Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll72. Sitzung, 7. Juli 2010 / Seite 165

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17.01.32

Abgeordnete Mag. Helene Jarmer (Grüne) (in Übersetzung durch eine Gebärden­sprachdolmetscherin): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Ho­hes Haus! Liebe KollegInnen! Zum Thema Einschätzungsverordnung: Das war ein lan­ger Arbeitsprozess, aber es ist einmal eine sehr positive Sache geglückt und wirklich etwas geschehen, was schon lange notwendig war. Aber ich vermisse etwas: Sie wis­sen, Österreich hat die UN-Konvention ratifiziert, und genau darin steht, wir sollen eine neue Perspektive einnehmen und weg vom medizinischen Modell hin zu einem sozia­len Modell gehen.

Die Formulierung beinhaltet leider nicht ganz dieses neue Modell, denn die Definition von Behinderung, die wir in diesem Gesetz vorfinden, ist sozusagen jene der erschwer­ten Teilhabe von Menschen mit Behinderungen an der Gesellschaft. Ich hingegen wün­sche mir vielmehr eine Formulierung, die eine gleichberechtigte Teilhabe am Leben ermöglicht. Das ist ein ganz wesentlicher Punkt.

Es geht um prozentuelle Angaben, es geht um den Grad einer Behinderung. Ich möch­te Ihnen meinen Behindertenausweis zeigen. (Die Rednerin hält einen orangen Aus­weis in die Höhe.) Sehen Sie den? Das ist mein Behindertenpass. Leider ist er oran­ge – ich konnte mir dir Farbe nicht aussuchen. (Abg. Ursula Haubner: Schöne Far­be! Abg. Scheibner: Das ist ja nicht „leider“!) In meinem Ausweis ist festgehalten: 80 Prozent. Die 80 Prozent Auswirkungen auf mein Leben – 80 steht hier – beinhalten nicht, dass ich einen Rechtsanspruch auf Gebärdensprachdolmetschung habe. Das heißt, ich muss nach wie vor einen Antrag stellen – und vielleicht bekomme ich einen Dolmet­scher zur Verfügung gestellt, vielleicht aber auch nicht.

Diese Einschätzungsverordnung ist also ein wichtiger Schritt. Wir müssen uns aber da­rüber hinaus überlegen – im Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz und im Bundes­behindertengesetz –, dass der Grad der Behinderung ganz exakte Auswirkungen auf Möglichkeiten der Förderungen hat und darauf, welche Form von Ressourcen es gibt – sprich Gebärdensprachdolmetschung, persönliche Assistenz –, dass also daraus ein Anspruch entsteht. Das große Ziel ist die Inklusion von Menschen mit Behinderungen. Dann hat man wirklich Freude mit diesem Behindertenpass, und es ist nicht nur ein leeres Stück Papier. (Beifall bei den Grünen.)

Ein letzter Punkt zum Thema Evaluation. Ich sehe, es ist ein sehr wichtiger Punkt, dass der Bundesbehindertenbeirat dabei ist. Bei der Erstellung des Gesetzes habe ich in der Liste allerdings keine Betroffenen-Gruppierung gesehen. Das heißt, die Behinderten­verbände selbst waren an der Erarbeitung zu wenig beteiligt. Es sollten meines Erach­tens wirklich in gleichem Maße Menschen mit Behinderungen und solche ohne Behin­derungen an der Erstellung eines solchen Gesetzes mitwirken. Dabei sind nicht nur die Prozentanteile wichtig, sondern es ist wichtig, dass Menschen im Alltag gleichberech­tigt teilhaben können, dass sie gleichermaßen beteiligt sind.

Was ich mir wünsche, ist ein Rechtsanspruch auf persönliche Assistenz und ein Rechts­anspruch auf Gebärdensprachdolmetschung, denn dann ist es für uns wirklich möglich, sowohl im Arbeitsbereich als auch im Alltagsleben gleichermaßen und gleichwertig teil­haben zu können. – Ich danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Königshofer.)

17.05


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dolinschek. – Bitte.

 


17.06.07

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Nach der derzeit geltenden Rechtslage erfolgt die Ein­schätzung des Grades der Behinderung durch ärztliche Sachverständige unter Zugrun­delegung des Kriegsopferversorgungsgesetzes. Wie das so ist, ist das vor rund 45 Jah-


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