Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll77. Sitzung / Seite 89

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Es gibt Unmengen an Anstößen von außen, es gibt eine mediale Öffentlichkeit, die ganz klar in diese Richtung tendiert. Die große Frage ist: Was braucht es, um diese Anstöße, um all das, was eine Mehrheit der österreichischen Bevölkerung verständ­licherweise für völlig unsinnig hält und erklärt, um diesen Diskurs auch wirklich hier hereinzubringen?

Es ist noch immer eine unehrliche Debatte (Abg. Pendl: Das glaube ich auch!), weil die Wehrpflicht und somit auch der Zivildienst die zentralen Fragen für die weiteren Schritte in der Entwicklung des österreichischen Bundesheeres, aber auch eines Sozial­systems, das von 13 000 Zivildienern abhängig ist, sein werden und sein müssen. Solange es den Zivildienst gibt – 13 000 Zivildiener pro Jahr –, braucht es auch eine gleichberechtigte Regelung mit den Wehrdienern. Diese Novelle – um wieder zum Thema zurückzukommen – bringt das gar nicht. Sie sieht das auch nicht vor, sondern es gibt eine weitere Ungleichstellung von Zivildienern und Wehrdienern.

Die Verkürzung des ordentlichen Zivildienstes auf sechs Monate – wie einfach wäre das doch! Mit sechs Monaten wäre er mit dem Wehrdienst gleichgeschalten und somit gäbe es keine Ungleichbehandlung.

Die Streichung der Gewissensklausel – eine freie Berufswahl für junge Menschen ist doch keine Frage mehr, die muss doch existent sein! Zivildiener, die sich gegen den Dienst an der Waffe beim Bundesheer entschieden haben, sollen auch das Recht haben, zur Polizei zu gehen. Es gibt auch keinen Grund, diese Chance nicht anzu­nehmen. Junge Menschen haben beim Zivildienst soziale Kompetenzen gelernt. Wie wichtig wäre das bei der Polizei! Eine militärische Grundausbildung von Männern, die den Zivildienst gemacht haben, nachzufordern, ist meiner Ansicht nach erstens der falsche Weg und zweitens Ungleichbehandlung per se, weil Frauen keine militärische Grundausbildung brauchen, wenn sie zur Polizei gehen, Zivildiener aber schon.

Zusammengefasst sind Zivildiener in Österreich immer noch Menschen zweiter Klasse, Männer zweiter Klasse. (Abg. Riepl: Männer zweiter Klasse!) Es braucht eine weiter gehende und ehrliche Debatte dazu und eine budgetäre Absicherung des Sozial­systems statt dem von der Regierung angekündigten Sozialabbau. Es braucht einen Katastrophenschutz, der auf feste zivile Beine gestellt wird, und es braucht ein flächen­deckendes und gesetzlich abgesichertes Volontariat für Frauen und Männer, die gerne im Sozialsystem arbeiten möchten.

Also: Weg mit den Scheuklappen hin zu einer ehrlichen Diskussion, weg mit dem Zeitdiebstahl und weg mit der allgemeinen Wehrpflicht! (Beifall bei den Grünen.)

12.14


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Pendl. – Bitte. (Abg. Riepl – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Pendl –: Otto, jetzt klär das mal mit den „Männern zweiter Klasse“!)

 


12.14.21

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin, ich würde mich wirklich freuen, wenn wir diese wichtige Frage in unserer Republik einmal mit allem Ernst, aller Ehrlichkeit und aller Transparenz diskutierten.

Ich wundere mich nicht nur über Ihre Aussagen hier, sondern auch darüber, was ich den Medien entnehme. Da wird einfach so aus dem Bauch, aus der Emotion heraus argumentiert: Weg mit der Wehrpflicht! Ich lade ein, einmal nachzudenken. Wir haben heute interessanterweise schon bei der Aktuellen Stunde die Situation gehabt – und wir haben sie eigentlich permanent –, dass dieselben Fraktionen, die ununterbrochen


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite