Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll150. Sitzung / Seite 174

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Unter dem Ausdruck „Verschwindenlassen“ wird die Festnahme, Haft, Entführung oder jede andere Form von Freiheitsentzug durch Staatsagenten oder durch eine Person oder Personengruppe verstanden, die mit der Erlaubnis, Unterstützung oder Duldung des Staates handelt, gefolgt von einer Weigerung, den Freiheitsentzug zu bestätigen, oder von einer Verheimlichung des Schicksals oder des Aufenthaltsortes der ver­schwun­denen Person, was der betroffenen Person jeden rechtlichen Schutz entzieht.

Laut Statistik der Vereinten Nationen sind in etwa 30 000 bis 50 000 Menschen in den letzten zehn Jahren unter diesem Titel verschwunden. Das muss man sich vorstellen: In über der Hälfte aller Mitgliedsländer der Vereinten Nationen! Das heißt, das ist nicht konzentriert auf ein Land, sondern mehr als die Hälfte der Länder weisen solche Fälle aus.

Vor allem wissen wir: Früher war es in den Diktaturen in Südamerika gang und gäbe, Menschen verschwinden zu lassen, Menschen zu ermorden oder einfach ihre Identität zu vernichten.

Ich glaube, dass dieses Abkommen, dessen Ratifizierung wir heute hier beschließen, ein ganz wesentliches Zeichen in der Welt und auch in der Staatengemeinschaft ist, dass das nicht tolerierbar ist. Ich hoffe – und es ist im Interesse aller zu hoffen –, dass möglichst viele Länder dieses Abkommen ratifizieren.

Auch in Mexiko ist dieses Problem ganz gewaltig. Dort hat man in den letzten fünf Jahren 3 000 bis 5 000 Personen verschwinden lassen, wie eine UNO-Experten­kommission, die dort vor Ort war, festgestellt hat. Es hat sich auf Druck und aufgrund der öffentlichen Diskussion die Regierung jetzt bereit erklärt, diese Fälle zu unter­suchen, diesen Fällen nachzugehen.

Das heißt, dieser Einsatz, diese Beschlussfassung ist nicht ein leeres Gebilde, sondern es ist, meine ich, auch ein Druckmittel gegenüber Regierungen und Regimen, sich mehr an die Menschenrechte zu halten, die Menschenrechte mehr zu respektieren – ein langer Weg, wahrscheinlich für viele ein schmerzvoller Weg, die da betroffen sind, aber ich glaube, ein notwendiger und ein richtiger.

Ich nehme an, dass wir heute hier Einstimmigkeit in der Beschlussfassung erlangen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

17.39


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Wurm. – Bitte.

 


17.39.06

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte nahtlos an das anschließen, was Herr Abgeordneter Kollege Großruck zum Übereinkommen über das Verschwindenlassen von Personen eingeleitet hat.

Es ist mir auch noch wichtig, zu erwähnen, dass es im Rahmen dieses Überein­kommens für Angehörige, für Opfer von verschwundenen Personen, die gesucht werden, auch die Möglichkeit einer Fakultativbeschwerde gibt, dass man sich an das Kontrollorgan, das in Form eines Ausschusses eingerichtet werden soll, wenden kann, um Einzelfälle dann an diese Kommission heranzutragen.

Es ist auch möglich, Staatenbeschwerden anzubringen, damit diese Menschen­rechtsverletzung des Verschwindenlassens die entsprechende Ächtung im inter­nationalen Kontext erfährt.

Worum geht es in diesem Übereinkommen? – Es ist vor allen Dingen eine Stärkung des Menschenrechtsschutzes innerhalb der internationalen Gemeinschaft, die hier


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