Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Herr Außenminister! Die führenden Exponenten Ihres Koalitionspartners haben klargemacht, dass sie einen Türkei-Beitritt nicht wollen, Klubobmann Cap erst heute im Hauptausschuss, der Spitzenkandidat Swoboda im Wahlkampf. Sie selbst haben gesagt: Beitritt nein, privilegierte Partnerschaft ja. Der Spitzenkandidat Ihrer Partei bei der EU-Wahl, Strasser, hat gemeint, die Verhandlungen wären abzubrechen, weil die Geschäftsgrundlage für derartige Verhandlungen fehle.
Jetzt gehen aber diese Verhandlungen formal munter weiter, wenngleich in vielen Kapiteln auf die temporäre Stopptaste gedrückt wurde. Der Außenminister der Türkei hat bei seinem Besuch in Deutschland gestern erst gesagt, die Türkei werde von der Vollmitgliedschaft keine Abstriche machen, Ziel der Verhandlungen sei die Vollmitgliedschaft.
Daher meine Frage an Sie, Herr Außenminister:
„Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Beitrittsverhandlungen der Türkei zur Europäischen Union endgültig beendet werden, zumal der Spitzenkandidat der ÖVP, Dr. Ernst Strasser, im Zuge des EU-Wahlkampfes äußerte, dass die Beitrittsverhandlungen der Europäischen Union mit der Republik Türkei zu beenden seien, weil diesen die Geschäftsgrundlage fehle?“
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Bundesminister, bitte.
Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Michael Spindelegger: Sehr geehrter Herr Abgeordneter, um die Position noch einmal klarzulegen – ich habe das heute schon im Hauptausschuss getan –: Wir haben in unserem Regierungsprogramm bestimmt, dass Österreich das Ziel verfolgt, eine maßgeschneiderte Partnerschaft mit der Türkei anzustreben. Das, wie ich meine, aus gutem Grund, denn wir brauchen auch eine Kooperation mit der Türkei in vielen Fragen. Die Türkei ist eine wichtige Energiedrehscheibe. Sie ist sicherlich ein gewisser Sicherheitspolster auch in Richtung Naher und Mittlerer Osten, und sie ist für viele auch ein Zukunftsmarkt, auch für österreichische Unternehmen.
Darum sehen wir als ein Ziel der österreichischen Außenpolitik, einer maßgeschneiderten Partnerschaft einen Schritt näherzukommen.
Sie haben recht, dass die Verhandlungen de facto auf Eis liegen, weil bei acht Kapiteln, die sehr starke Implikationen in Richtung Freizügigkeit der Europäischen Union haben, derzeit keine Bewegung in der Türkei sichtbar ist.
Wir erwarten im Herbst dieses Jahres einen neuen Fortschrittsbericht seitens der Kommission, aber ich kann Ihnen sagen, dass eigentlich niemand in der Europäischen Union erwartet, dass in diesen acht zentralen Fragen eine Bewegung seitens der Türkei stattfinden wird.
Es ist die Frage, wie sich das in der Zukunft gestaltet. Darum müssen wir hier auch behutsam vorgehen, behutsam in dem Sinn, dass wir die zentralen Interessen Zukunftsmarkt, Energiedrehscheibe, auch Sicherheitsfragen berücksichtigen und irgendwann einmal zu einer gemeinsamen Partnerschaft bringen. Und das ist, glaube ich, auch das Ziel der österreichischen Außenpolitik.
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter, bitte.
Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Eine persönliche Frage an Sie, auch als Mensch. (Abg. Großruck: Als was denn sonst?) Jetzt hat der türkische Außenminister, wie zitiert, noch einmal klargestellt, dass er nicht an einer privilegierten Partnerschaft interessiert ist, sondern die Vollmitgliedschaft wünscht und davon keine Abstriche machen wird.
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