Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 63

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Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Molterer. – Bitte.

 


11.30.41

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP): Meine sehr geehrten Damen und Her­ren! Es ist ja nicht die erste ORF-Gesetz-Novelle, die wir hier im Parlament diskutieren, die verhandelt wurde. Aber diese ORF-Gesetz-Novelle steht in zweifacher Weise unter einem besonderen Stern: Auf der einen Seite haben wir das Beihilfeverfahren gegen die Republik Österreich, das in Wirklichkeit als, würde ich sagen, Menetekel über die­sem Unternehmen und über dem Medienstandort Österreich gestanden ist, weil mit diesem Beihilfeverfahren und dem Ergebnis klargestellt ist, dass es zwar selbstver­ständlich öffentlich-rechtlichen Rundfunk, gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Europa geben kann, aber genauso selbstverständlich ist, dass öffentlich-rechtlicher Rundfunk Auflagen einhalten muss, damit die Gebühren auch tatsächlich gerechtfertigt sind.

Auflagen heißt in diesem Fall, dass ein öffentlich-rechtliches Unternehmen Dinge tun muss, die ein Privater nicht tun muss, und es auf der anderen Seite Einschränkungen hat, die ein Privater nicht hat. Das ist öffentlich-rechtlicher Auftrag.

Aber das zweite Menetekel ist doch in Wirklichkeit die wirtschaftliche Situation, die dra­matische wirtschaftliche Situation, in der das Unternehmen ORF steht – nicht gestan­den ist, sondern nach wie vor steht.

Ich sage das durchaus auch mit einer gewissen kritischen Haltung, dass beide Fragen, sowohl das Beihilfeverfahren als auch die wirtschaftliche Situation des ORF, durch die Handhabung der Geschäftspolitik und der Politik der jetzigen Geschäftsführung verur­sacht worden sind. Warum? – Weil die Geschäftsführung meiner Meinung nach kein offensives Zugehen auf den öffentlich-rechtlichen Auftrag hat, sondern den öffentlich-rechtlichen Auftrag als Last sieht und nicht als Chance und weil zweitens notwendige Strukturmaßnahmen zu spät oder zu langsam eingeleitet oder umgesetzt wurden. (Bei­fall bei der ÖVP.)

Das sollte man auch als Gesetzgeber hier sagen, weil die Mitverantwortung, die wir ha­ben, letztendlich auch dieses Recht auf diese notwendige kritische Beleuchtung bedeu­tet. (Abg. Dr. Cap: Das ist falsch!) – In dieser Diskussion – Herr Kollege Cap, und ge­nau jetzt habe ich den Zwischenruf von Ihnen erwartet –, in dieser medienpolitischen Diskussion gibt es bei Ihnen und bei anderen offensichtlich nicht nur den „Kro­nen Zeitung“-Reflex, sondern auch den ORF-Gesetz-Reflex. Wenn wir das ORF-Ge­setz diskutieren, Herr Kollege Cap, dann diskutieren wir Medienpolitik und nicht aus­schließlich Interessenvertretung für den ORF. Das ist mir ganz wichtig, meine Damen und Herren. (Beifall bei ÖVP und BZÖ.) Es ist Medienpolitik, die hier gefordert wird, zu der wir verpflichtet sind.

Ich begrüße genau aus diesem Grund der medienpolitischen Dimension dieses Ge­setz, weil es erstens klarstellt, dass wir nicht nur das Beihilfeverfahren mit der Kommis­sion beenden, sondern auch die Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste umsetzen. Es bedeutet aber auch – und das muss allen Beteiligten klar sein –: Mit der gesetzli­chen Umsetzung ist ein Schritt getan, aber das reale Verhalten wird seitens der EU-Kommission genau bewertet werden, und zwar ob tatsächlich auch in der Praxis die Bedingungen, die vereinbart sind, die zu diesem Kompromiss geführt haben, gelten. Augenzwinkern gilt nicht!

Zweitens, meine Damen und Herren, begrüße ich das Gesetz, weil der öffentlich-recht­liche Auftrag aus meiner Sicht noch präziser formuliert ist. Es sind Qualitätskriterien, es ist die Frage der Vorabprüfung von neuen Angeboten enthalten. Das bedeutet, dass


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