Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll38. Sitzung / Seite 142

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15.21.23

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Hohes Haus! Meine sehr geehr­ten Damen und Herren! Ich darf heute unseren Innenminister Günther Platter hier vertreten, der sich beim Innenministerrat in Brüssel befindet und dort sehr wichtige Fragen wie die bevorstehende Schengen-Erweiterung, Blue Card, gemeinsame euro­päische Vorgangsweise bei Abschiebungen und andere Themen zu behandeln hat. Ich bin auch gerne hierher gekommen, um die Fragen, die im Rahmen der Dringlichen Anfrage gestellt wurden, zu beantworten.

Eingangs Folgendes, sehr geehrter Herr Abgeordneter Westenthaler: Ich bin nicht zuständig für dieses Portfolio, aber was ich auch als Staatsbürger und als Mitglied der Bundesregierung sehr wohl weiß, ist: Es ist ganz sicher der Fall, dass es dann, wenn es Unruhe gibt, wenn potenziell Gefahren drohen, nicht darauf ankommt, Emotionen zu schüren, sondern darauf, Ruhe zu bewahren, besonnen und zielgerichtet vorzugehen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von SPÖ und Grünen.) Das ist ein wichtiger Punkt, das ist, denke ich, ein Grundkonsens in der Politik.

Wesentlich ist aus unserer Sicht: Das Recht auf Versammlungsfreiheit, das Sie eigentlich im Kern hinterfragt haben, ist ein wichtiges demokratisches Grundrecht, das in der Verfassung verankert ist: Artikel 12 Staatsgrundgesetz, Artikel 11 der Euro­päischen Menschenrechtskonvention. Das ist ein Grundpfeiler unserer demokratischen Ordnung. (Abg. Ing. Westenthaler: Aber nicht zum Schädeleinschlagen!)

Es geht nicht um die Frage, ob einzelne Demonstrationen bei uns große Freude auslösen oder nicht, aber es geht sehr wohl darum, dass man Grundrechte nicht nach Lust und Laune in Geltung oder außer Geltung setzen kann. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Das ist ein wichtiger Punkt, meine sehr geehrten Damen und Herren, an dem wir uns orientieren sollten. (Abg. Ing. Westenthaler: Es gibt Untersagungsrechte!)

Das Recht auf Versammlungsfreiheit ist, wie gesagt, ein Recht, das in der Verfassung festgeschrieben ist. Meine sehr geehrten Damen und Herren, es geht in diesem Zusammenhang um klare Analysen der tatsächlichen Gegebenheiten und Fakten. Es werden auch, weil Sie das zitiert haben, von den zuständigen Behörden und von der Polizei stets ganz genaue Informationen eingeholt und alle Umstände in der Bewertung sensibel beurteilt.

Eine willkürliche Untersagung, die nicht tatsächlich begründet ist, wäre ein rechts­wid­riger Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Grundrecht. Willkür erzeugt keine Sicherheit, und Willkür hat sicher in einem Rechtsstaat nichts verloren. Daher ist klar: Um eine Demonstration zu untersagen, müssen auch tatsächlich konkrete Um­stände vorliegen, die eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit befürchten lassen. Schwammige und diffuse Aussagen und Argumentationen können jedenfalls kein Grund dafür sein. (Abg. Ing. Westenthaler: Ich werde Sie am Montag daran erinnern, Herr Minister!)

Jetzt zu den Fakten. – Determiniert durch das Versammlungsgesetz und die damit zusammenhängenden verfassungsrechtlichen Grundfreiheiten können Untersagungs­gründe sein:

Erstens: wenn die Versammlung einen strafrechtswidrigen Zweck verfolgt oder diesem dienen soll. Beispiele: An der Versammlung sollen ausschließlich oder vorwiegend Vermummte oder Bewaffnete teilnehmen. Oder es handelt sich um eine Gegen­demonstration, die mit dem Zweck veranstaltet wird, eine andere Versammlung zu stören. Oder es geht um die Verbreitung von nationalsozialistischem Gedankengut.

 


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