Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll38. Sitzung / Seite 220

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19.36.28

Abgeordneter Dr. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir Freiheitlichen beantragen, einen neuen Artikel 43a in die Bundesver­fassung einzuführen, der lautet:

„Einer Volksabstimmung ist jede Zustimmung der Republik Österreich zu einem Abschluß eines völkerrechtlichen Staatsvertrags zu unterziehen, der eine Gesamt­ände­rung der österreichischen Bundes-Verfassung bewirkt.“

Sie werden vielleicht wissen, dass Artikel 43 B-VG die Abhaltung von Volksabstim­mun­gen über Gesetzesbeschlüsse, die der Nationalrat beschlossen hat, vorsieht. Dieser neue Artikel 43a soll bekräftigen, dass wir der Ansicht sind – und dass eigentlich alle Volksvertreter hier der Ansicht sein sollten –, dass auch völkerrechtliche Staatsver­träge, die zu einer Änderung wesentlicher Elemente der österreichischen Bundes­verfas­sung führen, zwingend einer Volksabstimmung zu unterziehen sind.

Wir haben dieses Thema heute in der Debatte über den neuen Reformvertrag schon anklingen lassen. Einige Punkte wurden von uns schon angeführt, warum wir der Ansicht sind, dass auch dieser Reformvertrag zwingend einer Volksabstimmung zu unterziehen ist, und zwar das vereinfachte Änderungsverfahren, die Generalermäch­tigung zur Mittelbeschaffung, die Flexibilitätsklausel, die bundesstaatliche Zuständigkeit der Union, der Vorrang des Unionsrechtes und der Verlust der immerwährenden Neutralität.

Allein wenn wir den Vorrang des Unionsrechtes hernehmen, meine Damen und Herren, müssen wir sagen: Es wird in diesem Reformvertrag darauf hingewiesen, dass der Vorrang des Unionsrechtes nicht mehr explizit im Verfassungsvertrag enthalten sein wird, aber dass die Tatsache, dass der Grundsatz dieses Vorrangs nicht in den künftigen Vertrag aufgenommen wird, nichts an seiner Existenz und an der beste­henden Rechtsprechung des Gerichtshofes ändert.

Dieser eine Punkt sollte als wichtiges Argument von unserer Seite anerkannt werden, dass wir diesen Reformvertrag einer Volksabstimmung unterziehen sollen.

Die Regelung, lieber Herbert Scheibner, dass nur ein Gesetz, das wir hier mit der ausreichenden Mehrheit beschließen, einer Volksabstimmung unterzogen werden kann, ist eine Selbstverständlichkeit. So war auch der freiheitliche Antrag heute Vor­mittag formuliert. Dieser Zusatz, den wir mit dem Artikel 43a haben wollen, soll dieses Verlangen bekräftigen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Scheibner: Der Klubob­mann hat etwas anderes gesagt!)

19.38


Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Nächster auf der Rednerliste ist Herr Abgeordneter Dr. Wittmann mit 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


19.39.07

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Frau Präsidentin! Hohes Haus! Um kurz auf die Ausführungen meines Vorredners einzugehen: Herr Abgeordneter Bösch, ich glaube, dass das Vorrecht des europäischen Rechts vor dem nationalen Recht bereits mit der Volksabstimmung des Jahres 1994 beziehungsweise mit dem Beitritt Öster­reichs zur Europäischen Union beschlossen wurde und jetzt auch genauso gehandhabt wird, wie damals beim EU-Beitritt Österreichs verabschiedet.

Ich glaube, dass dieser vorliegende Antrag in wesentlichen Punkten ins Leere geht, aus folgendem Grund: Wir haben die Möglichkeit einer Volksabstimmung über ein Gesetz, wie es Ihnen Herr Abgeordneter Scheibner heute schon erklärt hat, und dieses Gesetz ist im Normalfall das Ermächtigungsgesetz, mit dem die Bundesregierung ermächtigt wird, etwas zu unterschreiben. Dann hat man die Möglichkeit, zwischen


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