Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 638

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Der Herr Bundeskanzler hat hier versucht, einige Punkte zu erörtern. Ganz klar ist mir die Situation immer noch nicht. Es geht immerhin um Temelίn, um ein Atomkraftwerk, das von der österreichischen Bevölkerung sehr gefürchtet wird. Nicht umsonst hat eine Million Menschen das Volksbegehren unterschrieben.

Ich darf an den ehemaligen tschechischen Umweltminister Milos Kuzvart erinnern, der gesagt hat: Temelίn kann nie mehr etwas anderes sein als ein Monster, eine nationale Schande, ein Schreckgespenst.

Sehr geehrte Damen und Herren von der Bundesregierung, Sie haben der öster­reichischen Bevölkerung die jetzige Situation, für die Sie Verantwortung tragen, zu erklären. Sie haben zu erklären, warum es möglich ist, dass die Vertreter Tschechiens den Vertretern Österreichs auf der Nase herumtanzen. Wie geht es Ihnen eigentlich dabei, wenn ein oberösterreichischer Landeshauptmann auf die Frage, wie er zu Temelίn steht, antwortet: Ich habe Angst!? Dazu kann man nur eines sagen: Diese Aussage ist durchaus gerechtfertigt und auch für alle Landsleute durchaus nachvoll­ziehbar!

Es ist doch so, dass die Verhandlungsleiter, die Österreich in die EU getrieben haben, in sehr vielen Punkten offenbar schlecht verhandelt haben. Zwei Beispiele zum Ver­gleich: Das Kernkraftwerk Ignalina in Litauen und das Kernkraftwerk Bohunice sollen bis 2009 geschlossen werden, dies mit einer Finanzhilfe der EU in der Höhe von 285 Millionen € und einer solchen in der Höhe von 90 Millionen €. Und was ist mit Österreich? Wie reagiert Österreich? – Österreich kann sich jetzt auf Grund einer ganz schlechten Verhandlungsleistung mit den tschechischen Politikern herumschlagen. Die Frechheit dabei ist, dass Tschechien uns sozusagen eine Bombe vor die Tür gelegt hat und jetzt noch die Frechheit besitzt, uns zu drohen. Das ist eine Unverschämtheit, und das ist eigentlich ein Skandal, meine sehr geehrten Damen und Herren, den wir uns nicht länger bieten lassen sollten. (Beifall bei der FPÖ.)

 


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Herr Abgeordneter! Das Wort „Frechheit“ ist in diesem Haus mit einem Ordnungsruf zu bedenken. Ich bitte Sie daher, diesen Aus­druck zurückzunehmen.

 


Abgeordneter Werner Neubauer (fortsetzend): Ich nehme ihn hiermit zurück, Herr Präsident.

Aber ich möchte schon darauf hinweisen, dass Prag den österreichischen National­ratsbeschluss nicht zur Kenntnis nehmen will und auch meint, den Sicherheitsdialog zwischen Prag und Wien einzuschränken. Gleichzeitig wird betont, dass nicht das österreichische Parlament, sondern die österreichische Regierung Ansprechpartner für die Tschechen sei.

Da muss ich schon sagen: Wenn wir uns das bieten lassen, dass Tschechien uns vor­gibt, wer sein Ansprechpartner ist, und Beschlüsse des österreichischen Parlaments missachtet, dann hat das meines Erachtens ganz zwingend diplomatische Folgen zu haben. Wir können es uns nicht mehr bieten lassen, dass Tschechien uns bei der immer größer werdenden Anzahl von Pannen mit immer mehr Provokationen zu Leibe rücken will!

Erst vor wenigen Tagen hat Tschechien versucht, die „Melker Vereinbarung“ zu den Akten zu legen. Vielleicht kommt morgen sogar die Behauptung, der tschechische Minis­terpräsident sei gar nicht in Melk gewesen. – So, meine sehr geehrten Damen und Herren, kann es bitte nicht weitergehen! Der Versuch Tschechiens, dem „Melker Abkommen“ nun die völkerrechtliche Relevanz abzusprechen, muss endlich zu einer schweren Belastung der bilateralen Verhältnisse führen. Ansonsten machen wir uns


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