Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll110. Sitzung / Seite 73

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

700 Stimmen hat die neue Frau Bürgermeisterin, die nicht mehr der ÖVP angehört, Vorsprung gehabt – 700 Stimmen Vorsprung! (Abg. Pendl: Wem gehört denn die Dame?)

Das sind alles Vorkommnisse, die uns dazu motivieren müssen, Kollege Linder, dass wir das Instrument der Briefwahl immer weiterentwickeln, aber es kann jedenfalls nicht sein, dass es in gewissen Gemeinden gewisse Bürgermeister so anwenden, wie sie es haben wollen, und einfach missbrauchen. (Abg. Mag. Stadler: Ist der Exbürgermeister nicht auch der Erfinder einer Kurzzeit-Staatssekretärin?) Genau, Herr Kollege, vielen Dank! Dieser Bürgermeister war auch der Erfinder der kurzzeitig dienenden, „sehr sprechfreudigen“ Staatssekretärin Verena Remler.

Aber der langen Rede kurzer Sinn: Solche Ereignisse müssen Konsequenzen haben! Es muss für Verstöße auch entsprechende Strafbestimmungen geben, denn es kann nicht sein, dass es, wenn der Verfassungsgerichtshof solche Missstände aufzeigt, ab­solut keine Konsequenzen hat. Der Wähler wird nämlich, wenn das alles keine Konse­quenzen hat, weiterhin nicht mehr zur Wahl gehen. Wir können ihn so nicht motivieren, und es ist vor allem unsere Aufgabe, dass wir den Wähler zur Wahl motivieren. (Beifall beim BZÖ.)

12.19


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Steinhau­ser. – Bitte.

 


12.20.34

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist natürlich kein Zufall, dass die Briefwahl zu einer grundlegenden Debatte einlädt. Das ist ein Spannungsverhältnis zwischen örtlicher und zeitlicher Flexibilität auf der ei­nen Seite und der wichtigen Einhaltung der Grundprinzipien der geheimen und per­sönlichen Wahl auf der anderen Seite. Wenn wir all diese Geschichten, die heute hier erzählt werden, hören, dann bekommt man schon den Eindruck, dass es vor allem im Zusammenhang mit dem Lokalkolorit einen schlampigen Umgang mit dem Wahlrecht gibt.

Eines ist auch klar: Die Briefwahl darf nicht dazu führen, dass am Ende nach jeder Wahl ein Misstrauen über die „Wahrhaftigkeit“ – unter Anführungszeichen – des Wahl­ergebnisses entsteht, denn das wäre Gift für die Demokratie, wenn nach jeder Wahl ei­ne Endlosdebatte beginnt, wie das Wahlergebnis zustande gekommen ist.

Der Hintergrund ist auch relativ klar: Wahlfälschungen, Wahlmanipulationen werden of­fensichtlich, vor allem auf kommunaler Ebene, teilweise immer noch als Kavaliersdelikt gesehen. Das ist das Problem. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist sozusagen eine österreichische Interpretation von Demokratie, so nach dem Motto: Es macht eh ein jeder, also darf ich auch, denn am Ende kommt dann ohnedies wieder das faire und richtige Wahlergebnis raus, weil alle schwindeln. – Und das geht sicher nicht, das wird das Vertrauen der Wählerinnen und Wähler nachhaltig beschä­digen.

Ich glaube, dieser Bürgermeister im Burgenland, der selbst Wahlkarten ausgefüllt hat, hat nicht einmal ein Unrechtsbewusstsein, der weiß gar nicht, was er tut, der glaubt, das ist legitim, dass er das macht. Es ist halt so, wie wenn man einmal zu schnell auf der Autobahn fährt. Aber das ist es nicht! Daher glaube ich, dass ein Entschließungs­antrag, der heute auch vom Plenum beschlossen werden wird, entscheidend ist, näm­lich die Frage: Werden Wahlmanipulationen und Wahlfälschungen vom österreichi­schen Strafrecht ausreichend sanktioniert?

Sie wissen, ich als Justizsprecher glaube nicht an die heilende Wirkung des Straf­rechts, aber eines ist klar: Jene Kommunalpolitiker, die sich manchmal Wahlmanipula-


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite