Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll96. Sitzung / Seite 95

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Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Bundesminister Dr. Spindel­egger. – Bitte.

 


12.13.45

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Michael Spindelegger: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte auf Fragen, die in der heutigen Diskussion aufgeworfen worden sind, eingehen.

Zuerst zur Situation der Flüchtlinge, die derzeit aus Libyen kommen, und dass das möglicherweise auch Europa treffen wird: Ich habe darüber gestern in Genf mit mei­nem tunesischen Kollegen ein ausführliches Gespräch geführt und kann Ihnen be­richten, dass sich derzeit etwa 100 000 Flüchtlinge aus Libyen in Tunesien befinden, wobei nicht klar ist, wie sie versorgt werden können beziehungsweise in welcher Weise sie in ein anderes Land streben werden. Sicherlich werden noch mehr Flüchtlinge aus Libyen zu erwarten sein. Das ist also die Situation, die wir haben.

Was wir tun müssen, ist, dass wir dann, wenn eine Flüchtlingswelle auf Europa zu­kommt, darauf vorbereitet zu sein haben – und das ist im Rahmen der Bundesregie­rung zu gewährleisten, eben im Zusammenhang mit der Europäischen Union.

Zur zweiten Frage, was die Nachbarschaftspolitik anlangt – Frau Kollegin Plassnik hat darauf verwiesen –: Ich glaube, dass wir in der Europäischen Union als eine der Schlussfolgerungen, die aus dieser Situation zu ziehen sind, unsere Nachbarschafts­politik generell überdenken müssen. Für das gesamte Gebiet des Mittelmeerraumes eine Politik aufzusetzen, das ist wahrscheinlich nicht mehr aktuell, sondern wir müssen das von Land zu Land verschieden gestalten – und eben auch eine Verknüpfung statt­finden lassen zwischen wirtschaftlicher Kooperation und unseren Erwartungen, was Menschenrechte, was demokratische Standards betrifft. So müssen wir, glaube ich, ei­ne neue Politik aufsetzen.

Zum Dritten wurde von vielen Rednern die Frage geäußert, ob man mit Regimen, wie sie in Libyen, wie sie in vielen anderen Ländern herrschen, in Kontakt treten soll. – Ant­wort: Selbstverständlich, meine Damen und Herren, denn es wäre doch an Naivität nicht zu übertreffen, würde man meinen, dass man mit diesen Ländern keinen Kontakt herstellen darf. (Beifall und Bravorufe beim BZÖ.) An österreichischen Tankstellen wür­de es kein Benzin geben, würde es mit diesen Ländern keinen Kontakt geben. (Abg. Ing. Westenthaler: Aber die Frau Wurm glaubt, der Sprit kommt aus der Zapfsäule! – Abg. Grosz: Sie glaubt, dass für Diesel die Basis das steirische Kernöl ist!)

Selbstverständlich muss aber auch bei jedem einzelnen Kontakt sehr wohl auf unsere Wertesituation Rücksicht genommen werden. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) Ich tue das in meiner Außenpolitik so, wie das meine Vorgänger auch gehalten haben, denn: Menschenrechtsfragen sind unteilbar und gehören auch bei diesen Regimen an der richtigen Stelle angesprochen.

Herr Abgeordneter Vilimsky hat mich gefragt, ob ich das in China getan habe. – Selbst­verständlich! Und ich tue das auch dann, wenn es auf der anderen Seite eiskalte Ge­sichter gibt, die gar nicht zufrieden sind, dass man beispielsweise in China auf Men­schenrechtsfragen eingeht, aber selbstverständlich ist es notwendig, dass ein Außen­minister das tut. Und ich tue das, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Weiters möchte ich darauf eingehen, dass Herr Abgeordneter Pilz gesagt hat, es habe eine Verletzung des Kriegsmaterialgesetzes gegeben. Ich ersuche Sie, mir Ihre Unter­lagen zur Verfügung zu stellen – und ich werde veranlassen, dass das überprüft wird. Wenn es der Fall ist, dass das stimmt, dann wird das natürlich Konsequenzen haben; das kann gar nicht anders sein.

 


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