Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll135. Sitzung / Seite 92

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12.08.36

Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Zuhörer und Zuseher! Heute steht im Nationalrat eine ganze Reihe von wichtigen Justizthemen zur Dis­kussion, und wir diskutieren jetzt aktuell gerade ein besonders wichtiges Thema, nämlich die Strafgesetznovelle 2011. Hier geht es ja darum, die Kinder noch besser vor Gewalt und vor Missbrauch zu schützen und bestehende Lücken zu schließen.

Es wurde von einigen Rednern heute schon mehrfach angesprochen: Kinder sind die Schwächsten in unserer Gesellschaft. Kinder sind daher besonders schutzbedürftig, und daran müssen wir uns orientieren. (Beifall bei ÖVP, FPÖ und BZÖ.)

Ich bekenne mich auch uneingeschränkt zu meiner Verantwortung, gerade diesen Schwächsten in unserer Gesellschaft, die alleine schon aufgrund ihres Alters wehrlos sind, diesen besonderen Schutz zuteilwerden zu lassen, wiewohl – und das ist auch in einigen Wortmeldungen angeklungen – das Strafrecht alleine dazu natürlich nicht ausreicht, sondern es auch zusätzlicher Maßnahmen bedarf. Aber das Strafrecht kann natürlich auch einige ganz wichtige Schritte in diesem Bereich setzen.

Es bedarf meines Erachtens eines ganz nachdrücklichen Signals, dass unsere Gesellschaft Gewalt und Missbrauch als Verletzung an Kindern ganz einfach nicht akzeptiert. Dieses Signal müssen wir deutlich senden. (Beifall bei ÖVP, FPÖ und BZÖ sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Auch wenn wir wissen, dass körperliche Bestrafung als Erziehungsmittel von den meisten Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes abgelehnt wird, ist es leider nach wie vor so, dass viele Kindern trotzdem mit Gewalt konfrontiert sind und trotzdem Gewalt erleben. Neben der Aufklärung, dass physischen Gewalt weder legal ist noch ein sinnvolles Erziehungsmittel, muss natürlich auch das Strafrecht angemessene, verhältnismäßige und klarerweise auch abschreckende Strafen vorsehen. Denn trotz der unumstrittenen Anerkennung des Kinderschutzes und der Kinderrechte gibt es natürlich nach wie vor Probleme in diesem Bereich.

Allein im Jahr 2010 gelangten insgesamt 522 Fälle einer Körperverletzung gegen ein unmündiges Opfer zur Anzeige. In knapp der Hälfte der Fälle waren die Kinder sogar jünger als zehn Jahre. Dazu kommen 153 Verurteilungen wegen schweren bezie­hungsweise sexuellen Missbrauchs von Unmündigen, wobei man hier natürlich auch sehen muss – und das ist heute bereits angesprochen worden –, dass die Dunkelziffer in diesem Bereich sehr hoch ist. Auch das dürfen wir nicht vergessen.

Es bedarf daher Maßnahmen, durch die der strafrechtliche Schutz der Kinder vor Gewalt und Missbrauch verstärkt wird, und es bedarf darüber hinaus auch Maß­nahmen, die die Kinder vor neuen Gefahren schützen. Mit der Einführung bezie­hungsweise der Erhöhung von Mindeststrafen bei Gewaltdelikten soll daher sichergestellt werden, dass es bei Gewalt gegen Kindern einfach keine Toleranzgrenze gibt. (Beifall bei ÖVP und BZÖ.)

Bei Gewaltdelikten gegen Kinder, bei denen derzeit noch keine Mindeststrafen vor­gesehen sind, werden solche daher vorgesehen. Dort, wo es bereits Mindeststrafen gibt, werden diese künftig angehoben. Darüber hinaus soll die Anwendung von Gewalt an Kindern fortan auch als besonderer Erschwerungsgrund gewertet werden. Es geht dabei insbesondere um ein Signal, um die Betonung, dass dieses Unrecht gegenüber den Kindern einfach nicht geduldet wird. Der Einwand einer Überreaktion oder einer fehlenden Systematik überzeugt dabei nicht. Es geht ja gerade darum, nicht nur im Bereich der Anhebung der Höchststrafen, sondern auch bei der Festlegung des Strafrahmens das Wohl des Kindes in den Mittelpunkt zu stellen und das Wohl des Kindes auch im Strafrecht sicherzustellen.

 


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