Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 27

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Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Finanzminister, eine Frage zur Finanzmarktaufsicht. Wir haben in den letzten Monaten diese globale Finanzkrise erlebt, die sicherlich verschiedenste Ursachen hat, etwa die exzessive öffentliche und private Verschuldung in den USA, die zu enormen globalen Ungleichgewichten zwi­schen China und den USA geführt hat, oder die Tatsache, dass faule Hypothekar­kredite in Wertpapiere verpackt und weltweit verteilt wurden.

Ein Problem war, dass wir keine europäische Finanzmarktaufsicht haben, sondern nationale Finanzmarktaufsichten, was bei grenzüberschreitenden Entwicklungen natür­lich zu wenig ist.

Meine Frage lautet:

Welche Maßnahmen unternimmt die Europäische Union, um eine europäische Finanz­marktaufsicht in Gang zu setzen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Vizekanzler, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Herr Abgeordneter! Es gibt eine Lehre aus der Krise, und diese heißt: Es wurden systemische Risiken nicht frühzeitig erkannt, diese haben sich im Hintergrund aufgebaut. Jede nationale Aufsicht hatte ihre ganz spezielle Sichtweise der Risiken im jeweiligen Land, und es ist eine Kernfrage, dass wir die bessere Vernetzung der nationalen Finanzmarktaufsichten europa- und weltweit organisieren.

Es müssen zwei große Schienen gelegt werden: Die eine ist, die Makroaufsicht stärker bei der EZB zu bündeln, europäisch zu bündeln, die andere, auch die Mikroaufsicht in den Ländern national entsprechend zu verbessern. – Auf diesem Weg sind wir.

Wir haben Anfang dieser Woche in Brüssel bei den Finanzministern dieses Signal gegeben, den Startschuss zu einer besseren europäischen Finanzmarktarchitektur. Es gibt Länder in der Europäischen Union, die das nicht wollen – ich muss das in diesem Rahmen auch sagen –, allen voran der Finanzplatz London und England, aber wir wollen eine stärkere Vernetzung, eine bessere Kontrolle: Es darf kein Finanzprodukt mehr in Europa auf den Markt, das keiner Kontrolle unterliegt! (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Stumm­voll.

 


Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Finanzminister, es ist oft schon schwierig, in einer Koalition einen gemeinsamen Nenner zu finden. Politik ist das Bohren harter Bretter, und ich sage oft, EU-Politik ist das Bohren in Granitblöcken. Daher meine Frage:

Wann rechnen Sie damit beziehungsweise wann kann man damit rechnen, dass solch eine neue europäische Finanzmarktarchitektur in Kraft treten könnte?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Vizekanzler, bitte.

 


Bundesminister für Finanzen Vizekanzler Dipl.-Ing. Josef Pröll: Man muss dazu sagen, dass sich ja insgesamt viel in der Europäischen Union sehr energisch dreht seit der Krise, seit einem Jahr. Wir haben zum Beispiel jetzt in der Frage der Eigenmittel­vorschriften bei Basel II vor, mit Ende 2010 – da ist die Beschlussfassung sehr weit – bereits die ersten wichtigen Punkte umzusetzen. Da muss man auf die Balance achten, auch für die Finanzierung der Wirtschaft durch die Banken.

Und das Zweite ist: Ich denke, dass die Finanzmarktaufsicht und die Architektur in Europa realistischerweise mit Anfang 2011 umgesetzt werden können.

 


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