Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll155. Sitzung, 15. Mai 2012 / Seite 83

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päischen Mitgliedstaaten besteht, der sogenannte Gouverneursrat, hat praktisch unkon­trollierbare politische und auch finanzielle Macht und entscheidet nicht mehr im Interesse und im Auftrag der Mitgliedstaaten. Und das ist ein ganz massiver Eingriff auch in unsere Verfassung.

Nur ein Punkt aus diesem Vertrag: Im Artikel 35 ist sichergestellt, dass die Leitung des ESM unbeschränkt Geschäfte jeglicher Art abschließen kann. Sowohl die Leitung wie der Gouverneur genießen Immunität vor gerichtlicher Verfolgung. Das heißt, auch wenn sie Gelder veruntreuen, auch wenn sie Gelder risikoreich aufs Spiel setzen, können hier keine Sanktionen gesetzt werden.

Das ist die Aushöhlung des demokratisches Prinzips, und Sie, Herr Bundeskanzler, haben den Österreichern – wir haben das alle noch sehr genau in Erinnerung – ver­sprochen, dass, wenn es zukünftig Eingriffe in unsere Verfassung gibt, das öster­reichische Volk befragt wird. Was ist Ihr Versprechen wert, Herr Bundeskanzler?, frage ich an dieser Stelle. Was, wenn nicht der ESM-Vertrag, was, wenn nicht der Fiskalpakt, ist ein Eingriff in die österreichische Verfassung? (Beifall bei der FPÖ.)

Stehen Sie zu Ihrem Wort! Lassen Sie die Österreicherinnen und Österreicher über einen so massiven Eingriff in entscheidende Dinge in unserer Verfassung und in unserem Budget auch entscheiden!

Vielleicht noch abschließend ein Satz, weil heute ja über die Zahlen noch gar nicht gesprochen worden ist. In Wirklichkeit gehen sowohl das IHS als auch mittlerweile der Präsident oder der Gouverneur – so heißt der Titel – der Nationalbank nicht mehr davon aus, dass wir das Geld, das wir Griechenland überwiesen haben, zurückbekom­men. Das ist ein Faktum. Lesen Sie die APA von gestern! (Präsident Neugebauer gibt das Glockenzeichen.)

Ich rechne Ihnen nur ganz kurz vor, was wir mit 1 Milliarde € in Österreich machen könnten.

 


Präsident Fritz Neugebauer: Bitte den Schlusssatz!

 


Abgeordneter Dr. Martin Strutz (fortsetzend): Der Schlusssatz: 1 Milliarde € heißt, pro Arbeitsplatz 100 000 € zuschießen, und wir sichern damit je einen Arbeitsplatz in Österreich. Eine Milliarde heißt zusätzlich 10 000 Arbeitsplätze, die wir hätten schaffen können, hätten Sie das Geld nicht nach Griechenland überwiesen, sondern wären Sie unseren freiheitlichen Vorschlägen, vor allem jenen vor einem Jahr, schon gefolgt. (Beifall bei der FPÖ.)

11.33


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Mag. Schatz. – Bitte.

 


11.33.47

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sparen schafft kein Wachstum, sparen schafft keine Beschäftigung und sparen führt uns nicht aus dieser Krise. (Abg. Kopf: Schulden zerstören die Beschäftigung in der Zukunft!) Warum also halten Sie an diesem unsäglichen Fiskalpakt fest? Auch von Ihnen, meine Damen und Herren von der SPÖ, habe ich heute keine klare Absage gehört. Warum halten Sie an diesem Fiskalpakt fest?

Meine Damen und Herren! Joseph Stiglitz, Nobelpreisträger und ehemaliger Chef­ökonom der Weltbank, erklärt in der „Süddeutschen Zeitung“:

„Der harte Sparkurs … verstärkt den Abschwung.“ … „,Eine Überdosis Sparen macht alles nur schlimmer‘“… „Weltweit gebe es kein einziges Beispiel dafür, dass Kürzungen von Löhnen, Renten und Sozialleistungen ein krankes Land genesen ließen.“

 


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