Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll59. Sitzung / Seite 70

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fängt es an! Die Familien gehören gestützt, denn diese sind unser Kapital in Öster­reich, da müssen wir anfangen zu helfen. Meine Damen und Herren, unterstützen Sie die Familien! (Beifall bei der FPÖ.)

12.29


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Musiol. – Bitte.

 


12.29.21

Abgeordnete Mag. Daniela Musiol (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister! „Familien“ war das Stichwort. Alle, die mich kennen, können sich denken, dass meine Rede hier jetzt eine andere sein wird als die meiner Vor­rednerin, aber trotzdem soll das Thema Familie auch in meinem Fokus sein – ein Thema, das Sie, Herr Minister, bei Ihren Ausführungen nicht einmal gestreift haben.

Da muss ich gleich auf Sie antworten, Frau Kollegin Aubauer, denn Sie haben gesagt, wir können stolz sein auf das, was wir für unsere Familien tun. – Ja, Sie von der ÖVP können offensichtlich stolz darauf sein, was Sie für Ihre Familien, nämlich Ihre Klientel, die gut und besser verdienenden Familien, tun, aber wir, der österreichische National­rat, die österreichische Bundesregierung, in der auch eine SPÖ sitzt, in deren Namen „sozial“ vorkommt, die österreichische Republik, wir können nicht stolz sein darauf, was in diesem Land für Familien getan wird: Es wird nämlich nur etwas für gut und besser verdienende Familien getan.

Diese meine Aussage wurde vor Kurzem auch wieder unterstützt durch eine WIFO-Studie, in der die Studienautorin Margit Schratzenstaller gesagt hat, dass die Familien­politik in diesem Land verkehrt läuft, weil hier hauptsächlich auf Transfers an die Familien abgestellt wird und nicht in Infrastruktur investiert wird. Und wenn wir wirk­lich – wir befinden uns im Europäischen Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung – eine Familienpolitik machen wollen, die allen Familien zugute kommt, dann muss in Infrastruktur investiert werden, was heißt: in Kinderbetreuung. – Und da komme ich auch schon zum Kern meiner Ausführungen, die auch Sie, Herr Sozialminister, betreffen.

Wir haben es in Österreich mit einem eklatanten Mangel an Kinderbetreuungsein­richtungen zu tun. 79 000, 80 000 Plätze fehlen. Vor allem bei den unter dreijährigen Kindern sind wir weit weg vom EU-Barcelona-Ziel: von einer Betreuungsquote von 33 Prozent. Im österreichischen Durchschnitt liegen wir bei 14 Prozent.

Was bedeutet das jetzt für die einzelne Familie, was bedeutet das vor allem für die Frauen, die nach Bezug des Kinderbetreuungsgeldes wieder in den Beruf einsteigen wollen beziehungsweise müssen? – Wir wissen ja, dass die Berufstätigkeit beider Elternteile, ein doppeltes Einkommen in vielen Familien dafür notwendig ist, dass sie nicht in die Armut abrutschen. Das bedeutet, dass viele Frauen, die nach dem Kinder­betreuungsgeldbezug wieder in den Beruf zurückkommen wollen, die unter Umständen die längste Variante gewählt haben, wo sie auch keinen Kündigungsschutz mehr genießen, dann keinen Arbeitsplatz mehr haben. Dann wollen sie sich für eine Kinder­betreuungseinrichtung anmelden, und dann wird ihnen in allen Bundesländern, vor allem in dem Bundesland, aus dem Sie, Herr Minister, und ich politisch kommen, näm­lich in Wien, ausgerichtet: Tut uns leid, aber die Kinderbetreuungsplätze sind vorrangig an berufstätige Eltern zu vergeben, und nur, wenn wir dann noch einen Platz haben, dann kommt ihr dran!

Man kann sich ausrechnen, welchen Teufelskreis das bildet. Das heißt: kein Arbeits­platz, keine Betreuungseinrichtung. Habe ich aber keine Betreuungseinrichtung für mein Kind, kann ich einen Job, den ich unter Umständen in der Zwischenzeit gefunden


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