Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll141. Sitzung / Seite 79

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Das wäre auch das Modell, von dem sich die ÖVP gut vorstellen kann, es in einem ers­ten Schritt auch in der Sekundarstufe II umzusetzen.

Ein zweiter Experte, Herr Dr. Bucher, hat uns nahegebracht, dass eindeutig zu bewei­sen ist, dass in einem solchen Ethikunterricht beispielsweise auch ausländerfeindliche Stereotype abgebaut werden konnten. (Abg. Petzner: Ja was heißt das? Denken Sie einmal nach, was das heißt?) Aber auch Krisenbewältigung – und jeder Mensch hat im Laufe seines Lebens Krisen zu bewältigen, wie zum Beispiel nach dem Tod von nahen Angehörigen oder bei anderen Problematiken – könnte in solch einem Unterrichtsfach aufgearbeitet werden.

Wir sind zwar der Meinung, dass grundsätzlich die Erziehung bei den Eltern liegt, aber es werden viele Herausforderungen auch in die Schule getragen, wo eigens dafür aus­gebildete Lehrerinnen und Lehrer – auch wir sind dieser Meinung – dann den Ethikun­terricht abhalten sollten.

Wir sind im Rahmen der Enquete auch darauf aufmerksam gemacht worden – das wurde uns vor Augen geführt –, dass es sogar in der Bundesverfassung einen klaren Auftrag dafür gibt. Dort heißt es nämlich: „ ist Kindern und Jugendlichen die best­mögliche geistige, seelische und körperliche Entwicklung zu ermöglichen, damit sie zu gesunden, selbstbewussten, glücklichen, leistungsorientierten, pflichttreuen, musischen und kreativen Menschen werden, die befähigt sind, an den sozialen, religiösen und mo­ralischen Werten orientiert Verantwortung für sich selbst  zu übernehmen.“

Und genau aus diesem Grund sind wir der Meinung, dass es höchst an der Zeit ist, nach 14 Jahren Schulversuch den Ethikunterricht ins Regelschulwesen zu übernehmen. (Beifall bei der ÖVP.)

12.54


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Karlsböck. – Bitte.

 


12.54.12

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Herr Mi­nister! Ein paar grundsätzliche Bemerkungen abseits der rein technischen Erläuterun­gen: Ethikunterricht ja oder nein.

Wir leben heute zweifellos in einer laizistischen Gesellschaft, und wir verstehen Laizität als Autonomie der zivilen und politischen Sphäre gegenüber der religiösen und kirchli­chen, aber nicht gegenüber der moralischen Sphäre. Das ist ein Wert, der zu den Er­rungenschaften unserer Zivilisation gehört.

Viele Menschen bezeichnen sich heute als Atheisten. Aber auch dann, wenn sie sich als Atheisten bezeichnen, wissen sie doch ganz genau, dass ihre Wurzeln, ihre kultu­relle, zivilisatorische Herkunft, ihre Identität im Christentum liegen.

Nichtsdestotrotz ist in unserer Gesellschaft ein Zustand eingetreten, in dem die Reli­gion offen aus dem öffentlichen Raum verdrängt und nur mehr im Privaten kommuni­ziert werden soll. Das heißt, Religion soll versteckt werden. In diesem Zusammenhang muss man drei grundsätzliche Fragen stellen.

Die berühmte Frage: Was darf der weltanschaulich neutrale Staat in Wertefragen ei­gentlich wollen? – Das sogenannte Böckenförde-Dilemma. Böckenförde, ein deutscher Staatsrechtler, hat gesagt: Freiheitlich verfasster, weltanschaulich neutraler Staat kann die  Werte, von denen er lebt, weder schaffen noch garantieren – er braucht um sei­ner Verfasstheit willen daher die großen Wertespender: vor allem die Religionen.

Wenn er selbst sich mit seinem ganzen Verwaltungsapparat in Wertefragen involviert und letztlich Werte vorgibt, setzt er letztlich seine Identität aufs Spiel. Indem der Staat


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