Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll59. Sitzung / Seite 63

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Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Windbüchler-Souschill. – Bitte.

 


12.00.29

Abgeordnete Tanja Windbüchler-Souschill (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Über Jugendbeschäftigung zu reden heißt noch lange nicht, Jugendpolitik zu gestalten. Über Jugendliche lässt sich gerne streiten bezie­hungsweise über Jugendliche lässt sich gerne reden. Aber das alles ist noch nicht Jugendpolitik. Wir hören immer wieder von Politikern und von Politikerinnen, dass die Jugend unsere Zukunft ist. Wir hören immer wieder, dass Jugendliche unseren Wert darstellen, in den wir investieren müssen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren – vor allem an die Gäste auf der Galerie gerichtet –, wissen Sie eigentlich, wer in Österreich für Jugendpolitik zuständig ist? Welcher Minister/welche Ministerin wäre denn zuständig für Jugendpolitik? Nicht der Sozialminister Hundstorfer, der hinter mir sitzt. Nicht die Unterrichtsministerin Schmied, die an sich über Schule und über den Lebensalltag von Schülern und Schü­lerinnen entscheiden müsste. Nein, es ist der Wissenschaftsminister Reinhold Mitter­lehner (Rufe bei SPÖ und ÖVP: Wirtschaftsminister!) – Wirtschaftsminister! –, der bis jetzt keine einzige jugendpolitische Maßnahme von sich hat hören lassen. Ich habe noch nichts gehört.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Jugendpolitik endet nicht dort, wo über Zahlen, über Lehrverträge diskutiert wird. Aktive Jugendpolitik passiert genau dort, wo die Kinder und Jugendlichen zu Hause sind.

Solange die Bundesregierung aktive Kinder- und Jugendpolitik nicht versteht, solange die Bundesregierung nicht versteht, was Kinder und Jugendliche nachhaltig wirklich brauchen, so lange werden auch die Statistiken, die hier vorgelesen wurden, nach­haltig nicht greifen. (Abg. Mag. Molterer: Die Jugendlichen verlassen die Galerie ange­sichts dieser Rede!)

130 000 Kinder und Jugendliche in Österreich leben in manifester Armut! Was bedeutet das? – Das bedeutet, auf einen Schikurs, auf eine Landschulwoche nicht mit­fahren zu können. Das bedeutet, keine Geburtstagspartys zu Hause feiern zu können. Das bedeutet, nicht ins Kino gehen zu können, nicht mit den Freunden und Freun­dinnen unterwegs zu sein.

Und was bedeutet das dann im Endeffekt? – Es bedeutet Ausgrenzung. Es bedeutet soziale Ausgrenzung von Gruppen, von Freunden und Freundinnen.

Jugendliche, die in beengten Wohnverhältnissen leben, müssen hinaus. Wohin können sie denn gehen, wenn sie hinausgehen? Sie können in Parks gehen, sie können auf öffentliche Plätze gehen. Und dort stören sie dann die Erwachsenenwelt, dort werden sie als Störfaktor der Anrainer und Anrainerinnen immer wieder zur Kenntnis genom­men. Sie haben keinen Rückzugsbereich, sie haben keine Freiräume.

Und das alles, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist Jugendpolitik, nicht nur Beschäftigung. Alles das ist Jugendpolitik. Wo sind die Freiräume? Wo ist die wahre und echte Bildung? Wo sind die soziale und die finanzielle Absicherung von Kindern und Jugendlichen? Die gibt es nicht. (Beifall bei den Grünen.)

Kinder- und Jugendpolitik ist viel mehr als das Vorlesen von Zahlen, Herr Minister, und es ist viel mehr als das Diskutieren über Beschäftigung!

Ich schlage Ihnen vor, dass Sie sich endlich einmal mit dem Jugendminister Mitter­lehner zusammentun und über Jugendpolitik wirklich ernsthaft diskutieren. Es gibt auch keinen Ausschuss für Jugendpolitik. Jugend ist immer das Anhängsel von Familie. Das


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