Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll164. Sitzung / Seite 271

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Herr Minister, ein sehr guter Anreiz für die Betriebe wäre es, wenn die öffentliche Hand die Sozialversicherungsbeiträge von den Lehrlingen übernehmen würde.

Sozialversicherungsbeiträge sind Lohnnebenkosten, und diese Lohnnebenkosten sind jetzt schon viel zu hoch. Und wir von den Freiheitlichen sind überzeugt, dass hier das Geld viel besser eingesetzt wäre als für dubiose Rettungsschirme, wie wir sie heute schon beschlossen haben. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der FPÖ.)

23.18


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Muchitsch. – Bitte.

 


23.18.59

Abgeordneter Josef Muchitsch (SPÖ): Herr Präsident! Herr Sozialminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte zu zwei Anträgen der FPÖ Stellung neh­men, zur Umbenennung der Lehrlingsentschädigung und zur Fortführung des Blum-Bonus.

Zur Lehrlingsentschädigung ist schon sehr viel gesagt worden. Eine Namensänderung bringt, glaube ich, überhaupt keine Änderung in die Richtung, dass wir dann mehr jun­ge Leute hätten, die sagen, ich will eine Lehre machen. Abgesehen davon haben Sie auch keinen Vorschlag betreffend einen neuen Namen. Ich gehe davon aus, Sie wollen nicht wieder das Lehrgeld einführen, das die Eltern in früheren Zeiten für den Lehrplatz ihres Kindes gezahlt haben. Wenn das jetzt „Lehrgehalt“ heißt, so wird es an der Situa­tion nichts ändern.

Das Defizit fängt viel früher an. Ab dem zehnten Lebensjahr fangen wir derzeit an, in unserem Bildungssystem Kinder zu trennen: die einen in die Hauptschule, die anderen in die höheren Schulen, und damit sind die Kinder ab dem zehnten Lebensjahr irgend­wie schon abgestempelt. Und das ist der falsche Weg. (Beifall bei der SPÖ.)

Die skandinavischen Länder zeigen es uns ja vor, dass bis zum 15. Lebensjahr die Kinder nicht getrennt werden sollen. Und ab dem 15. Lebensjahr soll man ihnen dann die Entscheidung überlassen, ob sie eine Ausbildung machen wollen oder ob sie weiter in die Schule gehen wollen. Dort liegt eigentlich das Problem, aber wir wissen, dass wir bislang an einem neuen Bildungssystem gescheitert sind.

Aber jetzt zum Blum-Bonus. Wenn ich eine Firma frage: Wollt ihr eine Förderung haben?, dann wird jede sagen: Ja, ich will eine haben! – Die Förderung ist aber nicht das Allheilmittel. Die Vorredner und Vorrednerinnen haben das auch schon gesagt. Die Wirtschaft kann sich selber motivieren, Lehrplätze zu schaffen. Es gibt hier ein Bei­spiel, und darüber möchte ich ganz kurz berichten.

Seit 1980 gibt es eine Ausbildungsumlage in der Bauwirtschaft. Pro Arbeiter pro Tag zahlt jede Baufirma – wurscht, ob sie Lehrlinge hat oder nicht – 1 € in den Ausbildungs­fonds ein. Und mit diesem Geld, das sind rund 20 Millionen €, die da hereinkommen, werden jene Firmen belohnt, die Lehrlinge ausbilden. Die Bauindustrie hat früher nie Lehrlinge ausgebildet. Sie hat die guten Fachkräfte vom Gewerbe abgesaugt. Das Baugewerbe war dementsprechend enttäuscht, war „z’wider“, war „ang’fressen“, hat gesagt: Wir bilden nicht mehr aus!

So hat man dann automatisch einen internen Ausgleich geschaffen. Der Erfolg ist: Die Bauindustrie bildet jetzt auch selber aus, weil sie selber zu diesem internen Geld kom­men will. Damit finanzieren wir Lehrbauhöfe, wo eine Höherqualifizierung stattfindet. Damit finanzieren wir die Internatskosten, damit die Lehrlinge keine Internatskosten ha­ben, wenn sie im Internat schlafen. Und damit kriegt jeder Betrieb 1 500 € pro Jahr und Lehrling cash auf die Hand – ohne einen einzigen Euro Steuergeld dafür aufwenden zu müssen. Das ist ein Modell, das ich Ihnen allen sehr gerne zur Verfügung stelle, ein Beispiel, wo Betriebe Betriebe motivieren auszubilden, ohne dass wir Steuermittel in


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