Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll161. Sitzung / Seite 22

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Können wir davon ausgehen, dass durch die Gesetzesvorschläge, die Sie vorlegen werden, die Umsetzung des Erkenntnisses des EGMR sichergestellt ist?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Natürlich geht es darum, dass wir die Urteile des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte auch umsetzen. Es gab ja ein Urteil gegen Österreich, das war die Causa Sporer, und ein Urteil gegen Deutschland, das war der Fall Zaunegger, und wir setzen natürlich das um, was dort judiziert wurde. Da geht es vor allem darum, dass festgestellt wurde, dass bei uns insbesondere die Väter von unehelichen Kindern diskriminiert werden, weil Väter von unehelichen Kindern keine Möglichkeit haben, gegen den Willen der Mutter die gemeinsame Obsorge zu beantragen.

Das heißt, es muss nach dem EGMR den Vätern unehelicher Kinder ein Antragsrecht eingeräumt werden, und dann muss natürlich vom Gericht entschieden werden, was dem Kindeswohl am besten entspricht. Das ist ja dann immer die entscheidende Frage. Zuerst wird der Antrag auf gemeinsame Obsorge gestellt, und dann ist die Familienrichterin, der Familienrichter am Zug und muss entscheiden, welche Variante – alleinige Obsorge oder gemeinsame Obsorge – dem Kindeswohl am besten entspricht. Darum muss es immer gehen. (Beifall bei der ÖVP.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Grosz, bitte.

 


Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Frau Bundesminister! Es ist traurig, dass Kinder zum Spielball postehelicher Auseinandersetzungen werden. Kinder haben gleicher­maßen das Recht auf Vater und Mutter, Kinder haben das Recht auf eine Erziehung, auf eine friedliche Erziehung im Haushalt, und es ist unerträglich, dass Kinder viel zu oft Aggressionen, die aufgrund einer Beziehung entstanden sind, ausgesetzt werden. Daher fordern wir schon seit Langem die gemeinsame Obsorge, auch im Interesse von Vätern ohne Rechte, aber auch von Vätern, die die Obsorge wollen, und auch von Müttern, die die Obsorge wollen – dies im Sinne eines gemeinsamen Zusammen­lebens.

Ihre Vorgängerin Bandion-Ortner hat bereits die gemeinsame Obsorge angekündigt. Bis heute liegt in diesem Haus nichts Konkretes. Und bei der Vorratsdaten­speiche­rung – SPÖ, siehe vorige Frage – war auch Uneinigkeit zu spüren.

Wann werden Sie sich mit Frauenministerin Heinisch-Hosek endlich einigen, dass wir die gemeinsame Obsorge in Österreich Gesetz werden lassen?

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Bitte, Frau Bundesministerin.

 


Bundesministerin für Justiz Mag. Dr. Beatrix Karl: Wie gesagt, wir arbeiten gerade an der Fertigstellung eines Entwurfes. Dieser Entwurf wird noch in diesem Monat fertiggestellt werden, und dann geht es eben in die politischen Gespräche mit dem Koalitionspartner. Ich bin zuversichtlich, dass wir uns rasch einigen können, weil wirk­lich das Kindeswohl in den Vordergrund gestellt werden muss. Und wie Sie auch vollkommen richtig gesagt haben: Man redet schon lange darüber. Jetzt geht es einmal darum, wirklich Nägel mit Köpfen zu machen und in die Umsetzung zu gehen.

Sie haben angesprochen, dass es Ihnen um die gemeinsame Obsorge geht. Es ist natürlich auch mein Anliegen, die gemeinsame Obsorge in viel mehr Fällen als bisher zu ermöglichen, wobei ich auch klar sagen möchte, dass das etwas anderes ist als eine automatische Obsorge, ein Automatismus.

Automatismus würde zum Beispiel auch bedeuten, dass etwa ein Elternteil, der einem Kind Gewalt angetan hat, die gemeinsame Obsorge hätte. Das ist meines Erachtens nicht zielführend. Entscheidend muss immer sein, was dem Kindeswohl am besten


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