Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 202

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Ich möchte Ihnen gerne ein paar Schnurren aus der Wiener Landesregierung erzählen, damit Sie wissen, warum man in diesem Fall nicht um die Kompetenzstreitigkeiten herumkommt. (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Nein, danke, die kenne ich!)

Ich sage Ihnen, wofür sich Wien nicht zuständig fühlt, obwohl es eigentlich zuständig wäre, und wie spannend, aber auch deprimierend es für eine nichtamtsführende Stadt­rätin war, den Landeshauptmann immer wieder an die Verfassung zu erinnern.

Ich frage Sie: Schauen Sie sich die Pflichtschulen in Wien an – heißt das jetzt, dass der Bund auch ausgerechnet für Wien die Pflichtschulen sanieren soll, nur weil Wien glaubt, kein Geld dafür zu haben. (Abg. Ing. Westenthaler: Das ist schon etwas ande­res!) Soll das Gratis-Kindergartenjahr jetzt ausschließlich in Wien durch den Bund ge­zahlt werden? Sollen die Kindergärten jetzt dadurch erhalten werden? – Das heißt, wir kommen nicht darum herum, dass eine Verfassung die Kompetenzen regelt und Ver­lässlichkeit in der Zuständigkeit sein muss.

Der Währinger Friedhof ist ein trauriges Ergebnis der seit Jahrzehnten andauernden Versäumnisse der Gemeinde Wien. Nach Angaben der Israelitischen Kultusgemeinde wären 14 Millionen € notwendig. Es liegt an Bürgermeister Häupl, diesen Versäumnis­sen aus der Vergangenheit entsprechend nachzukommen.

Das Regierungsprogramm sieht zusätzliche Mittel vor, und um genau die kann es ge­hen, um diese zusätzlichen Mittel, für deren Aufbringung der Bund sehr wohl eine poli­tische und moralische Verantwortung hat. Aber es kann nicht der Ersatz der Zuständig­keit sein, Friedhöfe in der Gemeinde von der Gemeinde erhalten zu lassen. Wir sollten daher von Zusatz und nicht von Ersatz reden: zusätzliche Mittel.

Aber Wien in diesem Punkt aus der Pflicht zu nehmen hieße, überall dort, wo es eine schlampige Wahrnehmung in der Umsetzung der Kompetenz gibt, würde der Bund im Nachhinein einspringen. Das würde dem Gerechtigkeitsprinzip jener Länder widerspre­chen, die sehr wohl dafür aufkommen und einverstanden sind. (Beifall bei der ÖVP.)

Es geht daher darum, dass alle ihre Verantwortung wahrnehmen und nicht nur acht Bundesländer, aber das neunte Bundesland Wien glaubt, anders sein zu können, sich aussuchen zu können, ob es das Geld für den Erhalt und die Renovierung der jüdi­schen Friedhöfe verwendet oder für die Aufstockung des Presse- und Informations­dienstes in Wien. (Abg. Mag. Lapp: Sie sind im falschen Haus mit Ihrer Rede!)

Ich sage Ihnen, ein 10-Milliarden-Budget hat eine Menge an Millionen jährlich für Öf­fentlichkeitsarbeit. Ich wünsche mir, dass wir auch darüber im Verfassungsausschuss reden, was mit Gemeinden geschieht, die ihre Verantwortung nicht wahrnehmen. Wie kann die Verfassung künftig sicherstellen, dass Gemeinden, die ihrer Verantwortung nicht nachkommen, entsprechend zur Verantwortung gezogen werden? – Das ist mit eine Frage, die im Verfassungsausschuss geklärt werden muss.

Ich bin es leid, von Kindergärten über Pflichtschulerhaltung bis zur Erhaltung der Fried­höfe immer am Beispiel von Wien zu sagen, dass das Kompetenzstreitigkeiten sind. (Abg. Mag. Lapp: Sie sind im Hohen Haus! – Abg. Dr. Jarolim: Reden Sie über die U6!) Es ist nicht die Kompetenzstreitigkeit, es ist das Wahrnehmen und Übernehmen von Verantwortung, von Rechten und von Pflichten. Daran werden sich auch die Stadt Wien und Bürgermeister Häupl gewöhnen müssen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Ja­rolim: Kollege Neugebauer ist bitte hier nicht der Rathausmann, sondern der Präsident des Nationalrates!)

18.29


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Neubauer. – Bitte.

 


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