Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung / Seite 161

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Dieser Vertrag stellt einen Paradigmenwechsel im Rechtssystem dar. Zukünftig sind die Behörden jenes Staates zuständig, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Ein besonderes Beispiel ist Italien. Wenn ein Kind mit der Mutter in Italien lebte, krank wurde und – vor der Unterzeichnung des Vertrages – ins Spital musste – in Italien gilt die gemeinsame Obsorge, auch für nicht verheiratete Partner –, war es für die Ärzte sehr schwierig, den anderen Elternteil, in diesem Fall den Vater, aufzuspüren und das Ein­verständnis einer zukünftigen Behandlung zu bekommen. Das ist jetzt geregelt. Nach­dem das Kind in Österreich lebt, gilt da unser Rechtssystem, und die Mutter kann das mit dem Arzt besprechen.

Ich möchte in diesem Zusammenhang auch Folgendes sagen: Gerade da zeigt sich, wie problematisch die gemeinsame Obsorge ist. Meine Fraktion wird, wenn die gemeinsa­me Obsorge nicht freiwillig zwischen den Elternteilen geschlossen ist, einer verpflich­tenden gemeinsamen Obsorge ganz sicher nicht die Zustimmung geben.

Insgesamt ist dieses Übereinkommen ein wichtiger Fortschritt für die Kinderschutzrech­te und wird selbstverständlich auch von meiner Fraktion unterstützt. – Vielen Dank. (Bei­fall bei SPÖ und ÖVP.)

17.14


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Hübner. – Bitte.

 


17.14.19

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zuerst zum Kinderübereinkommen. Auch dafür gibt es prinzipiell unsere Zustimmung. Es ist dies eine wesentliche Verbesserung gegenüber dem, was bisher im internationalen Rechtsverkehr geherrscht hat. Es gibt dabei aber einen Wermutstrop­fen: Die Anerkennung und Vollstreckung der Schutzmaßnahmen ist jetzt wesentlich verstärkt. Das heißt, auch Österreich ist daran gebunden, Entscheidungen aus Rechts­systemen anzuerkennen, die uns vielleicht nicht gefallen oder die wir nicht als Rechts­staat in unserem Sinne sehen. Wir haben da zwar einige Vorbehalte zu dem Überein­kommen angebracht, diese gehen aber, glaube ich, nicht sehr weit. Es muss uns also bewusst sein: Wir müssen jetzt in viel stärkerem Umfang als bisher Entscheidungen aus Rechtssystemen anerkennen, die vielleicht käuflich sind.

Nun zum zweiten Punkt, zum Entschließungsantrag der Kollegen Bucher, Kolleginnen und Kollegen vom BZÖ. Das hat mich wirklich überrascht, noch dazu, weil Kollege Bu­cher jetzt immer davon spricht, dass das BZÖ eine rechtsliberale Partei ist. Es gibt ein unstrittiges Anliegen des Opferschutzes bei einem Missbrauch von Minderjährigen, es gibt aber auch ein – für mich – unstrittiges Anliegen, den Rechtsstaat aufrechtzuerhal­ten. Und da wurde ein Antrag eingebracht, bei dessen Umsetzung man den Rechts­staat auf den Kopf stellen würde.

Gerade bei Delikten wie den Missbrauchsdelikten, wo wir bereits extrem lange Verjäh­rungsfristen haben, zu Recht lange Verjährungsfristen haben, wo die Verjährung in der Regel überhaupt erst mit der Volljährigkeit beginnt, eine völlige Abschaffung der Fristen zu verlangen, ist grotesk, denn bei allem Schutz der Opfer müssen wir natürlich auch den Schutz des unschuldig Beschuldigten im Kopf haben (Abg. Ing. Westenthaler: Den Schutz des Täters!), denn ein wesentlicher Teil unserer Rechtsordnung ist der Schutz des unschuldig Beschuldigten – und das ist nicht der Täter! (Abg. Ing. Westenthaler: Des Täters!) Der unschuldig Beschuldigte ist kein Täter, sondern ist einer, der in die Mühlen des Gesetzes kommt. Und gerade bei diesem Kreis an Delikten gibt es eine enorm hohe Zahl von Fehlurteilen beziehungsweise von Verfahren (Abg. Ing. Westen­thaler: Gut, dass wir uns da unterscheiden!), die lange geführt werden, oft sogar mit Verurteilungen, mit langen Freiheitsstrafen enden, und die dann wieder aufgerollt wer­den.

 


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