Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 180

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Schittenhelm. – Bitte.

 


17.04.59

Abgeordnete Dorothea Schittenhelm (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Herren Bundesminister! Hohes Haus! Ja, da sieht man, und die Diskussion hat es gezeigt, was so ein kleiner Wahlkampfgag vor der Wiener Wahl alles anrichten kann. Es war zumindest als Gag angedacht. Mittlerweile hat sich das ausgewachsen zu einer richtigen Verunsicherungswelle für die Bediensteten des österreichischen Bun­desheeres. Darüber nämlich wurde heute noch gar nicht gesprochen, was das für die Männer und Frauen, die im Bundesheer Dienst tun, eigentlich bedeutet.

Gleichzeitig, Herr Bundesminister, sind Sie im rasanten Tempo unterwegs in Richtung Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht, und Sie sind auch sehr schnell unterwegs, auch Ihr Herr Bundeskanzler Faymann, sehr rasant unterwegs, wenn es darum geht, Ihre Positionen zu verändern beziehungsweise sich von Positionen zu verabschieden. (Ruf bei der FPÖ: Da haben Sie recht!) Von Positionen, die Sie noch vor wenigen Monaten vertreten haben, das wurde heute schon gesagt, von für die Sozialisten seit Jahrzehnten unantastbaren Positionen, die für Sie, Herr Bundesminister, sogar in Stein gemeißelt sind, das haben wir heute auch schon besprochen. Aber seit der Wiener Wahl ist das Makulatur, wie die „Presse“ schreibt. (Abg. Petzner: Sie sind doch in einer Koalition! Ihr tut immer so, als wärt ihr Oppositionspartei!)

Meine Damen und Herren! Wenn man daran denkt, dass die Zilk-Reformkommission mit Fachleuten aus verschiedensten Bereichen, mit Spezialisten, mit Vertretern aller Parteien mehr als ein dreiviertel Jahr lang sich intensiv damit beschäftigt hat, neue Wege für die Sicherheit Österreichs aufzuzeigen, dann bin ich doch ein wenig über­rascht, dass es möglich ist, dass sich drei Herren ins Kämmerlein zurückziehen und dort Pläne schmieden, ohne das zu tun, was Sie eigentlich angekündigt haben, Herr Bundesminister, nämlich die Überarbeitung der Sicherheitsdoktrin vorzunehmen und erst dann über Form und Organisation des Bundesheeres zu reden. (Abg. Dr. Strutz – Beifall spendend –: Genau!)

Herr Bundesminister, Sie haben in der „ZiB 2“ vom 17. Jänner auf die Frage des Herrn Wolf: Was hat sich seit der Zeit vor der Wiener Wahl und der Präsentation Ihrer Mo­delle geändert?, geantwortet: Es ist vieles anders geworden, und es gibt neue Heraus­forderungen für die europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Schweden und Deutschland sind auch von der Wehrpflicht abgegangen. (Abg. Scheibner: Wer hat den Wehrdienst von acht auf sechs Monate reduziert?)

Ich habe mir die Mühe gemacht und mir Ihr Sicherheitsstrategiepapier angeschaut. Ich habe mir aber auch die Sicherheitsdoktrin von 2001 durchgelesen und mich speziell mit den Ergebnissen der Zilk-Kommission beschäftigt und diese gegenübergestellt. Und siehe da, meine Damen und Herren, Sie alle, die Sie sich damit beschäftigt haben, wissen, bei den Bedrohungsbildern und Risiken gibt es keine wesentlichen Unter­schiede. Einige Bereiche sind vertieft oder erweitert worden. Auch die Grundsätze der Verteidigungspolitik und der damit vorgegebenen Fähigkeiten und Möglichkeiten des Bundesheeres decken sich nahezu eins zu eins mit dem Zilk’schen Reformpapier.

Erinnern wir uns zurück, meine Damen und Herren: Aufgrund des Zilk-Reformpapiers wurden Verbände bundesweit aufgelöst, wurden bundesweit Kasernen geschlossen, und über 3 000 Bedienstete des österreichischen Bundesheeres haben keine Tätigkeit mehr, sie sind zwar noch beim Heer, haben aber keine Aufgaben, die sie erfüllen können.

Dieser Zilk-Reformprozess ist aber noch gar nicht abgeschlossen, wie wir alle wissen, und Sie setzen jetzt noch einmal eins drauf, nämlich das Modell der Abschaffung der


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite