Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 165

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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich Herr Bundesminister Dr. Mitterlehner zu Wort gemeldet. Ich mache darauf aufmerksam, dass die Redezeit 10 Minuten nicht übersteigen soll. – Bitte.

 


16.10.48

Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend Dr. Reinhold Mitterlehner: Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Geschätzte Kollegen! Meine sehr geehrten Da­men und Herren! Wer immer im privaten oder im geschäftlichen Leben steht, wird, wenn er vernünftig und seriös agiert, niemals Ziele fassen oder Strategien umsetzen, ohne vorher eine Analyse vorzunehmen.

Wenn Sie sich die Situation im Sozial- und im Einkommensbereich anschauen, dann haben Sie sehr wohl eine Steuer- und Abgabenquote, Sie haben auch eine Sozial­quote, aber Sie haben keine Zusammenführung der beiden Bereiche. Das heißt, Sie sehen nicht, was die Auswirkungen der beiden Systeme insgesamt erbringen.

Daher, Herr Kollege Öllinger, verstehe ich nicht, wenn Sie uns jetzt unterstellen, nur weil wir diese Angelegenheit diskutiert haben wollen, das einzige Ziel wäre eine pole­mische Auseinandersetzung oder wäre eine Kürzung der Sozialleistungen. Ich weiß nicht, warum Sie die ganze Angelegenheit so verkürzt diskutieren wollen. (Abg. Öllinger: Weil es drinnen steht in der Studie!) Wir diskutieren auch nicht eine Studie, Herr Kollege, sondern wir diskutieren die Idee eines Transferkontos!

Kollege Cap hat angesprochen, was an Sozialleistungen, Familienbeihilfen und so weiter geleistet wird; das wissen wir. Wir wissen aber nicht, was die einzelnen Länder, was die Gebietskrankenkassen und Gemeinden, aber auch andere Einrichtungen dort und da noch dazuzahlen. Darüber hat kein Mensch mehr einen Überblick.

Daher, meine Damen und Herren: Es geht nicht nur darum, Solidarität zu üben und Leistungsbereitschaft zu zeigen und umzusetzen, sondern es ist auch ein Recht, Geleistetes zu hinterfragen. Und nichts anderes tut man mit diesem Vorschlag! (Abg. Öllinger: Alles offenlegen! Alles offenlegen! Auch das Vermögen!)

Herr Bundeskanzler, Sie haben gesagt, es geht um die öffentliche Hand, und Sie wollen die Leistungen, die die öffentliche Hand gibt, hinterfragen. – Ja, die öffentliche Hand ist nichts anderes als der Steuerzahler, und der Steuerzahler hat ein Recht, dass seine Leistungen, die er gibt, auch bilanziert und hinterfragt werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Das, meine Damen und Herren, ist eigentlich die Grundlage einer seriösen Debatte.

Der Herr Bundeskanzler hat auch etwas Zweites angesprochen. Er hat gesagt, es geht letzten Endes nicht darum, dass wir irgendwo kürzen, sondern es geht am Ende des Tages darum, dass wir in Bildungsfragen, in Qualifikationsfragen, in Sozialfragen mehr Geld in das System stecken.

Meine Damen und Herren, ich frage Sie: Auf Basis welcher Weichenstellung soll denn diese Mittelverwendung erfolgen, wenn das System, was die Leistungsgerechtigkeit anbelangt, nicht funktioniert? Wenn man sich nicht einmal diese Frage stellt, dann werden sämtliche weiteren Erhöhungen diese falsche Weichenstellung nur weiter verschärfen.

Daher: Was wir wollen, ist nichts anderes, als über die Wirkungen und Auswirkungen aller Leistungen eine Information zu haben. Diese Information kann mit einem derar­tigen Transferkonto durchaus seriös erstellt werden.

Wenn Sie sich immer fragen, was am Ende des Tages sein kann, dann frage ich Sie: Beginnen Sie den Tag mit dem Ende des Tages oder beginnen Sie ihn am Anfang?


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