Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll57. Sitzung / Seite 150

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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zur Abgabe einer Stellungnahme hat sich Herr Staatssekretär Dr. Ostermayer zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Staatssekretär. (Abg. Ing. Westenthaler: Keine leichte Auf­gabe! So etwas kann man gar nicht verteidigen!)

 


16.16.54

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Josef Ostermayer: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrtes Hohes Haus! Herr Klubobmann Strache enttäuscht mich nicht – und zwar deshalb, weil Enttäuschung immer in Relation zur Erwartung steht. Es enttäuscht mich aber, dass die Juristen in seinem Klub ihn nicht darauf hingewiesen haben, dass er einen Dringlichen Antrag stellt, der eigentlich zum Bruch der Verfas­sung und zur Missachtung des ORF-Gesetzes aufruft. (Abg. Vilimsky: Geh bitte, das ist doch lächerlich!  Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.)

Sie fordern den Bundeskanzler auf ... (Abg. Grosz: Stimmt, weil das können nur Sie, Herr Ostermayer, weil Sie telefonieren ja jeden Tag mit dem ORF ...!) – Das ist falsch.

Sie fordern den Bundeskanzler auf, dass er aufklärt, dass er untersucht, dass er dafür Sorge trägt, dass die ORF-Gebühren in einer gesetzeskonformen Weise verwendet werden. Ich nehme an, dass auch Sie wissen, dass der ORF verfassungsrechtlich un­abhängig gestellt wurde. (Ah-Rufe bei der FPÖ. Abg. Grosz: Nur, solange Sie nicht jeden Tag zum Telefon greifen und für den Herrn Voves „Report“-Auftritte organisie­ren!) Es gab den hochgeschätzten Journalisten Hugo Portisch, der das erste Volksbe­gehren in der Zweiten Republik initiiert hat, das mit 830 000 Unterschriften unterstützt wurde, und die Konsequenz dieses sehr erfolgreichen Volksbegehrens war das Bun­desverfassungsgesetz, mit dem die verfassungsrechtliche Unabhängigkeit des ORF garantiert wird. (Abg. Kickl: Können Sie vielleicht irgendetwas zu den Vorwürfen sagen?)

Durch das ORF-Gesetz wird genau festgelegt, wie Verantwortungen zugeordnet wer­den. Es gibt eine klare Zuordnung der Verantwortung für die Geschäftsführung, für den Stiftungsrat, für den Publikumsrat und für den verfassungsrechtlich unabhängigen Bun­deskommunikationssenat beziehungsweise in der Folge dann den Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshof. (Abg. Neubauer: Sag, schämen Sie sich nicht?!) – Ich schä­me mich nicht, nein. Ich sehe überhaupt keinen Anlass, mich zu schämen. (Demons­trativer Beifall und Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wenn hier im Hohen Haus die ORF-Ge­setz-Novelle beschlossen wird, dann gibt es noch zusätzlich die verfassungsrechtlich unabhängig gestellte Medienbehörde. (Abg. Strache: Auf den Kern eingehen!)

Der Bundeskommunikationssenat – bestehend aus dem Vizepräsidenten des Oberlan­desgerichtes Wien, einer Richterin des Oberlandesgerichtes Wien, einem Hofrat des Obersten Gerichtshofs, einem Verfassungsrechtsprofessor der WU und einem Rechts­anwalt (Abg. Mag. Haider: Hat Ihnen das der Moschitz aufgesetzt, was Sie da von sich geben? Ruf bei der FPÖ: So was von manipuliert!) – hat am 16. Juni 2008 in einer ähnlichen Situation im Zusammenhang mit einer Reportage „Am Schauplatz“ entschie­den, und zwar im Sinne der Redaktion. Er hat festgestellt, dass es in diesem Fall keine Verletzung des Objektivitätsgebotes gab und dass kein rechtswidriges Verhalten vor­gelegen ist. (Abg. Mag. Haider: Doch der Moschitz!)

Ich zitiere aus dieser Entscheidung:

„Hinsichtlich finanzieller Leistungen zu Gunsten an Dreharbeiten Beteiligter geht der Bundeskommunikationssenat davon aus, dass solche im Regelfall dann als unbedenk­lich hinsichtlich einer möglichen Beeinflussung der Ergebnisse der Berichterstattung anzusehen sein werden, sofern ihnen ein sachlich gerechtfertigter und nachvollziehba­rer Aufwand gegenübersteht. Dieser Aufwand kann sowohl in einem Sachaufwand als auch in Gestalt von Zeitversäumnis durch die Teilnahme an den Dreharbeiten entstehen.“

 


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