Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll30. Sitzung / Seite 106

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eine befreite Stadt übergeben zu können. – Dort haben die Polen darum gekämpft, selbst dafür verantwortlich zu sein, dass sie wieder frei sind. Das ist ihnen wichtig ge­wesen, und dafür haben viele, viele Menschen ihr Leben gelassen, insgesamt 200 000.

Warum erzähle ich das? – Weil die Geschichte davon gekennzeichnet ist, dass zum gleichen Zeitpunkt die Rote Armee bereits am anderen Ufer der Weichsel gestanden ist und nichts getan hat, sondern zugeschaut hat, bis die Deutschen den Aufstand nie­dergeworfen haben. Teile der Roten Armee sind dort gestanden und haben einfach nur zugeschaut. – Die westlichen Alliierten haben bis zu einem gewissen Grade durch An­lieferung von Nahrungsmitteln und Waffen, aber nur in einem sehr geringen Umfang, geholfen, haben aber sehr klar der polnischen Exilregierung vermittelt, dass sie andere Sorgen haben, als jetzt eine neue Front aufzumachen. Und die Deutschen haben, als der Aufstand begonnen hat, auf Befehl Hitlers jeden Tag 10 000 Zivilisten erschossen, zur Strafe dafür, dass dieser Aufstand stattgefunden hat.

Das allein ist schon tragisch genug, aber der Punkt ist: Die Polen haben in den vergan­genen 60 Jahren nicht einmal die Chance gehabt, diese ihre Geschichte zu dem zu machen, was sie ist, nämlich ein sehr, sehr ehrenwerter und anerkennenswerter Ver­such, sich selbst zu befreien. Es hat das halt nicht zur kommunistischen Ideologie ge­passt. Stalin hat gesagt, das ist ihm wurscht, er hat schon eine andere Regierung an der Hand. Die Exilregierung wollte er nicht anerkennen. Die Westalliierten haben das auch nicht besonders attraktiv gefunden. – Und jetzt hat der heutige Staatspräsident dieses Museum errichtet, um daran zu erinnern.

Ich erzähle diese Geschichte aus einem einzigen Grund: Sie ist insofern von Bedeu­tung, als sie die Seelenlandschaft derer, die heute dort Politik machen, in hohem Maße betrifft – und manches, was diese heute auch für die anderen schwierig macht, besser verständlich macht. Die Menschen in Polen haben nämlich in den vergangenen Jahr­hunderten nicht nur an diesem Beispiel gelernt, dass sie sich eigentlich auf niemanden verlassen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir uns für solche Fakten nicht interes­sieren, verstehen wir auch die Schwierigkeiten, die Partner manchmal machen, nicht gut genug. Das ist der Grund, warum ich die Geschichte heute und hier in Erinnerung gerufen habe. Ich denke, wir müssen die Tatsache im Auge behalten, dass man sich in einem Klub mit 27 Mitgliedern, der so funktioniert wie die Europäische Union, für die anderen 26 auch interessieren muss. – Herr Strache, das „auch“ ist extra für Sie! (Bei­fall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

Ich denke, dass wir jetzt, nachdem das auf den Weg gebracht ist, was Sie dankens­werterweise auf den Weg gebracht haben, auch Zeit brauchen und Engagement, uns dafür zu interessieren, damit Europa wieder Fortschritte in inhaltlicher Hinsicht macht. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten von ÖVP und Grünen.)

13.58


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Klubobmann Strache. Ebenfalls 7 Minuten Redezeit. – Bitte, Herr Kollege.

 


13.58.25

Abgeordneter Heinz-Christian Strache (FPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Einem, wenn Sie Ihre Redezeit auch dazu genützt hätten, einmal so viel Herz und Verständnis auch für die österreichischen Sorgen aufzubringen (Abg. Broukal: Nicht immer, Herr Strache! Nicht immer! Bitte!), dann hätte mich das auch gefreut. Das haben Sie heute in Ihrer Rede eigentlich völlig außer Acht gelassen. Und ich werde dann darauf zu sprechen kommen, was die öster-


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