Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 81

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Eine letzte Ebene noch, die sehr wichtig ist: das, was tatsächlich in diesem Innenminis­terium passiert ist. – Ich weiß nicht, was wahr ist an diesen Aussagen, so wie es, glau­be ich, vielen in Österreich geht: Es steht Aussage gegen Aussage. Und es ist wichtig, dass mehrere Ebenen nebeneinander untersuchen. Aber das, was tatsächlich an Über­griffen gegen Bürgerinnen und Bürger passiert ist, das ist schon eine sehr, sehr heikle Angelegenheit. Und den Fall Bürstmayr möchte ich nicht so einfach vom Tisch ge­wischt haben, das war in der Vergangenheit. Amnesty international hat das bezeichnet als „Elemente politischer Verfolgung“ in Österreich. Und da zu sagen, es ist ausrei­chend, wenn die Justiz ermittelt, ist wirklich das Ignorieren der wichtigsten und vor­nehmsten Aufgabe, die dieses Haus hat, nämlich zu untersuchen, aufzuklären – und nicht zu vertuschen. (Beifall bei den Grünen.)

Die ÖVP wird den Antrag auf Einsetzung des Untersuchungsausschusses heute ableh­nen, aber eine Schlussbemerkung erlauben Sie mir noch, Herr Klubobmann Schüssel: Die Besetzung von Positionen in der Verwaltung, von Spitzenbeamten, von Sektions­chefs, als „Neubalancierung“ zu bezeichnen ist das unverschämteste Bekenntnis zur Parteibuchwirtschaft, das ich in meiner gesamten politischen Karriere gehört habe. (Beifall bei den Grünen.)

Dass Sie sich vorstellen können, dass Menschen ohne ein politisches Parteibuch viel­leicht etwas werden können im Ministerium, das ist offensichtlich nicht der Fall. Und dass es eine hochgradige, illegitime Gesinnungsschnüffelei ist, bei Menschen wissen zu wollen, welches Parteibuch sie haben, das verstehen Sie, glaube ich, auch nicht. (Abg. Dr. Brinek: Wer hat das wollen?) Das hat bei mir heute wirklich Fassungslosig­keit hervorgerufen, und, so glaube ich, auch bei vielen Menschen vor den Fernseh­apparaten. „Neubalancierung“ für so eine Parteibuchwirtschaft ist wirklich sehr, sehr gewagt. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Brinek: Sie sollten besser zuhören!)

15.27


Präsident Dr. Michael Spindelegger: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Parni­goni. 10 Minuten maximale Redezeit. – Bitte.

 


15.27.58

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Wir diskutieren heute im Rahmen dieser Dringlichen natürlich schwere Verdachtsmomente, die erhoben worden sind: Das Innenministerium soll missbraucht worden sein, um ge­zielt einer politischen Partei im Rahmen des Nationalratswahlkampfes 2006 Schaden zuzufügen. – Das, meine Damen und Herren, ist sicher einer der schwersten Vorwürfe, die in einer demokratischen Republik formuliert werden können, denn das Innenminis­terium hat das zivile Gewaltmonopol, das Innenministerium hat besondere Ermittlungs­möglichkeiten und -rechte, und es ist eine Bedrohung des Rechtsstaates, Hohes Haus, wenn diese gegen politische Mitbewerber eingesetzt werden.

Ich glaube, dass wir alle neben der strafrechtlichen Aufklärung auch die wichtige Frage zu klären haben, wer die politische Verantwortung für diese ungeheuerlichen Vorgänge zu tragen hat. Der Innenminister beziehungsweise ein Mitarbeiter des Kabinetts des In­nenministers soll den Leiter des Bundeskriminalamtes mehrfach aufgefordert oder ihm die Weisung gegeben haben, dem ÖVP-Klub zuerst die vom Banken-Untersuchungs­ausschuss angeforderten Akte zu übermitteln. Das ist ein schwerwiegender Vorwurf. Im heutigen „profil“ wird unter anderem auch auf einen E-Mail-Verkehr zwischen dem ehemaligen Minister Strasser und einem Mitarbeiter, dem jetzigen Kabinettschef der Frau Bundesministerin Kdolsky, Kloibmüller, hingewiesen, dass es sich bei vielen Vor­gängen auch um Mobbing handelt. Und das ist etwas, was ebenfalls ein Missbrauchs­thema darstellt.

 


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