Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll38. Sitzung / Seite 26

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Finden Sie es nicht auch für die Sportler, die den Sport ausüben sollen, unzumutbar, all diese regionalen und landesspezifischen Unterschiede zu kennen, je nachdem, wo eine Veranstaltung stattfindet? Wäre es nicht an der Zeit, auf europäischer Ebene, was das Strafrecht anlangt, eine Vereinheitlichung zu erreichen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer: Herr Abgeordneter, das ist eine ganz wichtige Frage. Die Vereinheitlichung gibt es nämlich auf der Ebene, dass überall gleiche Grundlagen dafür gelten, was Doping ist, weil das von den internationalen Sportverbänden festgelegt wird. Das heißt, ein Sportler, der in Österreich, in Italien oder in Frankreich antritt, weiß ganz genau, dass hier überall das Gleiche gilt. Was unterschiedlich ist, ist die Ahndung von verschiedenen Doping-Fällen, wie halt über­haupt das Strafrecht oder die strafrechtlichen Ausmaße in den einzelnen europäischen Ländern unterschiedlich sind. Das ist nicht nur beim Doping so, sondern auch in einer Reihe von anderen Fragen. Ich glaube kaum, dass wir in absehbarer Zeit zu einer Vereinheitlichung kommen.

Mir fällt auch gerade ein – weil Sie Italien angesprochen haben –, wie gefährlich in Wirklichkeit die Kriminalisierung der Sportler in diesem Zusammenhang ist. Es hat sich erst vor zwei Wochen herausgestellt, dass sich ein Urteil gegen einen spanischen Fußballspieler, der in Italien tätig war, als Fehlurteil herausgestellt hat und der betref­fende Spieler jetzt, glaube ich, vier Jahre danach, rehabilitiert wurde. – Ich frage Sie: Was hat jemand davon, wenn er als Sportler nach vier Jahren rehabilitiert wird und bis dahin strafrechtlich inkriminiert ist? Daran sieht man, was alles zerstört werden kann, wenn man zu stark in Richtung Kriminalisierung der Sportler geht. Eigentlich geht die internationale Diskussion in der Frage nicht in Richtung des italienischen Vorbildes.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Weitere Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Kickl, bitte.

 


Abgeordneter Herbert Kickl (FPÖ): Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Eine be­stimmte Häufung von Doping-Fällen im Radsport hat in den letzten Monaten dazu geführt, dass öffentlich-rechtliche Fernsehanstalten in der Bundesrepublik Deutschland quasi über Nacht die Berichterstattung eingestellt haben und damit – man kann dar­über diskutieren – einen Schaden oder Nichtschaden angerichtet haben.

Jetzt würde mich interessieren, wie Sie die Rolle des Österreichischen Rundfunks als öffentlich-rechtliche Anstalt im Zusammenhang mit der Übertragung von Sportereig­nissen sehen, die Doping-gefährdet/nicht Doping-gefährdet sein könnten.

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundeskanzler, bitte.

 


Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer: Herr Abgeordneter, der Radsport ist ein gutes Beispiel, um zu erkennen, welches Gift Doping für den Sport ist. Das ist eine hochattraktive Sportart. Gerade die großen Tourveranstaltungen sind über Jahre mit großem Interesse und großer Begeisterung von der Sportwelt verfolgt worden, aber diese nachhaltigen Dopingfälle haben dazu geführt, dass es zu einem umfassenden Einbruch gekommen ist, was das öffentliche Interesse betrifft. Gerade die Zuschauer­zahlen sind in einzelnen Ländern rapide zurückgegangen, weil die Menschen Sport, der auf unfairer Basis stattfindet, nicht wollen.

Daher ist die Entscheidung, die zum Beispiel in Deutschland getroffen wurde, in beide Richtungen zu verstehen, nämlich erstens, dass Deutschland keinen Beitrag dazu leisten möchte, dass Doping-Sportarten promotet werden, und auf der anderen Seite ist es auch das Ergebnis eines Rückgangs des Seherinteresses in Deutschland in Bezug auf das Radfahren gewesen. Das heißt, es hat hier beide Funktionen erfüllt.

 


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