Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll126. Sitzung / Seite 52

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Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Grosz. – Bitte.

 


11.31.49

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Von Ihnen erwarten wir uns, dass Sie als Speerspitze vor diesem Haus bei der Budgetdebatte stehen und nicht zusehen, wenn die Finanzministerin 30 Minuten nicht im Saal ist, bei einer we­sentlichen Debatte, wo es um ihr Budget geht. Aber ich bin die letzten Stunden, Tage und Wochen über Ihre Vorsitzführung und über die Vorgangsweise der ÖVP auch nicht mehr überrascht. Meine ungeöffnete Post wird durch Abgeordnete der ÖVP vorgelesen und vorzensiert. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ihre ÖVP-Justizministerin verfolgt mich mit Klagen, weil ich Straftatbestände beim ÖBB-Skandal aufgedeckt habe und der Staatsanwaltschaft übermittelt habe. Gestern, in der Neugebauer-Manier, stellt sich hier eine gewisse Frau Hakl her und sagt, Abge­ordnete der Opposition gehören psychiatriert, sie sind krank.

Das ist ohnedies all das, was wir aus den zwanziger Jahren des vorigen Jahrhunderts kennen. Ich stelle aber fest, es entwickelt sich sehr viel in Richtung dieser demokratie­politisch bedenklichen Situation, und das aus Ihrer eigenen Schwäche heraus, sehr ge­ehrte Damen und Herren der ÖVP, die Sie nicht einmal mehr imstande sind, ein or­dentliches Budget zusammenzubringen. (Beifall beim BZÖ.)

Dass der Präsident hier mitmacht, entsetzt mich persönlich selbst, aber das hat er mit seinem Gewissen und den Abgeordneten des Parlaments selbst zu vereinbaren.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Finanzministerin hat gestern im „Lesament“ – nicht Parlament, von Sprechen war gar keine Rede, sondern ausschließlich von Le­sen – Folgendes vorgelesen: „Ich als Ihre Finanzministerin habe ein Ziel: Ich will Stabi­lität schaffen, damit unser Geld seinen Wert behält.“

Das sagt sie bei einer 3-prozentigen Inflation und in einer Situation, wo wir auf Grund der Wirtschaftskrise wahrscheinlich einer galoppierenden Inflation entgegensehen wer­den.

Die Finanzministerin sagt weiter, Seite 13: „Die Ausgangslage ist keine einfache: Die Schulden sind auch in Österreich bedrohlich angestiegen.“

Das sagt die Finanzministerin einer Partei, die seit elf Jahren den Finanzminister stellt und seit gefühlten 300 Jahren in der österreichischen Bundesregierung die Zügel in der Hand hält. Hervorragend! (Beifall beim BZÖ und bei Abgeordneten der FPÖ. – Heiter­keit bei BZÖ und FPÖ.) Entlarvend ehrlich, sehr geehrte Damen und Herren der Öster­reichischen Volkspartei.

Und dann hören wir heute im Gegensatz dazu, auch für die Zuseherinnen und Zu­seher, die um 9.37 Uhr das noch nicht gesehen haben, den Herrn Klubobmann Kopf: Die Schulden müssen runter! Und um 9.38 Uhr: Hohe Steuern sind der Tod der Wirt­schaft und des Wachstums.

Dann nimmt man sich die verlesene, im Übrigen laut Hofer und Gerald Groß vom ORF schlecht verlesene Rede her, wo die Ministerin sagt: Österreich ist ein Hochsteuerland und die Steuern erdrücken uns. – Das sagt die Finanzministerin der Partei, die diese Steuern in Österreich eingeführt hat.

Die Neuverschuldung durch dieses Budget beträgt 3,2 Prozent oder 9 Milliarden €. Für alle, die sich darunter nichts vorstellen können: 9 Milliarden € sind, wenn man 1 €-Mün­zen stapeln würde, der Weg auf den Mond. Das ist die Hälfte von 780 000 Kilometern. Wenn die Finanzministerin an der Spitze dieses Turms zu Babel stehen würde, würde sie am Mond ankommen. Das Problem ist nur, dass 780 000 Kilometer auch wieder den Retourweg bedeuten, dann haben wir die Finanzministerin erst wieder in diesem


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