Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll135. Sitzung / Seite 158

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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Becher. – Bitte.

 


15.53.24

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ganz kurz zu den Ausführungen meines Vorredners: Der Antrag 739/A(E) wird nicht deshalb abgelehnt, weil er von der Opposition ist, sondern weil wir das – das ist ja bereits im Ausschuss diskutiert worden – für inhaltlich nicht richtig halten. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich möchte nun kurz zu den Tätowierfarben Stellung nehmen, und zwar aus einer etwas anderen Perspektive, da ich es grundsätzlich für sehr bedenklich halte, wie die Gesellschaft mit der individuellen Körpergestaltung umgeht – und da sind ja vor allem Jugendliche und auch sehr viele junge Frauen betroffen.

Eine Studie der Universität Leipzig aus dem Jahre 2009 zeigt, dass in Deutschland die Personengruppe der zwischen 25 und 34 Jahre alten Männern bereits zu 26 Prozent Tätowierungen trägt, bei Frauen sind es 25 Prozent. Bei den 14- bis 24-Jährigen ist der Prozentsatz der Frauen sogar schon höher als der der Männer, und zwar mit über 22 Prozent, wobei in diesem Prozentsatz Permanent-Make-ups und Tattoos überhaupt nicht inkludiert sind.

Die damit zusammenhängenden Gesundheitsgefahren möchte ich hier jetzt gar nicht ansprechen; das wurde ja im Antrag sehr ausführlich dargestellt. Dieser Ent­schließungsantrag richtet sich aber auch an die europäische Ebene, und ich möchte jetzt nur darauf verweisen, dass die jetzige SPÖ-Landesrätin und frühere EU-Abge­ordnete Karin Scheele aus Niederösterreich bereits im Jahr 2000 eine schriftliche Anfrage an die EU-Kommission gerichtet hat, und zwar in Bezug auf die rechtliche Ein­ordnung von Tätowierfarben. – Die Antwort, die Karin Scheele damals von  David Byrne namens der EU-Kommission erhalten hat, war, dass die Auswirkungen dieser Farben, dass die gesundheitlichen Risken bekannt sind – geschehen ist in dieser Sache jedoch seit dem Jahre 2000 nichts. Ich meine daher, es ist ganz dringend, dass da etwas auch auf europäischer, ja auf internationaler Ebene geschieht.

Der Trend zu Tätowierungen, zu Schönheits-OPs ist sehr groß, vor allem bei jungen Menschen – und ich glaube, das kann man auch in Bezug zu einer sich ständig entsolidarisierenden Gesellschaft setzen. In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen ein Zitat der Kulturwissenschaftlerin Dr. Gabriele Sorgo von der Uni Graz bringen, ein Zitat, dem ich voll zustimmen kann.

Dr. Sorgo sagt: „Wir leben in einer sozial sehr flexiblen Gesellschaft, in der die Zukunft vielen Menschen immer unberechenbarer erscheint. Individuen haben das Gefühl, nicht viel bestimmen zu können und fühlen sich der Veränderlichkeit ausgeliefert. Das Einzige, was beherrschbar ist, ist der Körper. Er repräsentiert den Bereich, den wir verändern können.“ – Zitatende.

Wie gesagt, überwiegend junge Menschen sind Opfer dieses Körperkults, und das alles geschieht sichtbar, wahrnehmbar für uns in Form eines gesellschaftlichen Zwanges, hin bis zum normierten Körperideal – und mit all den Gesundheits­gefährdun­gen, wie sie in diesem Entschließungsantrag thematisiert werden. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

15.56


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schatz. – Bitte.

 


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