Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll169. Sitzung / Seite 211

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17.11.25

Abgeordneter Gerald Grosz (BZÖ): Hohes Haus! Da sich ja offenbar ohnedies wieder eine Einigung über den Untersuchungsausschuss abzeichnet, die letzten Wochen un­ter das Motto Hornberger Schießen fallen und auch die Regierungsparteien offenbar wieder der Erkenntnis zuneigen, dass Aufklärung und Transparenz in der Politik viel­leicht doch etwas Wichtigeres wären als das ständige Vertuschen, das sie seit Jahren und Jahrzehnten pflegen, kann ich zu Beginn meiner Rede meine Verwunderung zei­gen. Mich hat etwas verwundert, und zwar durchaus auch mit Humor verwundert.

Aus dem Sommer habe ich ein Bild geistig vor mir, auf dem Frau Klubobfrau Gla­wischnig Händchen haltend mit Bundeskanzler Faymann durch die Almenwelt wandert, was als Honeymoon in St. Veit im Pongau ausgerufen war. Der Bundeskanzler ist der Holden unerhörte 300 km nachgereist, um in irgendeiner Form eine rot-grüne Koalition zusammenzuzimmern. Und heute kommt plötzlich die böse Schwiegermutter in Form des Herrn Pilz, und die ganze junge Liebe, die sich zwischen Rot und Grün entwickelt hat, wird hier am Pult der Republik mit dem Vorschlaghammer wieder zunichte ge­macht.

Kollege Pilz – er ist jetzt nicht da (Ruf: Wie meistens!) –, bei allem Verständnis für Ihre Kritik und angesichts der Richtigkeit Ihrer Kritik: Wenn dieser Herr Faymann ein so schlechter Mensch an der Spitze ist, dann mache ich doch mit einem solchen Men­schen und mit einer solchen Partei niemals eine Koalition. Diesen Paradigmenwechsel zwischen Schein und Sein kennen wir doch nur von der Österreichischen Volkspartei, die vor zwei Wochen der SPÖ ausrichtet, sie wären Diebe, aber heute nach wie vor auf der Anklagebank, vulgo Regierungsbank, weiterhin regieren.

Dass jetzt mittlerweile die Grünen Herrn Faymann ausrichten, dass er quasi der un­anständigste Politiker der Republik ist, wir aber von vor drei Wochen Bilder haben, wie gesagt, mit Händchenhalten und Ausseer Lebkuchenherz zwischen Rot und Grün in St. Veit in Pongau, das passt irgendwie nicht zusammen, sehr geehrte Damen und Herren von den Grüninnen und Grünen.

Jetzt von der humoristischen Betrachtung mit dem Körnchen Wahrheit zu dem, was hinter der Inserate-Affäre des sogenannten Inserators Faymann steckt. Am 21. Au-
gust 2008, das ist jetzt mehr als vier Jahre her, habe ich bei der Staatsanwaltschaft Wien eine Anzeige eingebracht, und zwar in einer Stärke von 40, 50 Seiten, mit allen Beschlussprotokollen, mit allen Aufsichtsratsprotokollen, mit all diesen internen Ver­merken über Gespräche zwischen Ostermayer, ÖBB und ASFINAG, de facto das ge­samte Konvolut. Ich bringe das am 21. August 2008 samt den Rechnungen ein. Da­mals hat das vom heute viel strapazierten sogenannten Boulevard offenbar niemanden interessiert, dass Grosz diese Anzeige eineinhalb Monate vor der Nationalratswahl im Oktober 2008 eingebracht hat. Folgerichtig wurde wenige Tage vor der Bestellung des Bundeskanzlers und vormaligen Verkehrsministers, des nunmehrigen Bundeskanzlers Werner Faymann, dieses Verfahren von der Korruptionsstaatsanwaltschaft, von der Staatsanwaltschaft Wien eingestellt.

Derselbe Tatbestand, dieselben Ermittlungsvorgänge, dieselben Unterlagen in Kopie, dieselben Beschlussprotokolle: Im Jahre 2008 unter Justizministerin Berger – die dürfte Ihnen bekannt sein, die stammt nämlich auch aus der Sozialdemokratie – eingestellt, während jetzt bereits zwei Jahre ermittelt wird und das zu einem Untersuchungsaus­schuss geführt hat.

Anhand dieses Beispiels frage ich mich schon, was davon zu halten ist, wenn heute ein Abgeordneter, ich glaube, es war Klubobmann Kopf, und Klubobmann Cap gefragt ha­ben: Was braucht ihr denn so dringend den Untersuchungsausschuss? Wir haben doch ohnehin eine bestens funktionierende Justiz! Das war ja die Begründung für das mittägliche Zudrehen, diesen neuerlichen Anfall, diesen Untersuchungsausschuss ab-


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