Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll20. Sitzung, 24. April 2007 / Seite 196

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Ausnahmen bestätigen aber in diesem Fall die Regel. Die Regel sollte die bedingte Entlassung sein. Selbst in diesen Fällen, wo es schwerwiegende Gründe gibt, nach zwei Dritteln nicht zu entlassen, sollte das Gesetz so gestaltet sein, dass auch bei be­sonderen Risikogruppen bedingte Entlassung spätestens nach fünf Sechsteln der Stra­fe zu erfolgen hat, damit Hilfe und Unterstützung durch Bewährungshilfe und ähnliche Einrichtungen geleistet werden können und in dem Fall bei Erteilung der Auflagen auch geleistet werden müssen. Nur besonders schwerwiegende Gründe können bewirken, dass von dieser bedingten Entlassung abgesehen wird.

Meine Damen und Herren – das rote Licht hier blinkt schon nicht mehr nur, es leuchtet bereits, und ich will den KollegInnen von den Grünen, die noch zu anderen ersten Le­sungen sprechen, die Zeit nicht wegsprechen –: Das sind im Wesentlichen skizziert die Rahmenbedingungen des Initiativantrages der Grünen. Ich freue mich schon auf die Diskussion heute und auf die Diskussion im Justizausschuss, der folgen wird, denn glauben Sie mir – oder vertrauen Sie mir! –: In der Schweiz und in Deutschland ist die Gesellschaft im Allgemeinen und die Politik insbesondere mit Regelungen der beding­ten Entlassung ohne Generalprävention, mit bedingter Entlassung nach zwei Dritteln der Strafe gut gefahren.

Ich würde mir wünschen, dass wir in Österreich auf einen Mittelwert zwischen der Schweiz und Deutschland kommen – also sagen wir rund um 60 Prozent, wenn es im einen Fall 92 Prozent und im anderen 50 Prozent sind. – Danke. (Beifall bei den Grü­nen.)

18.58


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Pendl. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Sie sind am Wort.


18.58.17

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Meine geschätzten Damen und Her­ren! Hohes Haus! Ich freue mich, dass wir in den letzten Wochen und Monaten auch im Budgetausschuss doch so viel Engagement für den Strafvollzug gehabt haben. Ich darf mich bei dir, liebe Kollegin Stoisits, dafür bedanken, dass das wieder auf der Tagesord­nung ist. Ich möchte alle einladen, einmal nachzudenken, welche Perspektive Insassen haben, wenn es keine Chance auf bedingte Entlassung gibt. Nicht nur im internationa­len und europäischen Vergleich ist es notwendig, sondern: Was glaubt ihr, wie es bei uns in den Anstalten aussehen würde, wenn man einem Insassen nicht irgendeine Chance – nicht einmal eine theoretische – mit auf den Weg geben kann? (Präsidentin Dr. Glawischnig-Piesczek übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ich glaube, wir haben derzeit – Kollegin Stoisits hat das ausgeführt – die schwierigste Situation überhaupt in der Geschichte des österreichischen Strafvollzuges. Das ist überhaupt keine Frage. Ich lade einmal alle ein, die oft so locker und teilweise populis­tisch argumentieren: Schaut euch einmal an, wie es in den österreichischen Vollzugs­anstalten ausschaut! Da wäre viel zu diskutieren. Ich hoffe, dass wir auf die Initiativen der Bundesregierung und der Frau Justizministerin auch im Interesse der Humanität zählen können. Und, meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen: Vergessen wir nicht, es sind unsere öffentlich Bediensteten, die für uns da und für die Österreicherin­nen und Österreicher den Kopf hinhalten! Denen sollte man wenigstens danken und auch helfen! – Das muss man auch einmal in aller Deutlichkeit sagen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich sage aber, liebe Terezija, wir müssen auf eines aufpassen: Wir müssen, wenn wir über die bedingte Entlassung diskutieren – da teile ich voll deine Meinung, deinen An­satz –, auch den Ablauf der jetzigen bedingten Entlassung überdenken.

 


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