Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll57. Sitzung / Seite 105

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Eurozonenländer gemacht wurde. Okay, da kann man sich meiner Meinung nach aber durchaus überlegen, ob das in einer solchen Situation noch sinnvoll ist.

Oder die dritte Möglichkeit: Man macht eine bilaterale Lösung, und Mitgliedstaaten übernehmen gemeinsam oder einzeln Garantien. Die nordischen Länder haben das für Lettland in einem beachtlichen Bereich – 2 Milliarden etwa – schon gemacht.

Also es gibt für alle diese Bereiche ohne Vertragsänderung genügend Möglichkeiten. Man sollte es nur nicht anstehen lassen: Das Thema ist reif und sollte behandelt werden.

Zweites Thema: Im Moment wird das deutsche Exportmodell oder Wirtschaftsmodell international sehr intensiv diskutiert. – Meine Damen und Herren, davon sollten auch wir uns betroffen fühlen, denn es gibt nur wenige Länder mit einem Leistungsbilanz­überschuss in der Europäischen Union. Das sind eben Deutschland, die Niederlande, Finnland und Österreich. Also auch unser Modell steht hier auf dem Prüfstand.

Der gute Ratschlag von Christine Lagarde, die ich sehr schätze, die Deutschen sollen weniger exportieren und mehr konsumieren, weniger Lohnzurückhaltung betreiben, ist absurd. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der FPÖ.) Darf ich das als Öko­nom argumentieren: Er ist deshalb absurd, weil man sich ja bitte nicht an den Schwä­cheren orientieren darf, sondern an den Besten orientieren muss, damit man in der glo­balen Wirtschaft heute überhaupt eine Rolle spielen kann.

Die Statistik trügt natürlich, denn hinter jedem Export, den deutsche oder österreichi­sche Unternehmen machen, stecken ja mindestens 50 Prozent Importanteil. Das ist der Grund dafür, warum wir 15 000 Joint Ventures in Mittel- und Osteuropa haben und mithilfe dieser Zulieferungen dann unsere Exporte machen.

Selbst Volkswagen importiert bereits mehr als 50 Prozent dessen, was dann am Ende unter „Made in Germany“ ausgeliefert wird. Also hinter jedem Export steckt ein beacht­licher Importanteil.

Zweiter Punkt: Wir Österreicher exportieren Investitionsgüter oder Maschinen um un­gefähr 50 Milliarden €, und hinter jedem dieser Exportartikel steckt in den Ländern, die diese Artikel importieren, eine enorme zusätzliche Wertschöpfung und Produktivitäts­steigerung. Wenn wir das nicht machen, dann helfen wir diesen Ländern damit über­haupt nicht – in keiner Weise! –, denn unsere Exporte, die ja höchst qualifiziert sind, helfen letztlich, dort Wirtschaftswachstum zu generieren.

Der dritte Bereich ist überhaupt absurd: dass hier quasi Lohndumping betrieben wird. Da gibt es eine sehr interessante Statistik – ich glaube, sie ist noch nicht einmal voll­ständig publiziert –, eine Befragung des wiiw von 6 000 Unternehmungen, in Österreich gemacht: Exportbetriebe und Nicht-Exportbetriebe. Die etwas schwer verständlichen Balken in dieser Grafik bedeuten: Ein Exportbetrieb hat im Schnitt um ein Viertel höhe­re Löhne als ein nicht exportierender Betrieb und hat ungefähr zwischen 60 und 70 Prozent mehr an Investitionen, mehr an Forschung und bessere Produktivität. – Da­her bitte: Zu glauben, wenn man weniger exportiert, dann hat man höhere Löhne, ist absurd. Die Nicht-Exportbetriebe haben niedrigere Löhne, die Exportbetriebe stehen besser da.

Letzter Satz: Wenn schon, dann müssen wir uns an den Besten orientieren, und nicht am Langsamsten und am Schlechtesten. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Scheibner.)

13.41


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Dr. Cap. – Bitte.

 


13.41.14

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich denke, es ist eine gute Gelegenheit, gerade heute und vor diesen beiden Tagen, an denen auf EU-


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