Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll144. Sitzung / Seite 71

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wir zu. (Abg. Strache: Nein zum Türkei-Beitritt, das ist ein Thema! Das werden wir hochziehen in Europa!)

Es gibt genug Probleme mit der Verordnung, es gibt genug Probleme mit dem Gesetz, es gibt noch viel mehr Probleme mit der direkten Demokratie in Österreich, aber ein kleiner Ansatz ist da. (Beifall bei der FPÖ.)

11.37


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte.

 


11.37.11

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Kollege Stefan! Meilenstein, großer Schritt – da wäre ich auch vorsichtig. Aber wir sind uns darin einig, es ist jedenfalls neu, es ist erstmalig, dass in der Europäischen Union ein derartiges Instrument der direkten Demokratie eingeführt wird. Wir werden sehen, wie es sich bewährt, und in einigen Jahren wird das sicher evaluiert werden. Aber es ist schon gut, dass es dieses neue Instrument zur Belebung der europäischen Demokratie gibt. Darüber sind sich alle einig. Nur geht die Güte des Instruments dem BZÖ offenbar nicht weit genug. – Mein Gott, wir werden damit leben können.

Ich wundere mich auch über einige Dinge im Gesetz, aber aus irgendwelchen Gründen ist das so. Zum Beispiel habe ich dem Entschließungsantrag entnommen, dass in den Mitgliedstaaten nicht einheitlich geregelt ist, woran angeknüpft wird: Staatsbürgerschaft oder Wohnsitz. Bei einer Europäischen Bürgerinitiative, glaube ich, wäre es nahe­lie­gend, an den Wohnsitz anzuknüpfen. Warum soll ein Deutscher, der seit 30 Jahren hier in Wien lebt, sich nicht an einer Europäischen Bürgerinitiative hier beteiligen dürfen?! (Abg. Strache: Das ist korrekt!) Aber das sind Dinge, die im Laufe der Jahre sicher noch zu besprechen sein werden. Es ist vielleicht kein Meilenstein, es ist ein Fortschritt.

Etwas ist garantiert ausständig – und ich komme dann noch auf den Kontrast zu sprechen, was den Zustand der europäischen Demokratie betrifft –, ausständig sind sicherlich Regeln für eine Europäische Volksabstimmung. Darüber hat es keine Eini­gung im Rahmen des Lissabon-Vertrages gegeben. Wir haben keine einheitlichen Regelungen für Referenden in den einzelnen Mitgliedstaaten. Muss ja auch nicht sein. Sollen die Iren es so machen und die Deutschen anders. Daran würde ich mich nicht stoßen. Aber dass verbindliche Europäische Volksabstimmungen derzeit schlicht unmöglich sind, weil es dafür keine rechtliche Basis gibt, das finde ich extrem unbe­friedigend. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten des BZÖ.)

Das wird eine Frage sein. Kroatien wird einstimmig aufgenommen werden, daran habe ich keinen Zweifel, aber es könnte einmal einen Fall geben, wo ein Mitgliedstaat aus irgendwelchen Gründen ein Ressentiment hat und sein Vetorecht gegen den Beitritt eines anderen – es sind im Wesentlichen ohnehin nur noch die Balkanstaaten aus­ständig – geltend machen könnte. 27 nationale Vetorechte in so einem Fall finde ich extrem problematisch.

Und natürlich viel wichtiger: künftige Vertragsänderungen. Es muss möglich sein, dass künftige Vertragsänderungen nicht im jetzigen Verfahren abgestimmt werden, sondern im Wege einer Europäischen, am selben Tag stattfindenden europaweiten Volksab­stimmung.

Man kann dann darüber diskutieren, ob – je nach dem welches Gewicht die Vertrags­änderung hat – vielleicht das Schweizer Modell sozusagen zusätzlich zur Anwendung kommen soll, das heißt einerseits Mehrheit in der europäischen Bevölkerung, aber zusätzlich eine Mehrheit der Staaten. Also die Volksabstimmung muss auch eine Mehr-


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