Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 71

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Jetzt zur verfassungsrechtlichen Situation. Sie wissen, der EU-Vertrag hat 55 Artikel, der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union hat 358 Artikel. Nun ändert man im Primärrecht einen Halbsatz, indem man sagt: „Die Mitgliedstaaten, deren Wäh­rung der Euro ist, können einen Stabilitätsmechanismus einrichten“, der an bestimmte Auflagen gebunden ist. – Mit diesen Auflagen wird sichergestellt, dass die Spekulanten eingebunden werden und dass jeder Einzelne vor Abwertungen und vor Verlust ge­schützt wird. (Abg. Strache: Sie schützen die Spekulanten mit diesem Schirm!) Letzt­endlich sagt unser Artikel 50 in der Bundesverfassung, dass dafür keine Volksabstim­mung notwendig ist. (Abg. Strache: Sie finanzieren mit österreichischem Steuergeld die Spekulanten! Das ist es!)

Wir ändern den EU-Vertrag nicht. Wir ändern auch die Unterverträge des EU-Vertrages nicht (Abg. Strache: Sie finanzieren mit österreichischem Steuergeld die Spekulanten in den Banken!), sondern es wird ein vereinfachtes Vertragsveränderungsverfahren eingesetzt, und dieses vereinfachte Vertragsveränderungsverfahren führt sogar dazu, dass Staaten, die zu einer Volksabstimmung verpflichtet wären, für diese Änderung keine Volksabstimmung durchführen müssen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Rosenkranz. – Abg. Mag. Stefan: Es geht um ein Versprechen!) Und wir wollen für eine Änderung, die aus einem Halbsatz besteht, eine Volksabstimmung? – Ich halte Ihre Politik für unseriös, weil sie dem Einzelnen schaden und auch der Volkswirtschaft Europas erheblichen Schaden zufügen würde. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Strache: Es geht um das Versprechen des Herrn Bundeskanzlers! Es geht darum, ob sein Wort etwas wert ist! Sein Wort ist unseriös!)

11.18


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Plassnik. – Bitte.

 


11.18.49

Abgeordnete Dr. Ursula Plassnik (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine Herren Staatssekretäre! Lernfähigkeit ist im 21 Jahrhundert eine sehr praktische Eigen­schaft. Ich warne die Kolleginnen und Kollegen von der FPÖ vor einer Rolle rückwärts in die neunziger Jahre. Sie haben es schon einmal besser gewusst. Denn das, worum es Ihnen heute geht, ist ja nicht die Frage einer Volksabstimmung, sondern es geht Ihnen darum, gegen den Euro zu mobilisieren, die Europäische Union letzten Endes schlechtzumachen, Ihre alten Ideen wieder auszupacken, die Sie schon im Rahmen des Schilling-Volksbegehrens in den neunziger Jahren propagiert haben. Das hat nicht funktioniert, Kollege Westenthaler weiß das. Er ist damit gescheitert, und zwar ist er mit einem sehr mageren Ergebnis gescheitert. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Ing. Westen­thaler: Sehr viele Unterschriften!)

Lernfähigkeit, meine Damen und Herren, erleben wir Gott sei Dank auf Seite der Europäischen Union. Die Diskussionen, die Debatten, die jetzt darüber laufen, wie konkret dieser Schutzschirm auf Dauer zu gestalten ist, sind wesentliche Fortschritte. Das sind auch sehr interessante und zum Teil mühsame Diskussionen.

Diese Fortschritte sind für Österreich enorm wichtig. Die Österreicher und Öster­reicherinnen haben Vertrauen in unser gemeinsames Geld, in unsere gemeinsame Währung. Alle Meinungsumfragen zeigen, dass eine massive Mehrheit der Öster­reicher großes Vertrauen in den Euro und somit auch Vertrauen in das Krisen­management der österreichischen Bundesregierung hat. Ich finde, dass sich 2009, 2010 die österreichische Bundesregierung als Krisenmanager in diesem Bereich durchaus bewährt hat. Sie hat umsichtig gehandelt, sie hat rasch gehandelt, sie hat zukunftsorientiert gehandelt. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

 


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