Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll42. Sitzung / Seite 161

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

endet und nach dem die Verjährung von Delikten mit schwerer Dauerfolge sowie mit Todesfolge generell ausgeschlossen ist.“

*****


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Oberhauser. 8 Minuten gewünschte Redezeit. – Bitte.

 


16.08.22

Abgeordnete Dr. Sabine Oberhauser (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Werte Gäste auf der Galerie! Einige von Ihnen wer­den es vielleicht wissen, ich bin Kinderärztin von Beruf und habe lange Zeit auch in verschiedenen Wiener Spitälern in den Kinderambulatorien und Kinderambulanzen meinen Dienst versehen. Und wenn ich über Kindesmisshandlung und Kindesmiss­brauch spreche, dann tue ich das nicht, indem ich in einer reißerischen Art und Weise, ohne den Schutz von Personen zu beachten, mit Copy und Paste eine Anfrage zusammenfüge, Namen von Kindern und Schicksale vermenge, zum Teil seriös, zum Teil weniger seriös, sondern dann tue ich das aus einer ganz, ganz tiefen Betroffenheit der persönlichen Erfahrung, was es heißt, wenn ein Kind in die Ambulanz kommt, dessen Arme über und über mit Brandwunden übersät sind, weil Eltern die Zigaretten darauf ausgedrückt haben, ein bewusstloser, komatöser Säugling, den die Eltern geschüttelt haben, zum Teil aus Verzweiflung, zum Teil aus Unwissenheit, zum Teil aus Brutalität. – Das macht betroffen!

Was mich betroffen gemacht hat, waren die Bilder. Jeder, der die Bilder in den letzten Wochen in den Zeitungen gesehen hat, hat es vor Augen: diese verzweifelten toten Augen von Kindern, die Schutz suchend, von Behörden im Stich gelassen – da gebe ich Ihnen völlig recht – den Eltern wieder mit nach Hause gegeben, ja ausgeliefert werden. – Das macht mich wirklich betroffen.

Mich macht betroffen, dass Behörden offensichtlich weggeschaut haben und nicht den Mut zu unbequemen Lösungen gefunden haben. Wir alle, die wir mit misshandelten Kindern zu tun hatten – und auch mit Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern –, wissen, wie schwer es oft fällt, die Entscheidung zu treffen, ein Kind aus einer Familie herauszunehmen.

Aus meiner tiefsten Überzeugung heraus sage ich: Ich glaube noch immer, dass es nicht mehr gelten kann, dass es besser ist, ein Kind in einer nicht intakten, gewalt­bereiten Familie zu lassen, sondern dass es besser ist, dieses Kind lieber einmal zu oft als einmal zu wenig aus dieser Familie herauszuholen (Beifall des Abg. Schalle), es zu Pflegefamilien zu geben oder es auch in staatlichen Institutionen – wie auch immer – unterzubringen.

Das heißt, man sollte lieber den Mut auch von den Sozialarbeitern verlangen, einmal mehr zu riskieren, dass man ein Kind zu viel herausholt, als ein Kind in einer Familie zu lassen, in der es nicht nur Risiko läuft, weiter gequält zu werden, sondern auch zu Tode kommen kann.

Was mich sehr betroffen macht, ist auch die Art und Weise, wie das Thema behandelt wird – vor allem nach der wirklich seriösen und guten Diskussion gestern, die aufgrund der Anfrage der FPÖ hier abgeführt wurde. Es gab von den vier Parteien (Ruf beim BZÖ: Fünf!) – nein, nur vier; ich weiß, dass es fünf Parteien hier gibt – wirklich seriöse, lösungsorientierte Redebeiträge. Es gab einen ganz klar vorgezeichneten Weg, den die Justizministerin Berger als Antwort auf die Anfrage dargestellt hat.

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite