Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll118. Sitzung / Seite 37

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reich ein, dann führen wir auch die Studienbeiträge ein! (Beifall bei der FPÖ.) Damit habe ich überhaupt kein Problem. Wir haben 43,5 Prozent Steuer- und Abgabenquote. In keinem vergleichbaren Land in der OECD finden Sie eine derart hohe Quote – und Sie wollen neue Gebühren einführen, damit die Quote 45 Prozent beträgt. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.) – Das ist die Unternehmerpartei und die angebliche Steuer­ersparnis-Partei ÖVP?! Das ist nicht in Ordnung! Reden wir über Chancengleichheit für unsere Studierenden und nicht darüber, wie wir sie vom tertiären Studium fernhalten können und wie wir sie bestmöglich abzocken können! – Danke. (Beifall bei der FPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

10.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen zu Wort. – Bitte.

 


10.21.20

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister Töchterle, Sie haben richtigerweise gesagt, glaube ich, dass es Kapa­zitäts­grenzen gibt. Das zu leugnen sei eine Lüge, die wir den Studentinnen und Studenten ersparen sollen oder müssen. Ich habe gedacht, auf den ersten Blick würde ich dem zustimmen, weil ich Erfahrungen gemacht habe, gerade darin, was es bedeutet, in einem sogenannten Massenfach zu studieren; vielleicht komme ich noch darauf zu sprechen. Auf der anderen Seite, Herr Bundesminister, wissen Sie natürlich genauso gut wie ich, dass der Begriff „Kapazität“ keine naturwissenschaftliche – wie soll ich sagen? – gottgegebene Qualität hat, sondern dass Kapazität natürlich eine abhängige Variable ist, nämlich abhängig von den Finanzmitteln für Infrastruktur, für Räume, für Lehrende, für Professoren, et cetera, et cetera, die einer Universität zur Verfügung stehen. Das soll jetzt nicht heißen, dass sich die Universität passiv an jede Nachfrageveränderung bei den Studierenden anpassen kann, aber man muss schon dazusagen, dass Kapazität etwas ist, das wir als Politiker, als Minister, als Parlament gestalten müssen. – Das habe ich bei Ihren Ausführungen peinlich vermisst. (Beifall bei den Grünen sowie der Abg. Mag. Wurm.)

Ich weiß, was das heißt, in einem Massenfach zu studieren. Anfang der sechziger Jahre – ich habe Ihnen hier im Plenum das schon einmal erzählt, glaube ich – war das grauenhaft! Erstes Proseminar: 250 Teilnehmer, Thema: Karl Marx, Adam Smith (Abg. Kickl: Hauptsächlich Marx wahrscheinlich!) und noch irgendjemand, dessen Namen ich vergessen habe, und der größte Witz war, dass ich ein Genügend bekommen habe, obwohl ich in diesem sogenannten Proseminar nichts verstanden habe. Diese Erfahrung möchte ich niemandem zumuten. Die Situation ist dann schlagartig, nein, nicht schlagartig, langsam besser geworden zu Zeiten der schwarzen Alleinregierung gegen Ende der sechziger Jahre und sehr rasch dann unter Hertha Firnberg, für mich immer noch eine der größten Hochschulreformerinnen des 20. Jahrhunderts.

Herr Minister Töchterle, im Gegensatz zu Frau Abgeordneter Cortolezis-Schlager haben Sie das 2-Prozent-Ziel genannt, wozu sich die Bundesregierung verpflichtet hat. 2 Prozent des BIP für den tertiären Sektor bis zum Jahr 2020! – Aber, Herr Minister Töchterle, rechnen Sie einmal nach! Sie haben gesagt: inklusive privater Mittel. Das stimmt, die 2 Prozent kommen nicht vom Staat allein, das steht nirgendwo, nicht im Kommissionsbericht, nirgendwo, vollkommen richtig. Derzeit stehen wir bei 1,3, 1,4 Prozent des BIP. Das heißt, für den tertiären Sektor müssen derzeit über den Daumen gepeilt plus/minus 4 Milliarden € budgetiert sein, und somit fehlen uns auf das 2-Prozent-Ziel 2 Milliarden pro Jahr. 2 Milliarden pro Jahr, Herr Minister!

Rechnen wir einmal großzügig, für den Fall, dass wir die Studiengebühren, die Studienbeiträge, oder wie immer sie dann heißen mögen, einführen: Sagen wir,


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