Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 59

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11.44.40

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Mit­glieder der Bundesregierung! Hohes Haus! Liebe ZuschauerInnen und Zuhörerinnen und -hörer! Zahlen sind sehr nüchtern, lösen selten Emotionen aus. Wenn man nicht In­sider ist, entsteht, wenn Zahlen heruntergebetet werden, weder Angst noch Freude oder sonst etwas. Anders verhält es sich mit den Begriffen „Glaubwürdigkeit“, „Ehrlichkeit“ und „Vertrauen“. Das hat aber auch etwas mit dem Budget und seinen Zahlen zu tun.

Die Regierung predigt seit Monaten, dass Investitionen in Bildung und Forschung In­vestitionen in die Zukunft sind. Und jetzt schauen wir uns einmal an, was das mit Glaub­würdigkeit, Ehrlichkeit und Vertrauen zu tun hat: Diese Aussagen stimmen mit der Wirklichkeit überhaupt nicht überein! Ich würde mir von einer Regierung wünschen, dass sie Tatsachen, Fakten zur Kenntnis nimmt, dass sie sich an Ratschläge und Kritik jener Räte hält, die sie sich selber zur Beratung auserwählt hat – das tut sie nicht –, und dass sie die Wahrheit sagt. (Beifall bei den Grünen.)

Vor Kurzem haben wir hier die österreichische Forschungsstrategie dargelegt bekom­men – eine schöne Glanzpostille mit vielen vernünftigen, guten Ansätzen für Lehre und Forschung. Aber: Keine einzige Seite dieses Papiers ist in diesem Budget finanziell ab­gesichert! Das ist eine reine Ankündigung – und von Ankündigungen kann eine Repu­blik, können Betroffene im Prinzip nicht leben. (Bundesministerin Dr. Fekter: Aber eine Planung ist immer eine Ankündigung!) – Eine Planung ist schon schön, aber man möchte auch die Verwirklichung eines Planes erleben. Wenn Sie anderer Meinung sind, dann sind Sie hier fehl am Platz. (Beifall bei den Grünen.)

Sie haben ein Rahmengesetz gemacht, das einmal umgesetzt werden soll. Wenn Sie Gesetze machen, die nicht umsetzbar sind, dann schließen wir doch hier den Laden – oder das Parlament, um höflicher zu sein!

Oder Sie teilen hier Papiere aus – das Bundesfinanzrahmengesetz und Budgethefte –, und die Opposition kriegt andere Hefte als Sie! Oder steht da nicht überall das Gleiche drinnen? Die Wahrheit ist: Nominell sinkt das Universitäts- und Fachhochschulbudget in den nächsten Jahren dieses Bundesfinanzrahmenplanes. Was ist das für eine Inves­tition in die Zukunft, was ist das für eine Förderung und Wertschätzung von Lehre und Forschung? – Keine, sage ich Ihnen, wirklich keine! (Beifall bei den Grünen.)

Ich bin jetzt seit Wochen an verschiedenen Unis unterwegs, mache eine Art Uni-Tour­nee und habe einige Unis besucht – ich will sie gar nicht alle aufzählen. Gestern war ich in Graz an der Hauptuni. 25 Leute – Rektor, Vizerektor, alle Dekane, alle Vertretun­gen von Studierenden, Mittelbau, ... (Abg. Amon: Wann waren Sie gestern in Graz?) – Ich war gestern Nachmittag in Graz, und Vormittag auch. (Abg. Amon: Da war Natio­nalratsplenum! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ja! Ich war nicht am Fußball­platz, sondern an den Universitäten, was auch meine Aufgabe ist. (Beifall bei den Grü­nen.)

Der Herr zukünftige Rektor Engl sagt, allein der Uni Wien fehlen hier und heute 150 Mil­lionen €. – Die Uni Wien braucht in etwa ein Siebentel des Budgets aller Unis, weil sie so groß ist. Das heißt, de facto bräuchten wir eine Uni-Milliarde. Rektor Sünkel sagt, nicht einmal der Status quo – der an vielen Universitäten nicht der großartigste ist – kann gehalten werden, wenn nicht 300 Millionen € zusätzlich kommen.

Was haben wir zu den Universitäten gesagt – und das steht sogar in der Zeitung, Sie können die APA lesen –: Investitionsstopps an verschiedenen Unis, keine neuen Inves­titionen. Ein Rektor sagt mir, bei nicht mehr Geld kann er nichts Neues machen. Die Regierung verlangt von den Universitäten Weltklasse, Exzellenz, Elite, von Studieren­den, brav und schnell und tüchtig zu lernen, aber sie stellt die Mittel nicht zur Verfü­gung, die das ermöglichen.

 


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