Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll81. Sitzung / Seite 65

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Politisch, gesetzlich festgelegter Mindestlohn ist immer auch von den politischen Macht­verhältnissen abhängig, und der Ball ist dann nicht mehr bei den Akteurinnen und Akteuren, die tagtäglich mit den Problemen in den Betrieben beschäftigt sind. Wir haben das System der Kollektivvertragspartner, wo DienstgeberInnen und Dienstneh­merInnen verhandeln, die ja auch die Branchenverhältnisse gut kennen, und bei diesen Verhandlungen werden auch die wirtschaftlichen und die sozialen Verhältnisse berücksichtigt.

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, dieser Weg hat in den letzten Jahrzehnten für Stabilität in unserem Land gesorgt. Ich erinnere nur daran, wie wenig Streiktage wir in Österreich aufgrund der guten sozialpartnerschaftlichen Zusammenarbeit in unserem Land haben. All das sollte man bei der Diskussion um einen gesetzlichen Mindestlohn nicht außer Acht lassen.

Sie wissen auch – das ist heute schon angesprochen worden, auch der Herr Minister hat es erwähnt –, dass 99 Prozent aller Lohnsegmente, die kollektivvertragspartnerlich geregelt sind, bereits einen Mindestlohn von 1 000 € haben und dass momentan intensiv an einem Mindestlohn von1 300 € gearbeitet wird. Heute, das wissen Sie auch alle, ist eine sehr, sehr wichtige Lohnverhandlungsrunde: Heute verhandeln die Metaller. Ich möchte auch von dieser Stelle aus allen viel Erfolg wünschen, dass sich die Forderungen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gut umsetzen lassen. Ich bin davon überzeugt, dass die beste Sozialpolitik eine gute Lohnpolitik ist – und diese ist bei den Sozialpartnern in guten Händen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.25

 


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. – Bitte.

 


12.25.00

Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Die Diskussion zeigt, dass die wahren Probleme seitens der Opposition auf den Tisch gelegt werden – und nicht seitens der Regierung. Wir haben zwar eine Regierungsvorlage, in der es um Adaptierungen geht, die hoch gelobt werden, die auch notwendig sind, keine Frage, aber die wahren Probleme liegen woanders. Daher, denke ich, ist das wieder ein typisches Beispiel dafür, dass Anträge der Opposition – sei es jetzt betreffend Mindestlohn, Weiterentwicklung der Abfer­tigung-Neu – entweder im Ausschuss schon abgewürgt und vertagt werden oder, wenn sie hier ins Plenum kommen, letztendlich abgelehnt werden.

Herr Bundesminister, Sie haben, so wie im Ausschuss, gesagt, dass das Problem für die Menschen nicht der Mindestlohn ist, sondern die Teilzeitbeschäftigung; darin gebe ich Ihnen teilweise recht. Das mag schon so sein. Aber wenn man Zuschriften bekommt, wie ich eine von einem Mann bekommen habe, der sich bei einem Job­angebot beworben hat, das in einer Tageszeitung gewesen ist, wo engagierte, umwelt­bewusste Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen für die Problemstoffsammlung in Wien gesucht werden – Arbeitszeit: Montag bis Freitag jeweils von 10 Uhr bis 18 Uhr, chemische Kenntnisse von Vorteil, Bezahlung: 6,08 € je Stunde und 49,50 € Fahrt­kosten im Monat; das ergibt umgerechnet insgesamt in etwa 800 € netto –, muss man sagen, dieser Mann fragt sich zu Recht: Wie soll ich davon leben mit Miete, Strom, Gas und Heizung? – Trotz fleißigen Arbeitens ein Leben in Armut!

Das sind die Probleme, um die man sich annehmen muss und die man nicht schön­reden kann, wo man nicht ständig sagen kann, es sei ohnehin alles in Ordnung. (Beifall beim BZÖ.)

Daher ist die Forderung nach einem Mindestlohn in der Höhe von 1 300 € absolut be­rech­tigt, vor allem auch angesichts dessen, dass die Differenz zwischen Mindestsiche-


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