hat:

„Es gibt nur drei Möglichkeiten, von einem Vertrag ohne Auflösungsklausel, wie es der Draken-Kaufvertrag ist, zurückzutreten, stellte gestern SP-Zentralsekretär Dr. Heinrich Keller klar:

1. wenn die gelieferte Ware einen gemeinen Mangel aufweist;

2. wenn ausdrücklich zugesicherte Eigenschaften fehlen und

3. wenn der Preis um mehr als die Hälfte überzahlt ist.“

Das sind Aussagen von SPÖ-Spitzenfunktionären – in der „Sozialistischen Korres­pondenz“ und in den Medien Österreichs nachzulesen. Der heutige Vertrag über den Eurofighter ist wesentlich besser, als es der Draken-Vertrag war. (Abg. Broukal: Kennen Sie den Vertrag überhaupt?) Ihre Leute, Ihre Spitzenleute haben sich gewehrt gegen die Angriffe, die es damals gegeben hat. Und Sie stellen das in einer ganz wich­tigen und sensiblen Phase für die österreichische Bundespolitik in Frage. (Abg. Broukal: Kennen Sie den Vertrag?) – Ja, ich kenne ihn, so weit, dass ich das beurteilen kann. (Abg. Strache: Sie kennen ihn? – Abg. Mag. Stadler: Das ist aber interessant! – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Wenn es Ihnen schon nichts ausmacht, dass die außenpolitische Stabilität durch Ihre Vorgangsweise von vielen in Frage gestellt wird, in Zweifel gezogen wird, wenn es Ihnen schon egal ist, dass die Sicherheit Österreichs auf dem Spiel steht, dass Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen, dann sollte es Ihnen zumindest nicht egal sein, dass gleichzeitig das Vertrauen innerhalb der Parteienlandschaft dadurch maßgeblich erschüttert wird. Es ist unmöglich, einen politischen Strafprozess einzuleiten, in dem die Mehrheit entscheidet, wo an der Spitze nicht ein Richter steht, sondern wo die Mehrheit entscheidet, wie dabei vorgegangen wird.

Das ist im Wesentlichen ein Untersuchungsausschuss! (Abg. Brosz: Den sollen wir überhaupt abschaffen, oder?) Er ist ein politisches Tribunal und wird es bleiben – und das in einer Phase, in der man Koalitionsgespräche macht.

Bitte haben Sie Verständnis, wenn selbst mehr als gemäßigte, moderate Personen, die an einer Zusammenarbeit mit der SPÖ extrem interessiert sind – ich nenne als Beispiel nur den oberösterreichischen Landeshauptmann Pühringer –, das als Provokation empfinden! Das kann man nur als Provokation empfinden, wenn Sie zu einem Zeit­punkt, zu dem es darum geht, miteinander etwas aufzubauen, versuchen, zu krimi­nalisieren und den anderen schlecht zu machen, ihn nicht als Partner, sondern als Gegner und als Feind zu behandeln.


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Nehmen Sie Abstand davon, solange noch Zeit ist – Sie haben noch die Möglichkeit –, sonst richten Sie an der Republik und ihrer Stabilität Schaden an! (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

16.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Kogler zu Wort. Wunschredezeit: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.


16.01.21

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mein Vorredner hat in fast tragischer Weise bestätigt, wie hier die Fraktion der ÖVP den Vorgang begreift, wenn sich eine mögliche – aus meiner Sicht hoffentlich mögliche – Mehrheit von Parlamentariern, von frei gewählten Abgeordneten anschickt, einer selbstverständlichen demokratischen Übung – in diesem Fall, wie ich meine, einer Pflicht, darauf wird noch einzugehen sein – nachzukommen, einer demo­krati­schen Pflicht nachzukommen. Das ist in den Reihen der ÖVP Majestäts­beleidigung; nicht anders kann das hier erklärt werden.

Das Nächste, was Sie hier dauernd verwechseln, ist ja – das ist allerdings sehr bezeichnend – die Fragestellung: Was ist Sache des Parlaments? Und was ist bei allfälligen Regierungsverhandlungen zu tun? – Dass Sie das all die Jahre zuvor auch schon immer absichtlich durcheinander gebracht haben, haben Sie eindrucksvoll unter Beweis gestellt.

Auch darauf wird einzugehen sein, warum wir eigentlich heute an dem Punkt stehen, dass wir diesen Untersuchungsausschuss brauchen: nämlich genau deshalb, weil Sie mit Ihrer Mehrheit hier herinnen, den Parteizentralen und den Regierungsaufträgen folgend, fast jeden Aufklärungsschritt verhindert haben! Das ist die Geschichte, warum es jetzt dazu gekommen ist: Es geht um Aufklärung und nicht um Abrechnung. Da kann ich Sie wirklich beruhigen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Murauer: Sehr beruhigend!)

Schauen Sie, ich erzähle Ihnen eine kleine Geschichte der möglicherweise größten Schiebung in der Geschichte dieser Republik, damit die neuen Abgeordneten dies ein bisschen in Erinnerung bekommen. Sie sollten nämlich nicht den Fehler ihrer Vor­gänger machen, sofern sie in den Reihen von BZÖ oder ÖVP sitzen und hier in Gewissenskonflikte geraten, weil es ihnen schon an der Garderobe abgerungen wird.

Wir werden auf einen Einzelfall eingehen. Aber es ist eine ganz selbstverständliche Angelegenheit, dass das Parlament dazu da ist, Regierungshandlungen darauf hin zu überprüfen, ob mit den Steuergeldern korrekt umgegangen wurde.

Lassen Sie einmal diese andere Frage draußen. Weder die Verfassung noch die Neutralität schreiben uns den Kauf bestimmter Typen von Flugzeugen vor, und schon gar nicht des Eurofighters in dieser Form, irgendeiner Tranche oder sonst was. Zeigen Sie mir diese Verfassungs- oder Neutralitätsbestimmung, in der ein zwingender Zusammenhang zum Eurofighter hergestellt wird! Da wünsche ich Ihnen viel Glück.

Also geht es jetzt genau darum, gerade beim Untersuchungsausschuss die Ent­scheidungsabfolgen zu hinterfragen, die hier stattgefunden haben. Da gibt es denn genügend Gründe und Anhaltspunkte, sich hier einmal umtriebig zu machen und Nachschau zu halten, auch wenn Sie immer wieder betonen: Das ist ja alles nichts Neues. Für Einzelne vielleicht, mag sein! Das mag sein, aber das ist ja genau der Umstand, warum wir diesen Untersuchungsausschuss brauchen: weil trotz der massiven Vorwürfe und der dringenden Verdachtsmomente fast jede Aufklärung hier im Haus unterbunden wurde! Auch deshalb brauchen wir diesen Ausschuss. (Abg.


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Dr. Mitterlehner: Wo ist die Geschichte, von der Sie geredet haben? Wo ist die Geschichte?)

Wir kommen von der Ausschreibung bis hin zu diesem Zustand, den wir heute hier zu beklagen haben, dass nämlich die Minister dieser Bundesregierung einen De-facto-Knebelungsvertrag für die Republik unterzeichnet haben. Der hat eben eine Vorge­schichte, und die Vorgeschichte beginnt bei der Ausschreibung. Der Herr Bundes­minister für wirtschaftliche Angelegenheiten ist gerade nicht herinnen, aber er wäre in einem besser entwickelten demokratischen Land auch gar nicht mehr Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten, weil schon damals nachgewiesen werden konnte, dass Teile des Gegengeschäftsvertrags beziehungsweise der Ausschreibung dazu manipuliert wurden, weil nämlich ganze Absätze, ganze Textbausteine von einer Bieterfirma, die völlig im Rennen war, in die Ausschreibung übernommen wurden!

Die Geschichte geht so, wenn Sie darauf insistieren: Das waren damals noch die alten Schweden. Knapp nach der Wende, nach dem Jahr 2000, war es so, dass man im Bundesheer davon ausgegangen ist: Wir machen es wie bisher, wir spazieren zu den Schweden, und die Gegengeschäfte sind doch immer eine tolle Sache, sozusagen Opium für das steuergeplagte Volk in dieser Sache. Es wurde im Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten zugelassen, dass dieser Vorgang möglich war. Das alles hat den Herrn Minister nicht gekratzt; er hat das bis heute nicht einmal aufgeklärt. Auch dazu brauchen wir den Untersuchungsausschuss.

Wenn wir noch einen Kronzeugen zu diesen anachronistischen Gegengeschäften brauchen – weil sie hier schon wieder behauptet wurden –, dann ist es Aloysius Rauen, Chefmanager des EADS Konzerns, der selbst gesagt hat: Es wird nirgends so viel gelogen wie bei Grabreden und Gegengeschäften. (Abg. Murauer: Bei wem denn?) Er hat natürlich Recht, weil das Ganze ja völliger Humbug ist. Wäre das richtig, was Sie hier erzählt haben, Herr Bundesminister: Warum hat dann Ihr Vorgänger nicht doppelt so viele Abfangjäger bestellt? – Denn dann hätten wir doppelt so viele Gegen­geschäfte, und es wäre alles doppelt so gut. Das ist doch völliger Unsinn! Die ganze Kampagne wird jetzt wieder ausgegraben, um die Bevölkerung weiter zu beschwin­deln. (Beifall bei den Grünen.)

Beim Stichwort „Schwindeln“ – „Lüge“ wollen wir heute nicht verwenden, wir sind ja schon dazu ermuntert worden, den Tag der Konstituierung als gemeinsame Weih­nachtsfeier zu verstehen – sage ich Ihnen, es gibt keinen größeren Schwindel als die Ansage des noch amtierenden Bundeskanzlers vor der Wahl 2002: „Die Abfangjäger werden von einer Wirtschaftsplattform finanziert.“ Wo ist die denn, bitte? Her damit! – Also besteht auch hier Aufklärungsbedarf.

Innerhalb der Ausschreibung haben Sie während der Frist – Sie nicht mehr, sondern Ihr Nachfolger und Ihr Vorgänger, da sitzt er – die Ausschreibungsbedingungen geän­dert. Das soll nicht aufklärungswürdig sein? Es sind Muss-Bedingungen abgeändert worden – eine klassische Sünde im Vergabefall!

Innerhalb der Typenentscheidung wacheln Sie immer mit diesen Rechnungshof­berichten, die ich allesamt hier habe. Ich lade Sie ein, mir zu zeigen, wo hier eine Weißwäsche stattgefunden hat. Das Gegenteil ist richtig! Natürlich steht drin: „zutref­fend“; Präsident Fiedler war ein alter Diplomat. Aber er hat gesagt: „unter den festgesetzten Maßstäben vom Ministerium“, und das Ministerium hat die Maßstäbe von da nach da, nach da und nach da versetzt. Was zuerst richtig war, war nachher falsch.

Sie werden im Ausschuss auch erklären müssen, warum es über Nacht eine Änderung dieser Typenentscheidung gegeben hat, buchstäblich über Nacht! Sie werden erklären müssen, warum es die obersten Militärs waren, die sich in Aktenvermerken dagegen ausgesprochen haben. Sie werden erklären müssen – am besten noch heute hier


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heraußen –, warum Sie mit Ihrer Mehrheit im Rechnungshofausschuss verhindert haben, dass diese Beamten, die im Übrigen sofort nach diesen Vorgängen pensioniert worden sind, an der Aussage im Haus gehindert wurden! Wir wollten sie laden, selbst Mitglieder Ihrer Fraktion wollten zustimmen. Aber dann hat das Parteisekretariat zuge­schlagen, und ich habe als Vorsitzender des Ausschusses selbst gesehen, wie auf Ihre Abgeordneten Einfluss genommen wurde!

Dann haben Sie mich als Rechnungshofausschuss-Vorsitzenden noch unter Druck gesetzt, dass ich hier diese Sache nicht weiterverfolge. Ich sage Ihnen, das war wirklich eine dunkle Stunde in diesem Parlament! Und dann wundern Sie sich, wenn wir heute, wenn es die parlamentarischen, demokratischen Mehrheiten gibt, diesen Ausschuss verlangen, um diese Dinge endlich aufzuklären! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ sowie des Abg. Strache.)

Herr Bundesminister Platter, ich muss Ihnen in einem Punkt widersprechen, betreffend die zwei Gutachten, von denen Sie gesagt haben, dass es zu keinem Bietersturz gekommen sei – eine blöde Geschichte! Apropos Geschichte: die haben wir nämlich auch. Die beiden Gutachter, Aicher wie Holoubek, sagen genau nicht, dass dieser Vorgang als solcher astrein war! Sie postulieren nur allgemeine Axiome, unter denen allenfalls so vorgegangen werden kann und ein Bietersturz auszuschließen ist.

Aber wenn Sie es genau lesen, hätten Sie draufkommen müssen, dass in diesem Beschaffungsvorgang sehr wohl Elemente drinnen waren, die genau zu diesem Bieter­sturz hätten führen können, namentlich dass mit dem Eurofighter eine Zwischenlösung notwendig war und das Ganze um den Aufwand dafür verteuert wurde. Wir haben das nach Ihren Kriterien Ihrer Bewertungskommission, Ihrer mathematischen Logik nach­gerechnet, und selbstverständlich ist ein Bietersturz herausgekommen. Eine klassische Vergabesünde, klassisch aufklärungsbedürftig! (Bundesminister Platter: Der Rech­nungshof ...!)

Der Rechnungshof hat die Zwischenlösung nicht hineingerechnet! Aber das wird jetzt hier zu kompliziert. Dazu brauchen wir ja den Ausschuss.

Zum Abschluss kann ich Ihnen (in Richtung ÖVP) nur Folgendes sagen: Stimmen Sie mit! Sie tun sich nichts Gutes, wenn Sie weiter auf Ihrem Standpunkt beharren! Es würde dem Parlamentarismus auch anders anstehen, wenn wir uns jetzt, am Schluss, noch einigen. Ich darf also die Debatte, die wir nachher führen werden, gleich hier mit anschneiden.

Mein Appell geht daher in diese Richtung: Wir werden den Untersuchungsausschuss brauchen, weil Sie ja den Vertrag sonst nicht offen legen. Eigentlich haben wir diese Vorgänge zu durchleuchten, die ich erwähnt habe, aber wenn Sie das weiter für eine geheime Kommandosache halten, dürfen Sie sich auch darüber nicht wundern. Daher: Hinein in den Untersuchungsausschuss, und heraus aus dem Vertrag! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ sowie des Abg. Strache.)

16.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Klubobmann Strache zu Wort. Sie nehmen sich die gesamten 10 Minuten; ich stelle die Uhr auf diese 10 Minuten ein. – Bitte, Sie sind am Wort.


16.11.27

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrte Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zuallererst möchte ich für uns Freiheitliche festhalten, dass wir uns zur Landesverteidigung bekennen. Wir bekennen uns zur Landes­ver­teidigung sowohl auf dem Boden als auch in der Luft, und natürlich braucht es eine


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Luftraumüberwachung, aber auch eine Luftraumsicherung. Selbstverständlich ist das etwas, zu dem wir uns klar und deutlich bekennen.

Es ist nicht notwendig – so wie heute der Herr Verteidigungsminister ausgeführt hat –, dass dafür ausschließlich dieses eine Produkt benötigt wird. Da gibt es auch andere Möglichkeiten. Es gibt auch andere Möglichkeiten, eine Luftraumsicherung vorzunehmen, und es ist aufklärungswürdig, wie es zur Entscheidung für dieses Produkt gekommen ist. Wie es dazu gekommen ist, das wollen wir ergründen, das wollen wir auch bewerten.

Wenn sich Herr Abgeordneter Fasslabend ans Rednerpult stellt und sagt, ein Untersuchungsausschuss sei ein „Tribunal“ – ja bitte, wo leben wir? Wo leben wir, dass Demokratie, Kontrolle und Aufklärung von der Regierung als „Tribunal“ verunglimpft wird? – Das kann es doch nicht sein! Was ist denn das für ein Verständnis von Demokratie? Glauben Sie wirklich, Sie haben das Recht gepachtet und allein auf Ihrer Seite, und nur Sie entscheiden über Wohl und Wehe der Republik? (Beifall bei der FPÖ.) Das ist genau diese Präpotenz und Hochnäsigkeit, die am 1. Oktober eine Absage erhalten hat.

Genau darum geht es: Wir wollen diese Dinge aufgeklärt wissen. Wir haben es ja selbst erlebt, und wir sind froh, dass jene Personen, die damals die Freiheitliche Partei verkauft und verraten haben, heute ohnehin woanders sind. Sie alle haben ja damals, bis einen Tag vor der Entscheidung, Werbung für den SAAB Gripen gemacht. Alle haben sie Werbung für den SAAB Grippen gemacht – um dann bei der entscheidenden Sitzung, plötzlich wie aus heiterem Himmel, umzufallen und ein anderes Produkt zu wählen!

Warum ist es dazu gekommen? Was ist da passiert? Ist in der Nacht eine Eingebung beim damaligen Verteidigungsminister Herbert Scheibner der Fall gewesen? – Sein enger Freund Detlev Neudeck hat damals noch gesagt: Ich trete zurück als Mandatar, ich trete zurück als Nationalratsabgeordneter, weil ich mit dieser Entscheidung nicht leben kann! – Hochinteressante Dinge waren damals der Fall, und die gilt es aufzuklären. Da gibt es interessante Dinge, die man aufklären soll, und das erwartet auch die österreichische Bevölkerung. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist bei uns auch die Sorge um die Landesverteidigung da, die Sorge um die Landes­verteidigung, weil wir heute schon gehört haben, dass der Finanzierungsaufwand für unser Bundesheer immer weiter reduziert wird und dass mit dieser Beschaffung, mit dem Eurofighter, wie wir heute natürlich auch wissen, die Sicherheit auf dem Boden durchaus gefährdet ist: dass Kasernen verkauft werden, dass Einsparungsmaßnahmen stattfinden, dass die Bundesheer-Reform nicht umgesetzt werden kann. All das muss man einmal beleuchten, und genau das wollen wir beleuchten.

Wir wollen auch beleuchten, warum die Griechen den Abfangjäger günstiger als wir erhalten haben. Wir wollen beleuchten, warum die Deutschen zum Beispiel teilweise auch Stornos vorgenommen haben – weil das Produkt technisch nicht ausgereift ist. Warum hat die deutsche Bundesregierung teilweise wieder storniert? – Das hat sicher einen ernst zu nehmenden Grund, sie wird das ja nicht aus Jux und Tollerei betrieben haben!

Wir wollen natürlich auch festmachen, dass die Neutralität für uns den obersten Stellenwert hat. Ich weiß schon, es sind andere Parteien in dem Haus, die mit der Zustimmung zur europäischen Unionsverfassung die Neutralität zwar immer gerne verpacken als eine Wertigkeit, als einen wichtigen Wert, aber in Wirklichkeit natürlich anderes vorhaben. Dahinter steht, dass es dann Kampfeinsätze auch von Mitgliedern der Europäischen Union geben soll, auch von österreichischen Soldaten. Dahinter steht, dass man sich vielleicht gedacht hat: Wenn man sich solch einen Kampfjet namens Eurofighter besorgt und anschafft, dann kann man diesen Kampfjet vielleicht zu


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Kampfeinsätzen irgendwo außerhalb Österreichs, außerhalb der Europäischen Union entsenden. Das sind die Gedanken, die da natürlich auch eine Rolle gespielt haben.

Selbstverständlich wäre ich sehr interessiert daran, dass Sie einmal bereit wären, auch wirklich die Liste der Gegengeschäfte auf den Tisch zu legen. Bis dato wird immer von Gegengeschäften gesprochen, aber es gibt keine Liste, es gibt nichts Nachvoll­ziehbares! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Wo sind die vielen Arbeitsplätze, von denen Sie reden? – Die sind nicht vorhanden! (Abg. Dr. Fekter: Können Sie sehen, in Ober­österreich!) Die sind nicht vorhanden, und das sollten wir alle uns wirklich einmal genau anschauen.

Ich denke, es ist auch hochinteressant, dass Sie, Herr Fasslabend, heute gesagt haben, Sie kennen den Vertrag. Wie gibt es denn das? Haben Sie den Vertrag vom Herrn Bundeskanzler, vom Herrn Verteidigungsminister zur Begutachtung bekommen?

Das ist ja auch ein Punkt: Wir Österreicher müssen fleißig zahlen. Sie bestellen ein Produkt, das 2 Milliarden € kostet, aber den Vertrag darf die österreichische Bevöl­kerung nicht sehen! Da darf sie nicht Einschau halten, da darf sie nicht überprüfen, ob das etwas ist, was ihrem Interesse entspricht oder nicht. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch – in Richtung FPÖ –: Klatscht halt einmal!) Nein, sie hat zu zahlen; Überprüfung und Vor­lage von Verträgen ist nicht erwünscht. – Genau das wollen wir auch mit dem Untersuchungsausschuss sicherstellen: Da ist einiges zu machen.

Wir wollen auch nicht haben, dass es zu einer Euro-Armee oder NATO-Beitrittsform kommt; das ist uns fern liegend. Wir wollen die Neutralität weiterhin bewahrt wissen, das ist uns einfach ein wichtiges Anliegen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Da klatscht man ein bisschen und sagt ...!) – Was sagen Sie? (Abg. Mag. Molterer: Hat schon aufgehört!)

Na ja, da gibt es vieles zu beleuchten, natürlich bis hin zu dem Punkt, dass auch zu beleuchten sein wird, ob es eine Ausstiegsmöglichkeit gibt. Ja, wenn es eine Aus­stiegsmöglichkeit gibt, die kostengünstig ist, mit deren Hilfe Schaden von der österreichischen Bevölkerung abgewendet wird, durch die vielleicht dem öster­reichi­schen Steuerzahler auch noch Beträge übrig bleiben, mit denen wir uns soziale Projekte leisten können – ja, dann muss jeder vernünftige Mensch das befürworten! Das ist ja ein logischer Prozess, und deshalb wollen wir das überprüft wissen.

Wenn es kostengünstige Ausstiegsmöglichkeiten gibt und wenn auch für den öster­reichi­schen Steuerzahler Geld übrig bleibt, dann, bitte, sorgen wir dafür, dass es eine inflationsgerechte Anpassung für unsere Pensionisten gibt! Sorgen wir dafür, dass es dann vielleicht Lehrlingsinitiativen gibt, die sichergestellt werden. Sorgen wir dafür, dass wir mit diesem Betrag, den wir uns dann vielleicht leisten können und den wir sicherstellen können, weil wir uns etwas ersparen, andere soziale Projekte bevorzugt behandeln und trotzdem die Sicherheit in der Lufthoheit sichergestellt haben, sodass trotzdem Sicherheit in unserem Luftraum vorhanden ist, weil es ja auch andere Produkte gibt, die günstiger sind.

Genau darum geht es: Wir brauchen ein Produkt, das nur in diesem kleinen Raum Österreich für die Luftsicherheit Sorge zu tragen hat! (Abg. Scheibner: Zum Beispiel welches?) Wir brauchen keinen Eurofighter, der in 2 oder in 5 Sekunden an der Grenze ist und dann gleich in ein anderes Land fliegen könnte bei der Geschwindigkeit, die er zustande bringt. Wir brauchen keinen „Ferrari in der Luft“! (Abg. Scheibner: Sondern?) Wir brauchen keinen „Ferrari in der Luft“; es reicht der Mercedes und der BMW genauso. Wozu einen „Ferrari in der Luft“? – Ja, weil vielleicht ein paar daran Interesse gehabt haben, an der Provision mitzunaschen. Das kann ich mir durchaus denken, das könnte ein Hintergrund sein. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Mag. Molterer – in Richtung Grüne –: Das ist ein echter Profi! Öllinger, ein echter Profi als Partner!)


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Na ja, ich glaube schon, dass da ein bisschen Geschrei stattfindet, weil natürlich die Nervosität da ist. Ich verstehe es schon, wenn Dinge auch in den letzten Jahren schon in der Öffentlichkeit behandelt worden sind, wobei Personen Verträge bei einem Herrn Frank Stronach bekommen haben und da Beträge geflossen sind, die irgendwie nicht nachvollziehbar sind. Ich verstehe schon, dass da Nervosität vorhanden ist, dass man natürlich solch eine Überprüfung nicht haben will und sich diese nicht wünscht.

Aber genau darum geht es, und wenn Sie nichts zu verbergen hätten, könnte ich die Aufregung nicht verstehen. Ich verstehe die Aufregung nicht, außer man hat irgendetwas zu verbergen, außer man hat irgendetwas irgendwo versteckt oder irgend­welche politischen Leichen im Keller liegen. Dann allerdings verstehe ich, dass man aufgeregt sein muss, dann verstehe ich das.

Deshalb werden wir diese Initiativen – auch mit den Grünen und auch mit den Sozial­demokraten! – mittragen, weil wir eben nicht solche Scheuklappen haben wie Sie! Weil wir eben sagen: Es geht darum, inhaltlich etwas für die österreichischen Interes­sen durchzusetzen. (Beifall bei der FPÖ.)

Es wird sich doch niemand hierher stellen und sagen: Die Grünen und die Frei­heitlichen haben sich jetzt ideologisch gefunden! Was ist denn das für ein Unsinn? Natürlich ist das ein Unsinn, aber es gibt auch Punkte, wo ich den Grünen Recht geben kann, wenn sie zu Umweltproblemen Stellung nehmen. Wir können im Umweltbereich durchaus auch viele Gemeinsamkeiten finden. Ja, das sind sachpolitische Fragen, die es zu bewerten gilt und bei denen man nicht von vornherein sagen kann: Na, pfui Teufel, die Grünen sind so böse, mit denen gemeinsam werde ich nie einen sach­politischen Antrag mittragen. Was soll denn das!

Ähnliches gilt auch bei der Sozialdemokratie – und auch bei Ihnen, bei der Öster­reichischen Volkspartei. Ich würde doch nie sagen: Mit denen rede ich nicht! Sie tun das. Wenn man nicht redet, dann kann man auch nicht über Sachprobleme reden; da kann man auch keine Sachthemen besprechen. Wenn man, so wie Sie, nicht bereit ist, mit einer Fraktion in diesem Haus Gespräche zu führen, dann dürfen Sie sich auch nicht wundern, wenn man zu keinen Gemeinsamkeiten finden kann. Das ist doch ein logischer Prozess. Da müssen Sie vielleicht einmal nachdenken und in sich gehen, was Sie da im Falle Ihrer gelebten Präpotenz vielleicht falsch gemacht haben.

Wir werden diese Initiativen mit vollstem Bewusstsein mittragen, weil wir froh sind, dass in diesen Fragen endlich Licht ins Dunkel kommen wird. Wir werden in diesen Fragen natürlich auch unseren Wahlversprechen treu bleiben, denn ich habe in den Wahldiskussionen und auch in der Fünferrunde immer gesagt, dass ich da Aufklärung verlange und dass ich auch für den Ausstieg aus dem Vertrag eintrete, wenn es eine kostengünstige Möglichkeit dazu gibt. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glocken­zeichen.)

Ich bleibe meinem Wahlversprechen treu, und auch wir Freiheitlichen tun das. (Beifall bei der FPÖ.)

16.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Scheibner. 10 Minuten Redezeit. – Bitte, Sie sind am Wort.


16.21.46

Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Präsidentin! Liebe Mitglieder der Bundesregierung! Werter Abgeordneter Strache! Wenn da eine gewisse Nervosität aufgetaucht ist, dann stimmt das schon, zumindest was meine Person anlangt. Die ist aber nicht deshalb aufgetreten, weil an diesem Vergabeverfahren irgendetwas falsch gewesen ist, sondern weil es mir als einem, der viele, viele Jahre in der Freiheitlichen


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Partei verantwortlich oder mitverantwortlich für die Sicherheitspolitik gewesen ist, ein bisschen schwer fällt, mit anzuhören, wie sich diese Partei mit ihrem Parteiobmann völlig von den Grundsätzen, die dieses Lager und diese Partei über viele Jahrzehnte gehabt hat, verabschiedet, meine Damen und Herren. Das ist doch in Wirklichkeit das Beunruhigende. (Beifall beim BZÖ. – Zahlreiche Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Dafür sind wir immer gestanden: ohne Wenn und Aber für die Sicherheit des Landes und für die Verteidigung der Heimat einzutreten. (Abg. Strache: Genau! Und nicht für den eigenen Vorteil!) Und wenn man jetzt mit der Neutralität daherkommt – da oben sitzt Kollege Stadler, der ein Programm gemacht hat, in dem man für den NATO-Beitritt eingetreten ist, wo man gesagt hat, die Neutralität ... (Abg. Dr. Graf: Du warst es!) Ja, natürlich! Ja natürlich, aber er war der Verantwortliche für das Programm. Schau, wie sie nervös werden! Jetzt jedoch, wo man aus der Regierung ausscheidet und wieder Oppositionspolitik macht, wirft man das auch über Bord. – Okay, soll sein. (Weitere Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Graf und Mag. Stadler.)

Wir waren immer, ob in der Regierung oder in der Opposition – man sieht, wie nervös Sie auf einmal werden, wenn man Sie an die Grundsätze erinnert –, für die Heimat. Heimat verlangt aber etwas anderes, als irgendwo Parolen voranzutragen, sondern wirklich auch dann dazu zu stehen, wenn es unangenehm ist. Für die Sicherheit einzutreten, vor allem dann, wenn es etwas kostet, ist vielleicht unangenehm.

Ich frage jetzt schon, und zwar alle hier in diesem Hause, die eine besondere Beziehung zum österreichischen Bundesheer haben, die Abgeordneten Gaál, Prähauser, oder die Milizsoldaten, die wir hier haben, den Oberstleutnant Bösch, den Oberst Weinzinger, den Brigadier der Miliz Fichtenbauer: Fühlt man sich da wirklich gut, wenn man bezüglich einer Sache in einem Boot sitzt, obwohl man genau weiß, dass es nicht darum geht, irgendetwas aufzuklären?

Die Argumente, die heute gekommen sind, haben wir hundert Mal durchgekaut, hun­dert Mal in Ausschüssen besprochen. Es sei nichts geredet worden! Im Bundesrat, der normalerweise 5 Minuten-Ausschüsse gehabt hat, ist darüber monatelang diskutiert worden. Alle Leute sind befragt worden. – Immer dieselben Argumente also, die gleichen Fragen, die gleichen Antworten, und man versucht, sozusagen alles ein bisserl durchzumischen, um wieder etwas neu zu unterstellen.

Fühlt man sich da wirklich gut im Boot mit Leuten, die bewusst von diesem Projekt wie davor auch von anderen – jetzt sind es die Abfangjäger, Ende der neunziger Jahre waren es die Panzer – sagen, es sei alles schlecht? Alles, was mit Waffen zu tun hat, was mit Sicherheitspolitik zu tun hat, sei schlecht. Auch das Bundesheer ist schlecht und gehöre in Wahrheit abgeschafft. Ob das jetzt Bundesheer light ist oder sonst irgendetwas, Kasernenschließen – egal, das ist Ihrer Ansicht nach schlecht. Dabei spielt man mit einer gewissen Grundeinstellung bei manchen in der Bevölkerung, die sagen: Solange man die Bedrohung nicht spürt, brauchen wir das alles nicht – und schon gar nicht, wenn es Geld kostet.

Da spielt man mit, wie das ja auch heute in der Rede des Herrn Strache zu hören war. Man sagt, was man mit dem Geld, das man sich hier erspart, alles anschaffen könnte. Das ganze Sozialsystem könnten wir sanieren, wenn man nur nicht so viel – in Klam­mern: leider so wenig – für die eigene Sicherheit aufwenden müsste.

Das sollte sich jeder überlegen, der so wie ich auch einen persönlichen Beitrag zur Sicherheit leistet, wenn er das nächste Mal die Uniform des österreichischen Bundesheeres anzieht, und zwar nicht die Galauniform am Offiziersball, sondern den Feldanzug, wenn es darum geht, Verantwortung zu tragen und auch die eigene Institution Bundesheer genau gegen solche unqualifizierten Angriffe zu schützen! Das soll hier auch einmal ins Stammbuch geschrieben werden. (Beifall bei BZÖ und ÖVP.)


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Mit welchen Argumenten hier vorgegangen wird! Kollege Cap, ich habe kurz einmal aufgehorcht, weil ich mir gedacht habe, jetzt kommt wirklich etwas Neues. Kollege Cap hat gesagt: Heute kommt etwas Neues, Sie werden sehen! (Abg. Ing. Westenthaler: Das Internet hat er entdeckt!) Was bringt er dann? Ins Internet ist er hineingegangen und sagt: Jetzt habe ich den Beweis, dass der Eurofighter Kriegsgerät ist! Was ist der Beweis gewesen? – Eine Bordkanone hat der Eurofighter. Also, wie schlimm, eine Bordkanone, Kollege Cap. Und Sidewinder-Lenkwaffen! Na Katastrophe! – Können Sie sich noch an den Draken erinnern? 1991 hat der nur eine Bordkanone gehabt. Ganz schlimm der Draken! Ein Kriegsgerät, das Sie da angeschafft haben!

Dann aber hat man in der Slowenien-Krise gesehen, dass es vielleicht doch nicht so gescheit ist, wenn man unsere Piloten mit diesen Flugzeugen möglicherweise in eine Konfrontation gehen lässt mit Flugzeugen, die solche Lenkwaffen haben und unsere Geräte kilometerweit – Sie haben das ja auch als Beweis für Kriegsgerät gezeigt – gefährden können. Damals hat man sogar die Neutralitätsbestimmungen und den Staatsvertrag ändern müssen, um Lenkwaffen anschaffen zu können.

Also, Herr Kollege Cap, haben wir jetzt mit den Draken Kriegsgerät gehabt? Haben Sie Kriegsgerät für das österreichische Bundesheer angeschafft? Ja oder nein. – Nein? – Okay, dann ist der Eurofighter, den wir beschaffen, auch kein Kriegsgerät. – Oder ja? – Dann müssen Sie sich selber bei der Nase nehmen. Führen Sie hier nicht so eine unseriöse Argumentationslinie weiter, wie wir das schon in den letzten Jahren gehabt haben. (Beifall bei BZÖ und ÖVP.)

Und dann behaupten Sie, man habe noch nie Stellung genommen zum EU-Beitrag. Nehmen Sie doch endlich die Ohrstöpsel heraus, Herr Kollege Cap, wenn wir Ihnen hier antworten! Ich habe hier schon mehrfach ganz offen gesagt, dass es aus meiner Sicht vernünftig wäre – und das hat übrigens auch der ehemalige Wehrsprecher der FPÖ, Jung, gesagt –, dass Österreich einen Beitrag zur Luftraumüberwachung in das europäische Sicherheitskonzept einbringen würde, denn dieser hoch technisierte Beitrag würde es uns ersparen, viele tausende Soldaten entsprechend einzumelden. Die von Ihnen geführte Regierung hat sich dazu entschieden und verpflichtet, einen eigenen Beitrag zu leisten. Ich sage Ihnen: Mit 18 Flugzeugen geht das nicht, aber mit dieser Entscheidung für den Eurofighter haben wir uns auch für ein Entwick­lungs­potential entschieden, dass künftige Bundesregierungen nützen können.

Immer, wenn Sie von der SPÖ in einer Regierung sind, ist das alles anders. Sie, Kollege Gaál, haben gesagt, mit Ihnen hätte nie jemand darüber geredet. – Ich erinnere mich an den Entwurf eines Regierungsprogramms aus dem Jahr 2000, in dem ihr die Beschaffung für die Abfangjäger schon ausgemacht gehabt habt. – Also so ist es ja nicht. Wenn Sie von der SPÖ in der Regierung sind, dann ist es selbst­verständlich, denn dann weiß man um die staatspolitische Verantwortung, wenn Sie jedoch in der Opposition sind, dann schüren Sie ganz bewusst die Stimmung gegen das österreichische Bundesheer.

Wenn Sie von Alternativen sprechen – das habe ich heute wieder mehrfach gehört –, dann sagen Sie doch bitte dazu, welche Alternativen es gibt. Nun gut, ich habe schon auch Alternativen gehört: nur Lenkwaffenfliegerabwehr, Lenkwaffen und Radar. Also zuerst abschießen und dann fragen, ob das jetzt gerechtfertigt gewesen ist oder nicht. Das war Herr Kostelka; Kostelka hat das gebracht. Jetzt im Wahlkampf haben wir gehört – ich glaube, Kollege Darabos war es, der das gesagt hat –, andere Länder sollen das für uns mitmachen, ein bündnisfreies Land. Na ja, Tschechien und Ungarn, hat man gesagt, will man nicht. Ich weiß nicht, warum. Wenn schon, dann sind das doch befreundete Länder, aber nein, das will man nicht. Die Schweiz! Wunderbar! Die Schweiz hat Ihnen ja schon die Antwort gegeben und gesagt, dass sie ein neutrales Land ist und diese Aufgabe für Österreich selbstverständlich nicht übernehmen kann.


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Ich sage Ihnen auch ganz offen, dass das auch eine sehr teure Lösung wäre, weil das alles keinesfalls gratis wäre. Und ich sage Ihnen, ich investiere dieses Geld lieber in eigenes Gerät, in eigene Kapazitäten und entscheide dann selbst darüber, wo, wann und wie unsere eigenen Geräte mit unseren eigenen Piloten eingesetzt werden. Das ist eben auch eine andere Sicht der Dinge. Sie können es auch so machen wie Slo­wenien. Die sind NATO-Mitglied, und die kommen jetzt drauf, dass dann die NATO darüber entscheidet, wann der Luftraum überwacht wird. Das ist also auch kein wirklich zu unterstützendes Argument in diesem Bereich.

Jetzt gibt es Entschließungsanträge. Einen „epochalen“ Entschließungsantrag Gaál, Pilz, Strache, Kräuter, Kogler, Rosenkranz, in dem es heißt, man solle die Eurofighter-Vertrag kostengünstig auflösen. – Wir haben gerade gehört, der Ausstieg kostet 1 Milliarde €. (Abg. Strache: Das wird behauptet!) Ist das kostengünstig oder nicht? Die werden ja schon produziert, lieber Kollege! (Abg. Strache: Das wird behauptet!) Die stehen zum Teil schon in den Fabrikshallen. Wo soll man da aussteigen?

Der Differenzbetrag soll dann für alles Mögliche verwendet werden. Da gibt es einen Antrag – den wird wahrscheinlich Kollege Pilz einbringen –, dass man dafür die Studien­gebühren abschaffen soll. 140 Millionen € pro Jahr bringen die Studien­gebüh­ren. Wenn Sie auf eine billigere Variante umschwenken – das waren höchstens 5 Prozent oder 10 Prozent Kostendifferenz; ich weiß es nicht mehr so ganz genau –, erspart man sich zwischen 10 Millionen € und 20 Millionen € pro Jahr. Dazu kommt dann noch 1 Milliarde € für den Ausstieg. Das ist also ein teures Geschäft. Jedenfalls würde man damit nie die Studiengebühren kompensieren können.

Sie wollen noch die Klassenschülerhöchstzahlen reduzieren um dieses Geld. Die SPÖ will die Pensionen garantieren und Arbeitsplätze schaffen. Das alles mit 10 bis 20 Millionen € pro Jahr. Wunderbar! Wenn Sie das zusammenbringen, dann bin ich der Erste, der da steht und für diese Regierung seine Stimme abgibt, denn dann sind Sie wirklich Genies, wenn Sie es zusammenbringen, mit einer Ersparnis von 10 bis 20 Millionen € pro Jahr das gesamte Sozialsystem in Österreich zu sanieren.

Wir gehen einen anderen Weg. (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.) Wir stehen dazu: Kontrolle ja, aber zu parteipolitischem Ausspielen der Sicherheit des Landes ein klares Nein, denn wir stehen ohne Wenn und Aber zur österreichischen Landesverteidigung. (Beifall bei BZÖ und ÖVP.)

16.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kräuter zu Wort. Wunschredezeit: 7 Minuten. – Bitte.


16.32.16

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Werte Frau Präsidentin! Meine Dame, meine Herren auf der Regierungsbank! Hohes Haus! Bevor ich mich mit den Kontroll­überlegungen des Kollegen Scheibner und des BZÖ beschäftige, möchte ich, Herr Bundesminister für Landesverteidigung Platter, Ihr ehrliches Engagement für das Bun­desheer, für die Landesverteidigung durchaus anerkennen. Sie setzen allerdings falsche Prioritäten, und der Eurofighter ist so eine falsche Priorität.

Herr Minister, ich kann Ihnen natürlich auch Vorwürfe nicht ersparen. Dem Bundes­präsidenten bei Nacht und Nebel Teile des Kaufvertrags wie einen Topf heiße Erdäpfel hinstellen – Herr Minister, geht so ein Landesverteidigungsminister mit dem Ober­befehls­haber des Bundesheeres um? (Rufe bei der SPÖ: Nein!)

Oder, Herr Minister: Sie haben am 18. Juli 2003 in der „Zeit im Bild 2“ aus einem Rechnungshof-Rohbericht nur für die Regierung günstige Passagen zitiert, obwohl der Rechnungshof – das war am 18. Juli 2003 – ebenfalls gesagt hat, dass die Eurofighter


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nur eingeschränkt tauglich sind und vieles nicht nachvollziehbar ist. Herr Minister, kann man das dem Rechnungshof und kann man das dem Parlament zumuten? (Rufe bei der SPÖ: Nein!)

Oder, Herr Bundesminister: Sie haben immer wieder gesagt, alles sei korrekt, rechtlich einwandfrei, transparent – und dennoch bleiben Sie dann Antworten schuldig. Es ist immer alles unvollständig, nicht ausreichend, nicht nachvollziehbar. Kann man das der Bevölkerung zumuten? Kann man das der Steuerzahlerin und dem Steuerzahler zumuten?

Meine Damen und Herren! Wenn noch eine letzte Bestätigung für die unverzichtbare Notwendigkeit dieses Untersuchungsausschuss gefehlt hat, dann waren es heute die fehlenden Antworten des Herrn Bundesministers. Herr Minister Platter, Sie sind hier vor dem Nationalrat, dem höchsten Kontrollorgan der Republik Österreich, und wenn Sie hier die Antworten verweigern, so kann nur ein Untersuchungsausschuss diese Aufgabe leisten. (Präsident Dr. Spindelegger übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Das letzte Argument, das Sie so sehr gegen einen Untersuchungsausschuss strapazieren, ist, dass der Rechnungshof drei Mal geprüft hat und alles wunderbar in Ordnung sei. – Ja was sagt denn der Rechnungshof dazu? Nur hinsichtlich der Gebarung hat er geprüft. Nur eine Vertragseite, nämlich die öffentliche Hand hat er geprüft, nur Teilaspekte hat er geprüft – und das alles ohne Wahrheitspflicht und ohne Prüfung der politischen Verantwortung, wie das nur ein Untersuchungsausschuss leisten kann.

Wissen Sie, wer das gesagt hat, Herr Minister und meine Damen und Herren? – Ja, Rechnungshofpräsident Josef Moser selbst. Und es war vor wenigen Tagen, nämlich am 27. Oktober 2006. Ich bitte also wirklich, dieses wenig originelle Argument, der Rechnungshof habe geprüft und alles sei in Ordnung, hier endgültig nicht mehr zu verwenden, weil es einfach ein untaugliches Argument ist und nicht der Realität entspricht!

Meine Damen und Herren! Bundeskanzler Wolfgang Schüssel hat am 21. Mai 2003 zu den Verträgen Stellung genommen. Ausdrückliches Lob zollte der Bundeskanzler den ausverhandelten Verträgen, heißt es. Ein großartiges Verhandlungsergebnis sei dies, und die Regierung habe hier einen glasklaren, transparenten Weg gewählt.

Also „großartiges Verhandlungsergebnis“ und „glasklarer transparenter Weg“. –Ent­schuldigen Sie schon, meine Damen und Herren, was spricht denn dann gegen einen Untersuchungsausschuss, wenn großartig verhandelt wurde und wenn ohnehin alles glasklar und transparent ist?

Kurz zum BZÖ und zur Rolle des Kärntner Landeshauptmanns. Ursprünglich hat er ja plakatiert: „Jörg Haider stoppt die Abfangjäger“. Ein bissel später ist er dann ein glühender Verehrer des Eurofighter geworden, und dann hat er auf einmal im „NEWS“ gesagt: Mir fehlen Beweise, aber irgendwer hat Vorteile gezogen. – Lohnt sich Verrat?

Herr Scheibner, wollen wir Herrn Haider nicht aus seinem Beweisnotstand heraus­helfen? Wollen wir nicht die Zweifel von Jörg Haider ausräumen? Wollen Sie nicht – ich bitte Sie, das wirklich zu überlegen – dem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungs­ausschusses zustimmen? Wollen Sie als künftige Oppositionspartei wirklich so einen kapitalen Fehlstart hinlegen und die Glaubwürdigkeit Ihrer Gruppe schon am ersten Tag hier selbst vernichten? Das kann doch nicht wirklich Ihr Ansinnen und Ihre Absicht sein! (Abg. Öllinger: Die machen es glatt!)

Meine Damen und Herren! Ich bin seit 1991 hier im Haus und der dienstälteste Abgeordnete im Kontrollbereich. Ich kenne wirklich viele Facetten des politischen Alltags, acht Jahre lang als Abgeordneter einer Regierungspartei, sechs Jahre lang als


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Oppositionsabgeordneter, aber sollte uns Abgeordnete, Herr Kollege Scheibner, nicht eines verbinden: dass nämlich unsere wichtigste Aufgabe ist, die Regierung zu kon­trollieren, und zwar unabhängig von der Parteizugehörigkeit. Ist das nicht geradezu eine demokratische Verpflichtung und im Interesse des Steuerzahlers? (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist eine Bewerbungsrede für einen Ministerposten!)

Meine Damen und Herren – vor allem auch die, die heute, wozu ich herzlich gratuliere, neu angelobt wurden –: Ist es nicht letztendlich auch eine Frage der politischen Selbstachtung, wie man hier seine Rolle begreift?

Wie soll jetzt dieser Untersuchungsausschuss ausschauen? Wie soll er verlaufen? Auf jeden Fall ganz anders als der BAWAG-Ausschuss in den letzten Wochen und Monaten, denn dieser Ausschuss ist als Wahlkampfinstrument eingesetzt worden, was Termine, Zeugen und die Vorsitzführung betrifft. (Abg. Ing. Westenthaler: Eh klar!) Diese war zumindest einseitig, um das vorsichtig auszudrücken. Ich garantiere für die SPÖ, dass im Eurofighter-Untersuchungsausschuss mit Fairness, mit Ausgewogenheit und Respekt vor den Zeugen verhandelt, eine sachliche und professionelle parla­mentarische Arbeit geleistet werden wird. (Abg. Murauer: Wer es glaubt, wird selig!)

Meine Damen und Herren, legen wir daher am Beginn dieser neuen Legislaturperiode ein Bekenntnis ab zum Parlamentarismus und verneigen wir uns auch mit Respekt und Demut vor der Bevölkerung, die diese Untersuchung haben will – und beschließen wir gemeinsam diesen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

16.38


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Murauer mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 6 Minuten. – Bitte, Herr Kollege. (Abg. Öllinger – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Murauer –: Das wird schwierig jetzt, Kollege Murauer!)


16.38.17

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Es wird sicher schwierig, Ihnen beizubringen, dass es bei der Typenentscheidung keinen Makel gibt. Das ist die Schwierigkeit, die wir hier in diesem Hohen Haus haben. (Beifall bei ÖVP und BZÖ. – Abg. Mag. Stoisits: Die Gelegenheit dazu ist Ihnen hiermit gegeben!)

Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren auf der Regierungsbank! Es ist – Sie haben Recht, Herr Öllinger – eine sonderbare Situation: Am Vormittag hat jede Abgeordnete/jeder Abgeordnete gelobt, die Verfassung ent­sprechend zu berücksichtigen und als Abgeordneter unabhängig zu wirken und die Verfassung anzuerkennen. Und am Nachmittag gibt es schon einen Entschließungs­antrag der Abgeordneten Gaál, Pilz, Strache – Strache schon dabei natürlich, er weiß schon alles, obwohl er erst ein paar Stunden herinnen ist, „Oberbeleuchter“ hat er ge­sagt –, Kräuter, Kogler und Rosenkranz zum Eurofighter-Ausstieg. (Abg. Mag. Stadler: Schon so lange herinnen und begreift noch immer nichts!)

Meine Damen und Herren! Die Position ist schon sehr interessant, die Neutralität immer hochzuhalten und die Verfassung entsprechend darzustellen – aber auf der anderen Seite zu sagen: Herrschaften, mit der Landesverteidigung, die auch eine Luft­raumüberwachung vorsieht, mit der wollen wir nichts zu tun haben! Und jetzt gar die Typenentscheidung für den Eurofighter, das hat sich irgendwer in der Nacht einfallen lassen, vielleicht der Herr Minister oder die Generäle, die hier mithorchen und staunen, welch neue Erkenntnisse Einzelne hier vorbringen. (Abg. Strache: Das kommt der Wahrheit womöglich schon recht nahe!) Da ist überhaupt nichts Neues dabei.


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Herr Bundesminister Platter, ich bewundere Sie! Mit stoischer Ruhe, mit einer Ge­nauig­keit, mit einer Geduld geben Sie immer wieder Auskunft, präzise Auskunft, umfas­sende Auskunft. Und dann stellt sich der eine oder andere wieder her und sagt: Wenn wir andere Flugzeuge hätten, wenn wir andere Fluggeräte hätten! Aber keiner sagt, welche. Keiner sagt es: Herr Strache nicht, Herr Gaál nicht, Herr Pilz nicht oder wer sich sonst aller zu Wort gemeldet hat.

Welche Flugzeuge möchten Sie denn? Stellen Sie sich hier heraus und sagen Sie, wir möchten irgendwelche – weiß ich nicht – Flugzeuge, denn die sind gescheiter, schnel­ler, besser und so weiter. Ihnen ist der Eurofighter zu schnell, den anderen ist er technisch zu hochstehend und so weiter.

So hat jeder seine besonderen Gründe, warum diese sonderbare Allianz zustande gekommen ist. Auf der einen Seite der Herr Gusenbauer. Er erzählt uns immer, dass er doch gerne mit der ÖVP eine Koalition eingehen möchte und was er nicht alles im Volk schon erzählt und wie er im Volk diese Koalition darstellt, und jetzt serviert er uns einen Untersuchungsausschuss, obwohl man weiß, dass der Rechnungshof geprüft hat. Viele zweifeln mittlerweile die Prüfungskompetenz des Rechnungshofes an, nicht?

Herr Kräuter sagt, der Rechnungshof prüft wohl, aber nicht alles, nur ein Unter­suchungsausschuss ist in der Lage, tatsächlich zu prüfen. Wir haben einen Unter­ausschuss, wir haben Dringliche Anfragen gehabt, wir haben uns mit den Prüfberichten des Rechnungshofes auseinandergesetzt, und zwar nicht einmal und nicht zweimal, sondern x-mal, und haben dann doch allesamt gesehen, dass diese Verträge, dass diese Beschaffung nicht eine Ausstiegsbeschaffung ist, sondern ein Kauf von Flug­zeugen, die unseren Luftraum überwachen sollen.

Wissen Sie, was ich glaube, geschätzte Damen und Herren von der sozialistischen Fraktion? Sie wollen diese Koalition nicht. Sie wollen aussteigen, Sie wollen uns sagen: Mit der ÖVP wollen wir gar nicht koalieren, auch wenn wir vor der Bevölkerung anders tun! Das ist die Wahrheit! (Beifall bei ÖVP und BZÖ. – Abg. Mag. Molterer: So ist es!)

So haben alle drei Parteien dieser sonderbaren Koalition ihre besonderen Gründe. Das sind zum einen die Grünen natürlich. Der Nächste ist der Herr Pilz, der herauskommen wird, der sowieso alles skandalisieren will. Da wird er wieder einen Zettel haben, auf dem es steht. Keiner kann es lesen, weil es zu weit weg ist. (Ironische Heiterkeit bei den Grünen.) Er hat alle Beweise, und er hat wieder mit allen gesprochen, die ihm etwas gesagt haben, aber geheim und nur im Vertrauen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Kogler.) Das weiß nur der Herr Pilz, was alles hier verkehrt ist an Manipulation, an Geschenkannahme und so weiter. Das wird er uns dann erzählen.

Das Ziel der Grünen ist es, das Militär abzuschaffen, die Landesverteidigung, die Militärs zu unterminieren, weil sie das nicht wollen. Das sagt Herr Pilz, das schreibt er, das erzählen uns die Grünen. – Das ist der eine Zugang dieser Allianz.

Der zweite Zugang ist natürlich der des Herrn Strache und der Freiheitlichen Partei. Die wollen dem Scheibner eins auswischen (Abg. Strache: Da stecken schon Sie mit drinnen!), da heißt es: Der Scheibner war Verteidigungsminister, da haben wir uns jetzt auseinander gearbeitet, und das ist die Gelegenheit, dass wir ihm eine geben, also sind wir einmal für diesen Untersuchungsausschuss! – So weit blicken wir da schon durch, Herr Strache. (Abg. Strache: Da steckt schon die ÖVP mit drinnen!)

Die Sozialisten können sich auf Grund ihrer Verwicklungen – da nenne ich jetzt gar nicht die BAWAG, sondern Noricum oder AKH und so weiter – einfach nicht vorstellen, dass man so große Beschaffungen ohne Geschenkannahme, ohne Manipulation machen kann. Sie meinen: Da muss jemand mitschneiden, denn bei uns hat noch jeder irgendwo


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mitgeschnitten! Also muss das auch da der Fall sein, so Ihre Ansicht. (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

So gibt es eine Koalition, die sehr eigenartig ist, wo im Vorfeld einer vom anderen schon gesagt hat: Um Gottes Willen, Grüne und Freiheitliche!

Herr Professor Van der Bellen! Herr Oberbeleuchter Strache! (Heiterkeit bei der ÖVP.) Geht schon! Gemeinsames Interesse, jeder hat sein Ziel – und schon sind Sie beisammen!

Und die Sozialisten können das natürlich brauchen, um – aus einer Überlegung heraus, mit der ÖVP eine Regierung zustande zu bringen – einen schönen Ausstieg zu haben.

Meine Damen und Herren! Mit uns in dieser Form sicher nicht! Die Sicherheit unseres Landes soll nicht darunter leiden – und schon gar nicht wegen Ihrer parteipolitischen Spiele! (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

16.45


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster zur Wort gemeldet ist Herr Abge­ordneter Dr. Pilz mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 8 Minuten. – Herr Kollege, bitte.


16.45.49

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Abgeordnete Murauer hat mit dem bemerkenswerten Ausruf seine Rede beendet: Mit uns nicht! Das hat bis zum 1. Oktober etwas anderes bedeutet, nämlich, dass ohne Sie in diesem Haus nichts beschlossen werden kann. Heute heißt ein ÖVP-Mit-uns-nicht, dann halt ohne Sie. Das ist ja kein Problem. (Abg. Mag. Molterer: Okay! Jawohl! Aber mit dem Herrn Strache!) Seit heute, ab diesem 30. Oktober müssen Sie sich daran gewöhnen, dass der Nationalrat anders funk­tioniert, dass er kein willenloses Anhängsel einer alleinherrschenden Partei mit ein paar Abgeordneten, Bodyguards oder was immer ist, sondern dass es jetzt andere Verhältnisse gibt.

Ich hoffe – das richtet sich an die Sozialdemokraten und Sozialdemokratinnen –, dass das nicht ein Fenster eines freien Nationalrates in einer Übergangsphase ist, sondern dass jetzt einmal etwas passiert, dass sich etwas ändert, dass der Nationalrat gestärkt wird, dass die Geschäftsordnung geändert wird, dass die politischen Ankündigungen der neugewählten Frau Präsidentin auch realisiert werden.

Zweitens: Die Dringliche Anfrage der SPÖ ist vom Staatsorgan Platter beantwortet worden. Staatsorgan Platter – das ist überhaupt kein abfälliger Begriff, weil er vom Herrn Bundeskanzler in die politische Debatte eingeführt worden ist –, also Staats­organ Platter hat im Nationalrat immer eines erklärt: Dem Nationalrat steht der Einblick in den Eurofighter-Vertrag nicht zu. – Jetzt hat aber Staatsorgan Platter dem Staats­organ Schüssel, das derzeit ein wechselndes Bundeskanzler-Staatsorgan und Abge­ord­neten-Staatsorgan Schüssel ist, den Eurofighter-Vertrag gegeben, und das Staats­organ Schüssel hat den Abgeordneten Gusenbauer zum Staatsorgan ernannt und ihm den Eurofighter-Vertrag zum Studium übergeben.

Ist das Amtsverschwiegenheit? Ist das der Umgang mit vertraulichen Verträgen: dass man sagt, der Nationalrat darf nichts davon erfahren, aber ab und zu wird nach Gefälligkeit vom Bundeskanzler jemand zum Staatsorgan geschlagen und bekommt dann den Eurofighter-Vertrag? (Abg. Öllinger: Fasslabend ist auch ein Staatsorgan!) Nach dem tiefen Wissen des Abgeordneten Fasslabend vermute ich das Geheim­staatsorgan Fasslabend. Und offensichtlich dürfte es noch einige versteckte Staatsorgane in den Reihen der Österreichischen Volkspartei geben.


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Ich schlage vor: Hören wir auf mit diesen komplizierten Staatsorganernennungen! Bringen wir die Geschichte in einen Untersuchungsausschuss! Vor dem Unter­suchungs­ausschuss sind alle Zeugen und Zeuginnen gleich, und es wird den Eurofighter-Vertrag als eines von vielen Dokumenten sofort geben. (Beifall bei den Grünen.)

Dritter Punkt: die Zahlen des Herbert Scheibner, der nicht erst als Abgeordneter das Rechnen verlernt hat, sondern damals als Verteidigungsminister auch so seine Schwierig­keiten hatte.

Ich bringe einen Entschließungsantrag ein und werde ihn dann mit Zahlen, Kollege Scheibner, begründen.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Van der Bellen, Brosz, Grünewald, Pilz, Freundinnen und Freunde

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, die durch die Stornierung des Eurofighter-Ankaufs frei werdenden Budgetmittel zur Behebung der Bildungsmisere in den Schul- und Universitätsbereich zu investieren.

Die frei werdenden Budgetmittel sollen insbesondere in folgende Maßnahmen fließen:

1. Senkung der KlassenschülerInnenhöchstzahl im Pflichtschulbereich ab dem Schul­jahr 2007/2008 auf 25

2. Abschaffung der Studiengebühren bereits mit Beginn des Sommersemesters 2007 bei gleichzeitiger Sicherstellung der Ersatzfinanzierung für die Universitäten.

*****

Wo ist der Zusammenhang zur Eurofighter-Beschaffung? (Abg. Murauer: Gar keiner!) Das ist ganz einfach. Niemand von uns will, dass das Budgetdefizit mutwillig vergrößert wird, niemand von uns denkt – egal, ob Regierung oder Opposition – an radikale Steuererhöhungen, was bleibt, ist Umschichtung innerhalb des Budgets. – So.

Wie hoch ist das Einsparungspotential bei der Luftraumüberwachung in Friedens­zeiten, das heißt beim anspruchsvollen Projekt, mit Düsenjägern einen Fotoapparat in die Nähe eines unbekannten Flugobjektes zu bringen, dort den Auslöser möglichst mehrere Male betätigen zu lassen und dann das Flugzeug samt Kamera unbeschädigt zur Landung zu bringen? Samt anschließender Auswertung der Photographie selbst­verständlich. (Abg. Öllinger: Das macht man digital!)

Eurofighter: In den ersten zehn Jahren inklusive Betriebskosten 300 Millionen € pro Jahr. 230 Millionen sind der Kaufpreis plus sonstige Systemkosten, 70 Millionen die uns bereits bekannten Betriebskosten. Was kostet die derzeitige Ersatzlösung? – Laut Auskunft des Landesverteidigungsministeriums: Leasing der F 5 von der Schweizer Luftwaffe, inklusive Betriebskosten: 17 Millionen € pro Jahr. Differenz: 283 Millionen € pro Jahr.

Das ist die Grasser-Differenz, und der Untersuchungsausschuss wird die Chance haben, zu belegen, warum der Finanzminister in der noch amtierenden Regierung der Hauptverantwortliche für die nutzlose und aus der Sache nicht begründbare Ver­schwendung von 283 Millionen € pro Jahr für die folgenden zehn Jahre ist.


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Und deswegen gibt es heute einen Entschließungsantrag, der über die Anträge auf Untersuchungsausschuss hinausgeht – der ist bereits vom Kollegen Gaál eingebracht und verlesen worden –, und ich ersuche den Verteidigungsminister, ihn nicht nur ernst zu nehmen, sondern auch auf das mögliche mehrheitliche Ansinnen des Nationalrates zu antworten.

Wir schlagen vor und fordern die Vorbereitung und Durchführung des Vertrags­ausstieges. Wir schlagen vor und fordern, dass Vertragsverhandlungen mit der Eurofighter GmbH, dem deutschen Verteidigungsministerium und anderen sofort beendet, zumindest unterbrochen werden. Und wir verlangen, dass keine weiteren Leistungen der Eurofighter GmbH abgenommen werden, weil laut Teil A, Punkt 28.1. des Kaufvertrages erst abgenommene Leistungen der Eurofighter GmbH zu zwingen­den Zahlungen der Republik Österreich führen.

Alles, was Sie jetzt, von heute weg, noch abnehmen, Herr Verteidigungsminister, fällt gegen eine mögliche Mehrheit des Nationalrates in Ihre persönliche Verantwortung, und ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass nach einer möglichen mehrheitlichen Beschlussfassung dieses Antrages sich für Ihre Amtsführung die Situation grundlegend ändert. Sie können nicht einfach so weitermachen und sagen, „der Nationalrat hat ...“, Sie werden ab heute Abend, spätestens morgen, die Frage beantworten müssen, ob Sie der Mehrheit des Nationalrates Folge leisten und diesen Entschließungsantrag umsetzen und ob Sie insbesondere bereit sind, diesen zwei konkreten Punkten zu folgen.

Wenn nicht, dann ist es sehr wichtig, in jeder Hinsicht, politisch und rechtlich, zu prüfen, welche zusätzlichen Verantwortungen Sie politisch, aber auch persönlich damit übernehmen.

Der Nationalrat wird heute – es ist schon von der Würde dieses Hauses gesprochen worden – in einer besonders wichtigen Frage seiner akuten Verantwortlichkeit in einer der größten Fehlinvestitionen der Zweiten Republik Rechnung tragen. Sie sollten das auch ernst nehmen. Wenn es hier Beschlüsse gibt, wenn bei Gefahr im Verzug der Nationalrat die Notbremse zieht, dann liegt es bei Ihnen, Herr Verteidigungsminister, und bei Ihnen, Herr Bundeskanzler, zu beurteilen, ob Sie gegen eine Mehrheit des Nationalrates am Eurofighter festhalten oder ob auch bei Ihnen endlich sicher­heitspolitisch und budgetpolitisch ein Mindestmaß an Vernunft einkehrt. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

16.54


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Der soeben eingebrachte Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen ist genügend unter­stützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Van der Bellen, Brosz, Grünewald, Pilz, Freundinnen und Freunde betreffend Behebung der Bildungsmisere mit frei werdenden Mitteln aus der Stornie­rung des Eurofighter-Kaufvertrags, eingebracht im Zuge der Debatte über die Dring­liche Anfrage an den Verteidigungsminister betreffend „Ausstieg aus dem Eurofighter­vertrag“

2,3 Milliarden Euro für Eurofighter?


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Da die budgetären Möglichkeiten beschränkt und zusätzliche Ausgaben dadurch nur bedingt möglich sind, müssen Prioritäten gesetzt werden. Zusätzliche Bildungsaus­gaben sollen auch durch Einsparungen in anderen Bereichen finanziert werden. Ein einzelnes Vorhaben ermöglicht dabei Umschichtungen in besonders hohem Ausmaß: die geplante und vertraglich vereinbarte Beschaffung von 18 Kampfflugzeugen der Firma „Eurofighter“. Allein im Jahr 2007 wäre eine doppelte Jahresrate fällig, daher könnte man bei einer Stornierung des Kaufvertrages allein im kommenden Jahr über 400 Mio. Euro einsparen.

Art. 18.2 aus Teil A des Eurofighter-Kaufvertrags lautet: „Das BMLV kann vom Vertrag jederzeit zur Gänze oder teilweise durch schriftliche Mitteilung zurücktreten.“ In diesem Fall hat das BMLV der Firma Eurofighter alle bereits erbrachten Leistungen zu bezahlen. Da durch die Unfähigkeit der Firma „Eurofighter“, die vertraglich vereinbarten Flugzeuge der Tranche 2 zum vereinbarten Zeitpunkt zu liefern, am 1. Juli 2007 Flugzeuge der Tranche 1, die für die Eurofighter-„Partnerstaaten“ (Deutschland, Groß­britannien, Spanien, Italien) derzeit hergestellt werden, als Ersatz geliefert werden sollen, werden derzeit von Eurofighter keine Flugzeuge für das BMLV produziert. Eine Kündigung des Vertrags seitens des BMLV bedeutet daher nur, dass die in Herstellung befindlichen Flugzeuge direkt an die vier Bestellerstaaten geliefert werden können. Da für den Fall des Rücktritts vom Vertrag von der Firma Eurofighter nur Leistungen, die im Zusammenhang mit der Produktion der Flugzeuge erbracht werden, in Rechnung gestellt werden können, kann das BMLV derzeit ohne Zahlung an die Firma „Eurofighter“ den Vertrag kündigen.

Derzeit funktioniert die Überwachung des österreichischen Luftraums mit geleasten F5. Die jährlichen Kosten dafür betragen 17 Millionen Euro. Die damit vergleichbaren jährlichen Kosten für Finanzierung und Betrieb des Systems „Eurofighter“ betragen rund 300 Millionen Euro.

Es spricht daher alles dafür, notwendige Mittel für zwei der wichtigsten Maßnahmen im Bildungssystem, nämlich die Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen in den Pflicht­schulen auf 25 mit Beginn des nächsten Schuljahres und die sofortige Abschaffung der Studiengebühren bei gleichzeitiger Ersatzfinanzierung für die Universitäten durch sofort wirksame Einsparungen in Folge des Ausstiegs aus dem Eurofightervertrag sicher zu stellen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, die durch die Stornierung des Eurofighter-Ankaufs frei werdenden Budgetmittel zur Behebung der Bildungsmisere in den Schul- und Universitätsbereich zu investieren.

Die frei werdenden Budgetmittel sollen insbesondere in folgende Maßnahmen fließen:

1. Senkung der KlassenschülerInnenhöchstzahl im Pflichtschulbereich ab dem Schuljahr 2007/08 auf 25

2. Abschaffung der Studiengebühren bereits mit Beginn des Sommersemesters 2007 bei gleichzeitiger Sicherstellung der Ersatzfinanzierung für die Universitäten.


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*****


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Ab­geordneter Mag. Stadler mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 8 Minu­ten. – Bitte, Herr Kollege.


16.54.44

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Parlament hat verfassungsmäßige Auskunftsrechte, und diese Auskunftsrechte zu negieren, ist regelmäßig ein Ausdruck der Missachtung dieses Parlaments, mein lieber Kollege Werner Fasslabend, meine Damen und Herren. (Beifall bei der FPÖ.)

Das, was Sie seit jetzt nunmehr schon Monaten und Jahren mit diesem Haus in der Sache Eurofighter aufführen, ist, gelinde gesagt, eine gröbliche Missachtung des frei gewählten Souveräns dieser Republik, meine Damen und Herren. Und nun frage ich Sie, wer sich hier verfassungskonform und wer sich verfassungswidrig verhält: Jene, die Aufklärung verlangen, ihre verfassungsmäßigen Rechte in Anspruch nehmen, oder jene, die Sie mit Füßen treten, Herr Kollege Fasslabend?

Überhaupt, lieber Werner Fasslabend, hättest du besser geschwiegen – si tacuis­ses ..., um mit Boethius zu sprechen –, denn an dich müsste die Frage gerichtet werden, ob es nicht vernünftiger ist, jetzt noch Möglichkeiten des Ausstiegs zu untersuchen, anstatt einen ähnlichen Fehler zu begehen, wie du ihn begangen hast, als du für 500 Millionen deine Leopard-Panzer angeschafft hast, die wir heute auf der Schrotthalde haben. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist daher ein legitimes Recht dieses Hauses, das zu untersuchen, auch wenn Sie, meine Damen und Herren, mit der ersatzmonarchischen Attitüde kommen: „Derfen’s denn des?“, wie seinerzeit Ferdinand der Gütige oder, wie er im Volksmund genannt wurde, Gütinand der Fertige gesagt hat: Derfen’s denn des, eine Revolution machen? – Darf das Haus einen Antrag mit Mehrheit gegen die ÖVP beschließen? Die nächste Frage ist: Darf das Wahlvolk der Österreichischen Volkspartei Mandate wegnehmen? Meine Damen und Herren, ich sage es Ihnen ganz einfach. Sowohl die einen wie die anderen dürfen.

Daher: Ihre Versuche, aus diesem Eurofighter-Untersuchungsausschuss ein Aus­stiegs­szenario für die Koalitionsverhandlungen zu machen, weil sich der Wähler geirrt hat und ihr gottgegebenes Recht auf ewige Regierungsmacht damit negiert hat, dieses Spiel wird nicht gespielt werden, meine Damen und Herren. Wir haben ein Recht auf Aufklärung und die Österreicherinnen und Österreicher ebenfalls. (Beifall bei der FPÖ.)

Diese Geheimniskrämerei, die Sie hier mit diesem Vertrag veranstalten, macht Sie regelrecht verdächtig. Die macht Sie verdächtig, meine Damen und Herren, und daher brauchen Sie auch nicht von einem Tribunal zu reden, denn selbst wenn es ein Tribunal wäre, sage ich Ihnen in aller Form: Wenn dieses Tribunal verfassungsmäßig vorgesehen ist, dann ist auch die Einsetzung dieses Tribunals in Ordnung, meine Damen und Herren, Hohes Haus.

Seien Sie daher nicht so larmoyant! Ihr schlechtes Gewissen hat heute schon die nächste Stilblüte getragen. Präsident Khol hat noch im Abgang dem österreichischen Rundfunk, dem ORF, verboten, diese Debatte live zu übertragen, meine Damen und Herren. Sie wissen das.


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Daher hat man nur Grund, beim Eurofighter zuzudecken, zu blockieren, Informations­rechte zu negieren und das Hohe Haus an der Nase herumzuführen und die öster­reichische Öffentlichkeit dazu.

Herr Kollege Fasslabend, kein guter Dienst, den Sie sich heute erwiesen haben. Wenn Sie einer der Wenigen sind, die das Recht darauf hatten, das exklusive, fast schon aristokratische Recht, in den Vertrag Einsicht nehmen zu dürfen, dass der Herr Bun­desminister in verfassungswidriger Weise unter falscher Berufung auf die Amtsver­schwiegenheit diesem Haus vorenthält, wenn Sie dieses Recht hatten, dann verlange ich die Gleichbehandlung dieses Hauses. Ich verlange ebenfalls das Recht, dass jeder von diesen 183 gewählten Abgeordneten Einsicht nehmen darf, meine Damen und Herren, Hohes Haus. (Beifall bei der FPÖ.) Das ist ein Recht, das man nicht nur Ihnen, Herr Kollege Fasslabend, exklusiv zugestehen kann.

Besonders gerührt war ich allerdings über die larmoyante Rede des Ingenieurs von den Orangen. (Heiterkeit bei der FPÖ.) Meine Damen und Herren, mancher Ingenieur hat’s schwör, Sie wissen das, aber er hat es besonders schwör, denn dass man ihn nicht gefragt hat, ob er mit auf den Antrag gehen will, das rührt angesichts der medialen Berichterstattung über die behaupteten Mitschneideaktionen von Leuten aus seinem Umfeld geradezu eigenartig an. Das ist ja so, wie wenn der Staatsanwalt den Täter nicht einladen möchte, an den Ermittlungen teilzunehmen auf der Ermittlungs­bank, meine Damen und Herren! – So spielen wir aber dieses Spiel nicht! Wir haben schon gewusst, warum wir bei Ihnen nicht vorstellig werden – wenn ich mir anschaue, wie der Gatterich, der Herr Prinzgemahl der Frau Vizekanzlerin außer Dienst mit seinen entsprechenden Verträgen beim Stronach bedient wurde.

Ich schaue mir an, was dann der Herr Landeshauptmann von Kärnten erklärt, der vorher beim Nationalratswahlkampf 2002 noch plakatiert hat: „Haider statt Abfang­jäger!“ „Haider statt Abfangjäger“ war damals die Devise. Dann hat Haider in einem Gespräch mit Heinz-Christian Strache gesagt, er dürfe alles machen, aber den Abfangjäger darf er in Zukunft nicht mehr anrühren. Dann gibt es keine eigene Partei­gründung, hat er gesagt. Das soll uns Haider dann im Ausschuss erklären – wenn er unter Wahrheitspflicht steht –, was seinen Gesinnungswandel bewirkt hat, dass er auf einmal so ein glühender Verfechter dieses Abfangjägers geworden ist. Das soll er erklären, wenn er vor diesen Ausschuss unter Wahrheitspflicht geladen wird.

Das ist nämlich der Unterschied, meine Damen und Herren, zum Rechnungshof. Frau Kollegin Fekter, das ist der Unterschied. Ihre ganzen Rekurrierungen auf die Staats­anwaltschaft, auf den Rechnungshof, die gehen ins Leere. Sie müssten es an sich wissen, Sie sind ja ausgebildete Juristin, wie ich Ihrer Biografie entnommen habe. Sie müssten doch wissen, dass der Staatsanwalt etwas ganz anderes zu untersuchen hat als dieser Untersuchungsausschuss.

Wir sind noch nicht so weit, dass schon kriminelle Handlungen im Raume stehen. Es kann durchaus einmal der Fall sein, das wird sich dann weisen. Dann wird der Staatsanwalt sehr wohl tätig zu sein haben. Aber bis dorthin ist es nur eine Frage der Untersuchung durch den Untersuchungsausschuss, was an politischer Verantwortlich­keit vorliegt und vielleicht dann in weiterer Folge an rechtlicher, eventuell sogar an strafrechtlicher Verfolgung.

Oder die Tätigkeit des Rechnungshofes, meine Damen und Herren: Kollege Kräuter hat zu Recht darauf hingewiesen, dass nicht wir gesagt haben, dass der Maßstab des Rechnungshofes bei seiner Überprüfung dieses Deals ein ganz anderer ist, sondern das sagt niemand Geringerer als der von Ihnen so hochgeschätzte und in diesem Haus ja bestens bekannte nunmehrige Rechnungshofpräsident Dr. Josef Moser.


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Da Kollege Kräuter es erwähnt hat, zitiere ich wörtlich aus der „Presse“ vom 28. Oktober 2006, also jüngsten Datums:

„Moser betonte, der Rechnungshof prüfe grundsätzlich – und damit auch beim Euro­fighter-Vertrag – nur hinsichtlich der Relevanz für die Gebarung. Zudem könne er immer nur eine Vertragsseite, die öffentliche Hand, untersuchen, nicht aber den ande­ren Vertragspartner. ´Das ist nur ein Teilaspekt´, so Moser. Bei RH-Prüfungen bestehe überdies keine Wahrheitspflicht, wie dies etwa in einem Untersuchungsausschuss gegeben seien.“ – Zitatende.

Danke, Herr Rechnungshofpräsident! Das war die beste Empfehlung für diesen Aus­schuss überhaupt, nämlich auf die Wahrheitspflicht hinzuweisen.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! An diesem Untersuchungsausschuss führt kein Weg vorbei. Damit ist Ihre Geheimniskrämerei ein für alle Mal durchkreuzt. Wenn Sie glauben, damit einen Nationalratswahlkampf vom Zaun brechen zu müssen, dann tun Sie es, aber Sie werden sich auch während des laufenden Wahlkampfes die Vorladungen vor den Ausschuss nicht ersparen können. – Übrigens die Sozialisten auch nicht, was die Aufklärung der BAWAG-Geschichten angeht.

Ich wünsche Ihnen heute schon viel Vergnügen bei einem derartigen Wahlkampf. Es wird Ihre Lust auf einen solchen Wahlkampf exorbitant sinken, wenn dieser Unter­suchungs­ausschuss einmal seine notwendige Tätigkeit aufgenommen hat. Daher freue ich mich schon auf diese Tätigkeit und habe mich gerne bereit erklärt, in diesem Ausschuss mitzuwirken. (Beifall bei der FPÖ.)

17.02


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Herr Kollege Scheuch.


17.02.22

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (BZÖ): Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren auf der Regierungsbank! Meine geschätzten Damen und Herren hier im Hohen Haus! Ich erlaube mir nur eine kurze Anmerkung, bevor ich zum eigent­lichen Thema komme, Herr Volksanwalt a. D.: Ich habe in den letzten Monaten sehr oft überlegt, ob die Entscheidung der Trennung von der FPÖ für uns eine gute war oder nicht. Ich habe das oft kritisch selbst hinterfragt und es auch mit vielen Verwandten und Freunden diskutiert. (Abg. Strache: War schon richtig!) – Danke. Herr Klubobmann Strache, heute nach Ihrer Rede und nach Ihrem Auftritt, Herr Volksanwalt a. D., bin ich wie selten zuvor davon überzeugt, dass es richtig war, sich zu trennen, und dass es richtig war, einen konstruktiven Weg zu gehen, erfolgreich zu sein und nicht ewig gestrig hintennach zu diskutieren. (Abg. Strache: Minus neun Mandate! Das war schon das Richtige!)

Und weil Sie davon gesprochen haben, dass diese TV-Übertragung zensuriert oder gestoppt wurde: Sie waren ja selber lange genug geschäftsführender Klubobmann und wissen, dass solche Entscheidungen in der Präsidiale fallen. Das ist ja eine Präsidial­entscheidung gewesen, die, nehme ich an, wie so viele andere Präsidialentscheidun­gen – wenn es nicht so wäre, würde man es uns mitteilen – einstimmig gefasst wurde. (Abg. Öllinger: Nein!) – Danke, also nicht einstimmig gefasst wurde. Kollege Öllinger war in der Präsidiale, der weiß es. Gut.

Zum heutigen Thema Untersuchungsausschuss Eurofighter, Kampfflugzeuge-Beschaf­fung und damit zu einer Diskussion, die wir hier in diesem Haus in den letzten Jahren sehr, sehr oft geführt haben. Es gab diesbezüglich sehr viele dringliche Debatten, schriftliche Anfragen, Kurzdebatten und dergleichen mehr. In Wirklichkeit aber war es


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immer die gleiche Diskussion. Am Anfang der Legislaturperiode hat es noch eine sehr starke Agitation dahin gehend gegeben, man sollte diese Flugzeuge überhaupt ab­schaf­fen. Je länger die Gesetzgebungsperiode gedauert hat, desto mehr hat man sich darauf kapriziert, zu sagen: Wir sind nur gegen den Eurofighter, wir sind nur gegen diese Typenentscheidung. Das heißt, man hat erkannt, dass es wenig Sinn macht, generell dagegen zu sein, sondern man hat betont, nur gegen diese Typenent­scheidung zu sein.

Meine geschätzten Damen und Herren! Es wurde heute schon gesagt, dass der Unter­suchungsausschuss ein wichtiges Instrument des Parlaments ist, das man nicht in Frage stellen darf, dass man Mehrheiten akzeptieren muss in diesem Haus, und dass man vor allen Dingen die Mehrheiten im Volk akzeptieren muss, dass man Wählerent­scheidungen akzeptieren muss. Das haben heute alle Klubobleute am Beginn ihrer Reden festgehalten: Der Souverän, das Volk, hat entschieden. Es gibt andere Mehrheiten, und die muss man akzeptieren.

Meine Damen und Herren, man sollte sich aber zu demokratischen Mehrheiten immer bekennen. Ich halte es für besonders wichtig, dass man nicht demokratische Mehr­heiten dann benutzt, wenn man sie braucht, und dann wegschiebt, wenn man sie nicht braucht. Und das sollte auch Kollege Öllinger überlegen – auch wenn er jetzt darüber lacht, aber das ist ein wichtiger Punkt –: Diese demokratischen Mehrheiten hat es ja gegeben, und man sollte akzeptieren, dass eine Regierung, die in diesem Parlament über eine demokratisch gewählte Mehrheit verfügt hat, diese Entscheidungen getroffen hat. Das stand ja ganz eindeutig außer Zweifel: Eine demokratisch gewählte Regie­rung, die eine Mehrheit hatte, hat darüber entschieden. (Abg. Öllinger: Darf man das nicht kontrollieren?) – Doch! Kontrolliert wurde es ja. Es wurde kontrolliert in drei Rechnungshofberichten, es wurde ausführlichst kontrolliert, es wurde dreimal kontrol­liert. (Abg. Öllinger: Geh bitte, nicht schon wieder!) Sie sagen: Bitte schön, nicht wieder das Gleiche! – Wir müssen ja immer das Gleiche antworten, wenn Sie immer mit den gleichen blöden Fragen kommen. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Es hat sich nichts daran geändert: Es sind immer noch die ganz gleichen Fragen, und wir werden deshalb immer noch die ganz gleichen Antworten geben.

Soll ich Ihnen etwas sagen? (Abg. Mag. Trunk: Wer waren denn die dunklen Mächte des Jörg Haider? Warum war ...?) – Melitta Trunk, wenn ich dich nicht besser kennen würde, würde ich jetzt antworten. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich jetzt antworten. – Das ist doch an Lächerlichkeit nicht mehr zu überbieten!

Ich sage Ihnen ganz klar: In diesem Parlament haben jetzt andere Parteien demo­kratische Mehrheiten, nämlich die SPÖ gemeinsam mit den Grünen und mit der FPÖ. Diese Parteien haben eine demokratische Mehrheit in diesem Land, gewählt und von uns allen akzeptiert. Warum haben Sie nicht den Mut und bilden eine Regierung und bestellen den Abfangjäger ab? (Beifall bei BZÖ und ÖVP.) Bestellen Sie ihn doch endlich ab – warum traut ihr euch denn nicht? Das wäre das Einfachste.

Sich hinter einem Untersuchungsausschuss im Parlament zu verstecken und partei­politische Agitation zu betreiben, das ist doch lächerlich! Bilden Sie doch endlich auf Basis dieses Antrages eine Regierung! Herr Kollege Strache, auch wenn Sie noch ganz neu da herinnen sitzen, das werden Sie sehr schnell lernen: Mit einer Mehrheit kann man in diesem Hohen Haus alles beschließen. (Abg. Strache: Sie können wirklich bis zwei zählen?!) – Nein, zwei reicht nicht. Es braucht drei, Sie haben es noch nicht gelernt, bis drei zu zählen, Herr Kollege Strache. (Heiterkeit beim BZÖ.) Zwei allein haben keine Mehrheit. Das (in Richtung SPÖ und ÖVP) sind die zwei Großen, Sie brauchen drei. Entweder vergessen Sie sich selbst – oder Sie haben nicht so weit zählen gelernt. (Heiterkeit und Beifall bei BZÖ und ÖVP.)


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Also: Überlegen Sie sich das einmal! Bilden Sie eine Regierung: Bundeskanzler Gusenbauer, oder, um Ihrem Wunsch zu entsprechen, man holt von Salzburg die Gabi Burgstaller. So. Vizekanzler H.C. Strache, zweiter Vizekanzler Herr Professor Van der Bellen. Und dann kann diese Regierung in ihrem ersten Ministerrat einen Beschluss fassen: Sie kann diese grauenhaften, teuren, unnützen und ach!, so schlechten Abfang­jäger einfach abbestellen – und das Problem ist gelöst. Da sparen wir uns monate­lange Untersuchungsausschüsse, da können Sie endlich Ihr Wahlversprechen einhalten und können dem Volk sagen: Wir haben es gemacht. Das wäre das Einfachste. (Beifall bei BZÖ und ÖVP.)

Aber: Das will ja keiner, sonst wäre ja diese Regierung schon gebildet. Nein, wir brauchen in Wirklichkeit ein politisches Agitationsthema. Da braucht die SPÖ einen Grund, warum sie mit der ÖVP nicht verhandeln will; die ÖVP braucht einen Grund, warum sie mit der SPÖ vielleicht nicht verhandeln möchte; die FPÖ und die Grünen, die stark genug sind, um eine Regierung bilden zu können, lehnen sich kommod in die zweite Reihe, können hier zusehen und ein bisschen mitmischen. (Abg. Strache: Und ihr wollt unbedingt dabei sein, nicht?)

Herr Strache, das ist doch lächerlich. Wir wollen nicht dabei sein. Wir haben anerkannt, dass wir nicht die Mehrheit haben, deswegen sind wir da nicht dabei. Wir werden unsere Oppositionsarbeit machen. (Abg. Öllinger: Der war gut! Opposition durch Nicht-Kontrolle!) Wir werden dort, wo wir stark sind, so wie in Kärnten, weiter regieren, dort, wo Sie es nicht geschafft haben. Aber hier haben Sie die Möglichkeit, das Dilemma zu beenden. Vier Jahre lang – und ich sitze seit vier Jahren in diesem Haus – haben die Grünen und die SPÖ diese Flugzeuge abbestellen wollen. Vier Jahre lang! Die FPÖ, als sie noch Regierungsverantwortung getragen hat, wollte das nicht.

Reinhard Bösch – wahrscheinlich muss er deswegen als doch lang gedienter Abgeord­neter in der letzten Reihe sitzen – ist ja für jeden, der Parlamentarismus kennt, ein bezeichnendes Beispiel: Man mag ihn eigentlich nicht in der eigenen Fraktion, er muss in der letzten Reihe sitzen und muss jetzt mit stimmen, jener Reinhard Bösch, der hier federführend mitverhandelt und diese Typenentscheidung auch oft verteidigt hat.

Es ist lächerlich, was Sie hier produzieren. Sie haben es in der Hand, und wir alle warten darauf: Bilden Sie eine Regierung aus Rot, Grün und Blau, bestellen Sie die Flugzeuge ab – und die Sache ist erledigt! (Abg. Öllinger: Und Sie eine orange Minderheitsregierung!) Das geht ganz, ganz einfach, kurz und schmerzlos, alle haben ihre Wahlversprechen eingehalten, und wir können weiterarbeiten in diesem Land.

Herr Kollege Öllinger, noch ein Wort zum Thema Orange. Ich traue mich von diesem Rednerpult aus fast zu wetten, dass ich das bessere Wahlergebnis erzielt habe als Sie. Ich bin legitimiert, hier in diesem Haus zu sprechen. Das lasse ich mir von Ihnen nicht verbieten. (Abg. Strache: Grundmandat habt ihr keines geschafft! 1,8 Prozent!) – Herr Strache! Ihr Ergebnis habe ich auch rechts überholt. Das ist kein Problem. Da können Sie sich verstecken! Vergleichen wir unsere Ergebnisse in einem offenen Wettbewerb!

Jetzt muss ich leider mehr Redezeit in Anspruch nehmen, als ich eigentlich wollte, weil Sie da über Ergebnisse und dergleichen diskutieren. Es waren ja auch Sie, der hier heraußen gestanden ist vor einer halben Stunde oder vielleicht vor einer Stunde und gesagt hat: Die FPÖ bekennt sich klar zur Neutralität, die FPÖ ist gegen den NATO-Beitritt. Herbert Scheibner hat dann versucht, das in Ihren Reihen ein wenig aufzu­klären, dass ja auch Sie anderer Meinung waren. Dann haben sich da aus den hinteren Bänken der Herr Graf und der Herr Stadler zu Wort gemeldet und haben mit dem Finger gezeigt: Das ist nicht so! (Abg. Strache: Das ist ein Unsinn! Wir haben diese Passage aus dem Programm gestrichen!)


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Herr Kollege Stadler, 1996, „ZiB 2“-Originalzitat von Ihnen; Sie wissen es ganz genau: Die Neutralität ist Vergangenheit, der NATO-Beitritt ist der einzig richtige Weg in die Zukunft. (Oh-Rufe bei der ÖVP.) – Das ist das Originalzitat, und wenn es nicht stimmen sollte, können Sie es richtig stellen. Ich bin überzeugt davon, das wird Ihnen nicht gelingen. Versuchen Sie doch nicht, hier der „Gralshüter“, der Hüter der Wahrheit und der Ehrlichkeit zu sein! Das ist lächerlich!

Gehen wir ganz offen und mutig hinaus vor das Volk, mit den Mehrheiten, die vorhan­den sind. Das BZÖ – ich weiß nicht, wie die ÖVP entscheiden wird – wird diesem Untersuchungsausschuss nicht zustimmen, weil es dafür keinen Grund gibt, weil der Rechnungshof die Sache geprüft hat, weil es in Ordnung ist, weil der Ausstieg sehr teuer wäre und weil sehr, sehr viele Experten davon abraten würden.

Sie haben die politische Mehrheit, also bilden Sie eine Regierung! Steigen Sie aus der Eurofighter-Beschaffung aus, sonst bleibt Ihnen nichts übrig, als hier weiterhin politisch zu agitieren! Das wird aber nichts helfen.

Ich bin davon überzeugt: Am Ende des Tages, wenn die SPÖ in der Regierung sitzt, wird sie diese Eurofighter gut und gerne fliegen. Kollege Gaál, der sich jedes Mal wieder mit irgendwelchen Phrasen über so eine Diskussion drüberrettet, wird wahr­scheinlich der Erste sein, der in diesem Eurofighter sitzen wird.

Herr Präsident! Unsere Partei bekennt sich zu dieser Flugzeugbeschaffung. Wir wer­den diesem Ausschuss nicht zustimmen! (Beifall bei BZÖ und ÖVP.)

17.12


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mag. Lapp mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 7 Minuten. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Nur fürs Protokoll: Die SPÖ ist bei der eigenen Dring­lichen bereits abgetreten! Das ist auch ein Zeichen von Parlamentarismus!)


17.12.54

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident: Alles Gute für Ihre Vorsitzführung! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Kollege Scheuch hat Ihnen gerade aufgezeigt, wie das ist, wenn man von einer ehemaligen Regierungspartei ins Nirwana der Kärntner Befindlichkeiten abzwitschern musste.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind den Österreicherinnen und Öster­reichern im Wort, alle 183 Abgeordneten, wir haben Verantwortung gegenüber den Wählerinnen und Wählern. Wir von den Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind immer schon dafür eingetreten, dass die Geschäfte um die Eurofighter lückenlos aufgeklärt werden sollen. Das ist nicht etwas, was im Laufe der letzten Woche ans Tageslicht gekommen ist, sondern das ist ein Begehren, das wir schon in den letzten Jahren sehr stark verfolgt haben. (Zwischenruf der Abg. Marek.)

Wir halten nichts von Geheimhaltung und Vertuschen. Herr Kollege Murauer, ich möchte sehr deutlich Ihre Aussage zurückweisen, dass die SPÖ immer dort zu finden sei, wo es um Geschenkannahmen gehe. Herr Kollege, das ist nicht der Fall, das muss ich zurückweisen! (Beifall bei der SPÖ. )

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben die Möglichkeit, ja es liegt in unseren Händen, ein starkes Parlament zum Leben zu erwecken, denn das ist wichtig für die Demokratie. Wir sind den Wählerinnen und Wählern im Wort und wir müssen für sie demokratische Aufklärung betreiben. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Marek.)

Rechnungshofpräsident Moser hat in der vergangenen Woche gesagt, dass der Rech­nungshof immer nur einige Aspekte geprüft habe. Da gibt es keine Wahrheitspflicht wie


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in einem Untersuchungsausschuss, hat er gemeint. Hier ist eine starke demokratische, parlamentarische Kontrolle notwendig. Er hat auch gesagt, dass die Prüfung in einem Untersuchungsausschuss in der parlamentarischen Verantwortung liegt, also Sache des Parlaments ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP! Wir wollen keine Tribunale, wir wollen Aufklärung, wir wollen Informationen. Lassen Sie Licht und Luft ins Parlament hinein! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. )

Ich möchte Ihnen nur einige Punkte, die nach wie vor noch nicht aufgeklärt worden sind, auch heute nicht vom Herrn Landesverteidigungsminister Platter, nennen: warum die Typenentscheidung in wenigen Tagen verändert wurde, warum die Lieferfristen verschoben wurden, warum die erste Rate erst im Jänner 2007 gezahlt wird, warum es nur ein Jahr Garantie gibt, warum der Weiterverkauf des Eurofighter nur mit Zustim­mung des Herstellers möglich wäre, warum es nur eine geringe Pönale gibt für den Hersteller, wenn der Vertrag nicht eingehalten wird, und warum es eine beschränkte Haftung gibt.

Im Rechnungshofbericht steht, es ist nur ein Teil der tatsächlichen Kosten des Betriebs­aufwandes erkennbar. Weiters heißt es, dass keine Gleichwertigkeit der Ange­bote auf Grund der unterschiedlichen Anschaffungs- und Betriebskosten gegeben war, und die Informationen sind nicht im vollen Ausmaß vorgelegen. Weiters steht auch in einem Rechnungshofbericht, dass das Bundesministerium für Finanzen kein Kosten­limit für die Beschaffung vorgesehen hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das heißt, die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler müssen zahlen – egal, wie hoch die Kosten für diese Eurofighter sind. Und wir von den Sozialdemokraten wollen das stoppen. Wir wollen Transparenz und Kontrolle! (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Dem Antrag der Grünen, der den Ausstieg aus dem Eurofighter-Vertrag zwecks Behebung der Bildungsmisere zum Inhalt hat, können wir nicht zustimmen, denn wir wollen die Bildungsmisere auf alle Fälle lösen, und nicht nur dann, wenn es einen Ausstieg aus dem Eurofighter-Vertrag gibt. (Beifall bei der SPÖ. )

Aber es gibt noch weitere Punkte, die die Rechnungshofberichte in Bezug auf die Beschaffung der Eurofighter aufgelistet haben: Zum Beispiel, dass die Lebens­zyklus­kosten der Eurofighter nicht die Betriebskosten darstellen (Abg. Scheibner: Frau Kollegin, können Sie uns das erklären? Das haben wir nicht verstanden!), dass es unterschiedliche Rücktrittsfristen gibt, und dass für die Vertragserstellung der Gegengeschäfte ... (Abg. Scheibner: Können Sie uns das erklären?)

Sehr geehrter Herr ehemaliger Verteidigungsminister Scheibner, Sie sprechen immer davon, dass alles transparent sei. – Ich zitiere hier aus den Rechnungshofberichten, wo es zum Beispiel heißt, dass es unterschiedliche Rücktrittsfristen gibt oder dass die Lebenszykluskosten nicht die Betriebskosten sind. Der allgemeine Hausverstand jedes Menschen hier in diesem Saal genügt, um den Unterschied zu erkennen: Es wurde hier keine Kostensperre eingebaut, sondern es wurde finanziert und finanziert auf Kosten der SteuerzahlerInnen. Und da wollen wir Aufklärung, und deswegen ist ein Untersuchungsausschuss dringend notwendig. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Erklären Sie uns den Unterschied!)

Für die Vertragserstellung der Gegengeschäfte wurde vom Wirtschaftsministerium nicht die Finanzprokuratur eingesetzt, sondern eine Rechtsanwaltskanzlei beauftragt, die dafür 60 000 € an Gage bekommen hat.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Sie sehen, uns geht es um Klar­heit, uns geht es um Transparenz. Uns geht es aber auch um Verlässlichkeit gegen­über den Österreicherinnen und Österreichern. Wir sind den Österreicherinnen und


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Österreichern im Wort, die wissen wollen, was mit ihren Steuergeldern passiert und wofür diese verwendet werden. Das ist unsere Verantwortung! (Beifall bei der SPÖ.)

17.19


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Mitterlehner mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 6 Minu­ten. – Bitte.


17.19.33

Abgeordneter Dr. Reinhold Mitterlehner (ÖVP): Herr Präsident! Frau Minister! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir heute dieses Thema besprechen, erinnert mich das irgendwie an den Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“. (Heiterkeit bei der ÖVP.) Warum gibt es heute hier erneut – zum 20. Mal oder was weiß ich – diese Dringliche Anfrage und den Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses?

Da besteht zumindest bei mir die Meinung, es muss irgendetwas Neues geben. Was aber vorgebracht wurde, das war absolut nichts Neues. Es waren zum Teil die wort­gleichen Reden wie im Jahr 2003 – wenn ich zum Beispiel an die Rede des Herrn Gaál mit den sündteuren Kampfmaschinen denke, aber auch an das, was Herr Cap gesagt hat.

Ich muss daher sagen, ich bin wirklich verwundert, und meine Verwunderung bezieht sich auch auf die zweite Frage: Warum jetzt? Warum wird das genau heute, am Tag der Konstituierung gebracht? Ich bin dann einigermaßen erstaunt, wenn ich höre, es gehe Ihnen eigentlich nur darum, Aufklärung und Information zu erlangen.

Meine Damen und Herren, führen wir das an einem Beispiel, das ich in Ihrer Dring­lichen Anfrage, aber auch in dem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungs­aus­schusses gefunden habe, durch. Da ist die Rede davon, die Rolle der Wirtschafts­kammer bei der Beschaffung der Eurofighter zu durchleuchten. Dazu sage ich Ihnen Folgendes: Eigentlich hätte ich erwarten, dass Sie mich – ich bin für diesen Bereich in der Wirtschaftskammer verantwortlich – oder unseren Präsidenten einmal fragen: Was hattet ihr bei der Beschaffung zu tun? Habt ihr dort interveniert, habt ihr irgendetwas geschrieben oder sonst irgendetwas getan? – Nichts dergleichen war der Fall! (Abg. Dr. Kräuter: Wir sind ja keine Privatveranstaltung!)

Ich denke daher, dass jede Partei oder Sie zumindest, Herr Kräuter, oder wer immer Interesse an Aufklärung hat, vorher fragen sollte! Das war nicht der Fall. (Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler.) Ich muss Ihnen sagen, ganz das Gegenteil war der Fall, näm­lich dass wir in der Wirtschaftskammer erst dann tätig geworden sind, als die Gegen­geschäfte zur Abwicklung gebracht werden sollten. Da ist es um eine ganz klare Zielrichtung gegangen, wie diese ausgerichtet werden sollte: erstens möglichst hohe Gegengeschäfte, zweitens regional ausreichend verteilt, drittens mittelstandsorientiert und viertens technologieorientiert. – Das ist eine ganz glasklare Zielsetzung.

Sie sagen, Sie können das nicht nachvollziehen. Da muss ich Sie schon fragen: Lesen Sie nicht die Berichte von FACC oder anderen? Ich will die anderen Firmen nicht nennen, denn ich weiß nicht, ob diese da zustimmen. Diese haben ganz klare Vorteile, sie haben nachweisbar Arbeitsplätze geschaffen. Sie sagen dazu: Das ist alles nicht wahr, das interessiert uns nicht.

Meine Damen und Herren, das ist die Grundlage, aber wir haben unsere Aufgabe auch darin gesehen, die Betriebe zu informieren. Wir waren sehr kritisch zu EADS, weil es zuerst nicht mittelstandsorientiert war. EADS hat uns unterstützt. Wir haben 1 189 Kon­takte mit Mittelbetrieben hergestellt, entsprechende Antworten sind gekommen und es


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sind jetzt mehr als 200 Firmen beteiligt. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Ing. Westenthaler und Scheibner.)

Von den mehr als 200 Firmen sind 70 Prozent Mittelstandsunternehmen! Herr Peter Pilz, Sie stellen eine Milchmädchenrechnung auf, wenn Sie wie vorher sagen: Mit dem Geld, das wir uns ersparen, machen wir das und das und die Studiengebühren und Arbeitsplätze und so weiter!

Haben Sie die Rechenreform auch schon erfunden? Müssen wir nach der Recht­schreibreform, bei der man alles machen darf, jetzt auch noch die Rechenreform durchführen? (Zwischenruf des Abg. Dr. Pilz.)

Schauen Sie sich einmal an, was im Bereich der Gegengeschäfte passiert, abgesehen von dem anderen, was Sie als Kosten rechnen. Es sind jetzt in etwa 800 Millionen € an Abwicklungen abzurechnen. In Verträgen sind 2 Milliarden € ausstehend. (Abg. Mag. Kogler: Auf den Tisch! – Abg. Dr. Pilz: Auf den Tisch damit!) Glauben Sie, dass dann die Firmen, die die Partner sind, nicht entsprechende Kompensationsforderungen stellen? Glauben Sie, dass das in der Weise alles so abläuft, dass jeder sagt: Na gut, den Vertrag wollen sie uns auflösen?!

Ich finde es ohnehin beschämend: Herr Van der Bellen tut nach außen hin immer so locker auf Distanz zur FPÖ, aber hier, im Parlament steht er bei Herrn Stadler – über dessen Ausführungen ich erschüttert war – und redet mit ihm, und zwar nicht nur darüber, wie sie zustimmen, sondern auch darüber, was sie an Inhalten hinein­schreiben sollen. Ich muss sagen: Reden Sie da herinnen so und draußen auch! Zeigen Sie einmal, was Sie für eine Linie haben wollen! Sie können es ja locker umsetzen. Machen Sie diese Koalition! (Zwischenruf der Abg. Silhavy. – Abg. Dr. Jarolim: Sie haben das alles schon hinter sich!)

Zum Schluss kommend, muss ich Ihnen ehrlich sagen: Sie gefährden nicht nur die Gegengeschäfte, Sie gefährden damit Arbeitsplätze, Sie gefährden den Standort! Da ist die Frage jetzt entscheidend: Warum machen Sie das jetzt? Warum warten Sie nicht, bis die Koalitionsverhandlungen abgeschlossen sind? Warum sagen Sie nicht, da ist das und das aufgetaucht, was nicht aufgeklärt werden konnte? – Sie wollen es gar nicht wissen. Sie wollen keine Information! Sie wollen keine Aufklärung! All das haben Sie gehört. Sie wollen nur eines: Sie wollen keine große Koalition. Sie wollen Neuwahlen. Sagen Sie es wenigstens! Machen Sie es so, dann ist das eine mit dem anderen deckungsgleich. (Beifall und Bravorufe bei ÖVP und BZÖ.)

17.24


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten; Restredezeit der Fraktion: 7 Minuten. – Bitte.


17.25.04

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minis­terin! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Mitterlehner, bitte nehmen Sie sich eines zu Herzen: Lernen Sie Demokratie! (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.) Es geht um eine schlichte demokratische Entscheidung. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.) Es geht nicht um Koalitionsfragen, es geht um den Parlamentarismus pur, Herr Kollege Mitterlehner. Rechnen Sie – ohne Rechenreform – einfach zusammen, wie Mehrheitsverhältnisse in diesem Parlament gebildet werden können! (Abg. Marek: Das tun wir ja eh die ganze Zeit!)


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Dann ist klar, dass bei verschiedenen Sachfragen unterschiedliche Mehrheiten möglich sind. Heute machen wir halt einmal so eine Nagelprobe, wo es darum geht, Parlamen­tarismus zu praktizieren, den Mehrheitswillen der Bevölkerung hier in diesem Haus umzusetzen, Sachpolitik im Sinne der SteuerzahlerInnen zu betreiben. Mehr wollen wir nicht. Wir wollen Klarheit haben.

Frau Kollegin Lapp hat ja das Argumentarium, das auch im Rechnungshofbericht genannt wird, schon genau aufgezählt. Es geht darum, dass wir Klarheit schaffen.

Diese Klarheit wollten wir auch im Rechnungshofausschuss ganz solide und ganz geschäftsordnungskonform und ganz sachgerecht schaffen. Unser Problem war, dass Sie im Rechnungshofausschuss mit Ihren Mehrheiten völlig drübergefahren sind. Das Problem lag darin, dass Beamte, die als Auskunftspersonen geladen waren, pen­sioniert wurden. Das Problem lag darin, dass Unterlagen nicht herbeigeschafft wurden. Das Problem lag darin, dass Sie mit Ihrer Mehrheit einfach über die Kontrollbefugnisse, die an sich ein Rechnungshofausschuss haben muss, drübergefahren sind.

Jetzt gibt es halt die andere Möglichkeit. Diese andere Möglichkeit haben wir schon öfters diskutiert – jetzt ist sie real geworden. Jetzt kann man real abstimmen und Mehrheiten fürs Untersuchen finden – fürs Sparen, bitte! 300 Millionen € pro Jahr – so hat Kollege Pilz gesagt – kosten uns diese Photographie-Kampfflieger. Wir sind es den SteuerzahlerInnen und den ÖsterreicherInnen schuldig, das noch einmal zu hinter­fragen. Nichts anderes wollen wir jetzt.

Da Herr Rechnungshofpräsident Dr. Moser klargestellt hat, dass im Rechnungshof­erhebungsbericht nicht die Wahrheitspflicht bestanden hat und dass im Rechnungs­hofausschuss auch nicht die Wahrheitspflicht besteht, müssen wir den Untersuchungs­ausschuss beantragen, denn dort besteht Wahrheitspflicht.

Da Herr Rechnungshofpräsident Dr. Moser gesagt hat, der Rechnungshof konnte nur jene Vorgänge prüfen, die die öffentliche Hand unternahm, brauchen wir den Unter­suchungsausschuss, weil es auch andere Vorgänge, jenseits der öffentlichen Hand gibt.

Da der Herr Rechnungshofpräsident gesagt hat, es wurden nur Teilbereiche durch den Rechnungshof genauer untersucht, sagen wir: Wir brauchen alles. Wir brauchen reinen Tisch, es müssen alle verschiedenen Motive und Fakten präsentiert werden. Dazu ist der Untersuchungsausschuss notwendig.

Denken Sie nur daran, was Herr Kollege Kogler schon gesagt hat! Ich habe auch beobachten müssen, dass dieses Ausschreibungsverfahren mangelhaft war. Es hat einen Bietersturz gegeben. Da können Sie noch so lange – der Herr Minister ist jetzt weggegangen – den Kopf schütteln oder das verneinen, Herr Minister Platter. Es gab einen Bietersturz und binnen einer Woche hat sich die Position des Finanzministeriums gewendet. Warum?, fragen wir. Warum?, haben wir im Rechnungshofausschuss gefragt. – Die Antwort ist noch nicht am Tisch, und deswegen ist der Untersuchungs­ausschuss notwendig. Ein simples demokratisches Recht!

Meine Kolleginnen und Kollegen, lernen Sie nicht nur Demokratie, lernen Sie Parla­mentarismus und lernen Sie vor allem eines: Kontrolle ist wesentlich! Kontrolle kann auch Sie – damit meine ich die ÖVP – dazu führen, dass Sie eine reine Weste herzeigen können. Wir brauchen ja nur zu kontrollieren und Ihre Weste ist vielleicht rein. (Abg. Mag. Molterer: Die haben wir!) Sie lassen es ja nicht zu, und das macht uns eben so misstrauisch. Deswegen sage ich: Her mit dem Untersuchungsausschuss (Abg. Mag. Molterer: Der kommt ja eh!) und weg mit den Abfangjägern! Raus aus den Abfangjägern! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

17.29



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 88

Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Fichtenbauer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten; Restredezeit der Frak­tion: 8 Minuten. – Bitte.


17.29.39

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit großem Respekt vor dem Haus und dieser Institution melde ich mich zur ersten Rede und hoffe, dass ich Teile des politischen Anliegens in dieser kurzen Zeit, die aber hinreichend sein sollte, darstellen kann.

Erstens werde ich zwei Antworten auf meine Vorredner geben. Herr Abgeordneter Scheuch hat in Bezug auf Heinz-Christian Strache bezweifelt, dass er in seiner demo­kratischen Ausmessung hinreichend gut dastehen würde, nämlich in Bezug auf Scheuch. Ich darf antworten: Heinz-Christian Strache hat 15 600 Vorzugsstimmen erlangt. Ich glaube, das sind die meisten von allen ... (Rufe bei der ÖVP: Nein!) – oder die zweit- oder drittmeisten. Wer hat die meisten Stimmen bekommen? (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie haben mehr? – Ich gratuliere. (Abg. Strache: Mehr als der Herr Bundeskanzler!) Aber er hat mehr als der Herr Bundeskanzler. Ich würde sehr gerne eine Wette eingehen, dass Herr Abgeordneter Scheuch weitaus weniger Vorzugsstim­men erhalten hat, sofern er überhaupt welche bekommen hat.

Zweitens: Herr Abgeordneter Scheibner hat mich gefragt, ob ich mich in meiner Fraktion wohl fühle. (Abg. Scheibner: Nein, das habe ich nicht gesagt! – Ruf bei der ÖVP: Wahrscheinlich nicht!) Antwort: Ich fühle mich sehr wohl, weil ich nicht zur Haidertruppe gehört habe, die ihr Argumentationsfeld einmal links und einmal rechts gefunden hat – aufgeklebt mit teuren Plakaten: Ausstieg aus dem Eurofighter, morgen wieder drin im Eurofighter. In dieser neu konstituierten freiheitlichen Parlamentsfraktion fühle ich mich sehr wohl. Ich habe meinen Kampfanzug seit dem 1. Oktober 1965 immer getragen, gebe aber zu, dass mein Paradeanzug vielleicht schöner aussieht als deiner, weil ich Brigadier bin, aber auch das ist mir eine Freude. (Heiterkeit und Beifall bei der FPÖ. – Abg. Scheibner: Ich bin stolz auf meinen!)

Ferner kann ich nicht umhin, namens meiner Fraktion festzustellen, dass diese heutige Debatte im Gesamtzusammenhang ein Kontinuum in der Geschichte der österreichi­schen Verteidigungspolitik darstellt und beide Großfraktionen Schwarz und Rot sich in dieser Geschichte niemals mit Ruhm bedeckt haben. Beide haben seit Bestehen des Bundesheeres dafür gesorgt – einmal der eine und einmal der andere Teil in einer führenden Position –, dass das Bundesheer immer das ungeliebte Kind gewesen ist. Beide Parteien haben ihren grundsätzlichen staatspolitischen Aufträgen und Verpflich­tun­gen nie den gerechten Anteil zukommen lassen, sich für eine möglichst konsen­suale Verteidigungspolitik zu strapazieren.

Die ÖVP hat den ersten großen Sündenfall in der Angelegenheit des Flugzeuges, das für die Verteidigungsfähigkeit Österreichs in der Luft erforderlich ist, getan. Die unglaubliche Hetze, die von einem Kernland der ÖVP, der Steiermark, gegen die Draken-Anschaffung losgebrochen ist, ist noch in bester – eigentlich in schlechtester – Erinnerung (Abg. Rauch-Kallat: Das ist aber schon lange vorbei!), und es hat sogar Misstrauensanträge der eigenen ÖVP-Abgeordneten gegen den ÖVP-Verteidigungs­minister bei der Abwicklung der Beschaffung gegeben. (Abg. Mag. Molterer: Was machen Sie jetzt?)

Ich mache nichts anderes als von einem parlamentarischen Recht, von dem ja heute schon unstrittig gesagt wurde, dass es zu einem Minderheitenrecht werden sollte, Gebrauch zu machen und ganz nüchtern aufzusummieren, was es für Fragen gibt. Wo ist die große Aufregung? Wo ist der Skandal?


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 89

Den Skandal reflektiere ich zurück. (Ruf bei der ÖVP: Wo ist er denn?) Der Skandal ist es, ihn darin zu finden, von einem parlamentarischen Institutionen gerechten Pro­zedere Gebrauch zu machen. Dieses Skandalisieren fällt auf Sie zurück, weil Sie – so wie Kollege Cap richtig gesagt hat – eine Politik des Vorbeischwindelns an den wahren Worten begonnen haben. Von den abfangjägertauglichen Flugzeugen wurde zu Photographier-Flugzeugen – weil wir nur überwachen wollen – übergegangen.

Es bleibt namens der Freiheitlichen Partei bei einer völlig unzweideutigen Klarstellung nur eines: Die Wahrung der Souveränitätspflichten unseres Landes in Zusammenhang mit den Verpflichtungen, die sich aus dem Neutralitätsstatus ergeben, birgt die Notwen­digkeit, die Hoheit der Luft auch in Form der Verteidigungsfähigkeit sicherzustellen. Für diesen Zweck bedarf es auch eines kampffähigen Flugzeuges und nicht eines Photographier-Flugzeuges. (Beifall bei der FPÖ.)

Das ist eine klare Position. Der Untersuchungsausschuss dient ausschließlich dem Zweck, zu überprüfen, ob die Typenwahl legal, einwandfrei und ohne Bedenklichkeit abgelaufen ist.  – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

17.35


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Lopatka. Restredezeit der Fraktion: 4 Minuten. – Bitte.


17.35.29

Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (ÖVP): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn diese Debatte etwas Positives gehabt hat, dann das, dass es mittlerweile jedem klar sein muss, was die SPÖ will – sie will Neuwahlen. (Abg. Dr. Rada: Ja!) Sie ist an der Sache nicht interessiert! Sie haben heute hier den Wahlkampf wieder eingeleitet. (Beifall bei der ÖVP.)

Sie haben das Gegenteil von dem gemacht, was Ihr Erstredner heute hier gesagt hat. Das war Ihr Vorsitzender Alfred Gusenbauer. Wovon hat er gesprochen? – Er hat gemeint, wir sollen gemeinsam die großen Herausforderungen für Österreich in Angriff nehmen und uns damit auseinander setzen, was das Beste für die nächsten Jahre für das Land ist. Ein guter Vorsatz, habe ich mir gedacht. Geblieben ist aber die rheto­rische Floskel, denn das, was Sie bisher geliefert haben, war ausschließlich in die Vergangenheit gerichtet, meine Damen und Herren, und hat nichts mit dem zu tun, was uns in Zukunft und was Österreich weiterbringt – aber schon gar nichts! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Diese zynische Süffisanz von Klubobmann Cap und auch die Art und Weise, wie er sich in einer so entscheidenden Frage des Landes, nämlich in der Sicherheitsfrage, lächerlich gemacht hat, das lässt jede Ernsthaftigkeit vermis­sen und zeigt auch sehr deutlich, dass Sie nicht bereit sind, Verantwortung zu übernehmen.

Sie sagen: Wenn dieser Untersuchungsausschuss kommt, dann wird Sachlichkeit im Vordergrund stehen. Herr Kollege Cap, das ist ungefähr so, wie wenn sich ein Vampir hier herstellt und sagt: Ab heute stehe ich als Blutspender zur Verfügung, meine Damen und Herren. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

Das genaue Gegenteil von dem, was Sie sagen, haben Sie in Wirklichkeit vor, meine Damen und Herren. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) In Wirklichkeit misstrauen Sie dem Rechtsstaat (Abg. Sburny: Der ÖVP, nicht dem Rechtsstaat!), denn es ist schon gesagt worden: Drei Rechnungshofberichte, mehrfache Überprüfungen durch die Staatsanwaltschaft haben eines ergeben, nämlich dass dieser Vorgang von vorne bis hinten in Ordnung war – nur Ihnen passt er nicht ins Konzept.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 90

Sie haben uns immer zum Vorwurf gemacht, dass wir die Neutralität nicht ernst nehmen. Das haben Sie uns immer wieder vorgeworfen. Sie selbst können die Neu­tralität nicht ernst nehmen, wenn Sie mittlerweile mehrfach vorgeschlagen haben, dass nicht wir als neutraler Staat unsere Luftraumüberwachung selbst vornehmen sollen, sondern dass unsere Luftraumüberwachung durch andere Staaten vorgenommen werden soll.

Sie haben auch kein einziges Argument in Zusammenhang mit dem Vertrag geliefert, warum jetzt dieser Untersuchungsausschuss kommen soll.

Herr Abgeordneter Gusenbauer, Sie kennen den Vertrag, nehme ich an. Haben Sie irgendetwas gefunden, was die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses rechtfer­tigen würde? Dann sagen Sie es hier! Kommen Sie heraus und sagen Sie es, meine Damen und Herren! (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Die SPÖ glaubt immer, uns drohen zu können. Der Wiener Bürgermeister Häupl sagt: Bei Gesprächsunterbrechung Neuwahlen! Das, was ich gesagt habe, kommt jetzt auch von Häupl, meine Damen und Herren. Genau das ist es: bei Gesprächsunterbrechung Neuwahlen. (Abg. Mag. Molterer: So ist es! APA!) Also entweder die ÖVP fügt sich, oder es gibt Neuwahlen. (Abg. Dr. Van der Bellen: Reden! Das ist alles! Was heißt „fügen“?) Genau das ist das Szenario. Häupl hat es in dieser Minute über die APA bekannt gemacht, meine Damen und Herren. – Und Sie schütteln den Kopf in Ihrer Allianz, Herr Klubobmann Van der Bellen, mit Stadler, Strache und Co. Ich hoffe, Sie fühlen sich wohl dabei. Ich hoffe, es geht Ihnen lange gut in dieser Koalition, die Sie gebildet haben. (Abg. Öllinger: Sie haben die Koalition gemacht!)

Meine Damen und Herren! Man kann nicht ernsthaft Regierungsgespräche führen mit der ÖVP, wenn man gleichzeitig (Präsident Dr. Spindelegger gibt das Glocken­zeichen) eine unheilige Dreierallianz, eine Dreierkoalition schließt mit der Strache-FPÖ ...


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Den Schlusssatz bitte, Herr Kollege.


Abgeordneter Dr. Reinhold Lopatka (fortsetzend): ... und mit der grünen Fraktion unter Pilz. So geht es nicht, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.)

17.40


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abge­ord­neter Dr. Pilz. Restredezeit seiner Fraktion: 2 Minuten.

 


17.40.12

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man hat relativ selten die Chance, live Regierungsbildung der neuen Art mitzuerleben (de­mon­strativer Beifall bei Abgeordneten der ÖVP): Drohung – Gegendrohung – Drohung; wobei es in diesem Fall nicht unerheblich ist – es klingt ein bisschen infantil –, wer angefangen hat. Wir müssen jetzt wirklich schon darüber reden: Wer hat angefangen?

Sagen Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, Herr Noch-Bundeskanzler Schüssel, Herr Klubobmann Molterer: Meinen Sie das wirklich ernst, dass Ihnen die Verhinderung der Aufklärung von Eurofighter bis BAWAG und Hypo Alpe-Adria wichtiger ist als eine Regierungsbildung?! Ist das wirklich wahr (Ruf bei der SPÖ: Ja!), dass Sie sagen, wenn im Parlament aufgeklärt wird, wenn der Nationalrat – da Sie nach dem Verlust der absoluten Herrschaft in dieser Republik nicht mehr in der Lage sind, die parlamentarische Kontrolle zu verhindern – das jetzt ernst nimmt und sich dieses Recht nimmt, trotz ÖVP, dann beteiligen wir uns nicht an der Bundesregierung, dann setzen wir Regierungsverhandlungen aus, dann stellen wir uns in den Schmoll­winkel und schmollen gegen die Republik, gegen die Parlamentsmehrheit und gegen (Ruf bei den Grünen: Die Wähler!) die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler?!


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 91

Herr Dr. Schüssel, wenn das Ihre Antwort ist und wenn Sie der Meinung sind, mit Drohungen, aber ohne Trümpfe wieder als Spieler mit der SPÖ an einem Pokertisch spielen zu können, dann denken Sie doch ein erstes Mal daran, dass es nicht um Sie, um Ihre Partei, sondern um die Zukunft der Republik Österreich geht! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

17.42


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Als Nächster gelangt Herr Klubobmann Dr. Cap zu Wort. Restredezeit der Fraktion: 7 Minuten.


17.42.19

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Ich bin dafür, dass wir das hier offen aus­diskutieren! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie lassen gerade über Ihre Spin-Doktoren verbreiten, dass Sie heute vorhaben, die Gespräche mit uns zur Bildung einer Regierung zu unterbrechen (Abg. Rädler: Gott sei Dank!), auf unbestimmte Zeit – das ist ein guter Zwischenruf, ein sehr guter Zwischenruf, das sollte man ins Protokoll aufnehmen –, denn Sie wollen nicht parallel zur Arbeit eines demokratisch einge­setz­ten, gewählten – wir werden sehen, ob er eine Mehrheit hat (Abg. Mag. Stadler: Ver­fassungsmäßigen!) –, verfassungsmäßigen Untersuchungsausschusses Ge­spräche zur Bildung einer Bundesregierung führen. Das soll man einmal in aller Ruhe der Bevölkerung, den Österreicherinnen und Österreichern mitteilen.

Wir sitzen zusammen in den Verhandlungen, und ein Mitglied Ihres Verhandlungs­teams sagt, dass die Gespräche stattfinden mit Blickkontakten, wie wenn Nordkorea und Südkorea zusammensitzen. – Das ist nicht in Ordnung. (Abg. Rädler: „Napalm-Wahlkampf“!) Ich kann mich an solche Blickkontakte überhaupt nicht erinnern.

Und wenn sich das alles häuft (die Abgeordneten Rädler und Hornek: „Napalm-Wahlkampf!“ „Napalm-Wahlkampf“!) – können Sie Ihr aggressives Gehabe da oben langsam einstellen?! –, wenn das überhandnimmt, dass hier permanent versucht wird, immer wieder ein Steinchen ins Wasser zu werfen, um dann immer wieder nachher über ein Klima zu diskutieren, das sich verschlechtert und verschlechtert, dann frage ich mich: Was kann das Ziel sein von Ihrer Seite? (Ruf bei der ÖVP: Was ist Ihr Ziel?)

Tragen wir es ganz offen aus: Wollen Sie noch länger in der provisorischen Regierung sitzen bleiben? Wollen Sie dann mit diesem provisorischen Budget weitermachen? Wie soll das weitergehen? – Sie tragen seit Jahren Verantwortung, Herr Bundeskanzler, und Sie fühlen sich dieser Republik verantwortlich – davon bin ich überzeugt (Zwischenrufe bei der ÖVP, darunter: Was wollen Sie?) –, und wir sollten versuchen (Abg. Kainz: Sie haben den Regierungsbildungsauftrag!), unter Wahrung der Rechte des Parlaments – Sie sind auch Abgeordneter, Sie sollten daran interessiert sein, dass das Parlament respektiert wird! – hier trotzdem eine Lösung zu finden.

Herr Lopatka trat hier bereits wieder mit dem Elan eines künftigen Wahlkampfleiters ans Rednerpult, denn anscheinend will er in nächster Zeit noch einmal einen Wahl­kampf führen. Wenn er sagt, da gibt es eine Dreierkoalition (Abg. Rädler: Ja, „super“!), nachdem die Grünen, die Blauen und die Roten heute den ganzen Tag gesagt haben, es handelt sich um eine punktuelle Zusammenarbeit zu diesem einen Untersuchungs­ausschuss (Hahaha-Rufe und weitere Zwischenrufe bei der ÖVP), wenn Sie hier in die Öffentlichkeit treten und sagen, es gibt eine Dreierkoalition, dann frage ich mich: Wie seriös ist das? Was wollen Sie letztendlich damit bewirken? (Abg. Rädler: ... aus der Partei austreten!) Ist Ihnen im Endeffekt die Verhinderung dieses Untersuchungs­aus­schusses wichtiger als eine Regierungsbildung? Ist es das, was Sie hier anstreben? Ist das Verantwortlichkeit? (Abg. Wöginger: Das müssen Sie sich fragen!)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 92

Ich muss Ihnen sagen, ich finde das nicht in Ordnung. Das Einzige, was mich wirklich gefreut hat, ist, dass auf den geschmacklosen Scherz des Herrn Lopatka, der mich mit einem Vampir als Blutspender verglichen hat, auch in der ÖVP kaum Applaus zu vernehmen war. Das war wirklich drei Laden zu tief. So können wir nicht miteinander umgehen und miteinander reden: Nordkorea, Südkorea, Vampire als Blutspender. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Man muss sich das einmal vorstellen! Sie haben ja Glück, dass diese Diskussion nicht im Fernsehen übertragen wird, denn das kostet Sie gleich noch einmal 5 Prozent – und mit Recht, sage ich Ihnen, wenn Sie in dieser Art und Weise hier auftreten. Mit Recht! (Beifall bei der SPÖ.)

Und ich sage Ihnen noch etwas, auch hier von diesem Rednerpult aus: Ich bin oft von vielen Vertretern der anderen Parteien kritisiert worden, ich sei ein heimlicher Groß­koalitionär. – Na gut, jetzt oute ich mich: Ich bin wirklich einer, und ich möchte wirklich haben, dass es diese SPÖ/ÖVP-Regierung gibt. (Buh-Ruf bei den Grünen.) Ich glaube, dass es im Endeffekt für dieses Land am besten ist.

Erklären Sie uns bitte, warum Sie das nicht wollen! Erklären Sie uns bitte, warum Ihnen Neuwahlen wichtiger sind und aus Ihrer Sicht richtiger sind! Erklären Sie das, bitte! (Abg. Marek: Sie wollen Neuwahlen! – Abg. Dr. Stummvoll: Der Häupl!)

Sie von der ÖVP provozieren diese Neuwahlen – da hat heute eine große Tages­zeitung Recht gehabt –, und ich würde Sie wirklich ersuchen (Abg. Dr. Stummvoll: Der Häupl!): Denken Sie noch einmal nach, bevor Sie heute zum Parteivorstand gehen, bevor Sie vielleicht nachher noch eine Klubsitzung haben, bevor Sie noch einmal Wortmeldungen tätigen, in denen Sie sich aggressiv mit uns auseinander setzen! Denken Sie noch einmal nach, ob der Weg, den Sie da eingeschlagen haben, jener Weg ist, der für das Land, für Österreich, für die Bewohner dieses Landes wirklich der beste ist! (Abg. Marek: Haben Sie jetzt mit sich selbst geredet?) Denken Sie wirklich nach! – Einfach zum Nachdenken, Herr Bundeskanzler. Mehr wollte ich Ihnen nicht sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.47


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Gaál, Dr. Pilz und Strache, Kolleginnen und Kollegen betreffend Eurofighter-Ausstieg.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. (Abg. Dr. Stummvoll – auf die dem Antrag zustimmenden Fraktionen der SPÖ, der Grünen und der FPÖ weisend –: Foto, bitte! Foto!) – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen. (E 1.)

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Behebung der Bildungsmisere mit frei werdenden Mitteln aus der Stornierung des Eurofighter-Kaufvertrages.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist somit abgelehnt.

17.47.40 Fortsetzung der Tagesordnung



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 93

Präsident Dr. Michael Spindelegger: Ich nehme die Verhandlungen über den 2. Punkt der Tagesordnung wieder auf.

Wahl der Dritten Präsidentin/des Dritten Präsidenten


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Wir kommen damit zur Wahl der Dritten Prä­sidentin/des Dritten Präsidenten.

Es liegt ein Wahlvorschlag lautend auf Mag. Dr. Eva Glawischnig-Piesczek vor.

Gemäß § 87 Abs. 7 der Geschäftsordnung ist auch diese Wahl mit Stimmzetteln durchzuführen.

Wiederum mache ich darauf aufmerksam, dass gemäß § 87 Abs. 3 der Geschäfts­ordnung auch Stimmen gültig sind, die auf andere wählbare Kandidatinnen oder Kandidaten entfallen.

Auch hier ist der Wahlvorgang der gleiche wie vorher.

Ich unterbreche nunmehr kurz die Sitzung, um die technischen Voraussetzungen für die Wahl in Wahlzellen zu schaffen.

Die Sitzung ist unterbrochen.

*****

(Die Sitzung wird um 17.48 Uhr unterbrochen und um 17.50 Uhr wieder aufge­nommen.)

*****


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf. Die Vorbereitungen sind beendet.

Ich bitte nunmehr den Schriftführer, Herrn Abgeordneten Mag. Werner Kogler, mit dem Namensaufruf zu beginnen.

Ich habe aber eine Bitte, Herr Kollege Kogler: Frau Präsidentin Mag. Prammer wird uns beim Herrn Bundespräsidenten vertreten. Ich bitte Sie daher, sie als Erste aufzurufen, damit sie rechtzeitig beim Herrn Bundespräsidenten sein kann.

(Über Namensaufruf durch den Schriftführer Mag. Kogler sowie durch die Schrift­führerin Binder-Maier begeben sich die Abgeordneten in die Wahlzellen und werfen sodann die Stimmzettel in die Urne.)

Präsident Dr. Michael Spindelegger: Die Stimmabgabe ist damit beendet.

Die damit beauftragten Bediensteten des Hauses werden jetzt wie bei den vorange­gangenen Wahlen die Stimmenzählung vornehmen.

Ich werde die Sitzung zu diesem Zweck unterbrechen.

Die Sitzung ist unterbrochen.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 94

*****

(Die Sitzung wird um 18.27 Uhr unterbrochen und um 18.37 Uhr wieder auf­genommen.)

*****

Präsident Dr. Michael Spindelegger: Meine Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und gebe das Wahlergebnis bekannt:

Abgegebene Stimmen: 181, davon gültig: 152. Die absolute Mehrheit der gültigen Stimmen beträgt daher 77.

Es entfielen auf Frau Dr. Glawischnig-Piesczek 93 Stimmen; 69 Stimmen entfielen auf andere Abgeordnete. (s. tatsächliches Abstimmungsergebnis S. .....)

Damit ist Frau Dr. Glawischnig-Piesczek zur Dritten Präsidentin des Nationalrates gewählt. (Allgemeiner Beifall.)

Ich frage die Gewählte, ob sie diese Wahl annimmt.

18.37.23

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Ich nehme die Wahl an. (Neuerlicher allgemeiner Beifall. – Abg. Dr. Van der Bellen überreicht Präsidentin Dr. Glawischnig-Piesczek einen Blumenstrauß.)

Präsident Dr. Michael Spindelegger: Ich beglückwünsche die Frau Kollegin herzlich zur Wahl und darf sie bitten, am Präsidium Platz zu nehmen. (Präsidentin Dr. Glawischnig-Piesczek nimmt auf dem Präsidium Platz.)

18.38.053. Punkt

Wahl der Schriftführerinnen und der Schriftführer sowie der Ordnerinnen und der Ordner


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Wir kommen damit zum 3. Punkt der Tagesord­nung.

Einer Vereinbarung in der Präsidialkonferenz entsprechend schlage ich vor, diese Wahl unter einem durch Erheben von den Sitzen vorzunehmen.

Erhebt sich gegen diese Vorgangsweise ein Einwand? – Das ist nicht der Fall. Ich werde daher so vorgehen.

Wir gelangen damit zur Wahl.

Es liegt mir der Vorschlag vor, die Abgeordneten Gabriele Binder-Maier, Marianne Hagenhofer und Rainer Wimmer von den Sozialdemokraten sowie Jakob Auer und Mag. Dr. Maria Theresia Fekter von der ÖVP zu Schriftführerinnen und Schrift­führern sowie

die Abgeordneten Gerhard Reheis, SPÖ, Ridi Steibl, ÖVP, Dieter Brosz, Grüne, Dr. Martin Graf, FPÖ, und Dipl.-Ing. Uwe Scheuch, BZÖ, zur Ordnerin beziehungs­weise zu Ordnern zu wählen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Wahlvorschlag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Ich gehe davon aus, dass alle Gewählten die Wahl annehmen.

Damit ist auch dieser Tagesordnungspunkt erledigt.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 95

18.39.034. Punkt

Wahl des Hauptausschusses


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Wir gelangen zu Punkt 4 der Tagesordnung.

Gemäß § 30 Abs. 1 der Geschäftsordnung wird die Zahl der Mitglieder des Hauptaus­schusses durch Beschluss des Nationalrates festgelegt.

Die Wahl erfolgt gemäß § 30 Abs. 2 und 3 der Geschäftsordnung auf Grund von Wahllisten, wobei von jeder Liste so viele Abgeordnete als gewählt gelten, wie es dem Verhältnis der Zahlen der Abgeordneten entspricht, die die einzelnen Listen unterfertigt haben. Für die Wahl ist die Reihenfolge des Wahlvorschlages entscheidend.

Für den Hauptausschuss sind einvernehmlich 27 Mitglieder vorgeschlagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Vorschlag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Demnach entfallen gemäß § 30 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf den SPÖ-Klub 10 Mitglieder, auf den ÖVP-Klub 10 Mitglieder, auf den Grünen Klub 3 Mitglieder, auf den FPÖ-Klub 3 Mitglieder und auf den BZÖ-Klub 1 Mitglied.

Es sind somit auf Grund der mir übermittelten Listen die nachstehenden Abgeordneten gewählt:

vom SPÖ-Klub: Dr. Josef Cap, Renate Csörgits, Dr. Caspar Einem, Hannes Fazekas, Dr. Alfred Gusenbauer, Anton Heinzl, Dr. Elisabeth Hlavac, DDr. Erwin Nieder­wieser, Mag. Barbara Prammer, Mag. Andreas Schieder;

vom ÖVP-Klub: Karl Donabauer, Dr. Werner Fasslabend, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Wolfgang Großruck, Dr. Ferdinand Maier, Dr. Reinhold Mitterlehner, Mag. Wilhelm Molterer, Walter Murauer, Fritz Neugebauer, Dr. Michael Spindelegger;

vom Grünen Klub: Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Mag. Ulrike Lunacek, Univ.-Prof. Dr. Alexander Van der Bellen;

vom FPÖ-Klub: Heinz-Christian Strache, Barbara Rosenkranz, Mag. Ewald Stadler;

vom BZÖ-Klub: Ing. Peter Westenthaler.

Damit sind Wahl und Bestellung der Mitglieder des Hauptausschusses ebenfalls voll­zogen.

18.41.175. Punkt

Wahl von ständigen Ausschüssen (Unvereinbarkeitsausschuss, Immunitäts­aus­schuss, Budgetausschuss)


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Wir kommen zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Es liegt mir der einvernehmliche Vorschlag vor, zunächst folgende ständige Aus­schüsse einzusetzen: Unvereinbarkeitsausschuss, Immunitätsausschuss und Budget­aus­schuss.

Ich ersuche nun jene Damen und Herren, die sich für die Einsetzung der erwähnten Ausschüsse aussprechen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Gemäß § 32 Abs. 1 der Geschäftsordnung setzt der Nationalrat die Zahl der Mitglieder und Ersatzmitglieder jedes Ausschusses fest. Die Mitglieder und Ersatzmitglieder


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 96

werden auf die parlamentarischen Klubs im Verhältnis der Zahl der ihnen angehören­den Abgeordneten nach den in § 30 der Geschäftsordnung festgelegten Grundsätzen verteilt.

Die Klubs haben die auf sie entfallenden Ausschussmitglieder und Ersatzmitglieder dem Präsidenten namhaft zu machen. Diese gelten damit als gewählt.

Nach Beratung in der Präsidialkonferenz ist nun für den Unvereinbarkeitsausschuss und den Immunitätsausschuss jeweils eine Zahl von 17 Mitgliedern und Ersatz­mit­gliedern einvernehmlich vorgeschlagen, deren Aufteilung auf die Fraktionen sich wie folgt errechnet: je 6 Mitglieder und Ersatzmitglieder für die SPÖ, je 6 Mitglieder und Ersatzmitglieder für die ÖVP, je 2 Mitglieder und Ersatzmitglieder für die Grünen, je 2 Mitglieder und Ersatzmitglieder für die FPÖ, je 1 Mitglied und Ersatzmitglied für das BZÖ.

Für den Budgetausschuss ist eine Ausschussgröße von 27 Mitgliedern und Ersatz­mitgliedern vorgeschlagen. Diese werden auf die Fraktionen wie folgt verteilt: je 10 Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die SPÖ, je 10 Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die ÖVP, je 3 Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die Grünen, je 3 Mitglieder und Ersatzmitglieder auf die FPÖ, je 1 Mitglied und Ersatzmitglied auf das BZÖ.

Wir kommen damit zur Abstimmung.

Zunächst lasse ich über die Ausschussgröße des Unvereinbarkeitsausschusses und des Immunitätsausschusses abstimmen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für eine Ausschussgröße von 17 Mitgliedern und Ersatzmitgliedern sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Nun lasse ich über die Ausschussgröße des Budgetausschusses abstimmen.

Jene Damen und Herren, die für eine Ausschussgröße von 27 Mitgliedern und Ersatz­mitgliedern sind, ersuche ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ebenfalls einstimmig angenommen.

Die Namen der von den Klubs dem Präsidenten als Mitglieder beziehungsweise Ersatz­mitglieder bekannt gegebenen und damit als gewählt geltenden Abgeordneten werden im Stenographischen Protokoll angeführt. (Siehe Anhang S. 132.)

18.44.006. Punkt

Wahl der vom Nationalrat zu entsendenden Mitglieder und Ersatzmitglieder des Ständigen gemeinsamen Ausschusses des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des § 9 Finanz-Verfassungsgesetz 1948


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Wir gelangen nun zum 6. und letzten Punkt der Tagesordnung.

Der Ständige gemeinsame Ausschuss des Nationalrates und des Bundesrates im Sinne des § 9 Finanz-Verfassungsgesetz 1948 besteht aus insgesamt 26 Mitgliedern, die je zur Hälfte vom Nationalrat und Bundesrat gewählt werden.

Was die 13 Mitglieder des Nationalrates betrifft, zu denen noch 13 Ersatzmitglieder hinzukommen, werden auf Grund eines Einvernehmens in der Präsidialkonferenz je 5 Mitglieder von der SPÖ und der ÖVP vorgeschlagen und je 1 Mitglied von den Grünen, der FPÖ und dem BZÖ.

Es liegen mir folgende Wahlvorschläge vor:


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 97

Als Mitglieder:

vom SPÖ-Klub: Franz Kirchgatterer, Elmar Mayer, DDr. Erwin Niederwieser, Walter Schopf und Peter Stauber;

vom ÖVP-Klub: Werner Amon, Jakob Auer, Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer, Edeltraud Lentsch und Dkfm. Dr. Günter Stummvoll;

vom Grünen Klub: Mag. Bruno Rossmann;

vom FPÖ-Klub: Mag. Ewald Stadler;

vom BZÖ-Klub: Josef Bucher.

Als Ersatzmitglieder:

vom SPÖ-Klub: Wilhelm Haberzettl, Gerhard Köfer, Ulrike Königsberger-Ludwig, Ing. Mag. Hubert Kuzdas, Stefan Prähauser;

vom ÖVP-Klub: Fritz Grillitsch, Christoph Kainz, Karlheinz Kopf, Johann Rädler, Barbara Riener;

vom Grünen Klub: Mag. Werner Kogler;

vom FPÖ-Klub: Dr. Martin Graf;

vom BZÖ-Klub: Veit Schalle.

Sie haben die Vorschläge gehört.

Gibt es einen Einwand dagegen, die Vorschläge unter einem abzustimmen? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen daher zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Wahl der genannten Abgeordneten – wie ich sie genannt habe – sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Damit ist auch diese Wahl vollzogen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

18.46.00Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Cap, Dr. Pilz, Strache, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses hinsichtlich der Beschaffung von Kampf­flugzeugen.

Da dieser Antrag inzwischen an alle Abgeordneten verteilt wurde, braucht seine Verlesung durch den Schriftführer nicht zu erfolgen.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 98

Antrag

der Abgeordneten Cap, Pilz, Strache, Kräuter, Kogler, Barbara Rosenkranz und Kolleginnen und Kollegen gemäss § 33 GOG betreffend die Einsetzung eines Unter­suchungsausschusses hinsichtlich der Beschaffung von Kampfflugzeugen

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen den Antrag, einen Untersuchungsausschuss im Verhältnis S:6, V:6, G:2, F:2, B:1 einzusetzen.

Gegenstand der Untersuchung:

Untersuchung aller Abläufe und Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Beschaf­fungsvorgang der Eurofighter-Kampfjets. Dabei sind insbesondere folgende Punkte zu behandeln:

Aufklärung über sämtliche Vorbereitungshandlungen zur Vergabe, das Vergabe­verfahren, durchgeführte Bewertungen sowie der Zuschlagserteilung samt Vortrag an den Ministerrat;

Aufklärung über Änderung der Ausschreibung, die die Eurofighter begünstigt haben (Verzicht auf Zwischenlösung; Änderung der Lieferfristen; Ausscheidung bzw. Nicht­berücksichtigung anderer Bieter, etc.);

Aufklärung über die Begünstigung der Eurofighter durch die Wahl der Zahlungs­variante;

Aufklärung über die Finanzierung, die Rolle der Bundesfinanzagentur und die Hinter­gründe der gewählten Vorgangsweise;

Aufklärung über die tatsächliche Vertragsgestaltung aller Verträge zwischen dem BMLV, dem BMF, dem BMWA sowie sonstiger Bundesbehörden und der Eurofighter Jagdflugzeug GmbH;

Aufklärung über die tatsächliche Vertragsgestaltung aller Verträge zwischen dem BMLV und der Bundeswehr der Bundesrepublik Deutschland bzw. dem Bundes­ministerium der Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland (BMVg) im Zusam­menhang mit der Beschaffung der Eurofighter;

Aufklärung über sonstige Verträge und Vereinbarungen;

Aufklärung über die tatsächlichen Ausstiegskosten aus den Eurofighter-Beschaffungs­verträgen;

Aufklärung über die vertraglich vereinbarten technischen Spezifikationen sowie Kosten­folgen von notwendig gewordenen Umrüstungen von bereits gelieferten Kampfflug­zeugen;

Aufklärung über die tatsächliche Höhe der jährlichen Betriebskosten für den Einsatz von 18 Kampfflugzeugen;

Aufklärung über die Gesamtkosten des Waffensystems Eurofighter für die geplante Lebensdauer (Life-cycle-costs);

Aufklärung von Einflussnahmen auf und durch Entscheidungsträger und Spitzen­repräsentanten der Regierungsparteien in der XXI. und XXII. Gesetzgebungsperiode im Zusammenhang mit der Beschaffung der Eurofighter, insbesondere jener Einfluss­nahmen auf und durch Bundeskanzler Schüssel, die VizekanzlerInnen aD Riess-Passer und Haupt, den Bundesminister für Finanzen Grasser, den Bundesminister für Wirtschaft Bartenstein, den Bundesminister für Landesverteidigung Platter sowie den Bundesminister für Landesverteidigung aD Scheibner, deren Kabinette und den in den von ihnen geleiteten Bundesministerien beschäftigten Personen;


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 99

Aufklärung der Rolle von Wirtschaftskammer und Industriellenvereinigung im Zusam­menhang mit der Beschaffung der Eurofighter;

Aufklärung der Rolle von parteinahen Firmen, insbesondere der „100% Com­munications PR-Agentur GmbH“;

Aufklärung über die Tätigkeit von bezahlten Lobbyisten der Firma Eurofighter im Verlauf des Beschaffungsvorganges;

Aufklärung des Vorwurfs der Verfolgung von „wirtschaftlichen (Eigen-)interessen“ von politischen Parteien und persönlichen Interessen von Regierungsmitgliedern und sonstigen Repräsentanten der Regierungsparteien im Zuge der Beschaffung der Eurofighter;

Aufklärung über die Vorgänge rund um die Ministerratsentscheidung am 2. Juli 2002 hinsichtlich der Meinungsbildung der Mitglieder der Bundesregierung, insbesonders von Bundesminister Grasser, Bundesminister Scheibner und Bundeskanzler Schüssel;

Aufklärung über die behaupteten, angebahnten oder realisierten Kompensations­geschäfte sowie deren Einfluss auf die Kaufentscheidung;

Aufklärung hinsichtlich der Reduktion der Kampfflugzeugstückzahl von 24 Geräten auf 18 unter Nichteinhaltung des selbst gewählten Vergabeverfahrens;

Aufklärung über die durch die Bundesregierung vorgenommene Anmietung von Kampf­flugzeugen zur Überbrückung des Zeitraumes bis zur Eurofighter-Auslieferung;

Untersuchung der rechtlichen und politischen Verantwortlichkeit im Zusammenhang mit den genannten Sachverhalten.

Untersuchungsauftrag:

Der Untersuchungsausschuss soll durch die Anwendung aller in der VO-UA vorge­sehenen Instrumente zum Untersuchungsgegenstand und durch Einsicht in sämtliche Akten, Verträge, Vorverträge und sonstige Unterlagen des Bundeskanzleramtes, des Bundesministeriums für Finanzen, des Bundesministeriums für Landesverteidigung, des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit, sowie allfälliger anderer Bundes­ministerien und Bundeseinrichtungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungs­gegenstand sämtliche Sachverhalte auf rechtliche und politische Verantwortlichkeiten prüfen.

Insbesondere soll der Untersuchungsausschuss Einsicht in sämtliche Verträge und allfällige zwischenstaatliche (militärische) Vereinbarungen betreffend Kauf, Finan­zierung und Gegengeschäfte nehmen und diese entsprechend dem Untersuchungs­gegenstand prüfen.

*****


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Wir gehen in die Debatte ein.

Im Sinne des § 57 Abs. 1 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit in dieser Debatte 5 Minuten, wobei der Erstredner zur Begründung über eine Redezeit von 10 Minuten verfügt.

Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zum Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Ich erteile es ihm. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 100

18.46.57

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der Debatte über die Dringliche Anfrage – ich nehme das nur als Beispiel – hat Ver­teidigungsminister Platter auf die erste Frage: „Durch welche Person beziehungsweise durch welche Personengruppe wurde seitens der Republik Österreich der Eurofighter­kaufvertrag vereinbart ...?“, eine einfache Antwort gegeben: Durch ein Team! Auf die mündliche Nachfrage, wer denn die Angehörigen dieses Teams gewesen seien, antwortete der Verteidigungsminister: Na ja, das war ein Team, und ich habe Ihnen schon früher bei der Beantwortung einer Dringlichen Anfrage gesagt, dass ich Ihnen nicht mehr sagen werde, als dass es ein Team war. (Abg. Großruck: Falsch!)

Wenn sich der österreichische Nationalrat damit zufriedengibt, dann ist das seine Sache. Bis heute, bis zur Konstituierung dieses Nationalrates, war es eine Minderheit, die sich damit nicht zufriedengegeben hat. Jetzt ist es erstmals eine Mehrheit, und jetzt gibt es erstmals Möglichkeiten, den Herrn Verteidigungsminister dazu zu bringen, dass er nicht nur sagt, wer die Angehörigen dieses Teams waren, die unter seiner und anderer politischer Leitung größten Schaden für die Republik Österreich angerichtet haben, sondern dass auch einige andere Fragen beantwortet werden müssen. Ich nenne an dieser Stelle nur einige in einer losen zeitlichen Abfolge:

Warum hat sich der Finanzminister in der Zeit der Ausschreibung regelmäßig hinter dem Rücken des Verteidigungsministers, ohne diesen zu informieren, mit Vertretern der Firma Eurofighter GmbH und der Firma EADS getroffen?

War er zuständig für Belange der Luftfahrtindustrie oder der Kampfflugzeuge in der öster­reichischen Bundesregierung – haben wir bei der Geschäftseinteilung etwas übersehen? –, oder hat er Interessen vertreten, die außerhalb seiner fachlichen und politischen Gestion lagen?

Was ist rund um die Typenentscheidung geschehen – und in dieser Sache werden uns der ehemalige Verteidigungsminister Herbert Scheibner und seine damaligen führen­den Beamten im Ministerium sicherlich sehr behilflich sein können –, als bereits eine fertige Typenentscheidung für den Gripen im Verteidigungsministerium getroffen war, der Akt fertig war und das Ministerium beschlossen hatte: Eurofighter ist ausge­schieden!? Wie konnte durch Intervention seitens des Finanzministers im Ministerrat am 25. Juni 2002 ermöglicht werden, dass das Ziel, in Verhandlungen eine andere Typenentscheidung durch ressortfremde Personen und Politiker mit Firmen im Hintergrund zu erzwingen, erreicht wurde? Es wurde erreicht!

Sie, Kollege Scheibner, der damalige Klubobmann und nun wieder Klubobmann – allerdings jetzt einer anderen Partei – Westenthaler und die damalige Vizekanzlerin werden uns erzählen und berichten können, wie vom Abendessen zum Heurigen tele­foniert wurde, wie mitgeteilt wurde, dass die Entscheidung der Spitze der Freiheitlichen Partei vom Gripen auf Eurofighter auf Intervention geändert wurde. Sie werden uns berichten, wo diese Treffen stattgefunden haben, was Westenthaler, was Riess-Passer, was Grasser in diesem Zusammenhang mit Industriellen verhandelt und dann auch durchgesetzt haben. Und Sie werden sich die Frage gefallen lassen müssen: Wem hat es genützt? – Der Republik nicht, der Sicherheit nicht und mit Sicherheit auch dem österreichischen Bundeshaushalt nicht! (Präsidentin Dr. Glawischnig-Piesczek übernimmt den Vorsitz.)

Wenn Sie uns heute sagen, dass alles sei transparent, dann darf ich Ihnen sagen: Das Einzige, was in diesem Zusammenhang transparent ist, ist Ihre Absicht, alles zu verschleiern und jede Aufklärung zu verhindern! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 101

Herr Bundesminister Platter, als Beweis für die Transparenz haben Sie angeführt, dass es 14 Dringliche Anfragen, 19 Anträge auf Einsetzung eines Untersuchungs­aus­schus­ses und 31 schriftliche Anfragen gegeben hat. Aber das ist kein Beweis für Trans­parenz, sondern ein Beweis dafür, dass Sie 14 Dringliche Anfragen lang, 19 Anträge auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses lang und 31 schriftliche Anfragen lang Amtsverschwiegenheit, Irreführung der Öffentlichkeit und ihre plumpe parlamen­tarische Mehrheit dafür eingesetzt haben, Aufklärungen zu verhindern. – Das war in den letzten beiden Gesetzgebungsperioden.

Heute haben wir den ersten Entschließungsantrag eingebracht und mit Mehrheit beschlossen, dass der Ausstieg begonnen werden soll. Heute haben wir den ersten Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses vorgelegt und haben die große Chance, dass der Nationalrat mit Mehrheit beschließt, dass ein Untersuchungs­ausschuss zum Thema Eurofighter eingesetzt wird. – Die Zeiten, in denen Sie bestimmen konnten, nach welchen Spielregeln der österreichische Nationalrat arbeitet, sind zumindest vorläufig vorbei.

Es wird nicht nur um die Ausschreibung und nicht nur um die Typenentscheidung gehen, sondern es wird auch um ständige Veränderungen des Eurofighter-Vertrages gehen. Es wird um Machenschaften rund um die Zwischenlösung gehen. Es wird um einige andere Zusammenhänge rund um die Verträge gehen. Es wird aber vor allem um eine große Frage gehen, nämlich: Wessen Interessen haben Verteidigungs­minister, Finanzminister und Bundeskanzler vertreten? Es waren mit Sicherheit nicht die Interessen der Landesverteidigung, weil wir im Rahmen der Bundesheer-Reform­kommission von militärischer Seite her immer wieder darauf hingewiesen wurden: Wenn wir die Reform des österreichischen Bundesheeres finanzieren wollen, dann können wir nicht gleichzeitig Eurofighter finanzieren. Entweder – oder!

Wir können nicht das Budget für militärische Landesverteidigung um 1 Prozent steigern in einer Zeit, in der wir noch nicht wissen, wie wir die Bildungsrückstände, die Forschungsrückstände und die Rückstände an den Universitäten, die die derzeitige Bundesregierung zu verantworten hat, in den nächsten Jahren wettmachen werden. Wir müssen dort investieren. Wir brauchen jeden Euro und jeden Cent für Investitionen in Bildung, in Forschung, in Entwicklung und in soziale Sicherheit. (Beifall bei den Grünen.)

Deshalb ersuchen wir, diesem Antrag zuzustimmen, uns dadurch die Chance zu geben, einen Vertragsausstieg vorzubereiten, aber auch politisch Bilanz zu ziehen. Es muss in dieser Republik klar werden, dass derartigen Verschwendungen mit dubiosen politischen Hintergründen und mit dem starken Verdacht, dass völlig andere Interessen als legitime politische und sachliche Interessen den Ausschlag gegeben haben, in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss nachgegangen wird.

Nach all den Erfahrungen, die wir mit Ihren Auskünften, Herr Dr. Schüssel, und den Auskünften Ihrer Kolleginnen und Kollegen in der Bundesregierung hier im Nationalrat gemacht haben, und den zahlreichen Versuchen, uns und die Öffentlichkeit mit Halbwahrheiten und manchmal auch mit Unwahrheiten in die Irre zu führen, ist es wichtig, dass Sie und viele andere unter der Zeugenpflicht eines Untersuchungs­ausschusses befragt werden. Es ist schlimm genug, dass wir in einer Causa wie der Causa Eurofighter nur dann die Garantie haben, von den Mitgliedern der Bundes­regierung und anderen Betroffenen und Interessenten die Wahrheit zu erfahren, wenn sie unter der Zeugenpflicht der Strafprozessordnung stehen. Für Fälle dieser Art sieht die Geschäftsordnung des österreichischen Nationalrates eben den parlamentarischen Untersuchungsausschuss vor, der nach den Prinzipien der Strafprozessordnung funktioniert.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 102

Erklären Sie nun nicht wieder, es gebe jetzt eine rot-grün-blaue Koalition. – Es gab eine schwarz-blaue Koalition, die Sie schon wieder vergessen haben, mit Personen von Ewald Stadler bis Jörg Haider, die Sie uns heute vorzuhalten versuchen. Ja, mit diesen Herren, Herr Dr. Schüssel, Herr Mag. Molterer, haben Sie eine Regierung verhandelt, haben Sie eine Koalition vereinbart, haben Sie jahrelang regiert. Wir haben immer klar gesagt: Weder mit dem BZÖ noch mit der Freiheitlichen Partei können wir uns eine Regierung vorstellen! Aber wenn es für die Demokratie notwendig ist, werden wir uns zur Kontrolle von Missständen in dieser Republik mit konkreten Anträgen die Mehrheit in diesem Haus holen, die möglich ist.

Dass Mehrheiten möglich sind, ist kein Hinweis auf falsche Koalitionen und auf eine Grundsatzlosigkeit, die Ihnen in Bezug auf die nächsten Jahre schwer jemand nach­machen kann, sondern auf Möglichkeiten des Nationalrates, endlich – nicht mehr am Nasenring einer Regierungspartei – in Freiheit und Öffentlichkeit und im Sinne eines kontrollierenden Parlaments seinen Aufgaben nachzukommen.

Sie werden zur Kenntnis nehmen müssen, dass dieses Parlament kontrolliert. Sie werden zur Kenntnis nehmen müssen, dass dieser Nationalrat die Geschäftsordnung mit Leben erfüllt. Herr Dr. Schüssel, ich freue mich, wenn wir uns im Untersuchungs­ausschuss wiedersehen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.57


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zum Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Gaßner. – Bitte, Herr Kollege.


18.57.44

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir debattieren jetzt über die Einsetzung eines Untersuchungs­aus­schusses, und dabei geht es nicht um Koalitionsverhandlungen; das möchte ich zu Beginn meiner Rede einfach einmal feststellen. Die Einsetzung eines Untersuchungs­ausschusses ist ein demokratisches Recht dieses Hauses. Dieser Untersuchungsaus­schuss – wie Sie, Herr Staatssekretär Kukacka, gestern gemeint haben – ist keine Provokation, ist auch nicht schäbig, sondern politisch zumutbar. Die Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses ist unser Recht, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Es wurde heute schon sehr viel und sehr häufig darüber gesprochen, dass alles rund um die Eurofighter geheimzuhalten sei und dass der Beschaffungsvorgang in diesem Zusammenhang der bestuntersuchte Vorgang überhaupt durch den Rechnungshof sei.

Ich habe eine interessante Meldung die Geheimhaltung betreffend gefunden, nämlich: Das Verteidigungsministerium und die Eurofighter GmbH haben Anzeige wegen Ge­heim­nisverrats erstattet. Und genau diese Anzeige, meine sehr geehrten Damen und Herren, wurde am 27. September dieses Jahres zurückgestellt, niedergelegt, und zwar deswegen, weil die technischen Details ohnedies im Internet abrufbar sind und weil der kaufmännische Teil ein derart großes Volumen umfasst, dass es durchaus im Interesse der Öffentlichkeit ist, diese Dinge auch öffentlich zu machen. – So viel zur Geheimhaltung, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Der Rechnungshof hat in der Tat sehr intensiv geprüft, aber er hat in seinen Berichten auch einige Fragen offen gelassen. Da ist zum Beispiel die Frage zum Minister­ratsvortrag im Jahr 2002, sehr geehrter Herr Abgeordneter Scheibner, wobei es sich um andere Fluggeräte als den Eurofighter gehandelt hat. Damals haben Sie gemeint, es habe mehrere Entwürfe für verschiedene Projekte gegeben, aber nur eine Ent­scheidung.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 103

Der Rechnungshof wollte diese mehreren Entwürfe sehen. Er hat sie allerdings nicht bekommen. Der Akt ist – wie sagt man so schön? – in Verstoß geraten. Das inter­essiert doch in einem Untersuchungsausschuss, welche anderen Entscheidungs­grund­lagen ausgearbeitet worden sind!

Dann kam es, in diesem Zusammenhang auch vom Rechnungshof beanstandet, zur Reduktion der Geräte von 24 auf 18 Stück. Sie erinnern sich noch an das Hoch­wasser 2002? Ich will mich darüber nicht länger auslassen. Es hat mir allerdings noch kein einziges Hochwasseropfer gesagt, dass es von dieser Maßnahme etwas gehabt hätte. Aber auch der Rechnungshof hat festgehalten, dass für eine Reduktion der Stückzahl keine militärischen Erwägungen zugrunde lagen. Also warum sollten wir das nicht auch prüfen dürfen, meine sehr geehrten Damen und Herren? (Abg. Scheibner: Dann kaufen wir 24! Wir waren immer dafür!)

Ich könnte Ihnen jetzt – meine Redezeit reicht leider nicht – Zitate aus den Rech­nungshofberichten bringen, die alle bestätigen, dass zwar geprüft wurde, aber keine Antworten gefunden wurden. Der Rechnungshof sagt zum Beispiel weiters:

„Der errechnete jährliche Betriebsaufwand enthielt nur einen Teil der tatsächlichen Kosten.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren, was heißt das?

Eine weitere Feststellung des Rechnungshofes lautet:

„Nicht zuletzt angesichts der wesentlichen Abänderungen im kommerziellen Bereich erachtete der RH die Vorgangsweise des BMLV als mit hohem Risiko behaftet.“

„Als mit hohem Risiko behaftet“ bedeutet doch, dass es hier notwendig ist, noch einige Fragen zu stellen und Aufklärungen zu treffen.

Außerdem heißt es:

„Die einzelnen Schritte bei Vertragsverhandlungen sollten nachvollziehbar dokumen­tiert werden. Dies umso mehr, wenn militärische Vertragsinhalte, kaufmännische Rah­menbedingungen und Finanzierungskonditionen betroffen sind.“

Ja, da gab es mangelhafte Dokumentationen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Es geht uns hier nicht um Tribunale, es geht uns hier nicht um Kriminalisierungen, es geht uns hier ganz einfach darum, dass der Wille zur Transparenz geschaffen und die Rechtmäßigkeit dieser Vorgänge nachgewiesen werden soll. Wir wissen uns da mit der Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher einer Meinung. Auch sie wollen in dieser Frage Transparenz und Offenheit, meine sehr geehrten Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

19.03


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort ist nun Herr Dr. Schüssel gemeldet. Die Redezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.


19.03.10

Abgeordneter Dr. Wolfgang Schüssel (ÖVP): Frau Präsident! Hohes Haus! Re­gierungsverhandlungen auf der einen Seite, der erste Tag des neu gewählten National­rates auf der anderen Seite – das würde eigentlich nahe legen, dass man sich auf die wirklich wichtigen Themen konzentriert.

Was ist das Wichtigste? – Offensichtlich das, was heute hier beschlossen werden soll: zunächst einmal ein Untersuchungsausschuss – ich nehme gleich den zweiten vorweg –, der den Wirtschaftsstandort Österreich in einem ganz großen Ausmaß betrifft, nämlich die Aufklärung von Bankengeschäften in Mittel- und Osteuropa, in Süd-Ost-Europa. Es


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 104

wird minutiös aufgezählt, welche Banken hier vor den Untersuchungs­ausschuss gezerrt werden sollen. (Abg. Broukal: Nein, nein!)

Das reicht von der BAWAG bis hin zu anderen Banken. Ganz offen gestanden: Da hätte es uns schon sehr gejuckt, in einem Untersuchungsausschuss manches aufzu­klären, aber wir tun es nicht, aus guten Gründen, denn die BAWAG wird von Gerichten untersucht und die BAWAG befindet sich jetzt in einem Verkaufsprozess, der sehr heikel ist. Es geht unter anderem auch darum, dass wir durch einen guten Kaufpreis, durch das Nicht-ins-Gerede-Bringen der BAWAG verhindern, dass die Steuerzahler­haftung mit 900 Millionen € schlagend wird. Das ist ein wichtiger Punkt, den man nicht ignorieren sollte. (Beifall bei der ÖVP.)

Raiffeisen International wird auch erwähnt, außerdem eine Sparkasse in Tirol und die Hypo Alpe-Adria. Dazu noch die ganze Telekom mit ihren Investitionen in Süd-Ost-Europa. Ich habe mir ausgerechnet, da geht es um 70 000 Arbeitsplätze, die Sie hier mit einem Handstreich zur Diskussion stellen! 50 Milliarden € an Investitionen der letzten Jahre werden da in einem Untersuchungsausschuss thematisiert. (Zwischen­rufe bei der SPÖ. – Abg. Dr. Kräuter: Das ist unglaublich!) Wissen Sie überhaupt, was Sie mit einer solchen Maßnahme anrichten können, was Sie damit in Kauf nehmen? (Abg. Öllinger: Die Finanzmarktaufsicht!)

Ich sage Ihnen ganz offen: Überlegen Sie sich das wirklich gut! „Einfach zum Nach­denken“ – übrigens ein Zitat von Willi Molterer –, das hat Josef Cap in der letzten Koalitionsplenarrunde verwendet, als wir Ihnen zum Nachdenken mit auf den Weg gegeben haben, ob das ein guter Weg ist. Denken Sie wirklich darüber nach, ob es sinnvoll und das wichtigste Thema am Anfang, am Tag eins dieser Legislaturperiode ist, zwei Untersuchungsausschüsse mit solchen Themen zu installieren!

Das zweite Thema ist die unendliche Geschichte der Luftraumüberwachung. Meine Damen und Herren, die Entscheidung reicht ja zurück in das Jahr 1998. Da bin ich Zeitzeuge. Damals habe ich mit Viktor Klima, dem SPÖ-Vorsitzenden, vereinbart: Ja, wir stehen zur Nachbeschaffung der Luftraumüberwachungsflugzeuge. Wir haben gewusst, die Draken halten nicht ewig. Er hat mich darum gebeten, das erst nach der Wahl zu machen. Ich Tor habe gesagt: Jawohl, ich vertraue darauf, wir machen das nach der Wahl!

Überprüfen Sie: Im Text der Regierungsübereinkunft, die ja dann vom SPÖ-Partei­vorstand nicht genehmigt wurde, findet sich im Jahr 2000, Anfang 2000, diese Nach­beschaffung noch. Erst dann sind wir – Scheibner, Platter und so weiter – diese Dinge angegangen. Die Typenentscheidung ist viereinhalb Jahre alt. Viereinhalb Jahre alt ist die Entscheidung, welches Flugzeug ausgewählt werden soll! (Abg. Parnigoni: Nein!)

Dazwischen lagen zwei Nationalratswahlen, meine Damen und Herren. Und das ist jetzt das wichtigste Thema am Beginn dieser neuen Legislaturperiode, dass das jetzt bei laufenden Verhandlungen untersucht werden soll?! Es ist Ihnen ganz gleichgültig, dass dabei natürlich auch die Vertragstreue der Republik auf dem Spiel steht. Keine Frage: Man kann aus jedem Vertrag aussteigen. Sie müssen nur den Mut haben, dann auch die Kosten dafür zu rechtfertigen. Aus den Pönalezahlungen und den Neube­schaffungen werden Sie die Bildungsausgaben nicht finanzieren können, denn auch neue Flugzeuge werden irgendetwas kosten.

Sie riskieren möglicherweise Milliarden an Gegengeschäften. Sagen Sie nicht, das seien alles Luftgeschäfte! Das ist nicht seriös. Sie wissen ganz genau, welche Firmen, welche hunderte Klein- und Mittelbetriebe mit Zulieferungen mit dabei sind.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 105

Meine Damen und Herren! Heute hätte ein Tag der Freude und der Gemeinsamkeit sein können – Freude junger Abgeordneter, die neu in den Nationalrat gewählt worden sind, Gemeinsamkeit, dass man das Präsidium wählt und auch einige program­matische Worte wählt. Geworden sind es eigentlich lange Momente von Unversöhn­lichkeiten.

Ich persönlich bedauere das, denn eigentlich sollte man nach dem Wahlkampf nicht Gräben vertiefen, sondern Gräben zuschütten. Man sollte nicht Brücken abreißen, sondern Brücken bauen. Sie haben es mit Ihrer Entscheidung heute in der Hand. Wir werden selbstverständlich mitarbeiten, keine Frage. Sie haben das Recht, diese beiden Untersuchungsausschüsse einzusetzen. Das ist Ihr gutes demokratisches Recht. Aber ehrlich gesagt: Sie haben es in der Hand, zu entscheiden, ob es wirklich klug ist, wenn man eine gemeinsame Firma gründen will, quasi am Vormittag die Gerichte anzurufen oder die Strafgesetze zu bemühen.

Meine Damen und Herren, Sie können eine Dreier-Mehrheit gegen uns wählen: Gusenbauer, Strache, Van der Bellen ist eine Mehrheit. Aber ehrlich gesagt: Dann haben Sie es in der Hand, dass Sie uns in dieser Frage nicht an Bord haben. Das sollten Sie bedenken. (Lang anhaltender Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

19.08


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abge­ordneter Mag. Kogler. – Bitte.


19.08.56

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler Dr. Schüssel! Herr Abgeordneter Dr. Schüssel, ich sage das mit gewissem Respekt, denn ich habe mich vergewissert, wir haben es oft gehört, dass Sie jener Bun­deskanzler waren, wenn man ein bisschen zurückblickt, der sich sicher am öftesten – und durchaus kritisch – hier im Parlament „gematcht“ hat, wenn ich das so sagen darf. Sie haben jetzt auch das Recht für sich in Anspruch genommen, ohne beanstandet worden zu sein, auf den nächsten Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungs­ausschusses vorzugreifen. Ich möchte gleich replizieren.

Sie sind dem gleichen Fehler aufgesessen wie die BZÖ-Fraktion. Es geht nicht um die Untersuchung einer einzelnen Bank, es geht um die Untersuchung der Systematik der Bankenaufsicht, nunmehr Finanzmarktaufsicht, deren Einführung Sie sich ja ständig rühmen, die aber offensichtlich ihrerseits Gefahr läuft, systematisch zu versagen.

Im Übrigen: Nichts anderes dürfen wir als Parlament untersuchen. Ich will Sie da nicht belehren, aber letztlich dürfen wir keine privaten Banken untersuchen; das ist auch gut so. Wir untersuchen die Finanzmarktaufsicht, die wir ja gemeinsam verhandelt haben. Jetzt droht sie zu versagen. Es ist also gut für den Finanzplatz Österreich, wenn wir das wieder hinbekommen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Mag. Hakl: Antrag lesen!)

Freude und als Gegenstück Trauer. Schauen Sie: Man kann für vieles Verständnis haben. Ich will überhaupt nicht in diese Befindlichkeitsübungen oder sonst etwas ein­stimmen – nein. Das mag ja auch alles menschlich zulässig sein. Auch Politiker und Politikerinnen sind Menschen. Es ist ja auch in Ordnung, wenn man das nicht dauernd verbirgt, aber nach den Erfahrungen, die wir, nicht nur die letzten vier Jahre, sondern die letzten sieben Jahre – Sie waren vorhin bei der Debatte der Dringlichen nicht im Saal, wir haben ja bereits sehr viel über den Untersuchungsausschuss gesprochen – gemacht haben, muss ich Folgendes sagen: Ich sage da auch noch etwas Persönliches. Ich musste zum Beispiel beobachten, wie im Rechnungshofausschuss systematisch diese Kontrolle, um die es hier und heute geht, verweigert wurde, geradezu unterdrückt wurde – nicht von Ihnen persönlich, aber – und man hatte fast diesen Eindruck – von


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 106

jenen, die in Ihrem Parteisekretariat sitzen und die Abgeord­neten hier am langen Gängelband halten. – So war es! So ist unser Eindruck.

Wenn wir nun heute tatsächlich den 19. Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungs­ausschusses hier vorliegen haben, dann ist das doch ein Beweis dafür, dass sich die Beharrlichkeit der Opposition bezahlt gemacht hat. Und wir haben sie. (Beifall bei den Grünen, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Strache.)

Es ist ja alles in der APA nachzulesen, niemand von uns hat es verschwiegen: Neue Mehrheiten im Parlament werden diesen Untersuchungsausschuss erzeugen. Ich weiß gar nicht, warum Sie sich jetzt so krümmen. Warum das irgendetwas mit den Regie­rungsverhandlungen zu tun haben soll, das müssen Sie selber beantworten. Es ist offensichtlich Ihr Verständnis von Parlamentarismus, dass hier herinnen die Abgeord­neten nur das tun dürfen, was vorher in Regierungsverhandlungen und in der Folge auf Regierungsbänken als Parole ausgegeben wird. Und genau das haben wir die letzten Jahre erlebt.

Und wenn es jetzt einmal anders sein soll, vielleicht auch nur für kurze Zeit – Kollege Cap, ich weiß es nicht (Heiterkeit bei den Grünen) –, dann ist es jedenfalls so lange ein Tag der Freude, sind das Tage der Freude für die Parlamentarier hier. Dafür sind wir gewählt worden und nicht für Huldigungen irgendwelcher Majestäten oben hinter mir. Seien Sie mir nicht böse! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer – auf das Präsidium weisend – Wen meinen Sie? Ist die Frau Präsidentin eine „Majestät“ geworden? – Ruf: Ihre Präsidentin sitzt oben!)

Sie wissen genau, dass ich den Kanzlersessel gemeint habe, aber Dr. Schüssel hat ja meine Anerkennung dafür bekommen, dass er die Rolle gewechselt hat. Damit halten wir uns jetzt nicht mehr auf.

Thema des Untersuchungsausschusses sind gewisse Vorgänge. Kollege Pilz hat es eingeleitet: Wir müssen jetzt tatsächlich auch noch einmal bei den Mitgliedern Ihrer Fraktion dafür werben, denn vielleicht kommt ja der eine oder die andere noch zu einer eigenen Meinung und straft mich hier Lügen. So weit darf man dieses Wort hier, glaube ich, verwenden. Ich werde Lügen gestraft. Ich hoffe darauf.

Wer waren denn eigentlich die entscheidenden Player in der entscheidenden Phase? Es ist ja sowieso eine Malaise, dass dieses Parlament, um den Vertrag zu bekommen, auf einen Untersuchungsausschuss angewiesen ist. Das ärgert mich wirklich. Wir müssen als Untersuchungsausschuss untersuchen. Da steht dann nicht die Inter­pretation der Vertragsbuchstaben im Vordergrund – es gibt diesen Antrag auf Ausstieg aus dieser Beschaffung –, sondern es geht um die Rollen der handelnden Politiker, die möglicherweise mit Privatinteressen, mit Industrieinteressen verquickt waren.

Wieso hat der Herr Finanzminister – Stichwort „Rechnungshofbericht“, dort ist das festgehalten – erst in den letzten Tagen die Zahlungsvariante bekannt gegeben? Das wird dort hübsch kritisiert. Warum? – Weil am Schluss alleine die Zahlungsvariante den Ausschlag für die Typenentscheidung gegeben hat, sonst nichts! Immer waren die Konkurrenzprodukte vorne, nur bei einer einzigen Zahlungsvariante von vielen war es bei Ihrer hoch gerühmten Bewertungskommission der Eurofighter. Und just, als das bekannt wurde, trat der Finanzminister auf, der zuerst teures Kriegsgerät abgelehnt hat, dann die billigste Lösung wollte – schwupps, da hat er angefangen, da ist er mit dem teuersten Produkt gekommen. Was waren da die Interessen?

Wunder ist es keines! Wunder ist es keines, dass ausgerechnet dieser Finanzminister in dieser Sache interveniert hat; immerhin hat er sich auch von der Industrie aushalten lassen. (Präsidentin Dr. Glawischnig-Piesczek gibt das Glockenzeichen.)


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Es ist zu klären, welche Interessen hier verfolgt wurden und wem sie am Schluss genützt haben. Dazu ist ein Untersuchungsausschuss da, auch wenn es Ihnen nicht passt. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Schüssel: Was soll das?)

19.14


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Vilimsky. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.


19.14.52

Abgeordneter Harald Vilimsky (FPÖ): Frau Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Bundeskanzler Schüssel, ich kann es nicht mehr hören, wie Sie die militärische Landesverteidigung instrumentalisieren, um eine Typenent­scheidung schönzureden, die von Beginn an mit einer derartigen Gerüchtelage behaftet war und bis zum heutigen Tage noch immer behaftet ist, und damit hier sämtliche mögliche Malversationen einer Untersuchung vorenthalten wollen. (Abg. Steibl: Das erste Mal da und schon ...!)

Lassen Sie mich ein Beispiel nennen! Erst vor kurzem wurde im Bundesheer eine Untersuchung über den Zustand der Radfahrzeuge durchgeführt. Von 125 unter­such­ten Fahrzeugen war kein einziges mehr verkehrstauglich. Die sind alle im Wesent­lichen schrottreif. (Abg. Dr. Mitterlehner: Was hat das mit ... zu tun?) Während Sie in den Lüften den Ferrari, den Mercedes oder den Rolls Royce beschaffen und damit argumentieren, dem Bundesheer Gutes tun zu wollen, ist es am Boden so, dass die Fahrzeuge in einem Ausmaß ramponiert sind und unsere Soldaten damit das Aus­langen finden müssen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Und Soldatinnen!)

Ich kann es auch nicht mehr hören, wie Sie jetzt bei der BAWAG als Retter auftauchen wollen. Ich erinnere mich noch gut an damals, als die ersten Malversationen im Bereich der BAWAG ans Tageslicht gekommen sind, als Sie und die Ihren mit Kübeln voll Öl herbeigelaufen sind, es ins Feuer geschüttet haben und in einer sehr sensiblen Phase versucht haben, diese Bank schlechtzureden und kaputtzureden, nur weil die ÖVP dadurch geglaubt hat, einen kleinen politischen Vorteil gegenüber der SPÖ erreichen zu können. (Zwischenruf des Abg. Ing. Westenthaler.)

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich ganz kurz vorab in einer persönlichen Stellungnahme noch meiner Freude darüber Ausdruck verleihen, dass heute eine 21 Kopf starke FPÖ-Fraktion Einzug in den Nationalrat gehalten hat und diese 21 Kopf starke FPÖ-Fraktion das Zünglein an der Waage sein wird (Beifall bei Abgeordneten der FPÖ), ob es bei zwei möglichen Malversationsfällen der vergangenen Periode zu Untersuchungen kommt oder nicht. Der Zerstörungsversuch, den Sie mit Ihren orangen Mehrheitsbeschaffern an der FPÖ angewandt haben, ist nach hinten losgegangen. Und das ist gut für die Demokratie. (Beifall bei der FPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich komme direkt aus dem Bundesrat in den Nationalrat. Dort der Dornröschenschlaf, hier geht es ein bisschen lebendiger zu. Kurz vor der Wahl hat dort eine Sondersitzung zum Thema Eurofighter stattgefunden, es hat einen gemeinsamen Antrag von der SPÖ, von den Grünen und auch von mir gegeben, diesen Beschaffungsvorgang zu stoppen. Ich bin damals die SPÖ angegangen, weil ich geglaubt habe, dass die SPÖ nur ein Vorwahltheater veranstaltet und um den Preis der Macht am Tag nach der Wahl von ihrem Ansinnen Abstand nehmen wird, einen Untersuchungsausschuss zu beantragen. Ich darf Ihnen heute ausrichten, dass ich positiv überrascht bin, dass Sie Kurs gehalten haben. Das ist gut so. (Ironische Heiterkeit bei ÖVP und BZÖ.)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 108

Das Gleiche gilt auch für die Grünen. (Abg. Ing. Westenthaler – auf die Reihen der SPÖ weisend –: Herr Genosse! Setzen Sie sich rüber!) – Der Herr-1,8-Prozent-Westenthaler lacht wieder. Das ist schön. Über so ein Ergebnis kann man wirklich nur lachen. (Beifall bei der FPÖ.)

Das Gleiche gilt auch für die Grünen, die in den parlamentarischen Verhandlungen nicht nur hohe Professionalität, sondern auch ein hohes Maß an Verbindlichkeit gezeigt haben, was mir und vielen von uns bei Ihnen von der ÖVP bislang nicht aufgefallen ist. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Beim Fall der Eurofighter ist das nicht nur ein rein schwarz-oranger Skandal, sondern da gibt es auch durchaus – und das erspare ich Ihnen von der SPÖ wiederum nicht – den einen oder anderen roten Tupfen. Wer ist denn der größte Profiteur bei den Gegengeschäften? Machen wir ein kleines Ratespiel! Die ÖVP hat das sicher geschickt abgewickelt. (Abg. Dr. Fekter: Der Androsch!) – Bingo! Es ist Hannes Androsch, der mit seiner FACC ein 400 Millionen € Gegengeschäftsvolumen erhalten hat.

Durchleuchten wir diese Gegengeschäfte einmal! Wir haben vom Herrn Bundeskanzler gehört, dass es ein 200-prozentiges Gegengeschäftsvolumen geben wird. Das sei ein ganz tolles Geschäft. Weiters hat es geheißen, der Steuerzahler müsse überhaupt nichts dafür zahlen, denn eine Wirtschaftplattform werde sich gründen und die finan­ziere quasi von selbst den Eurofighter. (Abg. Strache: Das Konsortium!)

Bleiben wir bei den 200 Prozent an Gegengeschäften, denn die Wirtschaftsplattform gibt es ja bis heute nicht! Also ich kann nur sagen, wäre ich Kaufmann und kaufe etwas und erhalte dafür vom Verkäufer ein 200-prozentiges Gegengeschäftsvolumen, dann wäre ich innerhalb kurzer Zeit ein reicher Mann. Folgt man Ihrer 200 Prozent-Argumen­tation, so frage ich: Wieso kaufen wir nicht 100, 500 oder 1 000 dieser Eurofighter und sanieren damit in kürzester Zeit – Ihrer Denkweise nach – das Sozialwesen, das Gesundheitswesen und haben genügend Planstellen für die Polizei?

Aus dem einfachen Grund, weil es diese Gegengeschäfte nicht in dem Ausmaß gibt! (Präsidentin Dr. Glawischnig-Piesczek gibt das Glockenzeichen) Aus gutem Grund spricht man bei Gegengeschäften von Voodoo-Geschäften. (Beifall bei der FPÖ.)

Mich hat ein bisschen die knappe Zeit überrascht. Ich komme zum Ende.


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Den Schlusssatz, Herr Kollege!


Abgeordneter Harald Vilimsky (fortsetzend): Wenn Sie nichts zu verbergen und zu vertuschen haben, stimmen Sie zu! Es wäre ein guter Start in eine neue Periode, wenn man Dinge untersuchen kann, die seit vier Jahren mit Malversationen und Gerüchten die Schlagzeilen beherrschen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist aber ein langer Schlusssatz, Frau Präsident!) Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

19.20


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als letzter Debattenredner ist nun Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch zu Wort gemeldet. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.


19.20.54

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (BZÖ): Frau Präsident! Meine geschätzten Damen und Herren des Hohen Hauses! Vorab zu den Gegengeschäften, die heute schon sehr oft Thema dieser Diskussion waren. Kollege Strache hat eine Offenlegung der Liste gefordert, Kollege Vilimsky hat uns vorgerechnet, dass man mit 500 Fliegern eben dann wahrscheinlich 30 Mal so viele Geschäfte machen könnte wie mit 15, oder so ähnlich.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 109

Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Ich habe von meinen Kollegen aus der ÖVP eigentlich vermisst, dass einer einmal klar gesagt hätte, wie das denn mit diesen Gegen­geschäften so aussieht, denn seien wir einmal ehrlich: Stünden Sie selbst in der Wirtschaft – das kann man ja von Ihnen nicht behaupten –, würden Sie selbst draußen arbeiten und Menschen Arbeit geben, eine Firma oder ein Unternehmen führen, dann würden Sie sich überlegen, was Sie da eigentlich wollen! – Sie wollen haben, dass eine Liste auf einem schwarzen Brett aufgehängt wird, auf der steht, wie viele Gegengeschäfte welche Firma gemacht hat.

Haben Sie sich einmal überlegt, dass das vielleicht für die Firma unangenehm sein könnte, wenn man öffentlich erklären würde, wie viel Geschäft sie macht? (Rufe bei der FPÖ: Warum?) – Warum? – Na, die Frage habe ich erwartet! Danke, Frau Rosenkranz! (Abg. Strache: Da taucht vier Mal Scheuch auf!)

Warum? Wissen Sie, warum? – Weil wahrscheinlich am Tag der Veröffentlichung die SPÖ, die Grünen und die FPÖ all diese Firmen in irgendeinen Dunstkreis von Quer­finanzierungen, von Parteigeschenken und sonst irgendetwas bringen würden!

Ich werde Ihnen ehrlich etwas sagen: Ich habe im Zuge des Wahlkampfes einige Firmen getroffen, die es ganz klar positiv ... (Heiterkeit und Zwischenrufe bei der FPÖ, den Grünen und der SPÖ. Abg. Strache: Sie haben einige Firmen getroffen! Abg. Öllinger: Woher kennen Sie die Firmen?)


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Bitte um Ruhe!


Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (fortsetzend): Herr Öllinger, Ihre Aufgeregtheit ist verständlich: Sie werden eben wahrscheinlich nie draußen bei den Leuten unterwegs sein! Aber machen Sie einmal Betriebsbesuche, seien Sie einmal draußen unterwegs! Da werden Sie viele Firmen treffen, die über die gute Konjunktur erfreut sind (Abg. Öllinger: Die Firma Rumpold!) und auch darüber, dass es Gegengeschäfte im Zuge dieses Eurofighter-Kaufes gibt, weil einfach neue Leute Arbeitsplätze bekom­men und davon Familien leben und ernährt werden können. – Die würden Sie mit Ihrer Agitation gefährden! (Zwischenrufe bei den Grünen und der FPÖ.)

Herr Kollege Graf (der Redner weist auf Abg. Dr. Graf, der seine Brille mit einem Taschentuch putzt), Sie können ruhig ein Sacktuch auspacken, Sie können für sich selbst weinen, mehr nicht!

Ich halte es für problematisch und würde es als sehr kritisch empfinden, wenn man öffentlich darstellte, welche Firmen mit welchen Geschäften genau wie viel von dieser Eurofighter-Kompensationsgeschichte profitieren würden.

Wie ich schon vorher gesagt habe: Den Untersuchungsausschuss würde ich als solches nicht in Frage stellen. – Das würde ich nicht machen. Ich werde diese Entscheidung, die demokratisch gefällt wird, auch klar zur Kenntnis nehmen. Das ist auch in Ordnung. – Das ist ein demokratisches Recht – das haben wir vorhin schon diskutiert –, und das muss man auch zur Kenntnis nehmen. Das sollte auch so sein.

Ich würde Sie nur bitten, dass Sie diesen Untersuchungsausschuss nicht dazu instrumentalisieren, parteipolitische Agitation zu machen! (Abg. Dr. Graf: Das ist garantiert, Herr Kollege Scheuch! Das garantieren wir!)

Speziell an Sie, Herr Dr. Gusenbauer: Sie sollten jetzt einmal hinausgehen zu den Leuten! Ich bin zufällig gerade in einem weiteren Wahlkampf unterwegs, denn wir haben Landwirtschaftskammer-Wahlen. Gehen Sie einmal hinaus und reden Sie mit den Leuten! Die Leute erwarten sich ein Parlament, das arbeitsfähig ist. Die Leute erwarten sich eine Regierung, die in der Lage ist, zu arbeiten. Die Leute erwarten sich nicht, dass Herr Kollege Cap hier heraußen steht und darüber diskutiert, welchen Traktor der


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 110

Scheuch kauft. – Das interessiert die Menschen draußen nicht, welchen Traktor ich kaufe, Herr Kollege Cap! Das interessiert die Menschen nicht! (Abg. Kurt Eder: Der versteht nicht einmal mehr ein Beispiel!)

Die Menschen wollen eine arbeitsfähige Regierung! Die Menschen interessiert nicht so sehr, ob das Rot-Schwarz, Schwarz-Rot oder – so wie jetzt in der neuen Allianz – Rot- Grün-Blau ist. Die Menschen erwarten sich, dass auf Grund dieses Ergebnisses vom 1. Oktober gearbeitet wird. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni.) – Auch für dich gilt das, mein lieber Kollege Parnigoni!

Die Menschen haben ein Recht darauf, eine Regierung zu bekommen, und wenn wir jetzt am Ende dieser Debatte und am Ende dieser Plenarsitzung darüber zu befinden haben, ob wir einen Untersuchungsausschuss einsetzen oder nicht (Zwischenrufe bei den Grünen), dann kann ich nur noch einmal das Gleiche wiederholen wie zuvor.

Meine geschätzten Damen und Herren! (Zwischenruf des Abg. Brosz.) – Auch für dich, lieber Kollege Brosz: Ihr habt die Mehrheit in diesem Haus! Ihr habt es selbst in der Hand: Bildet eure Regierung, schließt eure Allianz, findet eine klare Mehrheit! Diese Mehrheit liegt bei Ihnen allen!

Halten Sie Ihr Wahlversprechen: Schließen Sie sich zusammen und bestellen Sie diese Eurofighter ab! Damit ist das Thema vom Tisch, damit ist es erledigt, und Herr Kollege Gaál von der SPÖ und andere Vertreter des Verteidigungsausschusses kön­nen sich dann damit beschäftigen, welche Flugzeuge gekauft werden sollen. Die Regierungsmehrheit liegt bei Ihnen! Sie können das bereinigen, was anscheinend vor mehreren Jahren falsch gemacht wurde! – Ich bin nur heute schon gespannt darauf, ob das auch wirklich jemals eintreffen wird. (Beifall bei BZÖ und ÖVP.)

19.25


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Cap, Dr. Pilz, Strache, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungs­aus­schusses.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, dies durch ein deutliches Zeichen zu bekunden. – Das ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen. (Beifall bei der FPÖ sowie bei Abgeordneten der SPÖ und der Grünen. Ruf bei der ÖVP: Eine interessante Mehrheit!)

19.26.28Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Wir gelangen weiters zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur näheren Untersuchung der politi­schen und rechtlichen Verantwortung im Zusammenhang mit dem „BAWAG-Skandal“.

Da dieser Antrag inzwischen an alle Abgeordneten verteilt wurde, braucht seine Verlesung durch den Schriftführer nicht zu erfolgen.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 111

Antrag

der Abgeordneten Ing. Peter Westenthaler, Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kolle­gen betreffend die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 GOG-NR zur näheren Untersuchung der politischen und rechtlichen Verantwortung im Zusammenhang mit dem „BAWAG Skandal“

In den letzten Jahrzehnten haben die Sozialdemokraten in ihrem Einflussbereich immer wieder Pleiten sowie Skandale mit enormen Schadenssummen mit ent­sprechenden Belastungen der Steuerzahler zu verantworten:

Der erste Bankenskandal, den die SPÖ zu verantworten hat, war die Länderbank-Pleite im Jahr 1981. Wegen fahrlässiger Kredite an die Pleitefirmen Eumig und Klimatechnik und zur Sicherung des Weiterbestands der Bank musste der Staat der Länderbank unter dem damaligen Generaldirektor Vranitzky 218 Mio. € zuschießen.

In den 90iger Jahren gelang es der SPÖ mit der annähernden Ruinierung der Bank Burgenland und einem Schaden für den Steuerzahler von mindestens 461 Mio. € die Länderbankpleite bei weitem zu übertrumpfen.

Die Kapitalvernichtung beim Verkauf der BA-CA an die HVB mit einer Vermögens­vernichtung von rund 1,2 Mrd. € lässt sich an dieser Stelle als weiteres unrühmliches Kapitel in der SPÖ-Pleiten und Pannen-Chronik nahtlos einreihen.

Auch in anderen Bereichen außerhalb des Bankenbereichs blieb die SPÖ nicht untätig. So vernichtete die SPÖ im Bereich der Verstaatlichten Industrie trotz Kapitalspritzen in Milliardenhöhe seitens der Steuerzahler zigtausende Arbeitsplätze. Das Ergebnis dieser sozialistischen Misswirtschaft bei der Verstaatlichten war ein Schuldenstand bei der ÖIAG in Höhe von 6,3 Mrd. € Ende 1999. Durch eine gut durchdachte Privatisie­rungspolitik der amtierenden Bundesregierung gelang es jedoch, seit 2000 nicht nur diese Schulden zur Gänze abzubauen, sondern auch den Wert des Beteiligungs­vermögens der ÖIAG um mehr als 60 % zu steigern.

Die Insolvenz des Konsums im Jahr 1995 war die größte Pleite der 2. Republik mit 1,89 Mrd. € Schulden, wobei rd. 5.000 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz und nicht nur viele Großlieferanten, sondern auch viele KMU´s ihr Geld verloren haben.

Die finanziellen Schwierigkeiten des unter der Aufsicht und der Führung einer Vielzahl sozialdemokratischer Funktionäre stehenden Autofahrerklubs ARBÖ sowie die in diesem Zusammenhang zutage getretenen Verdachtsmomente der Veruntreuung von Vereinsvermögen runden eindrucksvoll das Bild einer Partei ab, die jahrzehntelang Parteiinteressen nicht nur über jene der Bürgerinnen und Bürger stellte sondern diese durch die Vernichtung von Steuergeldern nachhaltig belastete.

Der BAWAG-Skandal mit einer Schadenssumme von über 3 Mrd. Euro und dem nach wie vor bestehenden Risikos einer Staatshaftung in der Höhe von mindestens 900 Mio. Euro, der seinen Ursprung bereits Mitte der Neunziger Jahre hat, stellt den bisherigen Höhepunkt in der von Sozialdemokraten zu verantwortenden Pleitenserie dar. In diesem Zusammenhang ist noch hinzuzufügen, dass nunmehr durchgesickert ist, dass der BAWAG – unabhängig vom laufenden Verkaufsverfahren - ein massiver Stellen­abbau (Reduktion des Personalstandes in den kommenden Jahren um ca. 10 Prozent, das sind über 400 Personen) bevorsteht. Es ist im Sinne Österreichs nur zu hoffen, dass diese Vorgehensweise sowie der wahrscheinliche „Ausverkauf ins Ausland“ nicht unter der von der SPÖ im Wahlkampf propagierten „neuen Fairness“ zu subsumieren ist.

Im Gegensatz zu früher wurden nunmehr unmittelbar nach Bekanntwerden der Malversationen sowohl die Finanzmarktaufsicht als auch die Strafverfolgungsbehörden tätig, was mittlerweile zur Anklageerhebung gegen eine Reihe von Verantwortlichen


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 112

sowie einem Auslieferungsantrag gegen den hauptverantwortlichen Generaldirektor Elsner geführt hat. Aus allen öffentlich bekannt gewordenen bisherigen Unter­suchungs­ergebnissen der Finanzmarktaufsicht (FMA) sowie sonstiger Ermittlungs­behörden ist der Bedarf nach Einrichtung eines Untersuchungsausschusses zur lückenlosen und umfassenden Aufklärung der politischen Verantwortlichkeiten insbe­sondere in Hinblick auf nachstehende Auffälligkeiten von höchster Dringlichkeit.

Dies umso mehr, als der zur Klärung der Vorgänge bei der BAWAG im Juni dieses Jahres eingesetzte Unterausschuss des Rechnungshofausschusses gem. § 32e GOG-NR seinem Zweck unter anderem aufgrund fehlender Akteneinsicht, mangelnder Aussagebereitschaft der Geladenen und einem schwächeren Verfahrensrecht im Vergleich zum Untersuchungsausschuss nicht gerecht werden konnte.

Dieser Untersuchungsausschuss sollte sich insbesondere folgenden Themen widmen:

Bankenaufsicht

Nach wie vor stellt sich nicht nur die interessierte Öffentlichkeit die Frage, wie es möglich war, dass eine systemrelevante österreichische Bank in rund 10 Jahren Verluste von über 3 Mrd. € „erwirtschaften“ konnte, obwohl

nach den Karibik I Geschäften der BAWAG bereits 1995 die OeNB einen mehr als kritischen Prüfbericht vorlegte, der zu einer Vielzahl von Empfehlungen unter anderem betreffend betriebsorganisatorischer Verbesserungen durch die Expertenkommission und Auflagen durch das Bundesministerium für Finanzen führte, welche jedoch nicht umgesetzt wurden,

eine rasche Follow-Up Prüfung bei der BAWAG durch die OeNB angekündigt (die jedoch von den sozialdemokratischen Finanzministern und Frau Dr. Tumpel-Gugerell, in der OeNB als Vizegouverneurin für die Bankenaufsicht zuständig, immer wieder verschoben wurde), aber erst 2000 nach der Wende begonnen wurde, und

die BAWAG als Kreditinstitut der Bankenaufsicht bzw. der Finanzmarktaufsicht unterlag/unterliegt.

Im Hinblick auf die Tatsache, dass es eine wesentliche öffentliche Aufgabe der Bankaufsicht ist, das volkswirtschaftliche Interesse an einem funktionsfähigen Bank­wesen wahrzunehmen und es sich bei der BAWAG um eine systemrelevante Bank handelt, muss genau untersucht werden, wie die behördliche Ebene der Kontroll­instanzen gearbeitet hat.

Es ist daher insbesondere zu untersuchen,

welche Handlungen von 1994 bis heute gesetzt wurden um die Verluste zu ver­schleiern;

wer an diesen Handlungen beteiligt- darüber informiert- und dafür verantwortlich war;

wie die Kontrollinstitutionen zwischen 1994 und heute auf die Wiederaufnahme der Karibikgeschäfte reagierten;

welche Verbesserungen mit der neuen Finanzmarktaufsichtsbehörde erreicht wurden;

ob vorhandene Kontrollinstanzen zusätzlich gestärkt werden sollten,

ob klare Verantwortungen innerhalb der Behörden festgelegt waren und wie sie wahrgenommen wurden sowie

ob und welche Fehler und Unterlassungen festzustellen sind und wie diese hätten verhindert werden können.

Strafverfolgungsbehörden


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 113

In den Medienberichten entstand der Eindruck, dass der seinerzeitige Mitarbeiter (bis 1997) und Leiter (1997 bis 2002) der Wirtschaftspolizei Mag. Roland Horngacher in Angelegenheiten mit BAWAG-relevantem Hintergrund, wie zum Beispiel im Konkursfall der Firma Economos, bei der Übernahme des Handy-Netzbetreibers "Mobiltel" sowie bei den Ermittlungen betreffend Geldverschiebungen von der ehemaligen DDR über die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) nach Liechtenstein und in die Schweiz, nicht korrekt vorgegangen sei.

Aufklärungswürdig ist auch die Tatsache, dass Originalunterlagen wie die Anklage­schrift, aber auch andere relevante Informationen – möglicherweise aus dem Bundes­ministerium für Justiz - insbesondere an NEWS gelangten. Darüber hinaus sollte auch das Verhalten der weisungsgebundenen Anklagebehörden im Hinblick auf Einleitung und Fortführung der aktuellen Strafverfahren gegen die Beschuldigten des ÖGB und der BAWAG geprüft werden.

Ein weiterer Gegenstand der Untersuchung hat sich auf die Beurteilung des Verhaltens der Anklagebehörden in Zusammenhang mit dem Atomic-Konkurs bzw. den Karibik-Geschäften der BAWAG  im Jahr 1998 zu beziehen, wo trotz eines einige Vorstands­mitglieder und leitende Angestellte der BAWAG belastenden Erhebungsberichts der Kripo Salzburg die entsprechenden Strafverfahren wegen des Verdachts der Untreue eingestellt wurden.

Parteienfinanzierung

Nicht zuletzt ist die Rolle der BAWAG sowie des ÖGB bzw. der FSG als Finanzquelle der SPÖ zu überprüfen. Verdachtspunkte in dieser Richtung ergeben sich in Zusam­menhang mit dem ehemaligen Bundeskanzler Vranitzky, der in Zusammenhang mit dem BAWAG Skandal aufgrund der Tatsache in die Schlagzeilen geriet, seitens der BAWAG ein Beraterhonorar in der Höhe von rund 1 Mio. öS erhalten zu haben, das laut Medienberichten zur Parteienfinanzierung der SPÖ verwendet wurde. Ein weiteres Indiz in Richtung Parteienfinanzierung stellen die Rechenschaftsberichte der SPÖ, insbesondere jener aus dem Jahr 2002, dar, die Zahlungen in der Höhe von bis zu jährlich 5,6 Mio. Euro von Körperschaften öffentlichen Rechts, auf freiwilliger Mitglied­schaft beruhenden Berufs- und Wirtschaftsverbänden, Anstalten; Stiftungen oder Fonds ausweisen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Antrag:

Der Nationalrat wolle gemäß § 33 Abs. 1 GOG-NR beschließen:

„Zur Untersuchung der politischen und rechtlichen Verantwortung im Zusammenhang mit der

Gebarung des Bundesministeriums für Finanzen, der Oesterreichischen Nationalbank und der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) einschließlich der Tätigkeit ihrer Rechts­vorgängerin, der Bundes-Wertpapieraufsicht (BWA), hinsichtlich der Erfüllung ihrer Aufsichtspflicht über die Geschäfte der Bank für Arbeit und Wirtschaft AG (BAWAG) einschließlich ihrer Tochterunternehmen, und zwar insbesondere deren „Karibik-Geschäfte“, Kredite, Haftungen, Garantien, Beteiligungen, Ver- und Rückkäufe von Aktien sowie sonstiger Geschäfte und Geldflüsse zur Verschleierung des tatsächlichen Vermögenstandes der BAWAG in den Jahren 1994 bis heute,

Prüfung des Verhaltens der Wirtschaftspolizei, insbesondere des ehemaligen Mit­arbeiters (bis 1997) und Leiters (von 1997 bis 2002) Mag. Roland Horngacher,


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 114

insbesondere in Angelegenheiten mit BAWAG relevantem Hintergrund wie zum Bei­spiel im Zusammenhang mit dem Konkurs der Firma Economos, mit der Weitergabe vertraulicher Informationen anlässlich der Mitfinanzierung der Übernahme des Handy-Netzbetreibers "Mobiltel" durch die BAWAG sowie bei der Bearbeitung eines Rechts­hilfeansuchens der liechtensteinischen Behörden von 2001 wegen der Ermittlungen über Geldverschiebungen von der ehemaligen DDR über die Kommunistische Partei Österreichs (KPÖ) nach Liechtenstein und in die Schweiz,

Prüfung des Verhaltens der weisungsgebundenen Anklagebehörden einerseits im Hinblick auf Einleitung und Fortführung der aktuellen Strafverfahren gegen die Beschuldigten des ÖGB und der BAWAG sowie gegenüber Medienvertretern und Öffentlichkeit andererseits und

Beurteilung des Verhaltens der weisungsgebundenen Anklagebehörden im Hinblick auf die im Jahr 1998 erfolgte Einstellung von Strafverfahren u.a. gegen einige Vorstands­mitglieder und leitende Angestellte der BAWAG, dies trotz der Tatsache, dass das Landesgendarmeriekommando Salzburg in einem Erhebungsbericht an die Staats­anwaltschaft im Zusammenhang mit dem Atomic-Konkurs und den Karibik-Geschäften der BAWAG „eine persönliche Bereicherung zum Schaden der Masse“ (Verdacht auf Untreue) festgestellt hatte

Prüfung der Rolle der BAWAG sowie des ÖGB bzw. der FSG als Finanzquelle der SPÖ

wird ein Untersuchungsausschuss eingesetzt, der aus insgesamt 17 Abgeordneten im Verhältnis 6 SPÖ : 6 ÖVP: 2 Grüne : 2 FPÖ: 1 BZÖ besteht.“

Die unterzeichneten Abgeordneten verlangen gemäß § 33 Abs. 2 GOG die Durch­führung einer Debatte über diesen Antrag.

*****


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Wir gehen nun in die Debatte ein.

Im Sinne des § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung beträgt die Redezeit wie in der vorhergehenden Debatte 5 Minuten, wobei der Erstredner zur Begründung über eine Redezeit von 10 Minuten verfügt.

Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder zum Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Das Wort erhält zunächst der Antragsteller, Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler. – Bitte sehr.


19.27.24

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (BZÖ): Frau neu gewählte Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Es ist schon hochinteressant, was sich hier heute den ganzen Tag über abspielt! Ich habe viele Argumente mitge­schrieben, die ich Ihnen jetzt zitieren könnte, die für die Einsetzung des Unter­suchungsausschusses, den wir heute hier beantragen, genauso zählen: zu wenig Rechnungshof-Kontrolle, überhaupt die Kontrollfunktion hier im Parlament, das Geld der Steuerzahler, oder – wie Kogler vorher gesagt hat –: Wer waren die ent­scheiden­den Player in den entscheidenden Phasen? – Das gilt für den BAWAG-Skandal noch viel mehr!

Das ist schon ein Riesenunterschied zur Diskussion um den vorigen Untersuchungs­ausschuss, denn hier geht es mittlerweile um Beträge von vernichtetem Geld, die in ihrem Ausmaß eigentlich jedweder Beschreibung spotten: 3 Milliarden € wurden in der


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 115

Karibik versenkt, (Rufe bei der SPÖ: Riess-Passer! Gucci!) der Gewerkschaftsbund steht vor dem Ruin.

Bei der Situation, die es zu untersuchen gilt, geht es nicht um den Wirtschafts- und Bankenstandort Österreich, sondern um einen speziellen und spezifischen Skandal – den BAWAG-Skandal im roten Bereich –, den wir aufklären wollen, denn er ist nicht vergleichbar! Er ist – auch in der Dimension – ein einzigartiger Skandal, der mit keinem anderen in der Zweiten Republik auch nur annähernd vergleichbar ist.

Aber noch zwei Sätze zu meinem Vorredner, dem Herrn Generalsekretär der FPÖ. – Dem wollte ich schon noch einmal ein paar Fragen stellen, nämlich: Herr Genosse Vilimsky! Für den Auftritt, den Sie heute hier hatten, für das Loben der Genossen werden Sie wahrscheinlich erster Anwärter auf die Viktor-Adler-Plakette. – Die steht Ihnen heute zu. (Beifall bei BZÖ und ÖVP. Zwischenruf der Abg. Bures.)

Das ist ja eigentlich unglaublich! Herr Strache, Sie sitzen da so schön breit vor mir. Ich frage mich wirklich: Was haben sie euch eigentlich alles geboten, dass ihr am ersten Parlamentstag auf dieser roten Kriechspur daherkommt und offenbar eine linke Koalition in diesem Haus wollt und möglich macht, dass ihr euch mit Haut und Haaren Rot und Grün unterordnet und jetzt nach dem Antrag auch noch schön applaudiert? (Abg. Strache: Wir haben Anstand im Gegensatz zu Ihnen!) – Das ist wirklich eine interessante Sache! (Abg. Strache: Wir sind eine Oppositionspartei, die letztlich auch der Kontrolle verpflichtet ist! Eine Kontroll- und Oppositionspartei! Wir decken auf und kontrollieren!) Tut der tägliche Diener vor Rot-Grün, den ihr macht, eigentlich nicht weh? – Also, ich muss wirklich sagen: Ich bin fassungslos!

Herr Strache, Sie müssen das Ihren Wählern von der FPÖ erst einmal erklären, dass Sie so kurz nach der Wahl diese Wähler bereits verkauft haben und jetzt hier in diesem Haus Rot-Grün unterstützen! (Abg. Strache: Dass wir schon so kurz nach der Wahl einen Untersuchungsausschuss zustande bringen!) Das werden Sie den Wählern erst einmal erklären müssen! (Beifall beim BZÖ.)

Die Situation ist mittlerweile ja völlig klar! Es ist offensichtlich, was sich da abspielt. (Abg. Dr. Graf: Du bist der Kandidat für die Heide-Schmidt-Plakette!) Der Herr Häupl hat die Katze aus dem Sack gelassen: Er hat heute angekündigt, es wird Neuwahlen geben, wenn man sich nicht dem Diktat der SPÖ hier im Hohen Haus beugt. – Das ist die Situation!

Ich sage es ganz offen so, wie es eben ist: Die SPÖ will um jeden Preis Neuwahlen vom Zaun brechen! Sie wollen Neuwahlen erreichen, dieses Land letztlich in Neu­wahlen hineintreiben, die teuer sind, die niemand will und die vor allem auch die Wähler nicht wollen, denn wir haben erst gewählt.

Sie wollen offensichtlich so oft wählen, bis das Ergebnis herauskommt, das Sie sich wünschen. Aber Übermut tut selten gut, und es wird Ihnen der Wähler einen Strich durch die Rechnung machen! Das kann ich Ihnen heute auch schon sagen, dass Ihnen das nicht gelingen wird. (Beifall beim BZÖ. Zwischenrufe bei der SPÖ. Abg. Strache: Da reden Sie in die falsche Richtung!)

Zu Ihren Skandalen: Ihre Skandale und Bankenpleiten haben ja eine lange Tradition. Das beginnt 1981 mit der Länderbank: 218 Millionen € an Staatszuschuss an den damaligen – gut zuhören! – Länderbankgeneraldirektor Franz Vranitzky – 218 Mil­lionen €! (Abg. Dr. Jarolim: Eine erschreckende Rede!)

Bank Burgenland: 461 Millionen € Schaden; BA-CA-Verkauf an die HVB: 1,2 Milliar­den € an Kapitalvernichtung; Verstaatlichte Industrie: die ÖIAG wurde uns 1999, als wir in die Regierung gekommen sind, letztlich mit 6,3 Milliarden € Schulden eröffnet; oder


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die „Konsum“-Insolvenz 1995: 1,9 Milliarden € Schulden, 5 000 Arbeitsplätze waren im Übrigen auch weg. Dazu kommen die „Arbeiter-Zeitung“, die AMAG, die DDSG. – Das könnte man alles noch zusammenrechnen, und am Ende – inklusive des BAWAG-Skandals mit 3 Milliarden – kommt man auf die unglaubliche Schadenssumme sozialdemokratischer Wirtschaftspolitik von 12 Milliarden € oder 80 000 Arbeitsplätzen, die Sie vernichtet haben, als Sie wirtschaftspolitische Verantwortung getragen haben. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ungeheuerlich!)

Das schreit ja nach Aufklärung! (Abg. Kurt Eder: So ein Unsinn!) Deshalb haben wir diesen Antrag auf Einsetzung eines BAWAG-Untersuchungsausschusses eingebracht, im Zuge dessen wir sehr wohl auch die Verantwortung verschiedenster Instanzen überprüft haben wollen. (Zwischenrufe bei der SPÖ.)

3 Milliarden € in der Karibik versenkt, der ÖGB hat jetzt einen Schuldenstand von 2,14 Milliarden € bekannt gegeben – allein im Jahr 2005 ein Verlust von 108 Millionen, und da war die BAWAG noch gar nicht dabei. Das war der Verlust, der dort verwirt­schaftet worden ist.

Jetzt kommt der Steuerzahler ins Spiel, und das ist sehr wichtig. Jawohl, Herr Kollege Gaál! Er ist leider nicht mehr da. Er hat gesagt, der Steuerzahler habe das Recht, zu wissen, was mit seinem Geld passiert. Es gibt diese 900 Millionen € Staatshaftung, die mittlerweile ausgesprochen worden ist. Daher haben wir auch das Recht, bei diesem spezifischen, größten Skandal der Zweiten Republik Licht in das Dunkel dieser BAWAG-Geschichte zu bringen.

Ich bin schon sehr gespannt, ob Sie heute bei diesem Untersuchungsausschuss mitstimmen oder ob Sie sich wieder ausreden, wie Sie das so gerne tun, nach dem Motto: Da gibt es ja auch noch andere Felder, die zu durchleuchten sind! (Abg. Strache: Da sind wir auf einmal für einen Ausschuss! Auf einmal sind wir für einen Untersuchungsausschuss! Rufe bei der SPÖ: Hypo Alpe-Adria!)

Da zählen Sie immer irgendwelche anderen Banken auf und erheben irgendwelche nebulosen Vorwürfe – aber den Skandal in den eigenen Reihen wollen Sie damit nicht kontrollieren, den wollen Sie zur Seite schieben.

Daher sagen wir: Es ist notwendig, im Sinne der Steuerzahler, im Sinne der Auf­klärung, und auch im Sinne der BAWAG-Mitarbeiter diesen Untersuchungs­aus­schuss einzusetzen. Wir hören ja jetzt plötzlich – alles natürlich nach der Wahl – dass 400 – mindestens 400! – Arbeitsplätze bei der BAWAG abgebaut werden.

Es steht also ein massiver Stellenabbau vor der Tür, und Sie wollen da offensichtlich nicht aufklären und sich auf irgendwelche anderen Geschichten ausreden. Daher wollen wir eine exakte Prüfung darüber, was mit diesen Verlusten war, wie sie verschleiert wurden, wer wann etwas gewusst hat und wer wann informiert wurde.

Es glaubt Ihnen doch niemand, dass der ehemalige ÖGB-Präsident, Kollege Verzet­nitsch, der Einzige war, der alles gewusst hat! Wer alles hat denn aus den Reihen der SPÖ-Spitzen noch gewusst von diesen Verlusten, die nicht über ein Jahr oder zwei Jahre, sondern über zehn Jahre gebaut worden sind und sich letztlich in dieser Dimension eröffnet haben?

Wir wollen natürlich auch überprüfen: Wie hat die Bankenaufsicht in den neunziger Jahren funktioniert, als es 1995 einen ersten Nationalbankbericht gegeben hat, der im Wesentlichen ohne Wirkung blieb? Schon damals ist darauf aufmerksam gemacht worden, dass es zu wirklich verwunderlichen Spekulationen gekommen ist, nämlich zu den ersten Karibikgeschäften.


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Da hat man dann angekündigt, es komme ein Follow-up-Bericht. Man hat gesagt, man werde das überprüfen. Der ist aber nie gekommen! Den haben ab 1995 sozial­demokratische Finanzminister gemeinsam mit so manchen Führungsspitzen in der Nationalbank einfach hinausgezögert, sodass er nicht gekommen ist.

Deshalb müssen wir diese Bankenaufsicht auch genau überprüfen und schauen, was da dahinter steckt, und auch die Finanzmarktaufsicht, auch die Wirtschaftspolizei, wo es einen klingenden Namen gibt, nämlich den Genossen Horngacher, der ja noch in andere Geschichten verwickelt ist und der damals auch Chef der Wirtschaftspolizei war. – Das muss man sich genau anschauen!

Ein weiterer wichtiger Überprüfungspunkt ist, wie die Justizbehörden gearbeitet haben, wie Justizbehörden immer wieder auf Anzeigen reagiert haben, wie es zum Beispiel möglich war, dass immer wieder ganze Akten – von der Anklageschrift bis zu geheim­gehaltenen Dokumenten – direkt von den Anklagebehörden den Weg in die Medien gefunden haben. – Auch das sollte einmal eine Prüfung wert sein, bis hin, ob es seitens Mitarbeitern des Justizministeriums auch zu einem Einfluss auf die Anklagebehörde – auf die Staatsanwaltschaft – gekommen ist.

Dass wir die Parteienfinanzierung selbstverständlich kontrollieren wollen, steht im Raum. Die Causa Vranitzky ist ja, wäre sie nicht lächerlich, fast traurig: 1 Million € hat er für Beratung bekommen, dafür, dass er dem Herrn Flöttl – dem Investmentbanker Flöttl! – die Euro-Umstellung erklärt hat.

Das ist ja großartig! Das ist ja, Herr Kollege Cap, genauso, wie wenn Sie den Herrn Ronaldo beim Fußballspielen unterstützen würden, ihm erklären würden, wie es geht, und dafür eine Million abkassieren würden! – Das wäre genau das Gleiche. Das glaubt Ihnen niemand. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Der Herr Kollege Cap glaubt viel, aber nicht alles!)

Es fehlen noch immer 17 Millionen €, die aus Stiftungen verschwunden sind. Die hat der Herr Flöttl in Stiftungen einbezahlt, aber bis heute sind sie nicht aufgetaucht. 17 Millionen € sind einfach weg. Das heißt, es gibt hier sehr wohl sehr viel aufzuklären, bis hin zu Ihren Rechenschaftsberichten, wie denn Gelder auch in die Fraktion sozialdemokratischer Gewerkschafter geflossen sind, hin zum ÖGB. – Das alles ist Gegenstand der Aufklärung!

Das ist der Punkt, der uns jetzt auch eine andere Meinung vertreten lässt als vielleicht in den Wochen zuvor. Die Staatsanwaltschaft hat gesprochen. Sie hat Anklage gegen wesentliche Manager im Umfeld der SPÖ erhoben. Die Anklagen liegen vor. Es wird zu einem Verfahren kommen, und jetzt ist es an der Zeit, die politische Verantwortung aufzuklären.

Deswegen haben wir heute diesen Antrag zeitgerecht eingebracht. In keinem der anderen Fälle, die Sie untersuchen wollen, gibt es Anklagen, gibt es gerichtliche Verfahren oder Ähnliches. Das ist reiner politischer Vorwurf! Im Fall der BAWAG liegt jedoch wirklich Material auf dem Tisch, das es zu untersuchen gibt.

Daher sagen wir: Wie hoch Ihre Glaubwürdigkeit ist, werden wir heute bei der Abstimmung sehen. Wenn Ihnen Kontrolle und Prüfung in diesem Hohen Haus so wichtig sind, dann haben Sie ja auch nichts zu verbergen, wie Sie selber heute gesagt haben. Dann würde ich Ihnen empfehlen, Herr Kollege Gusenbauer, Herr Kollege Cap: Geben Sie es frei und stimmen Sie bei diesem Antrag mit, sodass wir endlich einen Untersuchungsausschuss zu diesem größten Skandal der Zweiten Republik einbringen können! Dann werden wir schauen, ob alle Argumente, die Sie den ganzen Tag für einen Untersuchungsausschuss in der anderen Causa verwendet haben, jetzt um 19.38 Uhr auch noch gelten! (Beifall beim BZÖ.)


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19.37


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Matznetter. Redezeit: 5 Minuten. Das gilt auch für alle weiteren Redner. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.37.46

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler! Ich tue mich ja leicht in der Frage: Sie sind ja bei der Gruppe dabei gewesen, wo, glaube ich, die Millionen für Gucci-Taschen und anderes verbraucht wurden. Sie sollten das mit den Spesen vielleicht in diesem Zusammenhang anders sehen. (Abg. Ing. Westenthaler: Passen Sie auf, was Sie sagen! Ruf bei der SPÖ: Nicht drohen!) Aber kommen wir zum Hauptthema: Der Herr Bundeskanzler hat sich vorhin zu beiden Untersuchungsausschüssen zu Wort gemeldet. (Ruf bei der SPÖ: Keine Bodyguards da!) – Seine Prügel und sonstigen Dinge sind heute, glaube ich, erledigt. Die brauchen wir heute nicht zu diskutieren. Bleiben wir bei dem, was auf dem Tisch liegt. (Zwischenruf des Abg. Ing. Westen­thaler.) – Ich bin gleich fertig, Herr Ing. Westenthaler!

Sie schreiben hier in einem Antrag, die Sozialdemokraten haben zu verantworten, und dann kommt ein langer Sermon. Dann schreiben Sie aber eigentlich nur drei Punkte auf, die Sie untersuchen wollen, und zwar Gebarung des Finanzministeriums und der Aufsicht, die Prüfung des Verhaltens der Wirtschaftspolizei, die Prüfung des Verhaltens der Anklagebehörden und die Beurteilung der Anklagebehörden. (Abg. Ing. Westen­thaler: Parteienfinanzierung haben Sie vergessen!)

Diese Punkte kann ein Untersuchungsausschuss überprüfen. Der vierte Punkt ist keine Angelegenheit der Vollziehung. Es ist eine interessante Auffassung, die Sie hier vertreten. Ich stelle fest: Es gibt einen zweiten Antrag – ohne Debatte nachher –, und in diesem Antrag sind all diese Punkte aus dem BZÖ-Antrag enthalten, aber – und jetzt komme ich zu dem, was der Herr Bundeskanzler vorhin sozusagen als Angriff empfunden hat beziehungsweise andere Redner als Tribunal empfunden haben –: Glauben Sie ernsthaft, dass für uns die Frage lustig ist, wie die Zusammenhänge der Causa BAWAG waren?

Wir haben uns doch schon gemeinsam – jedenfalls ein Teil der hier anwesenden Abgeordneten im BAWAG-Rechnungshofunterausschuss – damit auseinander gesetzt. Wir haben von Anfang an Klarheit und Transparenz verlangt, lückenlose Aufklärung, wieso alle Sicherungen durchgebrannt sind, wieso von der Innenrevision – jetzt bleiben ich gleich einmal bei der BAWAG – über die Bankprüfer alle versagt haben und darüber 2001 der Aufsicht ein Bericht  – auf Auftrag des Herrn Bundesministers für Finanzen! – vorgelegt wurde, der einfach verschwindet und in dem grundsätzliches Versagen der internen Revision der BAWAG festgehalten wird.

Meine Damen und Herren, egal, ob es angenehm oder unangenehm ist: Das gehört untersucht!

Jetzt rückt das natürlich lückenlos – und jetzt komme ich zu den anderen Punkten – in eine Reihe des Versagens der Aufsicht: AMIS zum Beispiel – dauernd gibt es Hinweise darauf, dass Menschen sich auf die Finanzmarktaufsicht verlassen haben; das sind tausende Geschädigte, insgesamt 16 000, die 1 Milliarde Schilling verloren haben, die sie damals in gutem Glauben bei AMIS angelegt haben, und eine FMA, die untätig geblieben ist.


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Nehmen wir Hypo Alpe-Adria: Zum ersten Mal in der Geschichte – Herr Ingenieur, weil Sie das orange Bundesland Kärnten immer hervorstreichen – musste einer öster­reichischen Bank, die einen falschen Jahresabschluss vorgelegt hat, das Testat entzogen werden. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist ja alles nicht wahr!) Die Bilanz­fälschung wurde inzwischen zugegeben, indem ein geänderter Abschluss 2004 vorge­legt wurde. Und wir haben eine FMA, die die wesentlichen Geschäfte dieser Bank am Balkan nicht geprüft hat. Wir können aber im Untersuchungsausschuss nicht die Banken prüfen – das hat Kollege Kogler bereits klargestellt –, sondern wir können nur untersuchen, wieso die Aufsicht nicht funktioniert hat. Und genau das werden wir gemeinsam tun! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Kehren Sie vor Ihrer eigenen Haustüre! Da brauchen Sie einen großen Besen!)

Herr Bundeskanzler, da gerade in Bezug auf die Frage 12 gemeint wurde, hier wolle jemand Raiffeisen untersuchen: überhaupt nicht! Sie brauchen das mir nicht zu sagen, ich weiß, was es heißt, ein Treuhandverhältnis einzugehen. Es ist schwierig genug für jeden Wirtschaftstreuhänder, für jede Bank, weil Sie an Stelle des Treugebers nach außen auftreten und dabei sicher sein muss, dass die Person in Ordnung ist. Aber das heißt, alle unsere Banken – und noch stärker, wenn wir in der Ost-Expansionsphase sind – müssen sich auf die Auskünfte der Wirtschaftspolizei verlassen können, auf die dortigen Dienststellen, auf Auskünfte der FMA. Sie müssen sicher sein, wenn sie heute ein Geschäft übernehmen, dass sie nicht morgen in den Geruch kommen, mit jeman­dem in Geschäftsverbindung zu stehen oder gar in dessen Namen zu handeln, der möglicherweise mit Haftbefehl gesucht wird oder gegen den Untersuchungen laufen. Und zum Schutz dieser Institute müssen wir das Versagen in diesem Bereich, weil es ja mehrfach ein problematisches Vorgehen gegeben hat, untersuchen.

Nehmen wir den zweiten Teil, Bulgarien. Alle sagen uns, und wir hören das auch vom Herrn Taus, ihm hat die MobilTel gar nicht gehört. Ja, bitte, wem hat denn dann diese Firma gehört? Den anderen Taus-Partnern hat sie auch nicht gehört, habe ich vernommen. Ja, wem hat sie denn gehört? Und wir lesen in der Zeitung, dass der Herr Elsner sich bei der Wirtschaftspolizei eine Gefälligkeitsbestätigung bestellen konnte, die sagt: Kein Problem, von dem Eigentümer kann man kaufen! (Präsident Dr. Spindelegger übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Das müssen wir untersuchen!

Ich lade die ÖVP ein, emotionell ein bisschen herunterzukommen. Wollen Sie im Ernst die Republik in einem Zustand lassen, wo jedes Jahr ein neuer Skandal im Ban­kenbereich ans Licht kommt? Ich nicht, und ich hoffe, Sie auch nicht. Wollen Sie ein Land in einem Zustand lassen, wo etwas hinter Beschaffungsvorgängen vermutet wird, was vielleicht gar nicht der Realität entspricht?

Ganz ehrlich, beide Untersuchungsausschüsse, wenn wir sie seriös abwickeln, sind ein Beitrag zur Entkrampfung, und wir können sie zusammen dazu nützen, die Aufsicht zu reformieren und das, was bei der Staatsanwaltschaft nicht funktioniert, zu reformieren. Ich erinnere daran, dass wir einen sehr guten Vorschlag eingebracht haben: die Ein­setzung eines weisungsungebundenen Bundesstaatsanwalts. (Abg. Ing. Westentha­ler: Redezeit!) Wir haben die Chance, festzustellen, wer wann bei diesen Dingen von der politischen Ebene, der Verwaltung aus tätig gewesen ist, und wir werden diese Verantwortung in diesen Untersuchungsausschüssen aufdecken.

Meine Damen und Herren! Auch wenn es Ihnen jetzt unangenehm ist ... (Rufe bei ÖVP und BZÖ: Redezeit!) Ich bin gleich fertig!


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Kollege Matznetter, ich möchte Sie nur kurz unterbrechen. Die Uhr wurde falsch eingestellt. Ihre Redezeit von 5 Minuten ist bereits verstrichen. Ich darf Sie bitten, noch einen Schlusssatz zu sagen.



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 120

Abgeordneter Dr. Christoph Matznetter (fortsetzend): Ich fordere Sie unemotionell auf: Folgen Sie uns auf dem Weg in Richtung Transparenz und Aufklärung! Das wird der ÖVP auch guttun. – Ich bedanke mich. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeord­neten der Grünen.)

19.44

19.44.27 Verkündigung des tatsächlichen Ergebnisses bei der Wahl der Dritten Präsidentin


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Meine Damen und Herren, ich gebe folgende Berichtigung bekannt:

Bei der Auszählung der Stimmen zur Wahl der Dritten Präsidentin des Nationalrates wurden irrtümlicherweise 93 Stimmen für Frau Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek gezählt. – Tatsächlich wurde im Nachhinein festgestellt, dass 83 Stimmen auf Frau Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek entfielen. Dieser Fehler hat aber auf das Wahlergebnis keinen Einfluss.

Der Ordnung halber und für das Amtliche Protokoll mache ich hievon Mitteilung.

*****

(Abgegebene Stimmen bei der Wahl der Dritten Präsidentin: 181; gültig: 152; ungültig 29. – Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: 83 Stimmen. – Die restlichen Stimmen entfielen auf die Abgeordneten: Bucher: 1, Mag. Dr. Fekter: 3, Dr. Grünewald: 1, Haidlmayr: 1, Mag. Kogler: 2, Mag. Lunacek: 1, Mandak: 1, Dr. Gabriela Moser: 8, Öllinger: 4, Dr. Pilz: 5, Dr. Rada: 1, Rosenkranz: 20, Sburny: 2, Mag. Stoisits: 13, Dr. Van der Bellen: 4, Mag. Weinzinger: 2.)

*****

Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Mag. Molterer. Redezeit: 5 Minu­ten. – Bitte, Herr Abgeordneter.


19.45.02

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Frau Präsidentin! Völlig unemotionell, Herr Dr. Matznetter, sage ich Ihnen und Herrn Dr. Gusenbauer, Herrn Dr. Cap, Herrn Van der Bellen, Herrn Strache, da gibt es einen Film, ich glaube, er ist in den sechziger Jahren gedreht worden, mit dem Titel: „Denn sie wissen nicht, was sie tun“. (Ruf: James Dean!) James Dean, völlig richtig!

Ich möchte, liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie nur aufmerksam machen auf die Folgen Ihres Tuns, damit Sie eben wissen, was Sie tun. Sie gehen hier heraus und sagen, es sei doch eigentlich völlig irrelevant, was wir mit dem Untersuchungs­ausschuss beschließen, nämlich dem nächsten, der auf der Tagesordnung steht, das hätte sowieso keine Konsequenz.

Ich lese Ihnen etwas vor, Herr Dr. Gusenbauer, damit Sie wissen, was Sie tun:

Mit Verwunderung und Bestürzung mussten wir erfahren, dass als fünfter und letzter dieser Vorfälle lapidar angeführt wird: Insolvenzgefahr bei Tiroler Sparkasse. Wir weisen namens der Tiroler Sparkassen Aktiengesellschaft Innsbruck diese Behauptung auf das Schärfste zurück, sie ist unrichtig und entbehrt jeder Grundlage. Eine solche Aussage in einem Prüfungsauftrag des österreichischen Gesetzgebers ist geeignet, eine schwere


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Ruf- und Kreditschädigung unseres Hauses mit entsprechenden Scha­dens­folgen zu bewirken. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Wir ersuchen Sie daher, in der entsprechenden Sitzung des Nationalrates und in Kontakt mit den zuständigen Klubobleuten der den Antrag unterstützenden Fraktionen darauf einzuwirken, dass nicht mutwillig die Reputation unseres seit 184 Jahren bestehenden Hauses geschädigt wird.

Im Namen von 550 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern verbleibe ich ... – Zitatende.

„Denn sie wissen nicht, was sie tun“, Herr Dr. Gusenbauer. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten des BZÖ.)

Herr Dr. Gusenbauer, Herr Dr. Van der Bellen – er ist nicht mehr da –, Herr Strache! Ich lese Ihnen etwas Zweites vor von jemandem, der durchaus genauso wie die Tiroler Sparkasse eine absolut hohe Reputation hat, nämlich von der Raiffeisen Zentralbank. Die sagt:

Erstens einmal: Wir sind bisher jedem Mandatar zur Auskunft zur Verfügung gestan­den. Walter Rothensteiner schreibt, dass interessanterweise keiner von den Abgeord­neten, die den Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses eingebracht haben, ein diesbezügliches Auskunftsbegehren an sie gerichtet hat.

Das heißt, Sie haben nicht einmal gefragt! Aber Sie beschließen den Untersuchungs­ausschuss, damit Sie politisch skandalisieren können. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ungeheuerlich!)

Ich sage Ihnen, was hier noch steht. „Denn sie wissen nicht, was sie tun“, Herr Van der Bellen. (Zwischenrufe bei den Grünen.) Hören Sie zu, damit Sie wissen, was Sie tun, Herr Ökonomieprofessor:

Zudem stellt sich die Frage – schreibt Rothensteiner –: Die jetzt pauschal verurteilten Ostgeschäfte sind ein Rückgrat der österreichischen Wirtschaft. Das wollen nur extrem kurzsichtige Politiker in Frage stellen wollen. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Vielleicht sollte man dem Cap eine Brille kaufen!)

Und dann weiter: Es geht nicht nur um die RZB – und so weiter – als private Banken, sondern es geht auch um mehr als 50 000 österreichische Kleinanleger. Die den Untersuchungsausschuss einsetzenden Politiker müssen sich schon die Frage gefallen lassen, ob sie mit dieser Aktion diesen österreichischen Anlegern schaden wollen. (Abg. Dr. Fekter: Ja, natürlich!)

Rothensteiner schreibt weiter – damit Sie wissen, was Sie tun! –:

Mehr noch ist bedauerlich, dass der Wirtschaftsstandort Österreich als weltweit anerkannte und höchst erfolgreiche, im Inland Arbeitsplätze schaffende und sichernde Drehscheibe für Ost-West-Business durch pauschale, undifferenzierte, innenpolitisch motivierte Scharmützel in Misskredit gebracht wird. (Abg. Dr. Stummvoll: Ungeheuer­lich!)

Dem ist nichts hinzuzufügen – „Denn sie wissen nicht, was Sie tun“. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

Jetzt können Sie nicht mehr sagen, Sie haben nicht gewusst, was Sie mit Ihrer Politik anrichten. So, wie Sie die Sicherheit dieses Landes gefährden, wenn es Ihnen parteipolitisch recht ist, so gefährden Sie Arbeitsplätze und den Wirtschaftsstandort. Ja, meine Damen und Herren, Sie gehen sogar so weit, dass Sie in Ihrem eigenen Untersuchungsausschussantrag die Sozialpartner mit in Misskredit bringen. So weit haben Sie es gebracht!


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Viel Glück, sage ich Ihnen, auf diesem Weg, Herr Gusenbauer, Herr Van der Bellen und Herr Strache! Sie tragen die Verantwortung dafür! (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

19.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Mag. Kogler. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.


19.50.16

Abgeordneter Mag. Werner Kogler (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Klubobmann! Ich weiß nicht, ob wir hier jetzt schon die Cineasten-Liebhaber bemühen müssen, mir fällt dazu jedenfalls nur ein: Ich weiß nicht, in welchem Film Sie waren! Vermutlich im falschen! (Heiterkeit des Abg. Strache.) Jedenfalls: Ich kann Ihrer Argumentation nicht folgen.

Auf die Fragen sind Sie, Herr Klubobmann Molterer, nicht eingegangen, weil Sie sich über einen bestimmten Umstand erregt haben – das sei Ihnen aber unbenommen – und deshalb nicht zum Kern der Untersuchungsausschuss-Anträge gekommen sind, was mich jedoch dann nicht wundert, wenn Sie jenen von Westenthaler und Scheibner meinen, denn dieser tanzt aus meiner Sicht – entschuldigen Sie, Frau Präsidentin – am Rande der Zulässigkeit. Und was die Begründung des Ing. Westenthaler betrifft, muss man ja noch einmal den Eindruck gewinnen, als ob es überhaupt nicht um das exekutive Handeln ginge, das es jedoch von uns zu überprüfen gilt – etwas anderes ist nicht zulässig –, sondern um die BAWAG an sich.

Ja, natürlich geht es auch um den BAWAG-Skandal ... (Zwischenruf des Abg. Scheibner.– Bleiben wir jetzt einmal dabei! – Bei uns geht es aber auch um die Hypo Alpe-Adria sowie um andere Finanzdienstleister. Auf die Fragestellung betreffend Raiffeisen-Konzern muss ich offensichtlich noch kurz extra eingehen. Aber im Zentrum steht das Funktionieren oder das mangelhafte Funktionieren – es sagt ja niemand, dass gar nichts funktioniert – der Finanzmarktaufsicht respektive der Bankenaufsicht respektive des Finanzministeriums, das ja für diese ganze Angelegenheit das zuständige Ministerium ist.

Auch wenn wir jetzt auf eigenartige Weise daran erinnert werden, dass es diesen Bundesminister für Finanzen noch immer gibt: Es hat den Herrn Bundesminister für Finanzen Grasser damals noch mehr gegeben. Seinerzeit war er ja noch bei den Blauen, dann parteilos, wurde aber von den Schwarzen sozusagen immer wieder ins Spiel gebracht. Ob Grasser sonst ein Oranger geworden wäre, weiß ich nicht, nur eines weiß ich: dass es unter Grassers Verantwortung ein massives Versagen auch in diesen aufgezählten Fällen gegeben hat. Und das wird man wohl noch untersuchen dürfen!

Da geht es aber nicht nur um den Finanzminister und nicht – das ist ein komplizierterer Antrag als der andere; das gebe ich zu – um das Bashing des Ministers. Es geht darum, dass Grasser selbst dauernd gelobt hat, wie er eine an sich angeblich schon gut funktionierende Bankenaufsicht in eine ach noch bessere Finanzmarktaufsicht umgewandelt hätte. Neulich haben wir uns noch Ruhmeshymnen darüber anhören müssen. Ja, die Bankenaufsicht funktioniert – aber nicht so, wie sie funktionieren sollte.

Was die BAWAG betrifft: Es ist vollkommen klar, dass das für die Gewerkschafts­bewegung ein tragischer und von ihr mit zu verantwortender Skandal ist, jedenfalls von den Gewerkschaftsspitzen her. Das ist überhaupt keine Frage. Auch wenn es „bloß“ um ein Auswahlverschulden geht: Das ist doch eines der schlimmsten politischen Verschulden überhaupt! Keine Frage: Wer einen Elsner dort hinsetzt und ihn so lange gewähren lässt – eine schlimme Sache!


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Allerdings hat sich herausgestellt – und wie hätte es denn anders sein können, sage ich als gelernter Österreicher –, dass diese BAWAG-Skandal-Wurzeln aus den neun­ziger Jahren stammen, aus einer Zeit also, in der es auch eine große Koalition gegeben hat. – Ich will Sie nicht entmutigen, aber es hätte einen ja geradezu gewundert, wenn es lediglich dabei geblieben wäre.

Was war denn da eigentlich noch? Mittlerweile hat sich Herr Präsident Khol auf meine Seite geschlagen und sagte in diesem Zusammenhang, Josef Taus sei an der Wahlniederlage der ÖVP schuld; das müssen Sie selbst beurteilen. Faktum ist jedenfalls, dass ein Ex-Parteiobmann der ÖVP in die Geschäftsgebarung der BAWAG massiv involviert war, und zwar nicht nur, was die Karibik-Geschäfte betrifft. Wir sind aber nicht angetreten zu behaupten, BAWAG-Skandal heißt ausschließlich Karibik-Geschäfte und sonst gar nichts.

Wenn die kritischen Prüfberichte der Notenbank das ergeben, Prüfberichte, die dann der besorgte Finanzminister schubladisieren hat lassen, jedenfalls seine Beamten das so gehandhabt haben, und wenn in dieser Zeit dieser MobilTel-Deal in Bulgarien abgewickelt wurde, wo nachweislich die BAWAG jedes Risiko getragen hat und andere sich angestellt haben mit null Risiko, jedoch mit Sicherheit den größten Profit ihres Lebens gemacht haben, dann muss man schon darauf hinweisen: Diese Herren heißen nun einmal Taus, Schlaff und Cordt – also nicht ganz unbekannte Namen.

Wenn man das dann auch durchleuchten will und einem dann die Mauern aufgestellt werden: Insofern habe ich sogar ein gewisses Verständnis dafür (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen), wenn Sie auch diesem Antrag auf Einset­zung eines Untersuchungsausschusses nicht zustimmen wollen. Ich sage nur, es geht um die Finanzmarktaufsicht, es geht um die BAWAG – da ist aus meiner Sicht allerdings auch die ÖVP involviert –, und es geht um weitere untersuchungswürdige Umstände bis hin zu den Finanzdienstleistern.

19.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter, Ihre Redezeit ist zu Ende! (Abg. Mag. Kogler: Stimmen Sie zu, das ist gescheiter!)

(Beifall bei den Grünen für den sich zu seinem Sitzplatz begebenden Abg. Mag. Kogler.)

Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Stadler zu Wort. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.


19.55.50

Abgeordneter Mag. Ewald Stadler (FPÖ): Frau Präsident! Hohes Haus! Es ist eigentlich erschütternd, dass der Klubobmann einer christlich-sozialen Partei die Cine­astik der sechziger Jahre sowie James Dean bemühen muss, um das Zitat „Denn sie wissen nicht, was sie tun“ richtig zuzuordnen! – Ich sage Ihnen von der ÖVP jetzt – das haben Sie vielleicht in Ihrem Katechismus-Unterricht verschlafen –, dass dieses Zitat 2000 Jahre alt und in der Bibel nachzulesen ist. Das stammt aus der Passion Jesu Christi, wenn Sie sich das vielleicht vormerken. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Sie blamieren sich doch vor Ihren eigenen oder ehemals eigenen Wählern, kann ich nur sagen! (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Wenn Sie den Katechismus-Unterricht verschlafen haben, können Sie gerne von mir einen solchen bekommen.

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Der Antrag, mit dem heute versucht wird, Licht ins Dunkel dieses ganzen Bankenfilzes zu bringen, ist jener, der von unserer Fraktion mitgetragen wird – und nicht Ihr Antrag (in Richtung des Abg. Ing. Westen­thaler), Herr Ingenieur. Ihr Antrag ist doch sehr einseitig, soll quasi nur der Retourball für den


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Untersuchungsausschuss betreffend Eurofighter sein! – Das ist zu wenig! (Abg. Ing. Westenthaler: 3 Milliarden!)

Wir nehmen jedenfalls zur Kenntnis: Vernünftigerweise hat die SPÖ erkannt, dass sie auch im eigenen Bereich Dinge aufzuklären hat. Und das ist gut so; das soll man tun. Wir von der FPÖ mussten derartige Dinge auch schon machen, und ich meine, dass auch im Bereich der Orangen noch sehr vieles aufzuklären sein wird. Sie werden auch noch lernen, was es bedeutet, mit der eigenen Vergangenheit im eigenen Parteisumpf aufräumen zu müssen! Das kommt schon noch. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe beim BZÖ.)

Wenn Ihnen aber, Herr Ingenieur (in Richtung des Abg. Ing. Westenthaler), so viel daran liegt, die BAWAG-Sache aufklären zu lassen, dann bringen Sie doch Ihrer Frau Justizministerin bei, dass sie ein Rechtshilfeersuchen an das Fürstentum Liechtenstein stellen soll (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist nicht meine Justizministerin!) – ich weiß schon, die Frau Justizministerin Gastinger mag Sie nimmer, aber sie gehört immer noch irgendwie zu Ihrer Regierung, der Sie von den Orangen liebedienerisch die Mauer machen –, dass die Frau Justizministerin im Fürstentum Liechtenstein nachfragen soll, wer dieses Beziehungsgeflecht der Nehmer ist, jene 60, 70 Privat­institutionen, Vereinigungen und Privatpersonen, die von Herrn Flöttl jeweils mit Millionenbeträgen bedient wurden.

Warum erhebt die Justiz Anklage, will aber gar nicht wissen, wer da in Liechtenstein die Kassierer sind?! Wer die Zahler sind, das wissen wir ja in der Zwischenzeit. Uns interessiert aber auch, wer die Nehmer waren, um eben dieses ganze Beziehungs­geflecht aufdecken zu können! Warum macht das die Frau Justizministerin nicht? In Liechtenstein wurde vor wenigen Jahren ein neues Rechtshilfegesetz beschlossen, um anderen Staaten die Möglichkeit zu geben, in Form formeller Rechtshilfeersuchen derartige Auskünfte zu bekommen. Von ähnlichen Fällen in Liechtenstein weiß ich, dass solche Auskünfte sehr wohl erteilt werden. Warum macht das die Frau Justizministerin nicht? Warum will die Justiz nicht wissen, will insbesondere die Frau Bundesministerin nicht wissen, wer die Nehmer in diesem ganzen Flöttl-Geflecht waren?

Ich weiß, meine Damen und Herren, dass das Ganze, insbesondere bei der BAWAG, von der Finanzmarktaufsicht – damals noch Bankenaufsicht – und auch vom Justiz­ministerium geduldet wurde, so nach dem Motto: Banken rühren wir nicht an, da sind Arbeitsplätze in Gefahr, da tun wir lieber nichts aufklären! Das haben wir ja gehört. Dank dieser Einstellung konnten die sich ja so lange darauf verlassen, dass ihnen nichts geschieht!

Begonnen hat das Ganze tatsächlich mit dem Atomic-Konkurs. Da hat der Antrag des Herrn Ingenieur ja Recht, denn damals, meine Damen und Herren, hat Herr Elsner gezeigt, wie er seinen politischen Einfluss geltend machen kann, als er versucht hat, den damaligen Innenminister Schlögl unter Druck zu setzen, damit die Ermittlungen gestoppt werden. Bundesminister Karl Schlögl hat sich jedoch nicht unter Druck setzen lassen, aber auf einmal wurde – welch Wunder! – in der Oberstaatsanwaltschaft Linz die Weisung gegeben, dass, bis weitere Weisungen kommen, nicht mehr ermittelt werden darf. Diese Weisung erging an den Leiter des Landesgendarmeriekommandos Salzburg, den Aufdecker des „Lucona“-Skandals, Herrn Werner Mayer – und es kam nie mehr wieder eine weitere Weisung. So ist das Ganze eingeschlafen, und Flöttl konnte sich darauf verlassen, dass er weiterhin die Firma Atomic ausplündern kann. Ein mutwillig herbeigeführter Konkurs! Da hat man kein Problem damit gehabt, auch im schwarzen Bereich nicht, dass dort Hunderte Arbeitsplätze vernichtet wurden, dass ein Flaggschiff der österreichischen Industrie einem finnischen Konzern in den Rachen gesteckt wurde, dass der Insolvenzfonds die Löhne weiterzahlen musste und damit sozusagen der Steuerzahler dafür einspringen musste – damit hat niemand ein Problem gehabt, auch


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(in Richtung ÖVP) da drüben nicht. Und damit ist das ganze Werkel ins Laufen gekommen, weil man gesehen hat, dass es funktioniert.

Meine Damen und Herren! Die letzten Bemühungen waren die des Herrn Bundes­ministers Böhmdorfer. Er hat dem Herrn Prinzgemahl Michael Passer den Auftrag gegeben, zu ermitteln, wie hoch der Schaden bei Atomic war. Es sind 4 Milliarden herausgekommen! Daraufhin hat Herr Bundesminister Böhmdorfer dem Herrn Rohrmoser 4 Millionen ATS angeboten. Dieser hat das natürlich anständigerweise nicht angenommen; er hat gesagt, er lässt sich nicht mit einem Bettel abspeisen. Aber das war der Beginn dessen, wie es in der österreichischen Bankenlandschaft möglich war, Unternehmen zu vernichten, um irgendwelche Spekulationsgeschäfte abzu­wickeln.

Mich schrecken all diese Briefe der Banken jetzt überhaupt nicht; die schrecken uns nicht. Denn ich habe daran, wie man Herrn Bundesminister Böhmdorfer die Agenden für den Konsumentenschutz genommen hat, gesehen (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen), welchen Einfluss die Banken im ÖVP-Bereich haben, wie sie sich in diesem Land die Politik bestellen können. (Beifall bei der FPÖ.)

20.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Bucher zu Wort. Ebenfalls: 5 Minuten Redezeit. – Bitte. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Bucher –: Seppi, bring ein bisschen wieder ...!)


20.01.18

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Sehr geehrte Frau Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute den Eid auf die Verfassung abgelegt, und ich unterstelle jedem Abgeordneten dieses Hauses, dass er es auch gut meint mit dem Land, dass er es gut meint mit der Bevölkerung in unserem Land und dass er auch ein Mindestmaß an Verantwortung in sich trägt, was seine Funktion hier in diesem Hohen Haus anlangt. Wenn jemand Verantwortung hat, dann sollte er sich schon auch überlegen, welche Anträge er stellt, was er in diese Anträge hineinschreibt und ob das auch richtig ist, was er hier unter­stützt und wo er zustimmt.

Wenn ich mir die Anträge anschaue, die von SPÖ, Grünen und Freiheitlichen gekom­men sind, dann treffen wir uns bei der BAWAG. Wir treffen uns bei der BAWAG, die BAWAG ist ein Kriminalfall, der größte Kriminalfall der Zweiten Republik. Es würde ja sogar die ÖVP reizen, zuzustimmen – der Herr Bundeskanzler hat es schon gesagt –; vielleicht ist der Juckreiz so groß, dass er dazu führt, die Arme in die Höhe zu bringen.

Aber in Wirklichkeit mischen Sie mit dieser Thematik auch die Geschäftsbereiche in anderen Banken hinein, wenn Sie in den Antrag hineinschreiben, dass die Hypo Group Alpe-Adria von Missständen befreit werden muss, dass die Tiroler Sparkasse Miss­stände hat und dass es auch bei Raiffeisen Investment AG Missstände gibt, die Sie aufzeigen wollen.

Herr Kollege Grün, Grilz, Pilz hat gesagt, dass es ihm um die FMA geht, dass es ihm nicht um die Unternehmen und um die Finanzinstitute geht, die in dem einen oder anderen Geschäftsfall versagt haben. Wenn es Ihnen wirklich um die Finanz­marktaufsicht in unserem Land geht, dann hätten Sie jederzeit die Möglichkeit, eine Anfrage an den Herrn Finanzminister zu richten. Sie bekommen eine Auskunft darüber, wie es um die Finanzinstitute des Landes steht – überhaupt kein Problem! (Abg. Brosz: ... heißt nicht Kogler! – Zwischenrufe bei der SPÖ.) Sie müssen nicht einen Untersuchungsausschuss einrichten, um erfolgreiche Kreditinstitute in unserem Land zu diskreditieren. Das ist nicht erforderlich, Herr Kollege. (Beifall bei Abgeordneten des BZÖ. – Abg. Dr. Graf: Fürs Protokoll: Zwei Mann klatschen!)


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 126

Wenn Sie die Hypo Alpe-Adria-Bank gemeinsam mit der BAWAG untersuchen wollen, dann müssen Sie sich schon darüber im Klaren sein, welchen Weg Sie einschlagen: dass Sie damit das erfolgreichste Kreditunternehmen der Zweiten Republik in Miss­kredit bringen, das seit dem Jahr 1990, als dort 200 Mitarbeiter tätig waren, den Mitarbeiterstand auf heute 5 300 Personen erhöht hat.

Da appelliere ich an alle Abgeordneten aus Kärnten, dass sie sich einmal verge­wissern, welchen Schritt sie da setzen (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Frau Kollegin Trunk! – weitere Zwischenrufe): ein erfolgreiches Kreditinstitut mit einem solchen Schritt in Misskredit zu bringen, es vor den Untersuchungsausschuss zu zerren, eines, das so erfolgreich war wie kein anderes vergleichbares Unternehmen im südost­europäischen Raum und das in den letzten Jahren ein sensationelles Unternehmens­ergebnis hervorgebracht hat, nämlich im Durchschnitt 35 Prozent Zuwachs in den Bilanzergebnissen der letzten Jahre.

Das ist natürlich vielen Kreditinstituten ein Dorn im Auge, überhaupt keine Frage! Aber gehen Sie doch nicht der Konkurrenz auf den Leim, indem Sie die Banken durch­einander mischen und vor den Untersuchungsausschuss stellen. Damit lösen Sie die Probleme nicht! Damit schaffen Sie Verunsicherung auf dem österreichischen Kapital­markt, auf dem Finanzmarkt, den wir mühsam aufgebaut haben und den wir saniert haben.

Sie (in Richtung SPÖ) haben die Verstaatlichte zugrunde gerichtet und 55 000 Arbeits­plätze vernichtet. Wir haben eine erfolgreiche ÖIAG-Politik gemacht, und die Wiener Börse, der Börseplatz Wien, steht heute da wie noch niemals zuvor. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Parnigoni: Bei der Polizei ...!) Das alles sind wichtige Maßnahmen, die von dieser Bundesregierung ausgegangen sind und die wir nicht gefährden wollen.

Daher sind wir für einen Untersuchungsausschuss, was die BAWAG betrifft, und sind entschieden dagegen, andere Kreditinstitute, die erfolgreich sind, mit ins Spiel zu bringen. (Beifall beim BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.05


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die De­batte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Ing. Westenthaler, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, dies durch ein Zeichen zu bekunden. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

20.06.09Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Kogler, Dr. Kräuter, Strache, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend Finanzmarkt­aufsicht, BAWAG, Hypo Alpe-Adria und weitere Finanzdienstleister.

Da dieser Antrag inzwischen an alle Abgeordneten verteilt wurde, braucht eine Verlesung durch den Schriftführer nicht zu erfolgen.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 127

Antrag

der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Dr. Günther Kräuter, Heinz-Christian Strache, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 GOG betreffend „Finanzmarktaufsicht, BAWAG, Hypo Alpe-Adria und weitere Finanzdienstleister“

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen den Antrag, einen Untersuchungsausschuss im Verhältnis: 6 SPÖ, 6 ÖVP, 2 Grüne, 2 FPÖ, 1 BZÖ einzusetzen.

Gegenstand der Untersuchung:

1. Aufklärung über sämtliche Prüfungen und Maßnahmen der staatlichen Organe der Banken- und Finanzmarktaufsicht zur Aufdeckung von verdächtigen Vorgängen und Malversationen bei Banken und Finanzdienstleistern im Zeitraum von 1994 bis heute, insbesondere über die sogenannten „Sonder-Geschäfte“ der BAWAG, über die Swap-Geschäfte der Hypo Alpe-Adria und über damit in Zusammenhang stehende weitere Geschäfte.

2. Aufklärung über die politische Verantwortlichkeit für fehlende Konsequenzen aus kritischen Prüfberichten seit 1994, insbesondere des Berichts der OeNB aus dem April 2001 an die damalige Bankenaufsicht im BMF über die Situation der BAWAG/PSK;

3. Aufklärung über die politische Verantwortung für neuerlich fehlende Konsequenzen aus dem Bericht über die Vor-Ort-Prüfung der BAWAG durch die OeNB im Auftrag der FMA vom 10. Juni 2003 bis zum 14. Juli 2003;

4. Aufklärung über die Vorgänge und Hintergründe, die zur Haftung der Republik Österreich gegenüber der BAWAG/PSK führten;

5. Aufklärung über die Wahrnehmungen und allfälligen Maßnahmen der Banken- und Finanzmarktaufsicht hinsichtlich der Vorgänge rund um den Kauf der bulgarischen Firma MobilTel durch die Telekom Austria unter Beteiligung der BAWAG (Komplex Taus/Schlaff/Elsner) und des gleichartigen Versuchs im Falle der Belgrader Firma MobTel und der Rolle, die Mitglieder der Bundesregierung dabei spielten;

6. Prüfung des Verhaltens des damaligen Leiters der Wirtschaftspolizei, Mag. Roland Horngacher, insbesondere im Zusammenhang mit der Überprüfung und Weitergabe der Daten von Taus/Schlaff-Geschäftspartnern an die BAWAG im Zusammenhang mit dem Erwerb der bulgarischen Firma MobilTel sowie der Unterdrückung der „BAWAG-Anzeige“, die von einer „Profil“-Journalistin erstattet worden war, sowie Prüfung der Frage, ob und inwieweit die BAWAG (bzw. deren Organe und Mitarbeiter) illegal Auskünfte bei Polizeiorganen über Dritte eingeholt und erhalten hat und dadurch zum Amtsmissbrauch angestiftet wurde und die BAWAG am Amtsmissbrauch partizipiert hat.

7. Aufklärung über die Wahrnehmungen und allfälligen Maßnahmen der Banken- und Finanzmarktaufsicht hinsichtlich der Vorgänge rund um das Engagement der Casinos Austria gemeinsam mit der BAWAG im Projekt „Casino Jericho“ (Komplex Wallner/Schlaff/Elsner);

8. Prüfung der Entsendepraxis von Staatskommissären, im speziellen im Fall der Hypo Alpe-Adria Bank AG und der BAWAG/PSK;

9. Prüfung der Frage, wann und in wie weit die Banken- bzw. Finanzmarktaufsicht über die Verlustgeschäfte und allfällige Malversationen in der Hypo Alpe-Adria Bank AG Kenntnis erlangt hat und wie diesfalls von seiten der FMA reagiert wurde;


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 128

10. Prüfung der Frage, inwieweit und in welcher Form die Banken- und Finanz­marktaufsicht gegen Fehlbewertungen von Beteiligungen und Kreditrisiken vorge­gangen ist, insbesondere im BAWAG und Hypo Alpe-Adria Komplex, und ob allenfalls unrichtige Bilanzdarstellungen von der FMA gebilligt oder bewirkt worden sind;

11. Prüfung der Frage, ob und wie staatliche Organe dagegen vorgehen, wenn österreichische Banken an Vorgängen mitwirken, die zur Verschleierung von Eigen­tums­verhältnissen und Geldflüssen dienen;

12. Prüfung der Frage, ob und inwieweit sogenannte Ostgeschäfte österreichischer Banken durch fragwürdige Kundenbeziehungen und die Begünstigung groß angelegter Geldwäsche dem Ansehen des österreichischen Finanzplatzes weltweit Schaden zufügen und welche Maßnahmen seitens der zuständigen staatlichen Organe ergriffen wurden;

13. Aufklärung darüber, ob und inwiefern Regierungsmitglieder an fragwürdigen oder gar inkriminierten Aktivitäten von Banken und Finanzdienstleistern beteiligt waren;

14. Aufklärung darüber, ob der Bundesminister für Finanzen, Karl-Heinz-Grasser, als oberstes Organ der Banken- und Finanzmarktaufsicht aufgrund eines persönlichen Nahe- oder Abhängigkeitsverhältnisses zu involvierten Personen oder Entscheidungs­trägern von Banken bzw. Kreditinstituten oder aufgrund anderer aufzuklärender Umstände diesen Banken bzw. Kreditinstituten insbesondere hinsichtlich seiner Aufsichts- und Kontrollpflichten begünstigt oder ihnen Vorteile verschafft hat;

15. Prüfung der Frage, ob die Banken- und Finanzmarktaufsicht Kenntnis von offener und verdeckter Parteienfinanzierung durch die involvierten Banken erlangt hat oder haben müsste und ob eine Involvierung von Mitgliedern der Bundesregierung oder von Landesregierungen vorliegt;

16. Prüfung der Frage, ob die Banken- und Finanzmarktaufsicht im Fall des Finanz­dienstleisters „AMIS“ rechtzeitig und umfassend geprüft hat;

17. Prüfung der Frage, warum seitens des BMJ bis heute kein Rechtshilfeersuchen an das Fürstentum Liechtenstein zur Klärung der Frage ergangen ist, wer die Bezieher jener Zahlungen von Wolfgang Flöttl waren, die dieser bereits öffentlich eingestanden hat;

18. Aufklärung der politischen und rechtlichen Verantwortung für den Konkurs des Atomic-Konzerns und der Gestion der de-facto-Alleingläubigerin BAWAG.

Untersuchungsauftrag

Der Untersuchungsausschuss soll durch Erhebung von mündlichen und schriftlichen Auskünften zum Untersuchungsgegenstand und durch Einsicht in sämtliche Akten, Berichte und Protokolle des Bundesministeriums für Finanzen, Bundesministeriums für Justiz, der Finanzmarktaufsicht, der OeNB, anderer Dienststellen und involvierter juristischer Personen im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung des Bundes sämtliche Sachverhalte auf rechtliche und politische Verantwortlichkeiten prüfen.

Begründung:

In letzter Zeit wurde eine Reihe gravierender Missstände im österreichischen Bank­wesen und bei Finanzdienstleistern offenkundig. Diese Missstände führen nicht nur zu


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 129

einem enormen wirtschaftlichen Schaden, sie schädigen auch die Reputation und damit die Leistungsfähigkeit des Finanzplatzes.

Besonders ins Auge springen dabei folgende Vorfälle:

Engagements in hochriskante Spekulationsgeschäfte (BAWAG, Hypo Alpe Adria u.a.)

Finanzielle Mitwirkung an fragwürdigen Vorgängen bei Firmenübernahmen (MobTel, MobilTel)

Intransparente Geschäftsverbindungen zu dubiosen Partnern (z.B. Treuhand­kon­struktionen von BAWAG / MobilTel Holding oder Raiffeisen Investment AG / RosUkrEnergo)

Anlagefonds, die unbehelligt in kurzer Zeit tausende Anleger schädigen (AMIS)

Insolvenzgefahr bei Tiroler Sparkasse.

Diese Vorfälle haben nicht nur strafrechtliche Relevanz, sondern werfen auch die Frage auf, warum die vom Gesetzgeber bestellten Aufsichtsorgane nicht einschritten und was sie von den Vorkommnissen wussten.

Widersprüchliche Aussagen zu aufklärungsbedürftigen Vorfällen rund um die sogenannten „Karibik-Geschäfte“ der BAWAG werfen Fragen über das Verhalten der damaligen Bankenaufsicht im BMF und der von 1994 bis heute im Amt befindlichen Bundesminister für Finanzen auf. Die BAWAG unterlag als Kreditinstitut der Ban­kenaufsicht, die zu dieser Zeit vom BMF ausgeübt wurde. Sie unterlag außerdem der Prüfungskompetenz der OeNB, die nach dem BWG bei der Bankenaufsicht mitzuwirken hatte.

Darüber hinaus ist bekannt geworden, dass wegen riskanter Devisen- und Zins­geschäfte (Swaps) die Hypo Alpe-Adria-Bank AG vor zwei Jahren rund 330 Mio. Euro verloren hat. Auch hier stellt sich die Frage, warum Bankprüfer, Staatskommissäre und Bankenaufsicht nicht rechtzeitig ein entsprechendes Interesse an aufklärungs­bedürftigen Bilanzzahlen zeigten. Weiters stellt sich die Frage, wieso die Geschäfte der Hypo-Alpe-Adria Bank AG und deren Konzerngesellschaften auf dem Balkan nicht untersucht wurden.

Die Finanzierung von Firmenübernahmen von osteuropäischen Paten, etwa im Falle der bulgarischen Mobiltel oder der serbischen Mobtel, birgt nicht nur hohe finanzielle Risken, die mittelbar österreichische Kunden und Steuerzahler schädigen könnten, sondern ist auch geeignet, die Reputation und Vertrauenswürdigkeit des heimischen Bankplatzes zu gefährden. Auch passen solche Geschäftspraktiken schlecht zu in Richtung EU-Beitrittskandidaten gerichteten Forderungen, entschiedener gegen Wirt­schaftskriminalität, insbesondere auch gegen Geldwäscherei vorzugehen.

Ebenso geeignet, die Interessen von österreichischen Bankkunden und das Ansehen des Bankplatzes zu schädigen, sind von österreichischen Banken organisierte Treu­handlösungen, wie die Centragas der Raiffeisen Investment AG oder die Mobiltel Holding der BAWAG, die dazu dienen, Eigentumsverhältnisse zu verschleiern und damit den Verdacht von Geldwäsche und ungerechtfertigten Gewinnentnahmen wecken.

Auch ungerechtfertigte Aufwertungen von Bankbeteiligungen, wie sie etwa im Falle der BAWAG beim Casino Jericho oder im Falle der Hypo Alpe-Adria bei Engagements am Balkan offenkundig wurden, bergen die Gefahr von Bilanzfälschung und einer poten­tiellen Schädigung der Bürgerinnen und Bürger.

Schließlich tummeln sich in Österreich, scheinbar unbehelligt von der Finanz­marktaufsicht, Finanzberater und Veranlagungsfirmen, die offenbar nicht daran den­ken, die von ihnen geweckten Gewinnversprechen zu erfüllen und tausende geschädigte


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 130

Anleger zurücklassen. Auch hier stellt sich die Frage, warum die staatlich vorgesehenen Kontrollinstrumente versagen.

Da es ein dringendes öffentliches Interesse an einem geregelten und funktions­tüchtigen Bankwesen und Finanzmarkt gibt, muss genau untersucht werden, welche Handlungen oder Unterlassungen die sachlich in Betracht kommenden Behörden im Zeitraum von 1994 bis heute gesetzt haben und welche Konsequenzen sich aus festgestellten Mängeln für zukünftige Verbesserungen ableiten lassen.

Es gilt auch zu prüfen, inwieweit österreichische Regierungsmitglieder direkt oder indirekt in diese Vorgänge verwickelt sind.

Der Ständige Unterausschuss des Rechnungshofausschusses, der sich mit der Finanzmarktaufsicht hinsichtlich der BAWAG befasste, konnte die oben angeführten Untersuchungsgegenstände auf Grund seiner eingeschränkten Möglichkeiten und der völlig einseitig agierenden Regierungsfraktionen nur unzureichend untersuchen und schon gar nicht aufklären.

*****


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Die Durchführung einer Debatte wurde weder verlangt noch beschlossen.

Wir kommen daher zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Kogler, Dr. Kräuter, Strache, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungs­ausschusses.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit, dieser Antrag ist somit angenommen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

20.07.00Verlesung eines Teiles des Amtlichen Protokolls


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es liegt mir das schriftliche Verlangen von 20 Abgeordneten vor, die vorgesehene Fassung des Amtlichen Protokolls hinsichtlich des Tagesordnungspunktes 4 betreffend die Wahl des Hauptausschusses zu verlesen, damit dieser Teil mit Schluss der Sitzung als genehmigt gilt. Ich werde daher so vorgehen und verlese nunmehr die entsprechenden Teile des Amtlichen Protokolls:

„Es liegt das Verlangen gemäß § 51 Abs. 6 GOG vor, die vorgesehene Fassung des Amtlichen Protokolls der 1. Sitzung des Nationalrates hinsichtlich des Tagesordnungs­punktes 4 betreffend die Wahl des Hauptausschusses zu verlesen:

TO-Punkt 4: Wahl des Hauptausschusses

Die Zahl der Mitglieder des Hauptausschusses wird einstimmig mit 27 festgesetzt. (Demnach entfallen auf den SPÖ-Klub 10 Mitglieder, auf den ÖVP-Klub 10 Mitglieder, auf den Grünen Klub 3 Mitglieder, auf den FPÖ-Klub 3 Mitglieder und auf den BZÖ-Klub 1 Mitglied.)

Aufgrund der übermittelten Listen gelten nachstehende Abgeordnete als gewählt:

Vom SPÖ-Klub: Dr. Josef Cap, Renate Csörgits, Dr. Caspar Einem, Hannes Fazekas, Dr. Alfred Gusenbauer, Anton Heinzl, Dr. Elisabeth Hlavac, DDr. Erwin Niederwieser, Mag. Barbara Prammer, Mag. Andreas Schieder.


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 131

Vom ÖVP-Klub: Karl Donabauer, Dr. Werner Fasslabend, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Wolfgang Großruck, Dr. Ferdinand Maier, Dr. Reinhold Mitterlehner, Mag. Wil­helm Molterer, Walter Murauer, Fritz Neugebauer, Dr. Michael Spindelegger.

Vom Grünen Klub: Dr. Eva Glawischnig-Piesczek, Mag. Ulrike Lunacek, Dr. Alexander Van der Bellen.

Vom FPÖ-Klub: Heinz-Christian Strache, Barbara Rosenkranz, Mag. Ewald Stadler.

Vom BZÖ-Klub: Ing. Peter Westenthaler.“

Erheben sich Einwendungen gegen die Fassung oder den Inhalt dieses Teiles des Amtlichen Protokolls? – Das ist nicht der Fall.

Dieser Teil des Amtlichen Protokolls gilt daher gemäß § 51 Abs. 6 der Geschäfts­ordnung mit Schluss dieser Sitzung als genehmigt.

20.09.08 Einlauf


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 1/A bis 18/A eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 1/J bis 21/J eingelangt.

*****

Bevor ich diese Sitzung schließe, gebe ich noch bekannt, dass der Hauptausschuss nach Schluss dieser Sitzung im Lokal VI eine konstituierende erste Sitzung abhält. Im Anschluss an die Sitzung des Hauptausschusses findet die Konstituierung des Ständigen Unterausschusses des Hauptausschusses ebenfalls im Lokal VI statt.

Meine Damen und Herren! Für 18 Uhr hatte der Herr Bundespräsident zu einem Empfang eingeladen. Die Dauer der Sitzung hat es mit sich gebracht, dass wir daran nicht teilnehmen konnten. Der Herr Bundespräsident ersucht mich ausdrücklich, Ihnen allen seine besten Grüße zu übermitteln.

*****

Die Sitzung ist geschlossen.

20.10.00Schluss der Sitzung: 20.10 Uhr



Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 132

Anhang

Verzeichnis der Ausschussmitglieder und Ersatzmitglieder laut von den Klubs eingereichten Listen

Budgetausschuss

(Stand: 29. Oktober 2006)

Mitglieder:

SPÖ: Ing. Kurt Gartlehner; Franz Kirchgatterer; Kai Jan Krainer; Ing. Mag. Hubert Kuzdas; Dr. Christoph Matznetter; Sylvia Prettenthaler; Heidrun Silhavy; Gerhard Steier; Mag. Melitta Trunk; Rainer Wimmer

ÖVP: Jakob Auer; Dr. Gertrude Brinek; Franz Eßl; Dr.; Werner Fasslabend; Peter Haubner; Edeltraud Lentsch; Dr. Ferdinand Maier; Herta Mikesch; Dr. Peter Sonnberger; Dkfm. Dr. Günter Stummvoll

Grüne: Mag. Bruno Rossmann; Mag. Werner Kogler; Dr. Alexander Van der Bellen

Freiheitliche: Alois Gradauer; Lutz Weinzinger; Bernhard Themessl

BZÖ: Josef Bucher

Ersatzmitglieder:

SPÖ: Josef Broukal; Renate Csörgits; Christian Faul; Mag. Elisabeth Grossmann; Dietmar Keck; Mag. Christine Lapp; Josef Muchitsch; Otto Pendl; Franz Riepl; Erwin Spindelberger

ÖVP: Mag. Gertrude Aubauer; Mag. Heribert Donnerbauer; Dr. Andrea Eder-Gitschthaler; Thomas Einwallner; Franz Glaser; Fritz Grillitsch; Mag. Karin Hakl; Günter Kößl; Dr. Reinhold Mitterlehner; Johann Rädler

Grüne: Michaela Sburny; Dr. Ruperta Lichtenecker; Dr. Gabriela Moser

Freiheitliche: Dr. Peter Fichtenbauer; Dipl.-Ing. Karlheinz Klement; Herbert Kickl

BZÖ: Veit Schalle

Immunitätsausschuss

(Stand: 29. Oktober 2006)

Mitglieder:

SPÖ: Doris Bures; Christian Füller; Anton Gaál; Gerhard Köfer; Ulrike Königsberger-Ludwig; Otto Pendl

ÖVP: Jakob Auer; Mag. Dr. Alfred Brader; Mag. Heribert Donnerbauer; Fritz Grillitsch; Wolfgang Großruck; Fritz Neugebauer

Grüne: Dieter Brosz; Karl Öllinger

Freiheitliche: Mag. Ewald Stadler; Dr. Robert Aspöck

BZÖ: Mag. Gernot Darmann

Ersatzmitglieder:

SPÖ: Petra Bayr; Dr. Caspar Einem; Mag. Andrea Kuntzl; Mag. Christine Muttonen; Dr. Robert Rada; Mag. Gisela Wurm


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 133

ÖVP: Franz Eßl; Mag. Dr. Maria Theresia Fekter; Erwin Hornek; Christoph Kainz; Dr. Reinhold Lopatka; Christine Marek

Grüne: Mag. Werner Kogler; Sabine Mandak

Freiheitliche: Mag. Dr. Martin Graf; Mag. Dr. Manfred Haimbuchner

BZÖ: Herbert Scheibner

Unvereinbarkeitsausschuss

(Stand: 29. Oktober 2006)

Mitglieder:

SPÖ: Petra Bayr; Mag. Elisabeth Grossmann; Ing. Erwin Kaipel; Gerhard Köfer; Ulrike Königsberger-Ludwig; DDr. Erwin Niederwieser

ÖVP: Jakob Auer; Karlheinz Kopf; Günter Kößl; Fritz Neugebauer; Ing. Hermann Schultes; Konrad Steindl

Grüne: Mag. Werner Kogler; Karl Öllinger

Freiheitliche: Mag. Ewald Stadler; Mag. Dr. Martin Graf

BZÖ: Herbert Scheibner

Ersatzmitglieder:

SPÖ: Christian Füller; Gabriele Heinisch-Hosek; Peter Marizzi; Dr. Sabine Oberhauser; Rosemarie Schönpass; Gerhard Steier

ÖVP: Fritz Grillitsch; Johann Höfinger; Dr. Reinhold Lopatka; Dr. Ferdinand Maier; Gabriel Obernosterer; Johann Rädler

Grüne: Dieter Brosz; Sabine Mandak

Freiheitliche: Dr. Robert Aspöck; Mag. Dr. Manfred Haimbuchner

BZÖ: Mag. Gernot Darmann

Ständiger Unterausschuss des Hauptausschusses

(Stand: 29. Oktober 2006)

Mitglieder:

SPÖ: Dr. Josef Cap; Renate Csörgits; Dr. Alfred Gusenbauer; Anton Heinzl; Mag. Barbara Prammer; Mag. Andreas Schieder

ÖVP: Dr. Werner Fasslabend; Mag. Dr. Maria Theresia Fekter; Fritz Grillitsch; Mag. Karin Hakl; Walter Murauer; Dr. Michael Spindelegger

Grüne: Dr. Eva Glawischnig-Piesczek; Dr. Alexander Van der Bellen

Freiheitliche: Mag. Ewald Stadler; Barbara Rosenkranz

BZÖ: Ing. Peter Westenthaler


Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll1. Sitzung, 30. Oktober 2006 / Seite 134

Ersatzmitglieder:

SPÖ: Gabriele Binder-Maier; Doris Bures; Karl Dobnigg; Kurt Eder; Mag. Kurt Gaßner; Dr. Johannes Jarolim

ÖVP: Werner Amon, MBA; Dr. Ulrike Baumgartner-Gabitzer; Franz Eßl; Silvia Fuhrmann; Dr. Ferdinand Maier; Konrad Steindl

Grüne: Dieter Brosz; Karl Öllinger

Freiheitliche: Herbert Kickl; Ing. Norbert Hofer

BZÖ: Herbert Scheibner

Ständiger Unterausschuss in Angelegenheiten der Europäischen Union

(Stand: 29. Oktober 2006)

Mitglieder:

SPÖ: Dr. Josef Cap; Dr. Caspar Einem; Wilhelm Haberzettl; Marianne Hagenhofer; Dr. Elisabeth Hlavac; Mag. Andreas Schieder

ÖVP: Karl Donabauer; Dr. Werner Fasslabend; Mag. Dr. Beatrix Karl; Karlheinz Kopf; Dr. Michael Spindelegger; Dkfm. Dr. Günter Stummvoll

Grüne: Mag. Ulrike Lunacek; Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber

Freiheitliche: Mag. Ewald Stadler; Dr. Reinhard Eugen Bösch

BZÖ: Herbert Scheibner

Ersatzmitglieder:

SPÖ: Mag. Johann Maier; DDr. Erwin Niederwieser; Erika Scharer; Walter Schopf; Heidrun Silhavy; Dr. Peter Wittmann

ÖVP: Silvia Fuhrmann; Fritz Grillitsch; Wolfgang Großruck; Mag. Karin Hakl; Christine Marek; Dr. Reinhold Mitterlehner

Grüne: Michaela Sburny; Mag. Birgit Schatz

Freiheitliche: Dr. Gerhard Kurzmann; Harald Vilimsky

BZÖ: Dipl.-Ing. Uwe Scheuch

 

 

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