Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll73. Sitzung / Seite 66

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Die Europäische Union hat seit Lissabon eine eigene Charta der Menschenrechte. Diese ist vom Wesen her zwar der Europäischen Menschenrechtskonvention ähnlich, aber auch da, wo eigentlich das Gleiche gemeint ist, nicht wortident. Aus diesem Grund könnte es sehr leicht dazu kommen, dass der EuGH, der Europäische Gerichts­hof, und der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in denselben Sachverhalten zu unterschiedlichen Judikaten kommen.

Das ist etwas, was niemand will! Jedes einzelne Land der Europäischen Union ist auch Mitglied des Europarates und hat die Europäische Menschenrechtskonvention unter­zeichnet. Um solches Case Law und widersprüchliche Judikate zu verhindern, ist es aus meiner Sicht wichtig, dass die Europäische Union diesem wichtigsten Überein­kommen des Europarates beitritt.

Das hat aber eine noch viel größere und aus meiner Sicht wichtigere Dimension. Es ist das erste Mal, dass ein Rechtsgebilde, ein Bund von Staaten, dieser Konvention beitritt. Es ist auch ein deutliches Zeichen dafür, dass die EU ihr Handeln der Gerichtsbarkeit zugunsten von Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit unterwirft und damit einen Teil der eigenen Macht an Institutionen abgibt, die dafür geschaffen wurden, den Einzelnen vor Obrigkeiten zu schützen.

Auch dafür bin ich sehr dankbar, und ich gehe davon aus, dass die Verhandlungen über den Beitritt zügig und möglichst rasch erfolgreich abgeschlossen werden. Das wird den Europarat stärken, und das ist aus meiner Sicht ausgesprochen wichtig. Mir fällt auf, dass in unseren Zeitungen leider wenig über den Europarat berichtet wird. Auch in diesem Haus wissen zu wenige über den Europarat Bescheid. Allenfalls werden umstrittene Judikate des Gerichtshofes für Menschenrechte in Österreich debattiert.

Ich appelliere daher an die Kolleginnen und Kollegen, die mit mir Mitglieder der Parlamentarischen Versammlung des Europarates sind, dass nicht mehr so oft wie in letzter Zeit parteipolitische Zielsetzungen verfolgt werden – ideologische Ziele nach dem Motto: Ich kann etwas im eigenen Nationalstaat nicht umsetzen, aber vielleicht schaffe ich es über den Umweg des Europarates, es wieder in die nationale heimische Gesetzgebung einzubringen, wenn einige der Delegationen gerade nationale Plenar­sitzungen haben und nicht da sind –, dass diese Versuche, die aus meiner Sicht dem Europarat als Ganzes unglaublich schaden, in Zukunft weniger werden oder ganz unterlassen werden.

Der Europarat ist uns allen zu wichtig, um ihn zum Spielball parteipolitischer Interessen werden zu lassen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

16.01


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


16.01.10

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundes­minister! Dieses Übereinkommen, das wir heute ratifizieren, wurde ausgearbeitet vom Europarat in Zusammenarbeit mit der berühmten Venedig-Kommission, die eine sehr wichtige Rolle in dieser internationalen Organisation spielt.

Sehr geehrte Damen und Herren! Der Europarat – darauf wurde heute schon kurz hingewiesen – ist jene Organisation, die nach dem Zweiten Weltkrieg aufgrund dieser schrecklichen Vorkommnisse gegründet wurde, um Frieden auf unserem Kontinent zu gewährleisten.

Es wurde sehr vieles in dieser internationalen Organisation beschlossen – nicht nur die Hymne kommt von dort. Es wurde auch die Menschenrechtskonvention vom


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