Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll62. Sitzung / Seite 154

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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Haberzettl gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


16.56.07

Abgeordneter Wilhelm Haberzettl (SPÖ): Verehrte Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Bundesminister! Zur Frage der möglichen Verhandlungen und der Möglichkeiten, aufbauend auf die Sonderregelung mit der Europäischen Union zu einer Lösung zu kommen, möchte ich kurz in Erinnerung bringen – und jene, die bei der zweiten Verlän­gerung dabei waren, wissen es –, mit welchem Druck die Europäische Union auf dem Sozialminister gekniet ist, dass er diese Verlängerung nicht in Anspruch nimmt. Auch der Europäische Gewerkschaftsbund ist sozusagen auf dem ÖGB gekniet, um diese Verlängerung nicht zu verlangen. Wer das miterlebt hat, weiß, wie groß die Chance ist, überhaupt einen Verhandlungspartner zu finden!

Ich glaube, wir sollten uns auch einmal darüber im Klaren sein, dass dieses Thema Arbeitsmarktöffnung zwei wesentliche Komponenten hat: Einerseits droht uns ein Lohn- und Sozialdumping. Das ist richtig! Die zweite Komponente ist, wie ich meine, eine mentale, nämlich ein Spiel mit der Angst der Arbeitnehmerinnen und Arbeit­nehmer. Ich behaupte, dass auf diesem Klavier im Augenblick enorm viel gespielt wird.

Zum Thema Lohn- und Sozialdumping möchte ich folgende Frage stellen, Herr Rosen­kranz, der Sie, wie ich glaube, Rechtsanwalt sind: Ist es richtig, dass die Rechtsanwaltskammer bis heute noch nicht vertraglich zugestimmt hat, dass ihre Be­schäftigten 1 000 € Mindestlohn bekommen? (Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz.)

Wenn das richtig ist, dann sprechen Sie bitte nicht über Lohndumping in dieser Republik! Wenn es richtig ist! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz.) Es werden schon alle neun sein!

Zweiter Punkt. Es scheint Sie überhaupt nicht zu stören, dass es im Augenblick in Europa absolut legal und rechtens ist, einen ukrainischen Seefahrer über eine zyprio­tische Personalleasingfirma bei einer slowakischen Reederei, die einem Österreicher gehört, zu beschäftigen. (Abg. Öllinger: So ist es!) Da gibt es komischerweise kein Lohndumping. Er bekommt sogar geringfügig mehr. Dort werden aber einfach Pen­sionsbeiträge und Steuerbeiträge nicht bezahlt. Das stört Sie jedoch nicht. – Das ist aber Sozialdumping im schlimmsten Ausmaß!

Ich bitte die Herren und Damen von der ÖVP, jetzt auch zuhören, weil ich Sie wirklich um Ihre Unterstützung auf europäischer Ebene ersuche: Im Augenblick läuft in Brüssel gerade eine Aktion, die scheinselbständigen Lenker im Straßengüterverkehr aus der Arbeitszeitrichtlinie zu nehmen. Es gibt nur einen in der Republik Österreich, der die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Fall unterstützt, nämlich unser Sozialminister Hundstorfer, Herr Rosenkranz! – So weit einmal zur Klarstellung. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich glaube, es ist klar, dass die Übergangsphase so weit wie möglich sinnvoll und manch­mal auch nicht sinnvoll genutzt wurde, und ich meine, dass über die Ausnahmeregelungen beinahe schon eine völlige Öffnung in diesem Bereich stattgefunden hat. Ich glaube, für 67 Professionen und Verwendungen gibt es in der Zwischenzeit Ausnahmeregelungen. Das treibt schon solche Blüten, dass wir über die Möglichkeit der Ausnahmeregelungen überhaupt reden müssen, weil sie gar nicht mehr notwendig sind.

Herr Hofer, ich glaube, gerade in Bezug auf Burgenland sollte man auch erwähnen, dass diese Öffnung keine Einbahn ist. Sie wirkt beidseitig, und wenn Sie nicht öffnen, dann gibt es noch immer ein Tor, und dieses Tor heißt Abwanderung der Betriebe, was ja im Burgenland auch in enormem Ausmaß und oft stattgefunden hat.

 


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