wert des Reformvertrages schlechthin, dass erstmals EU-Organe einem Grundrechtsregime unterworfen werden – das hatten wir bisher nicht –, und das hat zur Konsequenz, dass selbstverständlich auch das Sekundärrecht, sprich Richtlinien und Verordnungen, grundrechtskonform sein muss, grundrechtskonform ausgelegt werden muss und natürlich auch den sozialen Grundrechten entsprechen muss.
Also wer das, meine Damen und Herren, als einen Rückschritt sieht, sollte wirklich einmal deklarieren, was er/sie in der Politik überhaupt will. Angst zu verbreiten, die Menschen mit Unwahrheiten zu verunsichern, um daraus politisches oder sogar finanzielles Kapital zu schlagen, das ist wirklich zutiefst unseriös – und ich würde sogar sagen, das ist schäbig.
Die Menschen haben eine natürliche Angst vor Neuem, vor allem ältere Menschen oder Menschen, die vielleicht nicht gerade auf die Butterseite des Lebens gefallen sind, aber mit diesen Ängsten, meine sehr geehrten Damen und Herren, darf man nicht spielen. Diese Ängste muss man ernst nehmen und sich damit bewusst auseinandersetzen. Und genau das haben wir getan: Sämtliche Bedenken haben wir eingehend geprüft beziehungsweise von Expertinnen und Experten prüfen lassen; nicht nur in einem Hearing im Verfassungsausschuss, sondern schon lange davor.
Hier kann ich Ihnen wirklich zusammenfassend nur noch einmal sagen, dass praktisch alle österreichischen Expertinnen und Experten festgestellt haben, dass hiemit keine Gesamtänderung unserer Bundesverfassung und keinesfalls eine Gründung eines neuen europäischen Bundesstaates vorliegt! Ganz im Gegenteil: Expertinnen und Experten haben sogar von einer Renationalisierung der Europäischen Union gesprochen, und zwar durch verschiedenste Merkmale, vor allem durch die Subsidiaritätsprüfung.
Nun zum Thema Neutralität. Da möchte ich auch darauf verweisen, dass Experten, so etwa Herr Univ.-Prof. Funk, den Nachweis erbracht haben, dass gerade durch den Reformvertrag sogar eine nachträgliche Respektierung unserer österreichischen Neutralität erfolgt, indem eben der besondere Charakter der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik der Mitgliedsstaaten unberührt bleibt.
In einer Gesamtbetrachtung kann ich nur sagen, dass der Vertrag von Lissabon einen großen Fortschritt gegenüber den bestehenden Verträgen darstellt, aber keinesfalls Anlass geben kann für einerseits übertriebene Hoffnungen, aber schon gar nicht für unbegründete und übertriebene Befürchtungen. Und diese sollten auch nicht geschürt werden. – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)
13.59
Präsidentin Dr. Eva Glawischnig-Piesczek: Als nächste Rednerin zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Karl. 7 Minuten Redezeit. – Bitte.
13.59
Abgeordnete Mag. Dr. Beatrix Karl (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Regierungsmitglieder! Hohes Haus! Bereits Leonardo da Vinci hat einmal gesagt, rascher als alles andere entsteht Angst. Im Zusammenhang mit dem Vertrag von Lissabon wurden ja – wie heute bereits mehrfach angesprochen wurde – sehr viele unbegründete Ängste geschürt. Und das halte ich deshalb für unverzeihlich, weil Europa einfach zu wichtig ist, um es durch Angstparolen schlechtzumachen. Die Angst verschließt leider auch den Blick vor den Chancen. Und glauben Sie mir, meine sehr verehrten Damen und Herren: Europa bietet sehr viele Chancen.
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