Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll184. Sitzung / Seite 65

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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Stein­hauser. – Bitte.

 


10.57.36

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Ikrath hat von einem großen Durchbruch gesprochen, ich würde es anders einschätzen: Es ist ein Gesetz der vergebenen Chancen. Wir wollten einen grundle­genden Bruch bei der Neuregelung der Obsorge. Wir haben ein Ziel formuliert, nämlich dass die Obsorgestreitigkeiten und die Besuchsrechtsstreitigkeiten weg vom Gericht hin zu Schlichtungsstellen kommen. Im Rahmen von Obsorge- und Besuchsrechts­streitigkeiten sind ja nur in zweiter Linie Rechtsstreitigkeiten zu lösen, in erster Linie geht es um etwas ganz anderes, nämlich darum, Trennungskonflikte aufzuarbeiten. Und eines ist klar: Dafür sind Gerichte der falsche Ort. Nicht, weil unsere Richterinnen und Richter schlecht qualifiziert wären, nein – ich bin selbst Jurist, ich bin überzeugter Jurist und weiß, dass wir gute Richterinnen und Richter haben –, sondern weil wir bei Beziehungskonflikten – und das sind Trennungskonflikte – andere Instrumente und Methoden brauchen. Wir brauchen eine Schlichtungsstelle, die es möglich macht, dass gemeinsame Lösungen erarbeitet werden, denn die besten Lösungen sind nicht immer die, die das Gesetz verordnet, oder meistens sogar nicht die, die das Gesetz verord­net, sondern die besten Lösungen sind die, die man gemeinsam erarbeitet. (Beifall bei den Grünen.)

Diese Chance hätte die Schlichtungsstelle geboten, und diese wurde nicht genützt. Ich bin überzeugt, dass 90 Prozent aller Trennungskonflikte im Zusammenhang mit Obsor­ge und Besuchsrecht in solchen Schlichtungsstellen gelöst werden könnten. Wir haben ja Beispiele aus Deutschland, die das zeigen. Experten haben das auch bestätigt. 90 Prozent! Das hätte den Vorteil, dass jene 10 Prozent, die nicht gelöst werden können, dann zu Gericht gehen könnten und dort eine klare Entscheidung getroffen werden könnte, wer die Obsorge bekommt, Vater oder Mutter.

Meine Damen und Herren! Ich habe einmal den Vorschlag mit den Schlichtungsstellen einem Journalisten vorgestellt, und am Ende hat der Journalist, nachdem er sich das angehört hat, gesagt: Ja wer kann denn gegen so eine Idee überhaupt etwas haben? Ich habe darauf gesagt, das weiß ich nicht, da fragen Sie den Falschen, ich bin ja da­von überzeugt. Aber ich kann bestätigen, dass in allen Gesprächen, die ich geführt ha­be, das positiv gesehen wurde. Die überwiegende Zahl der ExpertInnen hat mir da recht gegeben, ja sogar die RichterInnen haben selbst gesagt, ja, es stimmt, es ist für uns schwierig, Obsorge- und Besuchsrechtsentscheidungen zu treffen, es braucht ei­gentlich andere Professionen dafür.

Mütter, Väter – egal, mit wem ich diskutiert habe –, alle haben gesagt, ja, wir brauchen solche Instrumente, damit wir gemeinsame Lösungen erarbeiten können.

Frau Justizministerin, ich bin sogar davon überzeugt, dass Sie, wenn Sie sich mit unse­rem Vorschlag beschäftigt haben, in Wirklichkeit für die Einführung von Schlichtungs­stellen sind. Ich weiß das ja aus Gesprächen, die im Ministerium geführt werden. Und ich frage mich, warum man sich nicht dazu durchringen konnte. Wenn ich dann das Argument höre, das sei eine gute Idee, aber es brauche drei bis vier Jahre, um die Struktur umzustellen, dann stimmt das zwar, aber ich sage, in Wirklichkeit läuft die ganze Obsorge- und Besuchsrechtsdebatte bereits drei bis vier Jahre und wir haben viel Zeit mit Vorschlägen verloren, die wenig zielführend waren, und hätten viel früher in die Debatte um Schlichtungsstellen einsteigen sollen. (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt kommt ein Vorschlag – und ich gestehe zu, Sie haben durchaus versucht, das eine oder andere aus der Schlichtungsstellenidee in Ihren Entwurf einzubauen –: Sie sehen vor, dass es die Möglichkeit zur Mediation gibt. Sie versuchen, mit der Familien-


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