Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll110. Sitzung / Seite 75

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Gefängnis sitzt, lieber, er geht wählen und setzt sich möglicherweise mit dem demo­kratischen System in Österreich auseinander. Eine nationalsozialistische Partei kann er nicht wählen, denn die kann nicht kandidieren. Das ist eigentlich der erste Integrations­schritt, wenn sich Leute, die politische Delikte begehen, überlegen, ob sie nicht wählen gehen.

Ich glaube, dass Nebenstrafen grundsätzlich debattiert gehören und dass der Entzug des Wahlrechts eine sehr ungeeignete Nebenstrafe ist und keine einzige Straftat ver­hindern wird. (Beifall bei den Grünen.)

Letzter Punkt: passives Wahlrecht von Angehörigen der Familie Habsburg bei der Wahl des Bundespräsidenten. Die historische Bedeutung der Gesetze ist unbestritten. Es hat ja in Ungarn Restaurationsversuche der Monarchie gegeben. Es hat der führen­de Teil der Familie Habsburg nie auf den Herrschaftsanspruch verzichtet. Es war auch so, dass Kaiser Karl in Vorarlberg seinen Verzicht auf die Regierungsgeschäfte wider­rufen hat. Tatsache ist aber auch, heute, 90 Jahre später, ist die Republik gefestigt, niemand fürchtet sich vor einem Restaurationsversuch der Habsburger. Ich gehe sogar so weit zu sagen, niemand fürchtet sich vor einer Kandidatur der Habsburger zum Bun­despräsidenten oder zur Bundespräsidentin.

Klar ist aber auch, diese Gesetzesänderung ist keine politische Rehabilitierung. Und, Kollege Stadler, wenn Sie sagen, der Kaiser war mehr oder weniger ein Opfer der Kriegstreiber, dann muss man schon sagen, die Kriegserklärung hat er höchstpersön­lich unterschrieben, er war zurechnungsfähig, und damit hat er auch die Verantwortung für den Krieg zu tragen. Das ist unbestritten. (Abg. Mag. Stadler: Ein Kriegstreiber war er aber nicht!)

In diesem Sinne ist auch klar, dass es keine politische Rehabilitierung gibt und dass es auch keine Infragestellung der vermögensrechtlichen Bestimmungen der Habsburger­gesetze gibt. Das ist unbestritten, das will hier niemand, und das sollte man auch in dieser Deutlichkeit sagen, damit man nicht falsche Hoffnungen weckt. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Aber der Schritt, die Mitglieder des Hauses Habsburg wählen zu lassen, ist richtig, zu­mal es ja – und das ist uns auch ganz wichtig – keine Verantwortlichkeit der Nachkom­men dafür gibt, was ein Kaiser vor 90 oder 100 Jahren gemacht hat.

In diesem Sinne werden wir in dritter Lesung der Novelle zustimmen, weil sie jedenfalls im Bereich des Briefwahlrechts mehr Sicherheit bringt und auch bei den Strafgefan­genen einen richtigen Schritt setzt. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

12.28


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Lueger. – Bitte.

 


12.28.58

Abgeordnete Angela Lueger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Innenministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Werte Gäste auf der Galerie! Zum heutigen Wahlrechtsänderungsgesetz, dazu, wie sich diese parla­mentarische Initiative entwickelt hat, kann man nur sagen, dass es ein Prozess war, den man politisch positiv hervorheben kann: Es gab die Möglichkeit, zum Entwurf schriftliche Stellungnahmen abzugeben. Es gab ein Expertenhearing mit höchstran­gigen Experten. Und es gab einen zweiten Ausschuss, wo wir auch noch Abänderun­gen eingebracht haben. Es wurden alle Anregungen, egal, ob seitens der Experten oder seitens der Fraktionen, in der jetzigen Fassung berücksichtigt.

Ich möchte jetzt noch einmal ganz kurz auf das Thema Wahlkarte eingehen und dann noch einige Punkte herausgreifen.

 


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