Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 94

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Die zweite Tendenz ist, dass dieses Insolvenzverfahren rechtzeitig angemeldet werden soll. Man hat ein Instrumentarium geschaffen, nämlich das Sanierungsverfahren, das bei einer Quote von 30 Prozent, einem anständigen Finanzplan und ordentlichen Un­terlagen auch in Eigenverwaltung unter der Aufsicht eines Verwalters geführt werden kann. Letztendlich kann das Sanierungsverfahren aber auch ähnlich einem Zwangs­ausgleich abgeführt werden, und die Unternehmen können sich über diesen Zwangs­ausgleich nach wie vor sanieren.

In der Expertengruppe der EU, die sich mit Umstrukturierung, Konkurs und Neubeginn beschäftigt hat, wurde das Zwangsausgleichsverfahren, das es in Österreich immer schon gegeben hat, als eines der Best-Practice-Beispiele in Europa hervorgehoben. Und man hat dieser Tendenz zur Fortführung auch Folge geleistet.

Noch etwas: Ich halte den Abänderungsantrag, von fünf Tagen auf fünf Arbeitstage zu gehen, für höchst notwendig, um die Frist zu verlängern. Wir werden sehen, ob wir da­mit das Auslangen finden. Ich glaube, das sollte man genau beobachten und dann re­agieren.

Ein Vorschlag wäre noch, wenn man dieses Gesetz neuerlich evaluiert, auch ein soge­nanntes Obstruktionsverbot zu überlegen, das hauptsächlich Klein- und Mittelbetrieben dienen würde. In diesem Bereich besteht noch Verhandlungsbedarf, aber im Grunde genommen ist es ein anständiges Gesetz. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

12.49


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Steinhau­ser. – Bitte.

 


12.49.53

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Grundsätzlich teilen wir die Stoßrichtung dieser Novelle. Es ist sicher richtig, Unterneh­men dort, wo es möglich ist, zu sanieren, anstatt sie vorschnell zu zerschlagen. Jeder Arbeitsplatz, der in der Wirtschaftskrise gerettet wird, ist eine Hilfe für die Betroffenen.

Heute beschließen wir sozusagen eine Hilfe für Unternehmen. Wir brauchen in einem nächsten Schritt aber auch Hilfe für Privatverschuldete. Es wäre anzunehmen, dass gerade im Zuge der Wirtschaftskrise die Privatverschuldung steigt, aber paradoxerwei­se ist das gar nicht der Fall. Ich habe gelesen, dass die Privatverschuldung zurückge­gangen ist, und das hat folgenden Grund: Die Banken haben weniger Geld und können weniger leichtfertig Kredite vergeben.

Das ist aber schon wieder eine Warnung für die Zeit nach der Wirtschaftskrise. Wir müssen dringend an den Gesetzen arbeiten, damit sich die Schuldenspirale nicht noch schneller dreht. Im Moment hat man den Eindruck, dass die Gesetze primär der Schul­deneintreibung und nicht der Schuldenvermeidung dienen. Daher brauchen wir Reformen.

Was brauchen wir? – Frau Justizministerin, wir brauchen eine Anhebung des Existenz­minimums. Derzeit liegt es bei 783 €. (Abg. Weinzinger: Wer zahlt das?) Ich meine, dass es auf deutlich über 900 € angehoben werden sollte. (Beifall bei den Grünen.)

Der Kollege von der FPÖ will wissen, wer das zahlt. Es geht dabei ja um Lohnpfändun­gen und Exekutionen. Es ist dann einfach das Existenzminimum mit einer Grenze von 900 € gedeckelt, unter die man nicht gehen kann.

Damit bin ich schon beim nächsten Punkt: Wir brauchen ein echtes Existenzminimum. Derzeit haben wir das Problem, dass mit bestimmten Forderungen, nämlich Unterhalts­forderungen, unter das Existenzminimum gegangen werden kann. Das ist hoch proble­matisch. Nicht deshalb, weil es nicht wichtig wäre, Unterhaltsschulden zu bedienen, son­dern deshalb, weil auch Betroffene von Unterhaltsschulden eine Existenz brauchen.

 


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